(Luft) Boeing P-8A Poseidon in der Bundeswehr (Zwischenlösung P-3C-Nachfolger)
(08.06.2022, 14:15)Helios schrieb: Das ist richtig, unterschlägt aber die Entwicklung, warum es dazu gekommen ist. Denn dieser Bedarf war allenfalls rückblickend klar erkennbar, und wäre hier oder da eine Entscheidung anders getroffen worden (bspw. Weiterbetrieb Atlantique, beispielsweise frühe Ersatzbeschaffung Orion), dann hätte es diesen akuten Bedarf in der Form gar nicht gegeben.
Umgekehrt gab es ja durchaus Schubladenprojekte in dieser Richtung, die bisher mangels Kunden nicht realisiert wurden und deshalb bei der Auswahl auch nicht berücksichtigt wurden, weil man kein weiteres Entwicklungsrisiko eingehen konnte bzw. wollte.

Das bedeutet, die einzige Möglichkeit für die europäische Luftfahrtindustrie wäre ein leistungsfähiges, quasi eine auf Verdacht fertig entwickelte Maschine gewesen. Und eine solche Vorgehensweise ist marktwirtschaftlicher Unsinn, der nirgendwo in der Dimension praktiziert wird.

Natürlich wird das von jedem industriellen Großunternehmen ganz genau so praktiziert, andernfalls verschwindet es sehr schnell vom Markt. Gerade wenn die Konkurrenz sehr weit ist. Ob subventioniert oder nicht! Andernfalls wären große Teile unserer Industrie (aktuell die Autoindustrie) schon längst vor die Hunde gegangen.
Aber aus der Luftfahrt:

Von der C295 wurde zum Beispiel ebenfalls eine AEW Variante entwickelt ohne einen konkreten Käufer zu haben.
https://www.airforce-technology.com/proj...-aircraft/

Genau so wenig wie für die sehr komplexe SIGINT und die Gunship Version
https://www.airbus.com/en/products-servi...craft/c295

Du hast ja selbst mehrfach ausgeführt, dass aus Deiner Sicht das System und nicht der Träger der entscheidende Faktor ist.
Wo wäre also das Problem gewesen, gerade beim Blick auf die Konkurrenz, das System in ein Strahlflugzeug zu integrieren?

(08.06.2022, 14:15)Helios schrieb: Eine Behörde interessiert sich weder für Zielgruppen, im Zweifel werden die selbst gemacht, noch für eine finanzielle Rückdeckung, im Zweifel werden auch Schulden in Kauf genommen, die dann durch den Steuerzahler auszugleichen sind. Beides ist für Wirtschaftsunternehmen aber tatsächlich eklatant wichtig, insofern kann ich dein Argument hier nicht nachvollziehen.

Ich Deine Ausführungen hier leider auch nicht

(08.06.2022, 14:15)Helios schrieb: Der Hauptkonkurrent hat deshalb daran gearbeitet, weil der dafür bezahlt wurde, von demjenigen, der den großen Bedarf tatsächlich stellt: die US Navy. Abseits von firmeninternen Schubladenprojekten, die es wie gesagt auch beispielsweise bei Airbus gibt, hat Boeing für das reine Entwicklungsprogramm der P-8 über vier Milliarden Dollar kassiert. Die Produktionskosten für die Maschinen kommt da noch oben drauf.
Genau das Gegenteil von dem, was du von der europäischen Industrie forderst, war also der Grund für dieses inzwischen relativ erfolgreiche Flugzeug.

Eben, er wurde massiv subventioniert. Und Ich habe mittlerweile mehr als ausführlich dargelegt was ich davon halte wenn sich Fa darauf verlassen, dass sie subventioniert werden. Subventionen fließen leider in allen Bereichen der Industrie (Frankreich Europameister/China Weltmeister) Sollen andere (deutsche) Fa deswegen aufhören zu produzieren oder warten bis der Staat mit dem Klingelbeutel vor der Tür steht?

(08.06.2022, 14:15)Helios schrieb: Und der Gesamtmarkt ist nicht so groß, wie er dir vielleicht auf den ersten Blick erscheint. Seit dem Vermarktungsbeginn vor dreizehn Jahren hat Boeing international insgesamt 49 Maschinen abgesetzt (ohne Berücksichtigung der deutschen Order), womit der Großteil potenzieller Kunden bereits abgedeckt sind (Kanada oder Frankreich könnten noch Interesse an größeren Stückzahlen einer leistungsfähigeren Maschine haben). Der realistische Gesamtmarkt für ein Flugzeug lag vor dem Ukrainekrieg (der uns hier als Referenz dienen muss) geschätzt bei unter hundert Maschinen über dreißig Jahre, das ist weniger als die US Navy allein von der P-8 geplant hat.
Vielleicht hast Du ja andere Quellen. Beide Artikel sind vor dem Ukraine Krieg erschienen und decken sich nicht mit Deinen Ausführungen

