20.02.2024, 16:56
Wenn man sich den BZ-Text genau ansieht, so gibt es manchen Aspekt, der kritisch zu sehen wäre, z. B. welche Intention hat der Autor und wie verkleidet er sie? Hajo Funke unterstützt u. a. Schwarzer und Wagenknecht und vertritt zumindest im Ansatz zwar pazifistische (was nicht schlecht sein muss), aber auch relativ unkritische Positionen zu Russland (und da hätte er mit zumindest meiner Haltung ein Problem).
Wenn man nun den Text sich anschaut, könnte man sich fragen, wo der Kipppunkt hier im Text ist? An Formulierungen wie z. B....
- ...Ukraine: ein kriegsmüdes, traumatisiertes Land...
- ...dann hängen gelassen...
...gibt es nichts auszusetzen. Die Ukrainer sind erschöpft. Und ja, die Westmächte haben sie mit ihrer Saumseligkeit oder der Unfähigkeit, genügend Material zu liefern oder Zusagen zeitnah einzuhalten, ziemlich hängen gelassen - zumindest in einigen Punkten.
Aber wo es kritisch im Text wird, ist z. B....
- ...sehr viele Ukrainerinnen und Ukrainer fühlen sich inzwischen von der Nato in den Krieg hineingetrieben...
- ...wollen nicht Kanonenfutter für einen Krieg sein, der – wie sie erkennen müssen – so nicht hätte geführt werden brauchen...
...das ist leider beinahe Moskauer Tenor und auch der von Wagenknecht: "Hätte die böse NATO mal nicht den Krieg vom Zaum gebrochen..." [sic!]; es ist also eine unterschwellige Verdrehung der Tatsachen, die auf den ersten Moment gar nicht auffällt, da sie sehr geschickt und mit durchaus auch wahren Aussagen verkleidet ist, aber bei genauerem und zweitem Durchlesen dann schon sehr offensichtlich wird. Es wird zudem suggeriert, dass der Krieg nicht hätte geführt werden müssen/brauchen und dass die Ukrainer das selbst wissen würden - da kann man nun fragen, welche Alternativen hätte denn die Ukrainer erkennen müssen (besser: wahrnehmen können)? Schließlich stand ein "Z" auf den russischen Panzern und nicht "We come in peace!".
Es geht aber leider weiter:
- Das gilt naturgemäß nicht für die Regierung selbst, die Geheimdienste und die radikalen Nationalisten...
Da sind sie wieder, die radikalen Nationalisten. Heißt übersetzt: Die Ukrainer sollten doch bitte erkennen, dass ihnen eine Entnazifizierung wirklich gut täte und dass der russische Angriff im Grunde eine Hilfestellung und keine Aggression war.
- Die ukrainischen Verhandlungsführer betonen inzwischen offen, dass es im März und April 2022 in Istanbul sehr weit gediehene Friedensverhandlungen zwischen Ukrainern und Russen gegeben hatte, und dass es nicht an ihnen oder an Selenskyj gelegen habe, wenn es damals nicht zu einer Einigung kam.
Diese Behauptung ist schlicht falsch. Details der Vorschläge und weswegen die Verhandlungen scheiterten, sind bekannt.
- Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, und ich haben die sehr weit reichende Chance zu einem frühen Kompromiss in der Ukraine ausführlich rekonstruiert.
Muss die Position von Herr Kujat nochmals erläutert werden? Ernsthaft?
Kurzum: Dieser BZ-Artikel tarnt sich sehr geschickt als wohlmeinende Friedensbotschaft und er erklärt sich selbst mit der Erschöpfung der Ukrainer - er scheint also für sie zu argumentieren. Dass die Ukrainer aber quasi gar keine andere Chance haben als sich zu wehren - egal, ob der Westen bei der Unterstützung versagt oder nicht -, dass wird ausgeklammert oder verklärt mit fadenscheinigen Ausflüchten, Pseudolösungsvorschlägen und Vorwürfen, die auf sehr bittere Art und Weise eine Täter-Opfer-Umkehr betreiben. Ob in der Ukraine also ein Kipppunkt erreicht ist, ist die eine Sache - einen Kipppunkt in Sachen Seriosität hat die BZ hier aber allemal erreicht.
