04.03.2022, 21:59
Tag die Herrschaften
Ich erlaube mir mal nach langer Zeit wieder reinzuschauen und zumindest einige wenige von viel zu vielen Gedankengänge zur Großlage in Worte zu fassen. Das ist vielleicht mehr eigennützige Selbsttherapie, aber vielleicht nimmt ja jemand auch für sich etwas mit.
Der US-Amerikanische Senator Marco Rubio ist in Sachen Ukraine in den Sozialen Medien außergewöhnlich aktiv. Man kann davon sicherlich halten was man will und Person und Inhalt nach eigenem Gusto beurteilen, aber er hat die Tage in einem Twitterpost eine Frage aufgerufen die ich mir so ähnlich auch stelle: https://twitter.com/marcorubio/status/14...9116447744
Ich würde vielleicht so fragen: Gibt es einen Punkt mit dem das Schlachten in der Ukraine derart extreme Ausmaße annimmt, dass die westlichen Gesellschaften – oder vielleicht besser - mediale Öffentlichkeit den Krieg gegen Russland nicht nur bereit wäre mitzutragen, sondern womöglich gar aktiv fordert? Und in extremis die Politik dadurch auch zum Eingreifen zwingt?
Ich halte es nach dem augenblicklichen(!) operativen Vorgehen der russischen Armee trotz allem zwar noch immer schwer vorstellbar, aber wir müssen gleichwohl konstatieren, dass sowohl Szenarien wie die Belagerung Leningrads als auch erbitterter Häuserkampf wie Stalingrad oder in jüngerer Zeit und sicher auch relevanter Grosny im Bereich des Möglichen liegen.
Wären unsere Gesellschaften in der Lage dies auszuhalten und den Opfergang Hunderttausender passiv am Fernsehschirm zu verfolgen? Im Angesicht unserer ich sage emotional höchst beeinflussbaren Öffentlichkeit habe ich hier sehr große Zweifel. Müssen wir in einem solchen Szenario nicht damit rechnen, dass ein Eingreifen des Westens – was sich nach unseren Vorstellungen moralisch wie rechtlich auch wunderbar begründen ließe, Stichwort etwa responsibility to protect – nicht nur wahrscheinlich wäre, sondern aufgrund der sich dann manifestierenden gesellschaftspolitischen Sachzwängen quasi zwangsläufig erfolgen müsste?
Hier wäre dann das Blutbad in der Ukraine nur ein Faktor. Verschärfend würde dann die Lage an der baldigen Heimfront wirken. Wir erleben derzeit noch keine größeren wirtschaftlichen Einschränkungen aufgrund der Ereignisse. Trotzdem erleben wir bereits jetzt (nicht überraschend!) erste gesellschaftliche Ausbrüche gegen alles Russische. Was geschieht, wenn sich dies ändert, die Lage weiter eskaliert und wir uns angesichts des Grauens in immer weitergehende Sanktionen hineinsteigern lassen? Unsere Gesellschaften sind Opfer, Leid und Not nicht gewohnt, manche sagen, auch nicht in der Lage derartiges hinzunehmen. Was geschieht, wenn uns die Not mit Abermillionen Kriegsflüchtlingen, galoppierender Inflation und stockender Rohstoff- und Energieversorgung trotzdem erreicht? Gegen wen wir sich die sich dann aufstauende Wut richten, gegen wen werden die Herrschenden die Wut des Volkes lenken?
Ich für mich gehe davon aus, dass sofern sich der Konflikt nicht auf dem augenblicklichen, relativ niedrigen Niveau festfrisst, sondern wie grob skizziert an Schärfe zunimmt, früher oder später der Punkt erreicht ist, mit dem der Druck der Öffentlichkeit (nicht notwendigerweise gewollt!) den Kriegseintritt der Nato-Länder herbeiführen wird.
Ich halte diesbezüglich die aktuell in die Debatte geschobene (und unlängst durch die Nato entschieden und ganz bestimmt für immer und komme was wolle ausgeschlossen) Idee der Flugverbotszone für einen ersten Schritt, der der Nato einen Weg in den Krieg eröffnen wird bzw. soll. Ich denke das diese Idee nicht von der Bildfläche verschwinden, sondern weiterhin (medial) gepusht werden wird. Parallel halte ich es für denkbar, dass man sowohl auf medialer als auch geopolitischer Ebene versuchen wird eine Trennlinie zwischen einem Krieg gegen Russland und einen Krieg gegen russische Kräfte in der Ukraine und Weißrussland zu ziehen. Sprich man wird versuchen zu vermitteln, dass mit einem Eingreifen der Nato in der Ukraine kein unmittelbarer und direkter Angriff auf das russische Kernland verbunden ist (und gesetzt den Fall defacto dann auch nicht erfolgt), sodass für Russland weniger Grund besteht den Krieg über die nukleare Schwelle zu heben.
