31.03.2023, 17:08
Hier noch ein recht interessanter Artikel zur Stimmung in China selbst:
Unabhängig davon, dass dies natürlich auch nur einzelne Stimmen sind - und ob die Umfrageergebnisse des japanischen Think Tanks wirklich stimmen, ist zumindest kritisch zu betrachten -, so ist doch recht interessant, dass diese Aussagen ziemlich deutlich vor ausländischen Presseorganen getätigt werden können. Im Regelfalle haben ausländische Newsteams immer ihre stillen Begleiter von der Staatssicherheit dabei, wenn sie in chinesischen Metropolen unterwegs sind, selbst in ländlichen Bereichen sind sie mit von der Partie, und diese wachen mit Luchsaugen und -ohren darüber, dass nichts "falsches" gesagt wird. D. h. die normalen Passanten auf der Straße oder im Dorf, die oftmals die Polizeiapparatschiks kennen, halten sich dann meistens bewusst zurück, gerade wenn es um heikle Themen geht.
Dass hier recht freimütig von der Leber weg philosophiert wird, kann eigentlich fast nur zwei Rückschlüsse zulassen:
a) Die Sache ist völlig inszeniert, was aber schwer belegbar wäre. Zumal wäre die Frage hierbei, wieso dann russlandkritische Stimmen inszeniert worden sein sollen und keine prorussischen? Ein doppeltes Spiel der Pekinger Führung?
b) Die Sache wurde nicht inszeniert. Und die Staatsicherheit weiß durchaus, was die Passanten aussagen, man lässt sie aber dennoch gewähren. Warum? Um eben die Gegenstimmen auch ggf. als Argument zu haben, wenn man wieder von Russland abrücken würde? Vielleicht auch hier ein doppeltes Spiel.
Weiterhin: Nachdem der sehr humorvolle Mensch im Kreml zum gefühlt nun 26. Male mit Atomwaffen drohte, wedelte etc., hat er nun verlauten lassen, selbige im Nachbarland Belarus stationieren zu wollen. Das hat ein wenig für Irritationen gesorgt. Aber sein netter Partner in Minsk, der bislang für seinen frivolen Charme gerne gelitten war, macht nun ähnliche Scherze gegenüber Kiew...
Okay, Spaß beiseite. Gehen wir zu ernsthaften Themen über: Zur Stärke von Wagner beim Kampf um Bakhmut. Wir hatten vor einiger Zeit über die Stärke der Russen in der Ukraine gesprochen hier, und da fabulierte ich von 40.000 Wagner-Söldnern. Die aktuelle Meldung kommt dem recht nahe...
Wenn es stimmt, dass Wagner diesen Preis zahlt, so können im Umkehrschluss die Machthaber im Kreml auch ihren Bluthund schwächen und somit einen potenziellen Rivalen zumindest etwas niederhalten. Und Prigoschin - wobei ich die Bezeichnung capo di tutti capi im Artikel nicht sehr treffend finde, dieser "Titel" sollte an Putin gehen - selbst hatte sich in den letzten Wochen mit seiner Kritik am Kreml und der Armeeführung nicht unbedingt Freunde gemacht. Gut möglich, dass sie ihn und seine Truppe nun am langen Arm verhungern lassen bzw. ihm schlicht die geforderte Unterstützung vorenthalten, um den innenpolitischen Gegner ausbluten zu lassen. Nur: Dies wiederum könnte es verhindern, dass die Russen Bakhmut doch noch einnehmen.
Schneemann
Zitat:Russian ‘invasion was wrong’: Views from China on war in Ukrainehttps://www.aljazeera.com/news/2023/3/31...in-ukraine
As the war in Ukraine grinds on, some in China have abandoned their initial support for Russia and Putin. [...]
Liu-wen Fang’s tears flowed when she saw the first images of Kyiv under attack and on fire as Russian forces invaded Ukraine in February 2022. The 26-year-old had supplemented her degree in business with an exchange year in the Ukrainian capital in 2018 where she studied the Russian and Ukrainian languages at a big university. During that year, she grew very fond of Kyiv and its people. [...] “What I saw and what I heard from my Ukrainian friends about their lives being destroyed because of Putin’s imperialistic fantasies meant that I lost all my support and respect for Russia and for Putin,” she said. [...]
