Großbritannien
Bei uns sind diese Preissteigerungen lange noch nicht so gravierend hoch, wie mittlerweile in England. England bzw. Großbritannien hat Inflationsraten - glaubt man Westminster - von derzeit ca. 10,4%. Deutschland liegt aktuell bei 7,8%, für 2022 pendelt man sich im Schnitt auf 7,9% sein. Irritierend finde ich ja, dass in englischen Medien bzw. Kommentarspalten schon darüber spekuliert wird, dass das Leben in Deutschland anscheinend günstiger sei als in Großbritannien (Großstädte ausgenommen). Da frage ich mich schon: Geht es denen auf der Insel wirklich derart schlecht oder sind wir nur verwöhnt und lautstark am herumjammern?

Das Problem hierbei ist aber auch, dass die "wellfare" und das Gesundheitssystem in Großbritannien schon vor den ganzen Krisen ziemlich erodiert und unterfinanziert waren, der Neo-Manchesterliberalismus hat hier in den letzten Jahren schon arg gewütet. Wenn die Wirtschaft boomt, kann man dies durchaus dahingehend umsetzen, denn die meisten Menschen sind i. d. R. dann relativ gut versorgt, wenn ich mich aber von Krise zu Krise hangele und die Inflation durch die Decke schießt, dann schlägt das jetzt natürlich doppelt vehement durch und lässt die Bedürftigenzahlen explodieren.

Und mit Verlaub: Die absurde Annahme der Konservativen um Truss & Co., dass es der Gesellschaft allgemein zugute käme, wenn man die Reichen steuerlich entlastet - so geschehen im letzten Jahr -, ist schon so oft in verschiedenen Ländern widerlegt worden, dass man sich m. M. n. berechtigt fragen kann, ob sie wirklich so naiv-gutgläubig waren oder wider besseren Wissens einfach nur mit dieser Ausrede ihre Klientel bedienen wollten?

Schneemann
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(15.04.2023, 16:20)lime schrieb: Und Preissteigerungen in ähnlicher Höhe in Deutschland und Frankreich???
Mit Verlaub, wer glaubt der Brexit habe für den UK nur Gutes bewirkt, der hat den Knall nicht gehört.
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(15.04.2023, 16:53)Schneemann schrieb: Bei uns sind diese Preissteigerungen lange noch nicht so gravierend hoch, wie mittlerweile in England. England bzw. Großbritannien hat Inflationsraten - glaubt man Westminster - von derzeit ca. 10,4%. Deutschland liegt aktuell bei 7,8%, für 2022 pendelt man sich im Schnitt auf 7,9% sein. Irritierend finde ich ja, dass in englischen Medien bzw. Kommentarspalten schon darüber spekuliert wird, dass das Leben in Deutschland anscheinend günstiger sei als in Großbritannien (Großstädte ausgenommen). Da frage ich mich schon: Geht es denen auf der Insel wirklich derart schlecht oder sind wir nur verwöhnt und lautstark am herumjammern?
Schneemann

Die Berechnung der Inflationsraten über Warenkörbe hat doch mit der realen Belastung für die ärmeren Schichten so gut wie nichts zu tun. Laut meiner Frau haben sich viele Preise im Supermarkt über das vergangene Jahr mehr als verdoppelt, darunter viele Dinge des alltäglichen Bedarfs. Mir persönlich fällt das fast überhaupt nicht auf, was auch daran liegt dass ich fast nie bei solchen Einkäufen dabei bin.

(15.04.2023, 17:28)Ottone schrieb: Mit Verlaub, wer glaubt der Brexit habe für den UK nur Gutes bewirkt, der hat den Knall nicht gehört.

Darum geht es nicht. Aber man kann nicht alles dem Brexit in die Schuhe schieben, nur weil es einem gerade in den Kram passt.
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Zur Klarstellung, ich bezog mich auf die Formulierung oben "überhaupt eine Teilschuld", nicht auf "alles".
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Zitat:Aber man kann nicht alles dem Brexit in die Schuhe schieben, nur weil es einem gerade in den Kram passt.
Ehrlich gesagt schiebe ich es dem Brexit nicht in die Schuhe, weil es mir "gerade" in den Kram passt. Genau genommen schiebe ich es ihm seit sechs Jahren in die Schuhe, nicht nur weil ich es quasi von Jahr zu Jahr beobachtet hatte, sondern weil es von Beginn an auch klar war, dass die schillernden Heilsversprechungen nach der albion'schen "splendid isolation", die die Befürworter des Brexit den Menschen so leichtfertig gaben, ähnlich klangen wie die "blühenden Landschaften" Helmut Kohls von 1990. Und dies obgleich quasi unisono alle Wirtschaftsfachleute, übrigens heute wie damals, davor warnten, dass die Rechnung eben nicht aufgeht. Aber im patriotischen Taumel verlieren eben Menschen manchmal das Bewusstsein für die Risiken.

