25.09.2022, 18:46
Zitat:Heftige Proteste in Dagestanhttps://www.n-tv.de/politik/Russische-Re...10789.html
Russische Region lehnt sich gegen Putins Pläne auf
In ganz Russland gehen Menschen gegen die Teilmobilmachung auf die Straße. Aus der Teilrepublik Dagestan zeigen Videos besonders heftige Proteste, auch Warnschüsse sind zu hören. In der muslimisch geprägten Region werden offenbar besonders viele Männer eingezogen.
Bei einem Protest gegen die Mobilmachung von Reservisten sind Polizisten laut Bürgerrechtlern in der russischen Teilrepublik Dagestan im Kaukasus mit Warnschüssen gegen Demonstranten vorgegangen. Im Dorf Endirej blockierten Anwohner eine Straße, um so die von Russland Präsident Wladimir Putin angeordnete Teilmobilisierung zu behindern, wie die unabhängige Organisation OVD-Info mitteilte. Auf Videos ist zu sehen, wie Polizisten Gewehre in die Luft richten, dann sind Schüsse zu hören. Auch Gerangel zwischen Anwohnern und Beamten ist zu sehen. Laut dagestanischen Medien war der Protest eine Reaktion darauf, dass aus dem Dorf 110 Männer in den Krieg gegen die Ukraine gezwungen wurden. [...]
Ein anderer Clip zeigt, wie Frauen vor einen fahrenden Einsatzwagen rennen, um ihn aufzuhalten. Weitere Videos zeigen, wie vor allem Frauen gegen die Teilmobilmachung protestieren. Sie rufen "Nein zum Krieg" und verfolgen einen Polizisten, der vor ihnen davonrennt. Der "Guardian"-Korrespondent Andrew Roth berichtete, Dagestan entwickle sich zum "Hotspot des Zorns". [...] Das muslimisch geprägte Dagestan gehört zu den Regionen Russlands, aus denen Beobachtern zufolge besonders viele Männer eingezogen werden. Aktivisten beklagen, dass Angehörige ethnischer Minderheiten besonders stark von der Mobilmachung betroffen sind und sprechen deshalb teils sogar von "ethnischen Säuberungen".
Das deckt sich hier quasi eins zu eins mit dem, was Quintus beschrieben hatte - dem ich hier als Kollege auch ausdrücklich einmal danken möchte für seine Einschätzungen dazu. (Ich hätte dies so nicht gewusst.)
Das Problem bzgl. Dagestan könnte zudem werden, dass diese Region, die schon in den 1990ern als Teil des "grünen Unterleibs" von Russland gekennzeichnet war von religiösen Unruhen und von islamistischen Attentaten, auch die Tschetschenen mischten eifrig mit, abkippt in eine kriegsähnliche Lage. Und man hat das damals nur mit einiger Mühe wieder befrieden können.
Wenn diese brutalen Rekrutierungen jetzt aber weiter dort anhalten sollten - und danach sieht es aus -, so besteht das Risiko, dass sich bald muslimische, ggf. auch fundamentalistische Untergrundgruppen herausbilden, die den russischen Staat wegen seiner Rekrutierungs- und Kriegspolitik dort direkt aktiv bekämpfen. Dann hat Russland das nächste (selbst gezüchtete) Problem vor der Haustüre - und der ganze südliche "Unterleib" kann instabil werden. Die aktuellen Dispute dort (Aserbaidschan, Armenien, Kirgisistan, Tadschikistan) zeigen bereits auch auf, zusammen mit der leicht gezierten Zurückhaltung der Kasachen hinsichtlich einer Parteinahme für Moskau, wie stark der Einfluss und das Ansehen des Kreml in dieser Region mittlerweile gelitten haben und dass man Moskau allenfalls noch als geschwächten und wohl auch unvernünftig handelnden Hegemon wahrnimmt.
Und wenn sich dazu bei den Völkern Zentralasiens und des Kaukasus noch die Erkenntnis gesellen sollte, dass in Moskau - so wie zu Sowjetzeiten (nach Stalin, wohlgemerkt) - keine halbwegs auf einen kulturellen Ausgleich, Teilautonomie oder zumindest eine Balance hinarbeitenden Kräfte am Werk sind, sondern eiskalte und neobolschewistische Rassisten, die für die asiatischen und muslimischen Völker des Riesenreiches höchstens noch Verachtung übrig haben, dann fliegt den Herrschaften im Kreml ihr "Unterleib" bald um die Ohren...
Schneemann