Ob dies geopolitisch oder militärisch sinnvoll ist und von Russland /Putin dabei auch so rezipiert werden würde sei dabei dahingestellt.
--- Trennung ---
Was ist denn bitte in Russland los? Ich möchte mich jetzt nicht in einer Betrachtung der Motivationen Putins verlieren (Generationen von zukünftigen Historikern werden darüber Bücher füllen), ich bin aber über das whq über folgendes ich sage mal Puzzleteil gestolpert, dessen Inhalt die Hintergründe des Konflikts auf zumindest für mich neue und beunruhigende Weise beleuchtet. Zumindest natürlich, wenn man dem Ganzen auch Glauben schenken mag.
Zu finden hier https://otter.ai/u/rrigWPawjLX5QA8cpOy9RXdpg98 ein langes Gespräch mit einem Rechercheur des Netzwerkes Bellingcat. Bellingcat is nun zweifelsohne Bellingcat mit eindeutiger Stoßrichtung und entsprechenden Geldgebern und das mag jeder selbst beurteilen.
Das Gespräch ist sehr lange, entscheidend aber die Inhalte bei Zeitstempel 2:1 gleich zu Beginn. Zusammengefasst behauptet der Rechercheur, dass sie schon vor fast einem Jahr Informationen aus russischen (Geheimdienst)Kreisen erhalten haben, wonach große Umbrüche in Russland vorgesehen sind und das Land praktisch in eine militarisierte Diktatur entwickelt werden soll. Der Krieg in der Ukraine (meine Schlussfolgerung) wäre vor diesen Hintergrund nur Teil eines größeren Prozesses der weit über die russischen Ambitionen in der Ukraine hinausgeht. Treffen diese (bruchstückhaften und leider geht niemand im weiteren Verlauf des Gesprächs darauf ein) Informationen zu ließe sich dadurch ableiten dass a) der Krieg seit vielen Monaten beschlossene Sache gewesen ist, b) keiner der vorgeschobenen oder tatsächliche Kriegsgründe je sonderlich relevant gewesen ist, c) der Westen mit seiner Reaktion dem Ganzen in die Hände spielt und die sich dadurch abzeichnende Entwicklung (‚NordKorea 2.0‘) von den Entscheidungsträgern (sagen wir mal ‚Putin&Co‘) nicht nur antizipiert sondern sogar gewollt ist.
Am Ende dieses Prozesses würde ein totalitär regiertes, durchmilitarisiertes Russland stehen, das seine Imperialen Ambitionen nötigenfalls nuklear in die Welt tragen würde.
Ich weiß nicht ob diese Einschätzung realistisch ist oder die Bruchstücke von bellingcat zutreffen. Ebenso wenig erschließt sich mir als westlich geprägter Mensch eine befriedigende Antwort auf die Frage nach dem warum.
Was ich aber sehe ist das die Entwicklungen hier und jetzt in Russland in die skizzierte Richtung gehen. Und ich frage mich schon wie unrealistisch es auch im Angesicht des Kriegsverlaufs und der westlichen Sanktionen noch ist, dass in Russland das Kriegsrecht verhängt und eine Mobilmachung eingeleitet wird. Selbst wenn dann (noch?) nicht zum großen Marsch nach Western geblasen wird, würden wir es mit einem Russland zu tun haben, dass nicht etwa taumelnd seinem selbstverschuldeten Schicksal entgegenstolpert, sondern dessen Führung diesen Weg sehenden Auges (und aus freien Stücken?) gegangen ist. Warum auch immer.
Eine weitere zwingende Schlussfolgerung aus dieser Argumentation wäre dann für mich auch, dass der Krieg gegen Russland besser früher als später und wenn irgend möglich nach unseren Vorstellungen zu führen ist.
Nur sind das sehr weitgehende Gedankengänge aufgrund eines einzelnen Puzzlestücks. Und offen gestanden fehlen mir die nötige Zeit und Einblick in Putins Hirn und Tuchfühlung mit der ‚russische Seele‘ um auch nur zu einer belastbaren These zu kommen. Aber wenn es in diese Richtung geht und wir es nicht nur mit Putins Nato-Wahn, wolkigen Ideen von Blut und Boden und Gläubigkeit der eigenen Propagandagläubigkeit zu tun haben, stehen wir noch vor viel größeren Problemen als ohnehin.