Dass die Krise derzeit so massiv ist, hat aber sicherlich nicht nur alleine mit dem Brexit zu tun (das muss man fairerweise sagen), allerdings hat eben der Brexit den Rattenschwanz der Probleme verlängert bzw. die Auswirkungen multipliziert. Heißt: Ohne den Brexit wäre die Krise auch da, wenngleich indessen vermutlich nicht so drastisch, aber dass sie so vehement einschlägt wie aktuell, ist eben dem Brexit (mit-)geschuldet.

Schneemann
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(16.04.2023, 08:40)Schneemann schrieb: Ehrlich gesagt schiebe ich es dem Brexit nicht in die Schuhe, weil es mir "gerade" in den Kram passt. Genau genommen schiebe ich es ihm seit sechs Jahren in die Schuhe, nicht nur weil ich es quasi von Jahr zu Jahr beobachtet hatte, sondern weil es von Beginn an auch klar war, dass die schillernden Heilsversprechungen nach der albion'schen "splendid isolation", die die Befürworter des Brexit den Menschen so leichtfertig gaben, ähnlich klangen wie die "blühenden Landschaften" Helmut Kohls von 1990. Und dies obgleich quasi unisono alle Wirtschaftsfachleute, übrigens heute wie damals, davor warnten, dass die Rechnung eben nicht aufgeht. Aber im patriotischen Taumel verlieren eben Menschen manchmal das Bewusstsein für die Risiken.

Dass die Krise derzeit so massiv ist, hat aber sicherlich nicht nur alleine mit dem Brexit zu tun (das muss man fairerweise sagen), allerdings hat eben der Brexit den Rattenschwanz der Probleme verlängert bzw. die Auswirkungen multipliziert. Heißt: Ohne den Brexit wäre die Krise auch da, wenngleich indessen vermutlich nicht so drastisch, aber dass sie so vehement einschlägt wie aktuell, ist eben dem Brexit (mit-)geschuldet.

Schneemann

Wo genau besteht denn nun der signifikante Unterschied zwischen zum Beispiel Deutschland und Großbritannien bei den Wirtschaftsdaten?

https://de.statista.com/statistik/daten/...ritannien/

https://de.statista.com/statistik/daten/...m-vorjahr/

https://de.statista.com/statistik/daten/...rankreich/

In dem statistischen Vergleich fehlt übrigens noch der Faktor Bevölkerungsentwicklung. Würde man in Deutschland die Entwicklung des Wirtschaftswachstums mit dem Wachstum der Gesamtbevölkerung ins Verhältnis setzen dann würde es noch wesentlich geringer ausfallen. Dass es Großbritannien durch den Brexit nun wirtschaftlich besonders erwischt haben soll ist einfach an Hand der Fakten nicht nachzuvollziehen, sondern eine reine Wunschvorstellung der Remainer/Pro-EU-Fraktion. Eher ist es so dass sich GB ähnlich (schlecht) entwickelt hat wie D und F, die beide noch EU-Mitglieder sind.
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(16.04.2023, 12:57)lime schrieb: Wo genau besteht denn nun der signifikante Unterschied zwischen zum Beispiel Deutschland und Großbritannien bei den Wirtschaftsdaten?
Die Statistik selbst gelesen und verstanden? Erscheint mir nicht so. 2020: D - 3,7% und UK -9,2%, das ist ein Faktor 2,5! Im Nachfolgejahr 2021 konnte D den Einbruch zudem deutlich besser kompensieren als UK, auch 2022 hatte D mehr Wachstum. Die Grafiken zeigen Prozentwerte der Veränderung, aber nicht die Basis. Mit anderen Worten, die Ausgangslage sind unterschiedlich.
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(16.04.2023, 14:04)Ottone schrieb: Die Statistik selbst gelesen und verstanden? Erscheint mir nicht so. 2020: D - 3,7% und UK -9,2%, das ist ein Faktor 2,5! Im Nachfolgejahr 2021 konnte D den Einbruch zudem deutlich besser kompensieren als UK, auch 2022 hatte D mehr Wachstum. Die Grafiken zeigen Prozentwerte der Veränderung, aber nicht die Basis. Mit anderen Worten, die Ausgangslage sind unterschiedlich.

Das gleicht sich aber durch die Entwicklung von 2021 wieder aus, wo GB ein um etwa 2,5 fach höheres Wachstum hat. Insgesamt gesehen über die Jahre seit dem Brexit kann man keinen großen Unterschied zwischen den Entwicklungen in GB und D erkennen, gegenüber F liegt GB sogar weiter vorne. Woran man hier den angeblich negativen Effekt des Brexit festmachen will ist mir schleierhaft. Im Gegenteil ist dieser Effekt langfristig gesehen eben überhaupt nicht eingetreten.
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(16.04.2023, 14:10)lime schrieb: Im Gegenteil ist dieser Effekt langfristig gesehen eben überhaupt nicht eingetreten.
Das ist faktenfremder Quatsch. Ab diesem Punkt ist für mich eine weitere Diskussion ohne Sinn.
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(16.04.2023, 14:44)Ottone schrieb: Nein.
Das ist faktenfremder Quatsch. Ab diesem Punkt ist für mich eine weitere Diskussion ohne Sinn.

