Amazonas vor den Europäern
#16
werter Quintus,
soeben bin ich im aktuellen SPIEGEL (print, S. 110) auf einen Artikel mit dem Titel
Zitat:"Archäologie
Entdeckten die Kelten Amerika?
gestoßen.
In dem Artikel wird unter Bezug auf das Buch "Wurde Amerika in der Antike entdeckt", C.H.Beck Verlag von Hans Gifthorn, Hildesheim, die These vertreteten, die Chachapoya-Indianer seien Nachommen keltisch -/phönizischer Seefahrer.
Die These lässt sich auch hier im Internet nachlesen. Sie wird in dem Buch mit DNA-Analysen, Metallproben und Schriftvergleichen untermauert. Und sie verbindet sich mit der "Inschrift von Parahyba (oder Tafel von Paraíba)" zu einem phantastischen Ansatz.
In dieser (umstrittenen Inschrift, angeblich aus 800 oder 500 v.Chr.) wird behauptet: "Zwei Jahre umfuhren wir das heiße Land, das Ham gehört, dann wurden wir getrennt von Jerub-Baal " - und damit eine Verbindung hergestellt zu der phönizischen Expedition, die um 600 v. Chr. im Auftrag des ägyptischen Pharao Necho II Afrika umrundet haben soll (lt. Herodot).

Nach dieser Theorie hätten Phönizier also über längere Zeit hin das "Wissen von Amerika" aufrecht erhalten müssen, um dann - spätestens nach den kathagisch-römischen Kriegen (146 v. Chr.) - das Land als Fluchtziel zu nutzen. Tatsächlich haben die Karthager ja (seit der Mitte des 7. Jhs. v. Chr.) von Lixus bis zu 800 km südlich der Straße von Gibraltar - auf der Insel Mogador - eine Kette von Stützpunkten vorgehalten, die noch im 6. und 5. Jhdt. vor Chr. genutzt wurden. Welchen Sinn hätte es für die Phönizier gehabt, über so lange Zeit einen wichtigen Stützpunkt am Atlantik vorzuhalten, wenn nicht von dort weitere Handelswege zu anderen Zielen bestanden hätten?

Das letzte bekannte Siedlungsgebiet des Stammes schließt sich allerdings östlich des Maranon an das Inka-Reich an, liegt also ausserhalb des Verbreitungsgebietes der bisher diskutierten "Bio-Erde-Vorkommen" des Urwalds. Allerdings sind die Chachapoya erst ca. 800 n. Chr. in diesem Siedlungsgebiet aufgetaucht. Sie waren also schon Zeitgenossen der Tiahuanaco- und Huari-Kultur
Wo das Volk vorher gesiedelt hat, ist nicht bekannt.
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#17
Werter Erich:

meiner Meinung nach ist eine Fahrt nach Südamerika durch punische Seefahrer durchaus im Bereich des wahrscheinlichen. Die Punier waren nachweislich regelmäßig auf den Azoren und kannten daher die Wind- und Strömungsverhältnisse im Atlantik. Bei ihren Fahrten entlang der afrikanischen Küste nutzten sie diese auf die gleiche Weise wie die Portugiesen und die wurden ja auch unbeabsichtigt bei diesen Fahrten deren Ziel eigentlich Afrika war auch an die Küste Brasiliens verschlagen.

Von daher halte ich es angesichts der punischen Afrika-Seefahrt für sehr wahrscheinlich, dass zumindest einmal, vermutlich sogar hin und wieder punische Schiffe es an die Küste Brasiliens schafften.

Dafür gibt es jedoch bis jetzt noch keinen einzigen echten archäologischen Beweis. Die besagte Schrifttafel ist definitiv eine Fälschung. Das heißt aber nicht umgekehrt, dass die Punier bzw. Karthager nicht dort waren. Aufgrund der Routen die sie im Atlantik standardmäßig segelten wäre es sogar sehr unwahrscheinlich, dass nie eines ihrer Schiffe dorthin gelangt wäre.

