Weltweites Bevölkerungswachstum / Flüchtlingsströme / Folgen
(27.05.2022, 09:26)Quintus Fabius schrieb: Das Wahabitentum ist in Wahrheit der Anfang des modernen Islamismus, es gehört also zu diesem, bzw. es hat diesen hervorgebracht. Entsprechend bezeichnen sich die Wahhabiten selbst ja auch nicht als solche, sondern als Salafi.

Mit traditionellem Islam meine ich daher etwas völlig anderes

Bloß ist das historisch so nicht haltbar. Man kann sich nicht irgendeine tolerante historische Epoche herauspicken (Ägypten unter Nasser, Afgahnistan als Königreich oder so etwas) und dann sagen "Das ist nun der traditionelle Islam". (genauso wenig wie die 1950er Jahre "traditionelles Christentum" sind) Die Saudis orientieren sich durchaus am Koran und an den historischen islamischen Reichen. Und wenn ich mir so anschaue, wie man z.B. während der islamischen Expansion gelebt hat und wie man mit den Sklaven, Fremden, Feinden, andersfarbigen etc. umgegangen ist, dann muss man sagen, verglichen dazu leben die Saudis einen durchaus moderaten Islam.

Ich empfehle hier Egon Flaigs "Weltgeschichte der Sklaverei":
https://www.amazon.de/Weltgeschichte-Skl...406719198/

(27.05.2022, 09:26)Quintus Fabius schrieb: Der Nationalsozialismus / Faschismus hatte große Sympathien in weiten Teilen der westlichen Staatengemeinschaft. Der primäre Unterschied zum heutigen Islamismus war meiner Meinung nach, dass man zu schnell, zu aggressiv, zu offen und direkt mittels Krieg versuchte seine Ziele sofort umzusetzen.

Das ist überzogen und daher Geschichts-Relativierung. Damit faschistische Bewegungen derartigen Erfolg haben können, müssen sie schon auf eine gewisse Mentalität treffen. Deutschland war nicht aus purem Zufall das Land, welches des Faschismus am deutlichsten geliebt und bis in die allerletzte Perversion ausgelebt hat. Und es ist auch bis heute kein Zufall, dass die Franzosen bei Corona-Ausbruch Wein und Kondome horteten und die Deutschen Klopapier.

Faschistische Bewegungen gab es überall (und es gibt sie ja bis heute), auch in den USA. Nur hatte der "amerikanische Bund" (das NSDAP-Pendant sozusagen) überhaupt keinen Einfluss und gerade mal mehrere Tausend Mitglieder auf dem Höhepunkt. Und die Amerikaner waren mit der "großen Depression" in einer der übelsten Krisen ihrer Geschichte mit Rekord-Arbeitslosigkeit und wirtschaftlichem Verfall. Und trotz allem blieben sie relativ gelassen.

Die westliche Welt wurde immer mal von "Extremismen" befallen (wie wärs mit Kommunismus?), bloß eben nie ganz und nie vollständig.

Denn der Westen hatte etwas, was viele für eine Schwäche halten, was aber auch eine Stärke ist: Er hat immer kritische "zersetzende" Stimmen. Es gibt immer irgendwo mächtigen Dissens.

Und das scheint mir eben das Problem der arabischen Welt zu sein: Ich würde mal behaupten, derart (öffentlich) kritischen Dissens wie hier, wo man Heiligtümer von Staat, Gesellschaft und Religion ganz offen in Frage stellen kann, den gab es dort faktisch nirgends in dieser Dominanz und Form. Und genau das ist eben der Unterschied zwischen westlicher und arabischer Welt. Wo es lauten Dissens und skandalöse Tabu-Brüche nicht gibt, kann jemand - um dich zu zitieren - wie ein "Krebsgeschwür" - früher oder später den gesamten Laden übernehmen. Er muss dazu nur ein paar neue Tabus und vermeintliche Heiligtümer schaffen.

(27.05.2022, 09:26)Quintus Fabius schrieb: Das Problem ist nur, dass diese traditionellen Lehren und Lebensweisen erodieren, wenn sie mit der "modernen" "freien" Gesellschaft wie wir sie zur Zeit so definieren konfrontiert werden. Es ist diese Erosion (meist generationenübergreifend), welche dann zum Problem wird. Konservative traditionelle Türken wanderten hier beispielsweise in Deutschland ein, niemand von ihnen war ein Islamist und wurde zum Islamisten. Sie hatten dann hier in dieser Bundesrepublik Kinder, diese gingen hier zur Schule, wuchsen hier auf, und die traditionellen Werte und Normen erodierten. Und schließlich breiten sich nun unter den Nachkommen (!) dieser Einwanderer die Islamisten aus, weil die Erosion des traditionellen Islam in diesen Familien dazu führt, dass sich im Fall einer Krise dann die Jungen (teilweise bereits die 3 Generation) dem Islamismus zuwenden.

