Ägyptisch-iranisches Verhältnis
#1
Der Thread mag irritieren, aber ich entschloss mich ihn zu eröffnen, als ich diesen Artikel fand...
Zitat:Ägypten

Mursi will iranische Nachrichtenagentur verklagen

28.06.2012 · Der neue ägyptische Präsident Mursi geht juristisch gegen die iranische Nachrichtenagentur Fars vor. Die Agentur hatte behauptet, Mursi habe ihr ein Interview gegeben, in dem er eine Annäherung an Iran ankündige.

Ägyptens neuer Präsident Muhammad Mursi will die iranische Nachrichtenagentur Fars verklagen. Sein Sprecher kündigte rechtliche Schritte gegen die Agentur an, weil sie ein „Interview gefälscht“ habe, in dem Mursi angeblich die Verbesserung der ägyptisch-iranischen Beziehungen sowie die Überprüfung des Friedensvertrags mit Israel angekündigt haben soll.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/aktuell/politik/arabische-welt/aegypten-mursi-will-iranische-nachrichtenagentur-verklagen-11802545.html">http://www.faz.net/aktuell/politik/arab ... 02545.html</a><!-- m -->

Auch wenn die Distanz zwischen beiden Staaten die eine Sache ist, so kann man sich fragen, woher diese Intention der FARS kommen könnte. Evtl. bewahrheitet sich hier der alte Gegensatz zwischen Sunniten und Schiiten, möglicherweise wollte man in Persien deswegen dem radikalen Sunniten Mursi schmeicheln und einen Verbündeten im Anti-Israel-Kampf finden/gewinnen, was dieser offenbar aber nicht lustig fand. Zwar sind beide keine Freunde Israels, aber man wird evtl. merken, dass der "Feind meines Feindes nicht automatisch mein Freund ist". Der historische Graben, ja z. T. der offene Hass, zwischen Sunniten und den als "Sektierern" angesehenen Schiiten scheint manchmal tiefer zu sein, als man denkt...

Schneemann.
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#2
dazu habe ich heute in der "ZEIT" einen interessanten Artikel auf der Seite 1 ("Bei Bebels Bart") gelesen:
Zitat:...
Man darf die Lern- und Anpassungsfähigkeit der islamisch geprägten Politiker nicht unterschätzen. Auch sie leben nicht mehr im Jahr 1979, als in Teheran der prowestliche Schah gestürzt wurde und der Ajatollah Chomeni seine Gottes- und Schreckensherrschaft errichtete. Nirgendwo in der arabischen Welt gilt heute das Mullah-Regime noch als Vorbild und Erfolgsgeschichte, auch bei den Muslimbrüdern und ihren Gesinnungsfreunden nicht. Es ist kein Zufall, dass der Ägypter Mursi sofort dementieren ließ, als eine Teheraner Nachrichtenagentur ihn mit angeblichen iranfreundlichen Bemerkugnen zitiert hatte. Von dieser >Islamischen Republik< hält man nicht nur aus realpolitschen Gründen besser Abstand. Sie ist auch geistig und historisch als Modell erledigt.
...
allerdings möchte ich Deinen Überlegungen durchaus nicht widersprechen.
Es gibt im Islam derzeit zumindest drei große Strömungen
- den schiitischen Islam der Iraner
- den "klassischen sunnitischen" Islam, der durch so etablierte Hochschulen wie in Kairo oder der Türkei repräsentiert wird, und dem die Muslimbrüder genauso wie die AKP zugerechnet werden können,
- und den fundamentalistisch wahabitischen Islam der Saudis, der mit saudisichen Ölgeldern gefördert wird, und dem die Salafisten Ägyptens nahe stehen dürften.
Diese drei Strömungen wetteifern um Einfluss - und die türkischen "Seifenopern" wirken da wohl eher anziehend als die rigiden Vorgaben aus dem rigiden und totalitären Stammeskönigreich.
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#3
Ich stimme dem durchaus zu, wobei viele der aktuellen Ereignisse nicht gerade auf eine Annäherung zielen. Der Aktivismus der Türkei gegen die Diktatur des nusairisch-alawitischen Diktators Assad (und die Alawiten sind den Schiiten verwandt) zeugt auch von dieser Feindschaft (F4 hin oder her). Die Zerwürfnisse der Umma sind uns manchmal durchaus nicht geläufig, mir auch nicht, aber ich habe kürzlich mal wieder Scholl-Latours alten Schinken "Allah ist mit den Standhaften" ausgegraben - und manche der syrisch-iranisch-libanesischen Verstrickungen fielen im heutigen Kontext wie Schuppen von den Augen...