Hsia-Liang Hou, 41, from Chengdu province in central China recently re-evaluated his views of Russia and Putin. [...] When Hou first heard that Russian forces had entered Ukraine, he saw it as retaliatory action by Moscow designed to decisively and swiftly strike back at NATO and the United States. After all, NATO had wanted to encircle China and Russia, and Putin ”has been one of the few leaders that have fought back against this”, he said. [...] “If NATO is such a big threat to their country’s survival, then why aren’t the Russians fighting harder?” he asked. [...]
Tai-Yuan Wan had also thought Russia’s invasion was justified because of what he believed was a scheming US and an aggressive NATO working to gain more and more power closer and closer to Russia. [...] Russia ”now just wants to burn the country to the ground, which I don’t support,” Wan told Al Jazeera from the Chinese capital, Beijing. [...]
People in China also receive very different information about the war, depending on where they get their news, said Fang, explaining that opinions about the war depend on whether they get news “from Chinese media or whether they get news from some foreign media too”. [...] Wan’s belief is backed by a newer survey released in November by the Japanese think tank Genron NPO, which found that about half of Chinese respondents expressed some level of opposition to Russia’s invasion.
Unabhängig davon, dass dies natürlich auch nur einzelne Stimmen sind - und ob die Umfrageergebnisse des japanischen Think Tanks wirklich stimmen, ist zumindest kritisch zu betrachten -, so ist doch recht interessant, dass diese Aussagen ziemlich deutlich vor ausländischen Presseorganen getätigt werden können. Im Regelfalle haben ausländische Newsteams immer ihre stillen Begleiter von der Staatssicherheit dabei, wenn sie in chinesischen Metropolen unterwegs sind, selbst in ländlichen Bereichen sind sie mit von der Partie, und diese wachen mit Luchsaugen und -ohren darüber, dass nichts "falsches" gesagt wird. D. h. die normalen Passanten auf der Straße oder im Dorf, die oftmals die Polizeiapparatschiks kennen, halten sich dann meistens bewusst zurück, gerade wenn es um heikle Themen geht.
Dass hier recht freimütig von der Leber weg philosophiert wird, kann eigentlich fast nur zwei Rückschlüsse zulassen:
a) Die Sache ist völlig inszeniert, was aber schwer belegbar wäre. Zumal wäre die Frage hierbei, wieso dann russlandkritische Stimmen inszeniert worden sein sollen und keine prorussischen? Ein doppeltes Spiel der Pekinger Führung?
b) Die Sache wurde nicht inszeniert. Und die Staatsicherheit weiß durchaus, was die Passanten aussagen, man lässt sie aber dennoch gewähren. Warum? Um eben die Gegenstimmen auch ggf. als Argument zu haben, wenn man wieder von Russland abrücken würde? Vielleicht auch hier ein doppeltes Spiel.
Weiterhin: Nachdem der sehr humorvolle Mensch im Kreml zum gefühlt nun 26. Male mit Atomwaffen drohte, wedelte etc., hat er nun verlauten lassen, selbige im Nachbarland Belarus stationieren zu wollen. Das hat ein wenig für Irritationen gesorgt. Aber sein netter Partner in Minsk, der bislang für seinen frivolen Charme gerne gelitten war, macht nun ähnliche Scherze gegenüber Kiew...
Zitat:Lukaschenko droht Selenskyj mit Einsatz von Atomwaffenhttps://www.fr.de/politik/ukraine-russla...84582.html
Minsk – Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat die Ukraine zu einer Waffenruhe und sofortigen Verhandlungen „ohne Vorbedingungen“ aufgefordert. Zudem drohte er Wolodomyr Selenskyj mit Atomwaffen. Kiew könne nicht mit einem Sieg gegen eine Atommacht wie Russland rechnen, sagte der 68-Jährige am Freitag in einer Ansprache an die Nation in Minsk vor Hunderten Beamten und Gästen. „Es gibt jetzt viele Informationen über eine bevorstehende Gegenoffensive. Das ist das Schlimmste, was passieren könnte“, warnte Lukaschenko. [...]