Ich erlaube mir mal nach langer Zeit wieder reinzuschauen und zumindest einige wenige von viel zu vielen Gedankengänge zur Großlage in Worte zu fassen. Das ist vielleicht mehr eigennützige Selbsttherapie, aber vielleicht nimmt ja jemand auch für sich etwas mit.
Der US-Amerikanische Senator Marco Rubio ist in Sachen Ukraine in den Sozialen Medien außergewöhnlich aktiv. Man kann davon sicherlich halten was man will und Person und Inhalt nach eigenem Gusto beurteilen, aber er hat die Tage in einem Twitterpost eine Frage aufgerufen die ich mir so ähnlich auch stelle: https://twitter.com/marcorubio/status/14...9116447744
Ich würde vielleicht so fragen: Gibt es einen Punkt mit dem das Schlachten in der Ukraine derart extreme Ausmaße annimmt, dass die westlichen Gesellschaften – oder vielleicht besser - mediale Öffentlichkeit den Krieg gegen Russland nicht nur bereit wäre mitzutragen, sondern womöglich gar aktiv fordert? Und in extremis die Politik dadurch auch zum Eingreifen zwingt?
Ich halte es nach dem augenblicklichen(!) operativen Vorgehen der russischen Armee trotz allem zwar noch immer schwer vorstellbar, aber wir müssen gleichwohl konstatieren, dass sowohl Szenarien wie die Belagerung Leningrads als auch erbitterter Häuserkampf wie Stalingrad oder in jüngerer Zeit und sicher auch relevanter Grosny im Bereich des Möglichen liegen.
Wären unsere Gesellschaften in der Lage dies auszuhalten und den Opfergang Hunderttausender passiv am Fernsehschirm zu verfolgen? Im Angesicht unserer ich sage emotional höchst beeinflussbaren Öffentlichkeit habe ich hier sehr große Zweifel. Müssen wir in einem solchen Szenario nicht damit rechnen, dass ein Eingreifen des Westens – was sich nach unseren Vorstellungen moralisch wie rechtlich auch wunderbar begründen ließe, Stichwort etwa responsibility to protect – nicht nur wahrscheinlich wäre, sondern aufgrund der sich dann manifestierenden gesellschaftspolitischen Sachzwängen quasi zwangsläufig erfolgen müsste?
Hier wäre dann das Blutbad in der Ukraine nur ein Faktor. Verschärfend würde dann die Lage an der baldigen Heimfront wirken. Wir erleben derzeit noch keine größeren wirtschaftlichen Einschränkungen aufgrund der Ereignisse. Trotzdem erleben wir bereits jetzt (nicht überraschend!) erste gesellschaftliche Ausbrüche gegen alles Russische. Was geschieht, wenn sich dies ändert, die Lage weiter eskaliert und wir uns angesichts des Grauens in immer weitergehende Sanktionen hineinsteigern lassen? Unsere Gesellschaften sind Opfer, Leid und Not nicht gewohnt, manche sagen, auch nicht in der Lage derartiges hinzunehmen. Was geschieht, wenn uns die Not mit Abermillionen Kriegsflüchtlingen, galoppierender Inflation und stockender Rohstoff- und Energieversorgung trotzdem erreicht? Gegen wen wir sich die sich dann aufstauende Wut richten, gegen wen werden die Herrschenden die Wut des Volkes lenken?
Ich für mich gehe davon aus, dass sofern sich der Konflikt nicht auf dem augenblicklichen, relativ niedrigen Niveau festfrisst, sondern wie grob skizziert an Schärfe zunimmt, früher oder später der Punkt erreicht ist, mit dem der Druck der Öffentlichkeit (nicht notwendigerweise gewollt!) den Kriegseintritt der Nato-Länder herbeiführen wird.
Ich halte diesbezüglich die aktuell in die Debatte geschobene (und unlängst durch die Nato entschieden und ganz bestimmt für immer und komme was wolle ausgeschlossen) Idee der Flugverbotszone für einen ersten Schritt, der der Nato einen Weg in den Krieg eröffnen wird bzw. soll. Ich denke das diese Idee nicht von der Bildfläche verschwinden, sondern weiterhin (medial) gepusht werden wird. Parallel halte ich es für denkbar, dass man sowohl auf medialer als auch geopolitischer Ebene versuchen wird eine Trennlinie zwischen einem Krieg gegen Russland und einen Krieg gegen russische Kräfte in der Ukraine und Weißrussland zu ziehen. Sprich man wird versuchen zu vermitteln, dass mit einem Eingreifen der Nato in der Ukraine kein unmittelbarer und direkter Angriff auf das russische Kernland verbunden ist (und gesetzt den Fall defacto dann auch nicht erfolgt), sodass für Russland weniger Grund besteht den Krieg über die nukleare Schwelle zu heben.