Schneemann
Wenn man nun den Text sich anschaut, könnte man sich fragen, wo der Kipppunkt hier im Text ist? An Formulierungen wie z. B....
- ...Ukraine: ein kriegsmüdes, traumatisiertes Land...
- ...dann hängen gelassen...
...gibt es nichts auszusetzen. Die Ukrainer sind erschöpft. Und ja, die Westmächte haben sie mit ihrer Saumseligkeit oder der Unfähigkeit, genügend Material zu liefern oder Zusagen zeitnah einzuhalten, ziemlich hängen gelassen - zumindest in einigen Punkten.
Aber wo es kritisch im Text wird, ist z. B....
- ...sehr viele Ukrainerinnen und Ukrainer fühlen sich inzwischen von der Nato in den Krieg hineingetrieben...
- ...wollen nicht Kanonenfutter für einen Krieg sein, der – wie sie erkennen müssen – so nicht hätte geführt werden brauchen...
...das ist leider beinahe Moskauer Tenor und auch der von Wagenknecht: "Hätte die böse NATO mal nicht den Krieg vom Zaum gebrochen..." [sic!]; es ist also eine unterschwellige Verdrehung der Tatsachen, die auf den ersten Moment gar nicht auffällt, da sie sehr geschickt und mit durchaus auch wahren Aussagen verkleidet ist, aber bei genauerem und zweitem Durchlesen dann schon sehr offensichtlich wird. Es wird zudem suggeriert, dass der Krieg nicht hätte geführt werden müssen/brauchen und dass die Ukrainer das selbst wissen würden - da kann man nun fragen, welche Alternativen hätte denn die Ukrainer erkennen müssen (besser: wahrnehmen können)? Schließlich stand ein "Z" auf den russischen Panzern und nicht "We come in peace!".
Es geht aber leider weiter:
- Das gilt naturgemäß nicht für die Regierung selbst, die Geheimdienste und die radikalen Nationalisten...
Da sind sie wieder, die radikalen Nationalisten. Heißt übersetzt: Die Ukrainer sollten doch bitte erkennen, dass ihnen eine Entnazifizierung wirklich gut täte und dass der russische Angriff im Grunde eine Hilfestellung und keine Aggression war.
- Die ukrainischen Verhandlungsführer betonen inzwischen offen, dass es im März und April 2022 in Istanbul sehr weit gediehene Friedensverhandlungen zwischen Ukrainern und Russen gegeben hatte, und dass es nicht an ihnen oder an Selenskyj gelegen habe, wenn es damals nicht zu einer Einigung kam.
Diese Behauptung ist schlicht falsch. Details der Vorschläge und weswegen die Verhandlungen scheiterten, sind bekannt.
- Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, und ich haben die sehr weit reichende Chance zu einem frühen Kompromiss in der Ukraine ausführlich rekonstruiert.
Muss die Position von Herr Kujat nochmals erläutert werden? Ernsthaft?
Kurzum: Dieser BZ-Artikel tarnt sich sehr geschickt als wohlmeinende Friedensbotschaft und er erklärt sich selbst mit der Erschöpfung der Ukrainer - er scheint also für sie zu argumentieren. Dass die Ukrainer aber quasi gar keine andere Chance haben als sich zu wehren - egal, ob der Westen bei der Unterstützung versagt oder nicht -, dass wird ausgeklammert oder verklärt mit fadenscheinigen Ausflüchten, Pseudolösungsvorschlägen und Vorwürfen, die auf sehr bittere Art und Weise eine Täter-Opfer-Umkehr betreiben. Ob in der Ukraine also ein Kipppunkt erreicht ist, ist die eine Sache - einen Kipppunkt in Sachen Seriosität hat die BZ hier aber allemal erreicht.
Schneemann