Schneemann.
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#4
Erich schrieb:Es gibt im Islam derzeit zumindest drei große Strömungen
- den schiitischen Islam der Iraner
- den "klassischen sunnitischen" Islam, der durch so etablierte Hochschulen wie in Kairo oder der Türkei repräsentiert wird, und dem die Muslimbrüder genauso wie die AKP zugerechnet werden können,
- und den fundamentalistisch wahabitischen Islam der Saudis, der mit saudisichen Ölgeldern gefördert wird, und dem die Salafisten Ägyptens nahe stehen dürften.
Diese drei Strömungen wetteifern um Einfluss - und die türkischen "Seifenopern" wirken da wohl eher anziehend als die rigiden Vorgaben aus dem rigiden und totalitären Stammeskönigreich.

Dem schiitischen Iran ist die Religionszugehörigkeit sein Nachbarn und Partner egal, solang die weltlichen Ergebnisse zufrieden stellen. Grundsätzlich sehe ich das auch bei den gemäßigten sunnitischen Schulen. Den Salafisten und den orthodoxen und zionistischen Juden fehlt es aber vollkommen an entsprechender Toleranz. Sie haben den Religionskrieg fest im Programm. Daher der Mord und Totschlag in diesen Brennpunkten.

Zu Ägypten lässt sich sagen, dass im Iran natürlich die Hoffnung besteht, die bilateralen Beziehungen nach dem Sturz des pro-westlichen Despoten Mubarak und dem Wahlsieg eines islamischen Vetreters wieder deutlich zu verbessern. In dieser Richtigung gab es ja bereits auch im Vorfeld Annäherungsversuche. Im Gegenzug sorgt das natürlich für große Sorge im Westen und in Israel, der um den Erhalt der alten Machtbalance bangt. Irgendwelche Pressemeldungen und vermeintliche Analysen, wer was gesagt haben soll und was nicht, sind Begleiterscheinungen dessen.
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#5
Zitat:Den Salafisten und den orthodoxen und zionistischen Juden fehlt es aber vollkommen an entsprechender Toleranz. Sie haben den Religionskrieg fest im Programm...
Ich denke nicht, dass man dies in einen Topf werfen sollte und möchte behaupten, dass dies eine fadenscheinige Unterstellung ist, und du solltest dies auch wirklich besser wissen. Aber das gehört hier nicht her.

Schneemann.
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#6
wenn wir von den Salafisten und den "orthodoxen und zionistischen Juden" wieder zum Thema kommen dürfen, dann scheint mir diese Meldung von RIA NOVOSTI nicht uninteressant:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://de.rian.ru/business/20120715/263992513.html">http://de.rian.ru/business/20120715/263992513.html</a><!-- m -->
Zitat:Ägypten setzt Transittransport von iranischem Öl fort - Presse

Thema: Atomstreit mit Iran
18:11 15/07/2012


KAIRO, 15. Juli (RIA Novosti). Ägypten beabsichtigt nicht, den Transport von iranischem Erdöl über den Suez-Kanal und durch seine Rohrleitungen zu verbieten, nachdem das Öl-Lieferverbot der EU gegen den Iran in Kraft getreten ist, schreibt die Zeitung „Al-Ahram“ am Sonntag.
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„Das Embargo betrifft nur die EU-Länder. Wir haben nichts damit zu tun“, zitiert die Zeitung einen nicht namentlich genannten Sachverständigen aus der Energiebranche des Landes.
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es zeigt, dass - trotz des Besuches von Clinton in Ägypten, die dem gewählten Präsidenten den Rücken gestärkt hat - Ägypten zumindest formal großen Wert auf Unabhängigkeit legt. Das ist aber wohl auch dem Wahlvolk geschuldet. Rein materiell bringt diese Öffnung (besser "Offenhaltung") des Kanals nicht viel, denn potentielle Öl-Lieferungen können im Wesentlichen nur zu den südeuropäischen Ländern gehen, die aber (wie die gesamte EU) das Embargo mit tragen. Alle anderen Anrainerstaaten (incl. den Anliegern am Schwarzen Meer) verfügen selbst über ausreichende Vorkommen und Versorgung, so dass eine Öllieferung des Iran durch den Suez-Kanal ohnehin praktisch nicht vorkommen dürfte.
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#7
Naja, also Ägypten kann nicht und will auf Basis europäisch-amerikanischer Sanktionen auch sicherlich nicht den Suezkanal abriegeln. Auch die im Bezug auf Hormus im Glashaus sitzende Clinton wird hier also nicht mit Steinen geschmissen haben.
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#8
Ich hab bisher gewartet, um zu schauen, ob die Meinung nicht doch völlig abwegig ist ...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://irananders.de/home/news/article/aegypten-iran-und-das-sich-neu-entwickelnde-kraefteverhaeltnis-im-mittleren-osten.html">http://irananders.de/home/news/article/ ... osten.html</a><!-- m -->
Zitat:Ägypten, Iran und das sich neu entwickelnde Kräfteverhältnis im Mittleren Osten