Kiews Vorbedingungen für Gespräche, darunter der Rückzug der russischen Truppen vom besetzten Territorium der Ukraine, nannte Lukaschenko „lächerlich“. Belarus gibt seine Militärbasen für russische Angriffe auf die Ukraine her. Russland will dort nun auch taktische Atomwaffen stationieren. [...] Neben den bereits von Russland zugesagten taktischen Atomwaffen will Belarus demnach im Notfall mit dem Kreml auch die Stationierung strategischer Atomwaffen vereinbaren.
Okay, Spaß beiseite. Gehen wir zu ernsthaften Themen über: Zur Stärke von Wagner beim Kampf um Bakhmut. Wir hatten vor einiger Zeit über die Stärke der Russen in der Ukraine gesprochen hier, und da fabulierte ich von 40.000 Wagner-Söldnern. Die aktuelle Meldung kommt dem recht nahe...
Zitat:Ukraine Situation Reporthttps://www.thedrive.com/the-war-zone/uk...us-general
Wagner Has Up To 36,000 Troops In Bakhmut Says Top U.S. General
The Wagner private military group has about 6,000 “actual mercenaries” fighting around the embattled city of Bakhmut with another 20,000 to 30,000 recruits “many of who come from prisons,” the Chairman of the Joint Chiefs of Staff testified before the House Armed Services Committee Wednesday.
“They are suffering an enormous amount of casualties in the Bakhmut area of Ukraine,” Army Gen. Mark Milley told the House Armed Services Committee. Ukrainian forces, he said, are inflicting “a lot of death and destruction on those guys.” [...] “For about the last 20, 21 days, the Russians have not made any progress whatsoever. So it's a slaughter-fest for the Russians. They're getting hammered in the vicinity of Bakhmut. The Ukrainians have fought very, very well. That's also true across the entire frontline trace from Kreminna all the way down to Kherson. The Ukrainians have fought a remarkable defensive fight and the Russians have not achieved their strategic objectives.” [...]
Yevgeny Prigozhin, Wagner’s capo di tutti capi, said that the heavy price paid by his forces has been worth it. [...] "If Wagner PMC dies in the Bakhmut meat grinder and takes the Armed Forces of Ukraine and the forces given to it with it, then we have fulfilled our historical role," Prigozhin said Wednesday in a stunning admission on his Telegram channel. “After the capture of Popasnaya, the battle for Bakhmut was planned back in the summer of 2022,” he said. “PMC Wagner is systematically following this path.” [...]
But there are also purely military reasons to keep that fight going, Ukrainian Defense Minister Oleksii Reznikov told the Estonian ERR news agency on Monday. "We have reduced their [Russian's] offensive capability and stabilized the front, allowing us to prepare for a counteroffensive," Reznikov said. "They [the Russians] have suffered heavy losses, with at least 500 soldiers killed or wounded every day. This means that each day brings our victory and their defeat closer."
Wenn es stimmt, dass Wagner diesen Preis zahlt, so können im Umkehrschluss die Machthaber im Kreml auch ihren Bluthund schwächen und somit einen potenziellen Rivalen zumindest etwas niederhalten. Und Prigoschin - wobei ich die Bezeichnung capo di tutti capi im Artikel nicht sehr treffend finde, dieser "Titel" sollte an Putin gehen - selbst hatte sich in den letzten Wochen mit seiner Kritik am Kreml und der Armeeführung nicht unbedingt Freunde gemacht. Gut möglich, dass sie ihn und seine Truppe nun am langen Arm verhungern lassen bzw. ihm schlicht die geforderte Unterstützung vorenthalten, um den innenpolitischen Gegner ausbluten zu lassen. Nur: Dies wiederum könnte es verhindern, dass die Russen Bakhmut doch noch einnehmen.
Schneemann