GB: 2020: -9,27%, 2021: +7,44%, 2022: +3,61%

D: 2020: -3,7%, 2021: +2,6%, 2022: +1,8%

F: 2020: -7,9%, 2021: +6,77%, 2022: +2,52%

Also wo genau soll GB jetzt gegenüber D und F durch den Brexit verloren haben? GB hatte zwar 2020 den schlechtesten Wert aber diesen Rückschlag wieder mehr als wett gemacht. Aber ich kann mit schon vorstellen dass Remainer großen Frust schieben da ihre Vorhersagen eben überhaupt nicht eingetroffen sind.
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Ein beliebig herausgepickter link (hier: BBC) erklärt die Lage: https://www.bbc.com/news/business-64450882
Zitat:Overall, the government's independent watchdog, the Office for Budget Responsibility, thinks the UK will ultimately be 4% worse off, than it would have been if we had voted no to Brexit

Es drücken sich auch nicht alle negativen Effekte im BIP aus, manche gar nicht, andere nur sehr verzögert. Da ist zum Beispiel die Abkoppelung aus der europäischen Forschung, der effektive Rauswurf/das gezielte Vergraueln von fähigen europäischer Forschern und Fachleuten, die neue Unatraktivität als Studienstandort, die Facharbeiterkrisen die auch den NHS treffen, die resultierende "Volksgesundheit" ...
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@lime
Zitat:In dem statistischen Vergleich fehlt übrigens noch der Faktor Bevölkerungsentwicklung. Würde man in Deutschland die Entwicklung des Wirtschaftswachstums mit dem Wachstum der Gesamtbevölkerung ins Verhältnis setzen dann würde es noch wesentlich geringer ausfallen.
Das verstehe ich nicht bzw. ergibt für mich keinen Sinn. Denn ein Bevölkerungswachstum sollte eigentlich (im Regelfall) auch eine Zunahme des BIP generieren. Großbritannien hatte in den letzten Jahren ein größeres Bevölkerungswachstum (insgesamt gesehen und prozentual) als Deutschland, dennoch sind die Zahlen aber sehr schlecht bzw. schlechter als in Deutschland. D. h. wenn das Argument stimmen würde, dann müsste Großbritannien also deutlich besser dastehen, das ist aber nicht der Fall.
Zitat:Dass es Großbritannien durch den Brexit nun wirtschaftlich besonders erwischt haben soll ist einfach an Hand der Fakten nicht nachzuvollziehen, sondern eine reine Wunschvorstellung der Remainer/Pro-EU-Fraktion.
Das auf eine Wunschvorstellung der Pro-EU-Fraktion abzuwälzen, ist nun eine Ausflucht. Das hört sich nach einer Ausrede an, wonach alle aktuellen Unbilden ja nichts mit dem Brexit zu tun haben würden.

Aber vielleicht ist das ja wirklich so?

Denn wenn man genau hinschaut, so sind die Ursachen glasklar erkenn- und anderweitig verortbar... Wink

1.) König Donald I. hatte den Briten generös ein fabulöses Freihandelsabkommen in Aussicht gestellt - hat es aber dann vergessen und wurde abgewählt.
2.) Die rachsüchtigen Franzosen verzeihen den Briten den Brexit nicht und sabotieren alle Abkommen.
3.) Die unfähigen Spanier kriegen die Dürre auf ihren Tomatenfeldern nicht in den Griff.
4.) Die geldgeilen Norweger verkaufen Gas an die Deutschen - ohne Großbritannien ins Boot zu holen.
5.) Die kleingeistigen Iren pochen unverständlicherweise auf ihre Zollregularien.
6.) Die dummen bulgarischen Fernfahrer können die Zollbedingungen nicht richtig lesen und verursachen deswegen kilometerlange Staus.
7.) Die faulen Schwestern des NHS sind nur am jammern und ruinieren das Gesundheitssystem.
8.) Die skrupellosen Gewerkschaften streiken für mehr Reichtum und legen das Land lahm.

Man sieht also - der Brexit ist eine wirklich geniale Idee. Dass er aber nicht richtig funktioniert und zum goldschimmerenden Paradies wurde, liegt nicht am Brexit selbst oder seinen genial kalkulierenden Befürwortern, sondern an Remainern, Hasardeuren und Defätisten im In- und Ausland. Vader

Schneemann
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