22.06.2011 22.06.2011

Das volle Ausmaß der Konsequenzen der außergewöhnlichen Entwicklungen in Ägypten seit Beginn dieses Jahres - für Ägypten selbst, für den Nahen und Mittleren Osten und für die Welt - wird erst in einiger Zeit klar werden. Zum jetzigen Zeitpunkt scheint es allerdings so gut wie sicher, dass das Ägypten nach Mubarak eine weitaus augewogenere Außenpolitik haben wird, als dies mehrere Jahrzehnte lang der Fall war.

Eines der auffälligsten Merkmale in der neuen Richtung der ägyptischen Außenpolitik ist die durchwegs positive Veränderung in der Haltung Kairos gegenüber der Islamischen Republik Iran.
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#9
Zitat:Closer Iran-Egypt ties about tourism, not religion: Tourism ministry

Despite Salafist protests against normalisation with Shia Iran, Egyptian tourism ministry hopes to bring new wave of Iranian tourists to Egypt
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Egypt's tourism minister, Hisham Zaazou, has spoken about the ongoing rapprochement between Egypt and Iran, describing the deepening of relations between the two states as aimed at promoting tourism, and not political" or "religious."

A recent visit by Iranian President Ahmadinejad to Cairo in February was considered by many observers to be a groundbreaking step in relations between Egypt, a majority Sunni nation, and the Shia state of Iran.
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"We were keen to protect Egypt's national security and sovereignty during the negotiations, and all security risks were taken into consideration before signing the agreement," said Zaazou.
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The Fatimid area of Cairo holds religious sites and the graveyards of important Shia figures that could be a potential point of interest for Iranian tourists.
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"Iran has normal relations and diplomatic missions with a lot of countries in the world except for the United States and Israel," said Zaazou, dismissing reports that rapprochement with Iran presents a security risk to Egypt.
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Almost 10 million Iranian tourists visit Gulf countries and Europe each year, and Egypt should start benefiting from this significant flow of tourists, the minister of tourism said.
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The "Coalition of Muslims for the Defence of the Prophet's Companions and Family" has called for a million-man march on 15 March to protest what they called "normalisation with the Iranian entity."
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<!-- m --><a class="postlink" href="http://english.ahram.org.eg/NewsContent/3/12/66081/Business/Economy/Closer-IranEgypt-ties-about-tourism,-not-religion-.aspx">http://english.ahram.org.eg/NewsContent ... gion-.aspx</a><!-- m -->
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#10
Zitat:Antischiitische Demonstrationen

Keine iranischen Touristen mehr in Ägypten

Auf Druck von salafistischen Extremisten hat die ägyptische Regierung die Flüge zwischen Teheran und Kairo gestoppt. Das ist nur einer von vielen Rückziehern von Ministerpräsident Hisham Kandil in letzter Zeit. [...] Zum ersten Mal nach 30 Jahren hatte eine Gruppe von rund 50 Iranern kürzlich wieder in Ägypten Ferien verbracht. Sie waren nach Luxor und Assuan gereist und hatten dabei auch deutlich mehr Geld ausgegeben als europäische Touristen. Kairo und Teheran hatten vor einigen Wochen ein vielversprechendes Tourismusabkommen geschlossen und den ersten direkten Flug zwischen den beiden Hauptstädten seit der iranischen Revolution 1979 möglich gemacht. [...]