https://www.flugrevue.de/militaer/boeing...eeresgott/

https://www.naval-technology.com/projects/mma/

(08.06.2022, 14:15)Helios schrieb: Genau solche Argumente werden gegenüber der Lufthansa und Air France, und anderen Luftfahrtgesellschaften vorgebracht, und kein neues Flugzeugprogramm in diesen Größenordnungen wird gestartet, ohne dass eine ausreichende Zahl verbindlicher Bestellungen mit entsprechenden Zahlungsverpflichtungen (in der Regel aber nicht über Vorfinanzierungen, sondern in Form von vertraglich vereinbarten Strafzahlungen) bereits im Vorfeld vereinbart wurde und den Programmstart so erst ermöglichen. In der Regel erfolgt dann die tatsächliche Unterzeichnung dieser Bestellungen kurz nach Programmstart, so etwa konnte Airbus vom neuen A350 bereits im ersten Jahr der Vermarktung und sechs Jahre vor dem Erstflug bzw. sieben Jahre vor der Erstauslieferung um die 300 Aufträge verbuchen.
Natürlich ist das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer im Zivilbereich ein anderes, entsprechend sind auch die Verträge beispielsweise hinsichtlich Entwicklungsrisiken anders gestaltet. Allerdings liegt das in Natur der Sache, eben weil es in dieser Größenordnung keine der von dir geforderten Initiativentwicklungen gibt und daher der Auftraggeber in der Regel ein größeres Mitspracherecht erfordert.

Die Lufthansa bestellt überhaupt nichts und geht auch keine Zahlungsverpflichtungen zum Programmstart ein.
Die ersten verbindlichen Bestellungen über 20 A 350 Flugzeuge erfolgten beispielsweise erst nach dem Erstflug im Jahr 2013, also 7 Jahre nach dem Programmstart inkl. Stornooptionen! Die restlichen 25 sogar erst 2019!!!

(08.06.2022, 14:15)Helios schrieb: In diesem konkreten Segment mit Sicherheit nicht, dafür ist dieses Segment weltweit betrachtet deutlich zu klein. Und ja, aufgrund der geringen Bedeutung des militärischen Sektors und der fehlenden Einigkeit und Geschlossenheit sind die europäischen Nationen eher Bittsteller. Für Airbus beispielsweise spielt es keine Rolle, ob sie einen solchen Auftrag bekommen oder nicht. Im letzten Vor-Corona-Jahr hat das Unternehmen siebzig Milliarden Euro Umsatz gemacht, nicht einmal ein Zehntel davon mit militärischen Aufträgen.

Der Umsatz ist bei der Unternehmensbetrachtung relativ unerheblich. Wesentlich sind in erster Linie die Bruttomarge im Verhältnis zum Umsatz und letztendlich der Nettogewinn. Von den 70 Mrd fielen 11 auf die Space and Defence Sparte sowie 6Mrd auf Airbus Helikopter! Interessanterweise hast Du die Coronazeiten unterschlagen. Hier war das Verhältnis nämlich so, dass die Defence und Helikoptersparte die gleichen stabilen Umsätze wie 2019 in Höhe von 11 bzw 6Mrd bei 50Mrd Umsatz generiert haben.
Nun ist die Betrachtung des Umsatzes wie gesagt nicht besonders Aussagekräftig, wenn jedoch diese Zahlen ins Verhältnis gesetzt werden, kann man sehr genau sehen, welchen Einfluss die Umsätze aus dem Rüstungs- und Helikoptergeschäft auf das wichtige Gesammtbetriebsergebnis haben und für Airbus offensichtlich ein ganz wesentlicher Faktor sind! Daher wie gesagt auch die lauten Aufschreie wenn sich Airbus im Rüstungsbereich übergangen fühlt.

https://www.airbus.com/en/newsroom/press...20-results

https://www.airbus.com/sites/g/files/jlc...ults_0.pdf

(08.06.2022, 14:15)Helios schrieb: Auch dies ist ein schlecht gewähltes Beispiel, weil sämtliche Entwicklungskosten zur Serienreife vom ersten und bisher einzigen Kunden übernommen wurden
Da weißt Du wohl mehr als ich! Trotzdem ist das aus meiner Sicht ein ganz hervorragendes Beispiel für gutes Unternehmertum, da auch so ein kleines Unternehmen erstmal an so einen Kunden herankommen muss und dieser Staat sicher nicht mit dem Geldkoffer einfach vor der Tür stand wie man das bei den Großen so gerne mag.

Bei Deiner Einschätzung zum Gesamtmarkt habe ich Dich wohl Missverstanden, bin jedoch trotzdem anderer Ansicht was die Bedeutung des Gesammtmarktes angeht und kann die amerikanischen Bestellungen nicht seperat sehenSmile
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RE: Boeing P-8A Poseidon in der Bundeswehr (Zwischenlösung P-3C-Nachfolger) - von FJ730 - 08.06.2022, 16:46

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