Darin liegt das Problem islamischer Einwanderung. Dass die traditionelle islamische Kultur in der direkten unmittelbaren Konfrontation mit unserer Gesellschaft eben nicht aufrecht erhalten werden kann und die kulturelle Erosion dann dazu führt, dass das Risiko für eine Übernahme des Islamismus stark zunimmt. Gerade deshalb ist die Einwanderung von Muslimen problematisch, nicht wegen dem was die Einwanderer hier und heute sind, sondern wegen dem was ihre Nachkommen in der Zukunft sein werden.

Da will ich dir gar nicht widersprechen. Nur sehe ich die Dinge generell etwas anders als du und würde die Lage - bei einer Masseneinwanderung (als Minderheiten-Phänomen allerdings vollkommen unproblematisch) - auch dann nicht weniger problematisch sehen, wäre es möglich, wenn die traditionelle Lebensweise erhalten blieben könne. Denn eine gänzlich "andere Welt" repräsentiert auch diese traditonelle Einwanderer-Kultur ja schon. Und ich würde unsere westliche Welt ungern dagegen tauschen.

(27.05.2022, 09:26)Quintus Fabius schrieb: Man sieht diese Mechansimen welche da wirken

Allgemein ist es aber ja nichts neues, dass die Welt sich weiterdreht. Ein kulturelles, religiöses und gesellschaftliches System muss sich dem anpassen, will es irgendwie bestehen.

Und "der Westen" hat dies geschafft: Die Menschen leben heute in einer extrem schnellebigen Zeit ohne tradtionelle Bindungen - allerdings ohne dass es hier ein ernsthaftes Extremismus-Problem gäbe oder wir eine Millitärdiktatur bräuchten, um einigermaßen Ruhe zu haben.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
RE: Weltweites Bevölkerungswachstum / Flüchtlingsströme / Folgen - von Facilier - 27.05.2022, 11:33
RE: Russland vs. Ukraine - von aramiso - 21.05.2022, 13:27
RE: Russland vs. Ukraine - von Facilier - 22.05.2022, 12:01
RE: Russland vs. Ukraine - von Broensen - 22.05.2022, 14:11
RE: Russland vs. Ukraine - von Facilier - 22.05.2022, 15:16
RE: Russland vs. Ukraine - von Broensen - 22.05.2022, 17:08
RE: Russland vs. Ukraine - von Facilier - 22.05.2022, 17:36
RE: Russland vs. Ukraine - von Broensen - 22.05.2022, 18:05
RE: Russland vs. Ukraine - von Facilier - 22.05.2022, 18:13
RE: Russland vs. Ukraine - von Broensen - 22.05.2022, 18:40
RE: Russland vs. Ukraine - von Facilier - 22.05.2022, 18:52
RE: Russland vs. Ukraine - von Broensen - 22.05.2022, 19:44
RE: Russland vs. Ukraine - von Facilier - 22.05.2022, 20:25
RE: Silvester-Krawalle 2023 - von Rudi - 11.01.2023, 18:25
RE: Silvester-Krawalle 2023 - von Kos - 11.01.2023, 19:24
RE: Bundeswehr – quo vadis? - von lime - 29.01.2023, 13:57
RE: Bundeswehr – quo vadis? - von Broensen - 29.01.2023, 14:30
RE: Bundeswehr – quo vadis? - von lime - 29.01.2023, 14:57
RE: Bundeswehr – quo vadis? - von Broensen - 29.01.2023, 20:04
RE: Bundeswehr – quo vadis? - von lime - 29.01.2023, 22:41
RE: Bundeswehr – quo vadis? - von Broensen - 30.01.2023, 00:06
RE: Bundeswehr – quo vadis? - von lime - 30.01.2023, 00:26
RE: Bundeswehr – quo vadis? - von Schneemann - 29.01.2023, 20:37
RE: Bundeswehr – quo vadis? - von Broensen - 29.01.2023, 20:48

Gehe zu: