(Zweiter Weltkrieg) Hätte man dem Panzer IV vorrang geben sollen?
#16
Was noch gar nicht erwähnt wurde, ist die Tatsache, dass Tiger und Co zu schnell und hastig entwickelt wurden. So wie fast alle deutschen Neuheiten. Man hatte keine Zeit, um die Kinderkrankheiten in der Planungsphase zu vermeiden. Hätte man mehr Zeit gehabt, wäre der Tiger sicher ein ausgereiftes Waffensystem geworden. Überhaupt waren viele Waffensysteme (Nurflügler, Boden Luftraketen etc. ) ihrer Zeit voraus. Sie mussten daher Kinderkrankheiten haben.
Und noch ein Aspekt wurde noch nicht erwähnt: Bevor man sich auf Tiger und Co einschießt. Wäre es nicht sinnvoller zu Allererst diese Gigantomanieprojekte wie Maus, Dora etc. zu stoppen? Deren Kosten/Nutzenrechnung konnte niemals aufgehen. Eine Dora-Kanone benötigte 4400 Mann!! Oder die V3. Jede Reichmark in solche Projekte war völlig umsonst.
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#17
qwerty6430 schrieb:...
Und noch ein Aspekt wurde noch nicht erwähnt: Bevor man sich auf Tiger und Co einschießt. Wäre es nicht sinnvoller zu Allererst diese Gigantomanieprojekte wie Maus, Dora etc. zu stoppen? Deren Kosten/Nutzenrechnung konnte niemals aufgehen. Eine Dora-Kanone benötigte 4400 Mann!! Oder die V3. Jede Reichmark in solche Projekte war völlig umsonst.

Da lag wohl Ideologie zugrunde, gepaart mit Größenwahn, den auch individuelle Personen entwickeln können um ihr Gemüt vor einer katastrophalen Realität zu schützen (filmisch verewigt z.B. in "Aguirre, der Zorn Gottes").
Aber generell sind auch Maßnahmen wie die Ardennenoffensive eigentlich unsinnig gewesen, diese bot aber wenigstens kurzfristig eine Utopie eines möglichen Sieges. Eine verzweifelte Spinnerei, ähnlich wie das Versteifen auf technische Spielereien und unausgereifte, aber theoretisch überlegene Systeme.
"Wir schaffen das", "wo ein Wille ist ist auch ein Weg", "irgendwie kriegen wir das hin" - so eine Haltung geht auf Dauer nur wenn der Glaube auch mit irgendetwas ("Wunderwaffen") gefüttert wird.
"Konservativeres" Rangehen dagegen, auf allen Ebenen, wäre mit einfachen Rechnungen als zum Scheitern verurteilt zu erkennen gewesen. Weniger Manpower, weniger Industrielle Kapazität, weniger Rohstoffe - da gab es ohnehin nur einen möglichen Ausgang.
Also wurde lieber gezockt.
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#18
qwerty6430 schrieb:Oder die V3.

Schon die V2 war unsinn. Sinnvoller wäre eine Prorisierung auf kleine Luftabwehrraketen gewesen. Was Speer zum Beispiel auch forderte. Aber Hitler gab Gigantonomie generell den Vorzug.
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#19
Die Betrachtung ist aber von heute und nicht mit dem Wissen von damals.
Die Fw190 hätte eigentlich auch nur 12 bis 15 Monate eher kommen müssen und England wäre besetzt worden.

Hitler hatte doch u.a. die lange 5cm KwK gefordert gehabt. Das Heeresamt hat diese aber, obwohl verfügbar, nicht dem Panzer III gegeben. Auch die lange 7,5cm KwK für den Panzer IV hatte er früher gefordert und zwar noch während des Feldzuges gegen Frankreich. In diesem Fall half nicht einmal ein Führer Dekret.

Ausgehend von den damaligen Informationen und auch Diskussionen hätte das Heeresamt wissen müssen wohin es rüsten muss. Hier sollte eher die Frage gestellt werden ob nicht gewollte Unterlassungen, passive Sabotage oder Aktive Verhinderung einen Ausschlag gaben.

Es hatte seine Gründe warum der Panzer I und II noch 1940 und 1941 gebaut wurden und warum der Panzer III zu Gunsten vom StugIII nicht aufgegeben wurde und der Panzer IV nicht schon nach Polen massiv weiter Aufgerüstet und produziert worden ist.

Der Widerstand war einfach viel größer. Das kann politische aber auch Anti Hitler Gründe gehabt haben oder einfach nur Gründe im Bereich Lebensstandard und schlechte Umstellung auf Kriegsproduktion.

Die größten Auswirkungen hätten pro Division ca. 12 bis 14 Hs123 gehabt verbunden mit 4 Storch als Aufklärer und Zuweiser. Das wären um die 2400 Heeresflieger gewesen. Nicht nur eine enorm große Bodenwirkung wäre das gewesen sondern auch eine beachtliche Zahl an jungen Piloten welche ohne große Probleme auch zu den Jagdfliegern hätten wechseln können. Aber es kam anders was auch gut so ist. Allerdings bewegen wir uns ja wieder in diese Richtung. Und das ist überhaupt nicht gut.
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#20
Ich bin immer noch der Überzeugung, dass man ganz insgesamt statt auf Panzer auf Sturmgeschütze hätten setzen sollen.

Ein Sturmgeschütz III bzw IV kostete immens viel weniger als der entsprechende Panzer und hatte vor allem anderen eine wesentlich kürzere Bauzeit. Man hätte so eine x-fach größere Panzerwaffe realisieren können.

Zudem wäre der Einbau größerkalibriger und leistungsstärkerer Kanonen in ein Sturmgeschütz wesentlich einfacher, schneller und kostengünstiger realisierbar gewesen. Dass es beispielsweise bei den Panzern entgegen Hitlers persönlichen Forderungen so lange gedauert hat, hatte auch technische, produktionstechnische und kostengründe. Es war gar nicht so einfach einen Panzer mit einem drehbaren Turm mit einer solchen Kanone auszurüsten und es kostete Zeit und einen deutlichen Mehraufwand.

Die genannten leistungsfähigeren Kanonen hätte man wesentlich schneller und in wesentlich größeren Stückzahlen in einem Sturmgeschütz realisieren können.

Dazu tritt noch die bessere Geländegängigkeit, die größere Robustheit und der geringere Wartungsaufwand, was sich in allen Feldzügen sowohl logistisch wie auch in Bezug auf die Manöverkriegsführung wesentlich ausgewirkt hätte.

Wie bei der Hs123 auch wäre hier die technisch einfachere Lösung die bessere gewesen.

Um es mal mit Zahlen zu verdeutlichen:

1941 standen bei Beginnn der Operationen im Osten zur Verfügung:

PzI: 281 Stück, PzII: 743 Stück, Pz III 651 Stück, PzVI (Kurzrohr): 444 Stück, StuGIII (Kurzrohr): 250 Stück

Bei einer konsequenten Schwerpunktsetzung auf den Bau von Sturmgeschützen hätte man zu diesem Zeitpunkt bei gleicher Produktionsdauer, gleichen Produktionskosten und gleichem Fertigungsaufwand meiner Einschätzung nach nicht weniger als um die 1000 StuGIII und um die 500 StuGIV haben können - beide jeweils mit Langrohr-Kanone !! Die zu diesem Zeitpunkt veralteten PzI und PzII wären da noch dazu gekommen und hätten als Begleitpanzer die Bekämpfung von Infanterie übernehmen können. Dazu hätte man sie mit leichten Maschinenkanonen (2cm Kaliber) mit hoher Kadenz ausrüsten können.

Statt also ca 1000 PzIII und PzIV hätte man mindestens ca 1500 Sturmgeschütze mit wesentlich stärkerer Bewaffnung gehabt. Und eventuell hätte man diese Zahl durch die entstehenden Synergieeffekte noch steigern können.

Dazu wären die höhere Geländegängigkeit, einfachere Wartung, der geringere Treibstoffverbrauch im Gelände und der geringere Zeitaufwand für die Inst gekommen welche erhebliche Vorteile erzeugt hätten.
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#21
Und wie wären die ganzen Sturmgeschütze dann in die Verbände integriert worden?
Die Technik ist das eine, aber anstatt beweglicher und operativ frei agierender Panzerverbände irgendwelche überschweren halbmechanisierten Infanterieeinheiten einzusetzen hätte den Vormarsch doch erheblich verlangsamt.
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#22
Nightwatch:

Deutsche Panzer-Divisionen bestanden ohnehin ungefähr zur Hälfte aus Infanterie.

Die Sturmgeschütze wären im übrigen genau so in entsprechende Panzer-Divisonen gegliedert und in diesen konzentriert worden. An ihre Seite wären die als Begleitpanzer mit leichten Maschinenkanonen und SMG hoher Kadenz ausgestatteten PzII, Pz38t usw getreten.

Damit wären die Sturmgeschütze anders als es dann in Echt gelaufen ist konsequent nur der Panzer-Truppe unterstellt worden, statt der Artillerie.

Die Panzer-Verbände hätten sich strukturell nicht unterschieden. Sie wären nur mit einer anderen Ausrüstung versehen gewesen.

Nehmen wir mal ein praktisches Beispiel, die 1 Panzer-Divison, bestehend im wesentlichen aus folgenden Kampftruppen:

Aufklärungs-Abteilung 4

Kradschützen-Bataillon 1

1 Panzer-Brigade

-Panzer-Regiment 1
-- Panzer Abteilung I
-- Panzer Abteilung II

-Pannzer Regiment 2
-- Panzer Abteilung I
-- Panzer Abteilung II

1 Schützen-Brigade

-Schützen-Regiment 1 (ab 1941 Panzergrenadier-Regiment 1)
-- Schützenbataillon I
-- Schützenbataillon II
-- Schützenbataillon III

-Schützen-Regiment 113 (ab 1941 Panzergrenadier-Regiment 113)
-- Schützenbataillon I
-- Schützenbataillon II

Grenadier-Abteilung 1009

Panzerjäger-Abteilung 37

Artillerie-Regiment 73

Pionier-Bataillon 37

Heeres-Flak-Abteilung 299

Was hätte sich also geändert? In den gesamt 4 Panzer-Abteilungen sowie in der Panzerjäger-Abteilung wären an die Stelle der Kampfpanzer mit Turm und Kurzrohr-Kanone (II, 38t, III und IV) und an die Stelle der Panzerjäger I und Marder etc

entsprechend Sturmgeschütze III mit einer größerkalibrigen Langrohrkanone und Begleitpanzer II mit leichten Maschinenkanonen und/oder SMG getreten.

Mit dieser geringfügigen Änderung der Ausrüstung hätte man dann ein mehrfaches an Panzer-Divisionen aufstellen können.

Vor dem Russlandfeldzug verdoppelte man beispielsweise die Zahl der Panzer-Divisionen von 10 auf 20 indem man jeder Panzer-Division ein komplettes Panzer-Regiment wegnahm um damit eine neue Division aufzumachen. Trotz einer doppelt so hohen Zahl von Divisionen stieg der Bestand an Kampfpanzern von 1939 auf 1941 gerechnet nur um 30%. Darüber hinaus hatte man ein einziges Wirr-War an Typen zuzüglich der ganzen Beute-Panzer aus der Tschechei, aus Frankreich usw was gigantische logistische Probleme verursachte.

Und die Panzer waren nicht so geländegängig wie die Sturmgeschütze, manche davon sogar deutlich weniger geländegängig. Und sie waren wartungsaufwendiger, öfter der Inst usw

Zitat:Die Technik ist das eine, aber anstatt beweglicher und operativ frei agierender Panzerverbände

Gerade weil die Sturmgeschütze mehr gewesen wären, und weil sie im Gelände beweglicher waren und weil sie einen geringeren Bodendruck und ein geringeres Gewicht (bei gleichem Panzerschutz) hatten, damit weniger Treibstoff, und auch weniger Wartung/Inst benötigten, wären die Panzerverbände gerade eben beweglicher gewesen und noch mehr in der Lage frei operativ zu agieren.

Gerade ein Schwerpunkt auf Sturmgeschützen hätte die Verbände beweglicher gemacht und sie hätten noch freier operativ agieren können.

Und man hätte viel mehr solcher Verbände gehabt.

Statt 20 Divisionen hätte man so bei gleichen Kosten und gleichem Fertigungsaufwand mindestens 30 Divisionen mit Sturmgeschützen aufstellen können.

Man hätte also bereits 1941:

1 nicht weniger als 10 Divisionen mehr gehabt.

2 diese wären in ihrer Ausrüstung einheitlicher gewesen

3 die Divisionen wären beweglicher gewesen, geländegängiger, und hätten

4 weniger Treibstoff pro Einheit benötigt und

5 einen geringeren Wartungsaufwand und

6 die Kampfkraft der Fahrzeuge wäre größer gewesen weil ihre Langrohr-Kanonen wesentlich leistungsfähiger gewesen wären.

Damit hätte man die Drehbaren Türme gar nicht so gebraucht, weil man die russischen Panzer auch von vorne auf größere Distanzen hätte abschießen können statt darauf zwingend angewiesen zu sein um sie herum zu fahren um sie von hinten zu knacken.

Mit mindestens 10 Divisionen mehr (von gleicher oder sogar höherer Kampfkraft) hätte man zudem den Feind viel mehr einkesseln, umgehen und dessen Verbände dann auch tatsächlich zerschlagen bzw am Rückzug hindern können. Damit und mit der viel größeren Beweglichkeit in Schnee und Matsch etc hätte man gerade in Russland immens viel reißen können.

Deshalb bin ich der festen Überzeugung, dass man statt den Panzern mit drehbarem Turm einen Schwerpunkt beim Sturmgeschütz III hätte setzen sollen und alles auf dieses System hätte umstellen können womit man immense Vorteile gewonnen hätte:

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.panzer-archiv.de/sturmgeschuetze/deutschland/stugiii/stugiii.htm">http://www.panzer-archiv.de/sturmgeschu ... tugiii.htm</a><!-- m -->

Hätte man hier ab 39 seinen Schwerpunkt gesetzt, hätte man bereits ab 1941 eine Version mit einer Langrohrkanone verwirklichen können (wäre technisch möglich gewesen) und wäre gegen Russland mit nicht weniger als 10 Panzer-Divisionen mehr marschiert und die Leistung aller Panzer-Divisionen insgesamt wäre größer gewesen.
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#23
In gewisser Weise neige ich dazu, mich hier Quintus anzuschließen. Das Konzept des Sturmgeschützes war in mehrfacher Hinsicht sehr erfolgreich, einerseits bei der Infanterieunterstützung im Ortskampf, andererseits aber auch beim eigentlichen Vormarsch und bei der Panzerbekämpfung. Vor allem die Kombination von Beweglichkeit, flacher Silhouette und hoher Feuerkraft (zumindest bei späteren Varianten mit den Langrohrkanonen) erbrachte teils höhere Erfolgsquoten als Panzereinsätze in der gleichen Größenordnung.

Die meisten sowjetischen Panzer wurden - wenn wir mal Panzernahbekämpfungsmittel, Minen, Flugzeuge und Panzerabwehrgeschütze außen vor lassen - bspw. nicht durch Panzer selbst, sondern von Sturmgeschützen bzw. ähnlich zu klassifizierenden und assoziierten Selbstfahrlafetten abgeschossen. Insofern: Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Dem Panzer IV hätte man nicht zwingend den Vorrang geben müssen, er war zum Zeitpunkt seines Erscheinens aber eine willkommene Ergänzung und fungierte als durchaus gute Überbrückung bis zum Auftauchen des Panther-Panzers (ich will hier nicht gleich vom Tiger reden, dieser hatte durchaus seine Nachteile, bei aller Imposanz). Allerdings hätte der Panzer IV später und als reiner Kanonenträger aus dem Programm genommen werden müssen zugunsten einer Konzentration auf Panzerjäger/StuGs und den Panther.

Das Fahrgestell an sich war indessen durchaus zuverlässig, recht beliebt und diente bekanntermaßen für eine ganze Reihe von Fahrzeugen (z. B. die Hummel). Was man allerdings in Frage stellen könnte, wäre, ob es sinnvoll war, das Konzept der starren Kanonenträger in Teilen auf den Panzer IV zu übertragen (s. z. B. Jagdpanzer IV, StuG IV oder das Nashorn), obgleich man hier durchaus bewährte Fahrgestelle hatte, etwa das des Panzer III oder auch das des 38 (t), der ja z. B. den Untersatz für den sehr erfolgreichen Hetzer lieferte.

Insgesamt wäre es sinnvoller gewesen, den Panzer IV als reinen Panzer allmählich auslaufen zu lassen und das Chassis allenfalls noch als Träger für Artilleriesysteme zu verwenden. Die hieraus frei werdenden Ressourcen hätten in den Panzer V und in schnelle Jagdpanzer sowie StuGs auf Panzer III-Gestell umgeleitet werden können.

Schneemann.
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