Auf die Annäherung zum schiitischen Iran hatten einige Dutzend Salafisten mit wütenden Demonstrationen vor der Residenz des iranischen Geschäftsträgers in Kairo reagiert. Sicherheitskräfte verhinderten, dass sie in das Gebäude eindringen konnten. Die Manifestanten erklärten, Schiiten seien in Ägypten nicht willkommen, weil sie hier missionieren wollten, und verlangten die Ausweisung aller iranischen Touristen. Auf der Strasse war nur der extremste Flügel der sunnitischen Salafisten. Mehrere ihrer führenden Mitglieder hatten zwar Bedenken, aber keine direkte Ablehnung geäussert, andere sogar von einer positiven Entwicklung gesprochen. Dennoch knickte die Regierung von Ministerpräsident Hisham Kandil ein und verfügte die Suspendierung der Flüge bis mindestens Mitte Juni.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.nzz.ch/aktuell/international/keine-iranischen-touristen-mehr-in-aegypten-1.18063297">http://www.nzz.ch/aktuell/international ... 1.18063297</a><!-- m -->

Schneemann.
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#11
Zitat:Egypt's Morsi sends delegation to Iran to discuss Syria
Sun Apr 28, 2013 2:59AM
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Morsi has issued a statement saying that he had sent his envoys to Iran to follow up on Cairo’s proposal that Iran, Turkey, Egypt and Saudi Arabia form a group to work out a solution to the crisis in Syria.

The delegation included Morsi's foreign relations advisor, Essam el-Haddad, and his chief of staff, Refaa al-Tahtawi.

The Egyptian delegation held separate meetings with Iranian high-ranking officials, including President Mahmoud Ahmadinejad, Secretary of Supreme National Security Council Saeed Jalili, Foreign Minister Ali Akbar Salehi and Ali Akbar Velayati, a senior advisor to Leader of the Islamic Revolution Ayatollah Seyyed Ali Khamenei, where they discussed issues of mutual interest, particularly all-out bilateral ties.
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<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.presstv.ir/detail/2013/04/28/300625/egypts-morsi-sends-delegation-to-iran/">http://www.presstv.ir/detail/2013/04/28 ... n-to-iran/</a><!-- m -->
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#12
Zitat:Iran’s deputy foreign minister urges closer Tehran-Cairo ties
Mon Jun 3, 2013 8:21AM GMT
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The two nations should enhance mutual relations, Hossein Amir-Abdollahian [Iran's deputy foreign minister for Arab and African affairs] said in a meeting with a group of visiting Egyptian journalists on Sunday.
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<!-- m --><a class="postlink" href="http://presstv.com/detail/2013/06/03/306912/iran-stresses-closer-ties-with-egypt/">http://presstv.com/detail/2013/06/03/30 ... ith-egypt/</a><!-- m -->
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#13
Zitat:Iranian MPs condemn Shia killing in Egypt
Tue Jun 25, 2013 11:44AM GMT

A group of 190 Iranian lawmakers have strongly condemned the recent beating to death of four Shia Muslims by radical Salafists in Egypt.

In the statement, which was read out during the open session of Majlis on Tuesday, the lawmakers described the “martyrdom of four innocent human beings in Egypt for following the school of the Household of Islam’s Prophet (PBUH)” as a “shameful stain” on the track records of the Salafist clerics “who are trying to protect the interests of the US and the Zionist regime with support from radical Takfiris.”

Takfiris are extremist Muslims that follow a deviated interpretation of Islam often promoted by the Saudi-based Wahhabi sect.
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The statement also called on the Egyptian government to launch a probe into the horrible crime in a bid to identify the perpetrators of the act and bring them to justice.
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<!-- m --><a class="postlink" href="http://presstv.com/detail/2013/06/25/310763/iran-mps-slam-shia-killing-in-egypt/">http://presstv.com/detail/2013/06/25/31 ... -in-egypt/</a><!-- m -->
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#14
Zitat:Massacre in Egypt unacceptable: Iran
Thu Aug 15, 2013 10:20AM

The Islamic Republic of Iran says the recent massacre of and massive military crackdown on the protesters in Egypt is “unacceptable.”

Iran also called for an immediate return to democracy and national dialog in the African country.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.presstv.com/detail/2013/08/15/318838/massacre-in-egypt-unacceptable-iran/">http://www.presstv.com/detail/2013/08/1 ... able-iran/</a><!-- m -->
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#15
Zitat:09.08.13
Ajatollah Khamenei warnt vor Bürgerkrieg in Ägypten
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Khamenei verurteilte Gewalttaten in Ägypten und rief "das ägyptische Volk, die politischen und religiösen Verantwortlichen sowie die Intellektuellen" auf, sich der gefährlichen Situation bewusst zu werden. "Wenn der Bürgerkrieg beginnt, wird ihn nichts aufhalten können", sagte er.

Zugleich warnte Khamenei vor einer Einmischung anderer Staaten in den Konflikt.
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<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.welt.de/politik/ausland/article118853991/Ajatollah-Khamenei-warnt-vor-Buergerkrieg-in-Aegypten.html">http://www.welt.de/politik/ausland/arti ... ypten.html</a><!-- m -->
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