Aber warum um alles in der Welt Kelten?! Kelten?

Die ganze da auf dieser unseligen Seite ausgeführt These ist dermaßen dünn und abstrus: mit der Begründung das zwei Völker (Kelten und dieser Indianerstamm) runde Häuser bauten und Kriege waren (die Phönizier werden hier wie üblich fälschlicherweise als unkriegerisch dargestellt, dabei waren sie sehr kriegerisch und berüchtigte Piraten) wird die These als bewiesen angesehen, dass beide Völker miteinander verwandt seien...

Aber um die Ungenauigkeit noch auf die Spitze zu treiben werden hier Kelten, Keltiberer, Balearen, Karthager usw usw einfach alle in einen Topf geschmissen. Selbst bei den Keltischen Völkern gab es immense Unterschiede. Bleiben wir mal nur beim Hausbau: nur die wenigsten keltischen Stämme bauten runde Häuser! die meisten bauten rechteckige Häuser und dennoch werden hier runde Häuser als Beleg für eine keltische Abstammung dieses Indianer Stammes genannt, wie bizarr.
Schleudern gab es schon auf der ganzen Welt ! lange bevor die Balearen darin Meister wurden. Und die Balearen spielten keineswegs einhändig Flöte usw usf

Nehmen wir beschließend noch mal diese bewiesenermaßen gefälschte Tafel:

Da wird von 12 Männern und 3 Frauen gesprochen, die noch darüber hinaus laut dieser völlig absurden These Balearisch, "Keltisch", Karthagisch gemischt waren und daraus, aus nicht mal 20 ethnisch stark gemischten Personen soll dann nach Jahrhunderten ein ganzes Volk mit Städten, Festungen und einer sehr einheitlichen Kultur geworden sein, darüber hinaus auch noch in weiten Teilen blondhaarig! ....

Ich weiß gar nicht, ob ich auf so einen Unfug überhaupt irgend was schreiben sollte:

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.indianer-welt.de/sued/chacha/chacha-herkunft.htm">http://www.indianer-welt.de/sued/chacha ... rkunft.htm</a><!-- m -->

Die können auf der Seite noch nicht mal das Wort: Karthager richtig schreiben sondern schreiben beharrlich: Katharger ....

Zitat:Die Katharger waren Nachfahren der Phönizier (um die Zusammenhänge zwischen Phöniziern und Kathargern zu erklären, da beide Begriffe hier genannt werden).

Schlicht und einfach Bodenlos.

Und sehr schade, weil es die sehr wahrscheinlich wirklich statt gefundenen Amerika-Fahrten der Punier diskreditiert und lächerlich macht.
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#18
@Erich
Zitat:Welchen Sinn hätte es für die Phönizier gehabt, über so lange Zeit einen wichtigen Stützpunkt am Atlantik vorzuhalten, wenn nicht von dort weitere Handelswege zu anderen Zielen bestanden hätten?
Diese Ziele befanden sich wohl eher an der afrikanischen Westküste.
Immerhin war schon Hanno entlang der afrikanischen Westküste wohl bis in das Gebiet des Kamerunberges und darüber hinaus vorgestoßen, von wo er auch zwei Gorillafelle mitbrachte.
Die karthagischen Stützpunkte an der Atlantikküste könnten ganz einfach dazu gedient haben, um Güter aus den südlicher gelegenen afrikanischen Gebieten zu holen. So wird auch vermutet, das die Karthager aus den Fouta Djallon-Bergen in Guinea Gold holten.

