Die Zwischenkriegszeit (1918 - 1939)
#6
Facilier:

Zitat:Wer auf eine Lebenskrise hin kriminell wird........muss dafür gerade stehen und sich an seinen Taten messen lassen

Was kriminell ist, definiert in diesem Kontext allein der Erfolg oder Misserfolg. Ebenso war sinnvoll war oder nicht. Und noch vielmehr ob man dafür gerade stehen und sich daran messen lassen muss.

modernisiert und hier und da "alte Zöpfe" abgeschnitten.....Das haben aber die anderen Völker rings herum ebenso gemacht. Ganz ohne Völkermord.

Mal abgesehen davon, dass man etliches was damalige "gute" Staaten so trieben hier und heute ebenso als Völkermord definieren würde (nach aktuellem Recht), haben diejenigen Staaten welche hier eine andere - dir persönlich besser zusagende - Modernisierung durchführen konnten eben auch ganz andere Umstände gehabt.

Deshalb ist so ein Vergleich ebenso sinnbefreit wie der zwischen Äpfeln und Yamswurzeln.

Zitat:denn der NS ist auf Basis der alten deutschen Kultur gewachsen

Das wird durch stete Widerholung keineswegs wahrer: der National-Sozialismus war gerade eben ein Bruch mit der alten deutschen Kultur. Er wuchs also nicht aus ihr hervor. Die Linie welche von vielen heute von Preußen über das Kaiserreich in die NS Zeit gezogen wird, existiert so nicht. Gerade in Bezug auf Preußen und das frühe Kaiserreich herrscht zudem eine erschreckende Unwissenheit vor und man verwechselt dann allzu leicht irgendwelche Propagandastückchen, beißende Satire oder die Überzeugungen von Linksradikalen mit der Realität der damaligen Zeit.

Man sollte daher die privaten Ansichten von pazifistischen Sozialisten wie Heinrich Mann nicht mit der geschichtlichen Wirklichkeit verwechseln, welche wesentlich komplexer war, was allein schon durch den Umstand bezeugt wird, dass exakt diese Gesellschaft nicht nur einen Heinrich Mann hervor brachte, sondern ihm auch Erfolg und Wohlstand ermöglichte.

Zitat:Millitarismus, der Autoritarismus, blinder Gehorsam, der Chauvinismus, gewalttätige Erziehung, Intoleranz, allgemeine psychische Kälte+Psychopathie, die Lust an überzogener Ordnung und Disziplin, das extreme Kleinbürgerliche und Kleingeistige, der Hass auf Fremdes wie auch auf alles Lebendige und so weiter und so fort .

Waren allesamt in ganz vielen Gesellschaften dieser Zeit vorherrschend, auch in denen welche du hier als westlich-demokratisch wähnst. Du wärst ziemlich sicher überrascht, wenn du im Jahr 1900 die Staaten in Europa alle abklappern würdest nur zum festzustellen, dass die von dir hier genannten Umstände sich ganz genau so in England, in Frankreich, in Russland, in den USA und sonstwo finden ließen. Jingoismus war damals eine Tugend der Europäischen Nationalstaaten nebst USA, und ebenso wesentlich dafür verantwortlich dass Europa de facto die Erde beherrschte.

Es gab eben keinen deutschen Sonderweg hier, auch wenn ein solcher heute aus bestimmten Gründen stets so gezeichnet wird. Der Unterschied war eher in spezifischen kulturellen Rückständigkeiten im Deutschen Reich, im Vergleich zu den anderen, kulturell moderneren Nationen. Was keineswegs heißt, dass diese nicht ebenso den von dir hier genannten Kulturelementen weitgehend gehuldigt hätten.

Was das viktorianische England oder auch Frankreich (von Russland und Co fange ich erst gar nicht mal an) im Laufe des 19 Jahrhunderts so getrieben haben, ist nach heutiger Auffassung nichts anderes als ein Völkermord nach dem anderen, die Durchsetzung ihrer Herrschaft weltweit mit größter militärischer Gewalttätigkeit und ein bis Wilhelm II wesentlich ausgeprägterer Jingoismus als dies im Deutschen Reich der Fall war, geschweige denn in Preußen.

Zitat:Man sieht dann übrigens doch auch sehr deutlich, dass die Menschen, die von der piefigen deutschen Kultur damals drastisch abwichen, von Anfang an gegen den Nationalsozialismus waren - trotz Krise!

Der Widerstand gegen den National-Sozialismus war unter konservativen traditionellen Kreisen genau so hoch wie unter den von dir hier hochgehaltenen Jazz-Club-Besitzern, im übrigen damals eine verschwindend kleine und völlig irrelevante Minderheit. Das überhaupt diese Kreise sich von den National-Sozialisten übertölpeln ließen und ihnen schließlich das Volk de facto entglitt, liegt gerade eben daran, dass der National-Sozialismus ein Bruch mit ihnen war, eine Modernisierung und dass man panische Angst davor hatte, dass die Modernisierung ansonsten in Richtung Kommunismus geht, was sie in Deutschland ohne die Nationalsozialisten auch gegangen wäre.

Und piefig ist wohl allenfalls eine rein subjektive Empfindung, die kaum eine Zusage darüber zulässt, wie es sich damals verhalten hat. Beispielsweise empfinde ich das Kaiserreich naturgemäß keineswegs als piefig, was nicht heißt, dass ich die Problemstellungen nicht trotzdem genau erkennen würde.

Zitat:Es gab keine Club-Betreiber, in deren Clubs moderne Kunst hing und in denen sexy Damen zu Jazz getanzt haben, die für Hitler gewesen wären!

Mal abgesehen davon, dass es selbst das gab (wie auch judenhassende Juden in der NSDAP, schwule Zuhälter bei der SA und was sonst noch alles), spielte die extremst geringe Anzahl solcher Club-Betreiber mal überhaupt keine Rolle und war auch sonst solches Wollen keineswegs vorherrschend für die Mehrheit, die andere Sorgen hatte als sich in Berlin mit Schampus und Transen zu vergnügen, weil sie stattdessen auf der Suche nach einem Schubkarren war um damit das Geld nach Hause zu fahren um es dort im Ofen zu verschüren, damit es wenigstens überhaupt noch einen Sinn hat.
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RE: zwischen den beiden Weltkriegen .... - von Quintus Fabius - 28.05.2022, 21:45

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