Ob dies geopolitisch oder militärisch sinnvoll ist und von Russland /Putin dabei auch so rezipiert werden würde sei dabei dahingestellt.
--- Trennung ---
Was ist denn bitte in Russland los? Ich möchte mich jetzt nicht in einer Betrachtung der Motivationen Putins verlieren (Generationen von zukünftigen Historikern werden darüber Bücher füllen), ich bin aber über das whq über folgendes ich sage mal Puzzleteil gestolpert, dessen Inhalt die Hintergründe des Konflikts auf zumindest für mich neue und beunruhigende Weise beleuchtet. Zumindest natürlich, wenn man dem Ganzen auch Glauben schenken mag.
Zu finden hier https://otter.ai/u/rrigWPawjLX5QA8cpOy9RXdpg98 ein langes Gespräch mit einem Rechercheur des Netzwerkes Bellingcat. Bellingcat is nun zweifelsohne Bellingcat mit eindeutiger Stoßrichtung und entsprechenden Geldgebern und das mag jeder selbst beurteilen.
Das Gespräch ist sehr lange, entscheidend aber die Inhalte bei Zeitstempel 2:1 gleich zu Beginn. Zusammengefasst behauptet der Rechercheur, dass sie schon vor fast einem Jahr Informationen aus russischen (Geheimdienst)Kreisen erhalten haben, wonach große Umbrüche in Russland vorgesehen sind und das Land praktisch in eine militarisierte Diktatur entwickelt werden soll. Der Krieg in der Ukraine (meine Schlussfolgerung) wäre vor diesen Hintergrund nur Teil eines größeren Prozesses der weit über die russischen Ambitionen in der Ukraine hinausgeht. Treffen diese (bruchstückhaften und leider geht niemand im weiteren Verlauf des Gesprächs darauf ein) Informationen zu ließe sich dadurch ableiten dass a) der Krieg seit vielen Monaten beschlossene Sache gewesen ist, b) keiner der vorgeschobenen oder tatsächliche Kriegsgründe je sonderlich relevant gewesen ist, c) der Westen mit seiner Reaktion dem Ganzen in die Hände spielt und die sich dadurch abzeichnende Entwicklung (‚NordKorea 2.0‘) von den Entscheidungsträgern (sagen wir mal ‚Putin&Co‘) nicht nur antizipiert sondern sogar gewollt ist.
Am Ende dieses Prozesses würde ein totalitär regiertes, durchmilitarisiertes Russland stehen, das seine Imperialen Ambitionen nötigenfalls nuklear in die Welt tragen würde.
Ich weiß nicht ob diese Einschätzung realistisch ist oder die Bruchstücke von bellingcat zutreffen. Ebenso wenig erschließt sich mir als westlich geprägter Mensch eine befriedigende Antwort auf die Frage nach dem warum.
Was ich aber sehe ist das die Entwicklungen hier und jetzt in Russland in die skizzierte Richtung gehen. Und ich frage mich schon wie unrealistisch es auch im Angesicht des Kriegsverlaufs und der westlichen Sanktionen noch ist, dass in Russland das Kriegsrecht verhängt und eine Mobilmachung eingeleitet wird. Selbst wenn dann (noch?) nicht zum großen Marsch nach Western geblasen wird, würden wir es mit einem Russland zu tun haben, dass nicht etwa taumelnd seinem selbstverschuldeten Schicksal entgegenstolpert, sondern dessen Führung diesen Weg sehenden Auges (und aus freien Stücken?) gegangen ist. Warum auch immer.
Eine weitere zwingende Schlussfolgerung aus dieser Argumentation wäre dann für mich auch, dass der Krieg gegen Russland besser früher als später und wenn irgend möglich nach unseren Vorstellungen zu führen ist.
Nur sind das sehr weitgehende Gedankengänge aufgrund eines einzelnen Puzzlestücks. Und offen gestanden fehlen mir die nötige Zeit und Einblick in Putins Hirn und Tuchfühlung mit der ‚russische Seele‘ um auch nur zu einer belastbaren These zu kommen. Aber wenn es in diese Richtung geht und wir es nicht nur mit Putins Nato-Wahn, wolkigen Ideen von Blut und Boden und Gläubigkeit der eigenen Propagandagläubigkeit zu tun haben, stehen wir noch vor viel größeren Problemen als ohnehin.