Zitat:Das letzte bekannte Siedlungsgebiet des Stammes schließt sich allerdings östlich des Maranon an das Inka-Reich an, liegt also ausserhalb des Verbreitungsgebietes der bisher diskutierten "Bio-Erde-Vorkommen" des Urwalds. Allerdings sind die Chachapoya erst ca. 800 n. Chr. in diesem Siedlungsgebiet aufgetaucht.
Die Chachapoya scheinen ihren Ursprung wohl eher in der Andenregion gehabt und dann Gebiete des westlichen Amazonas kolonialisiert zu haben, vielleicht aus Überbevölkerung und militärischem Druck von Nachbarn.
Später verdünnisierten sich auch einige Huanca - nachdem sie aus der Armee der Inka desertiert waren- in das Amazonasbecken, wobei sie sich unterwegs einige Frauen erbeuteten.
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#19
Das scheint mir der ideale Strang zu sein. Smile
Zitat:Huge network of ancient cities uncovered in the Amazon rainforest

(CNN) — Archaeologists working deep in the Amazon rainforest have discovered an extensive network of cities dating back 2,500 years.

The highly structured pre-Hispanic settlements, with wide streets and long, straight roads, plazas and clusters of monumental platforms were found in the Upano Valley of Amazonian Ecuador, in the eastern foothills of the Andes, according to a study published in the journal Science on Thursday. The discovery of the earliest and largest urban network of built and dug features in the Amazon so far was the result of more than two decades of investigations in the region by the team from France, Germany, Ecuador and Puerto Rico. [...]

The research began with fieldwork before deploying a remote sensing method called light detection and ranging, or lidar, which used laser light to detect structures below the thick tree canopies. Lead study author Stéphen Rostain, an archeologist and director of Research at France’s National Center for Scientific Research (CNRS), described the discovery as “incredible.” [...]

However, between approximately 500 BCE and 300 to 600 CE, the Kilamope and later Upano cultures began to build mounds and set their houses on earthen platforms, according to the study authors. These platforms would be organized around a low, square plaza. [...]

The team also discovered monumental complexes with much larger platforms, which, they said, probably had a civic or ceremonial function.

At least 15 clusters of complexes identified as settlements were discovered. Some settlements were protected by ditches, while there were obstructions to roads near some of the large complexes. This suggests the settlements were exposed to threats, either external or resulting from tension between groups, the researchers said. Even the most isolated complexes were linked by pathways and an extensive network of larger, straight roads with curbs. [...] The overall organization of the cities suggests “the existence of advanced engineering” at the time, according to the study authors, who concluded that the garden urbanism of the Upano Valley “provides further proof that Amazonia is not the pristine forest once depicted.”
https://edition.cnn.com/2024/01/12/ameri...index.html

Beinahe musste ich an die berühmt-berüchtigte, gemutmaßte Stadt Z denken, der Percy Fawcett nachjagte (https://de.wikipedia.org/wiki/Percy_Fawcett).

Schneemann
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#20
dass im Amazonas unbekannte Kulturen waren ist schon länger in den Fach-Medien
Zitat:Der Mythos vom unberührten Amazonaswald
03.03.2017
MPIC / AB
Forschung Veröffentlichungen
Ureinwohner hinterließen Spuren im Regenwald indem sie Baumarten domestizierten
Bäume, die von präkolumbianischen Völkern domestiziert wurden, spielen bis heute eine wichtige Rolle in den Wäldern des Amazonas-Beckens. Die Vorstellung, dass die ausgedehnten Regenwälder vor der Ankunft der Spanier in Südamerika unberührt von menschlichem Einfluss waren, hat damit einen Dämpfer erhalten.
...
Quelle: Archäologie online oder für das bolivianische Amazonasgebiet

Inzwischen mehren sich die Meldungen auch in den Allgemeinen Medien
- etwa für den brasilianischen Regenwald
- etwa vom Osthang der Anden in Ecuador (Tagesschau) (auch bei ZDF Heute oder in der Berliner Morgenpost).

Zunehmend stellt sich heraus, dass hier - bis nach Guayana - z.B. schon sehr früh Pflanzen gezüchtet wurden. Ich nehme an, das "Aussterben" der Kulturen ist durch Krankheiten verursacht, die mit der Kolonisierung durch Europäer eingeschleppt wurden.
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