11.07.2023, 17:07
(11.07.2023, 08:58)Quintus Fabius schrieb: Insgesamt ist es mein rein persönlicher Eindruck, dass ich mit meinen Aussagen in diesem Frühjahr, dass die Ukrainer in diesem Jahr besser noch keine Offensive starten sollten und dass sie dafür noch nicht so weit sind und dass sie erst mal weiter Kräfte sammeln sollten richtig gelegen habe.Die Russen regenerieren sich allerdings genauso und nächstes Jahr wäre die Situation dann in meinen Augen nicht viel anders - außer das dann die Stellungen um Bakhmut auch festungsartig ausgebaut wären.
Das Problem ist weniger das man angegriffen hat, hinter dem wie steht mittlerweile halt ein größeres Fragezeichen.
Selbst wenn man ihnen unterstellt, dass es in der aktuellen Phase schon immer darum ging, die russischen Reserven im Gefecht zu binden und zunehmend aufzureiben anstatt operativ relevante Durchbrüche zu erzielen - die noch laufenden Angriffsbemühungen im Süden verkommen stellenweise zu einem regelrecht selbstmörderischen Schlachten.
Vor Robotyne steht jetzt primär die 47. Brigade seit Wochen im Kampf.
Die Verluste an Menschen und Material sind mindestens erheblich und es ist offensichtlich, dass die Angriffsbemühungen festgefahren, mithin kulminiert sind. Und doch geht es weiter, Tag für Tag, mit einzelnen Kampfgruppen in bestenfalls Kompaniestärke nimmt man einzelne Äcker, bevor man zusammengeschossen wird.
Das ist eine Kriegsführung die sich die Ukraine so nicht leisten sollte. Es war ein großes Wagnis eine bestens ausgestattete Brigade alleine vor dem stärksten Punkt der Verteidigung antreten zu lassen, es ist Wahnsinn diese Brigade weiter zu verschleißen nachdem sich der Angriff (früh aber völlig erwartbar) festgefressen hat. Ich verstehe nicht, wieso der Angriff auf dieser Achse von lediglich von der 47. und 65 Brigade getragen werden muss wenn in den Räumen dahinter ein ganzes Korps zu liegen scheint, ich verstehe es nicht warum diese Angriffe ohne jede operative Anpassung stumpf weitergeführt werden.
Fast könnte man meinen, dass das irgendwer ein spezielles Problem mit der ja doch eher speziellen 47. Brigade hat und die in voller Absicht durch den Fleischwolf dreht...
Aber es ist ja nicht nur Robotyne, dem Angriff der 128. Brigade über Lobkowe mangelte es genauso an Unterstützung und weitere Kräfte wurde nicht nachgeführt nachdem man über Pjatchatky nicht hinauskam. Nicht das ich dort einen tieferen Angriff befürworten würde, aber was hat der Angriff der 128. denn erreicht, oder erreichen sollen?
Wenn es um die Idee geht möglichst russische Reserven zu binden greife ich doch möglichst breit an anstatt mit aller Brutalität an ein, zwei neuralgischen Punkten immer draufzuhauen. Die Verluste bei Robotyne sind nicht zuletzt deshalb so erheblich, weil der Gegner hier mittlerweile seine (begrenzten) Reserven konzentriert hat.
Warum fächert man das nicht auf? Wenn man schon unbedingt vor Tokmak mein operieren zu müssen, dann baue ich auch auf Myrne, Nesterianka, und Kopani Druck auf in der Erwartung, dass der Gegner nicht überall halten kann und etwas Bewegung reinkommt.
Apropos Bewegung, warum wurden der Erfolg am Mokri Yali nicht ausgenutzt? Auch hier wurde offensichtlich darauf verzichtet weitere Reserven heranzuführen nachdem sich der Angriff verhältnismäßig infanteristisch geprägter Brigaden vor Staromajorske totlief. Und das obwohl dort zumindest augenscheinlich die Befestigungen längst nicht so ausgeprägt sind. Stattdessen treten 12 recht schwere Brigaden bei Bakhmut an, eine halbe schwedische Panzerarmee übt sich in einer zunehmend bizarren Photoop am anderen Ende der Front und wenigstens weitere 12 Brigaden stehen irgendwo einsatzfähig im Hinterland.
Man sollte meinen, so als unbedarfter Beobachter, dass man sich halt die schwächste paarunddreisig Kilometer der Südfront ausguckt und dann auf mindestens drei Vektoren angreift. Und dann müssen halt auch nach den ersten fünf Brigaden die nächsten fünf nachgeschoben werden usw. - maximal binnen Tagen, nicht irgendwie mal eine Rotation nach mehreren Wochen. Ziel muss es sein den Gegner aus dem Gleichgewicht zu bekommen und Dynamiken zu erzeugen. Dieses Rumgestochere irgendwo an der Front mit einzelnen Brigaden ist gut und schön, jedoch nur dann zielführend wenn dann auch mal ein Schlag gesetzt wird.
Und was macht man stattdessen? Greift bei Bakhmut an. Für Glanz und Gloria. Mit wenigstens auf dem Papier mindestens so vielen Verbänden wie an der Südfront ins Gefecht geworfen wurden. Ich möchte echt wissen was man sich bei der Planung von der Verzettelung der Kräfte versprochen hat.