(Amerika) United States Marine Corps (USMC)
Die Frage ist dann, was für eine Rolle diese verstärkte "Kompanie" genau spielen soll. Diese Fragestellung zieht sich aktuell komplett durch die ganze Infanterie des USMC. Nimm beispielsweise die Gruppen mit 15 Mann. Das ist auch keine Gruppe nach unserem Verständnis oder im bisher üblichen militärischen Sinn und das USMC will auch explizit dass diese Einheiten "über" ihrem Gewicht kämpfen, also Aufgaben übernehmen sollen, für die andere Armeen größere Einheiten einsetzen. Das wird explizit so kommuniziert.

Wenn man das auf die "Kompanie" überträgt, und diesen Begriff eben nicht so steif und fest in unserem Sinne der Definition versteht, dann hat man hier in Wahrheit de facto ein ultrakompaktes Bataillon ohne Unterstützungseinheiten und ohne den logistischen Anhang und Führungswasserkopf. Die exakt gleiche Konzeption habe ich (auch hier im Forum) schon vor ich weiß gar nicht mehr wie vielen Jahren vertreten. Und weil es dann immer Probleme mit den Begrifflichkeiten bzw. den Definitionen irgendwann auch begonnen andere Begriffe zu verwenden als Kompanie usw, weil dies immer zu Missverständnissen führte.

Beschließend muß man fragen was genau Übergröße und Unbeweglichkeit in diesem Kontext sein sollen? Es gab früher bereits in der Kriegsgeschichte Kompanien (oder andere Einheiten) in dieser Größenordnung die als hochbeweglich eingestuft wurden, auch in der neueren (modernen) Kriegsgeschichte.

Das wahre Problem ist meiner Meinung nach die Führungsfrage. Aufgrund der heute notwendigen Dislozierung selbst von kleineren Untereinheiten wird es immer schwieriger diese zu führen und zu koordinieren. Viele Armeen arbeiten deshalb seit Jahren daran diese Problemstellung zu lösen und sie tritt auch bereits bei deutlich kleineren "normalen" Kompanien auf. Es macht aufgrund der Dislozierung der Untereinheiten im Gelände (welches ja fast immer sehr kleinteilig sein wird, weil Infanterie gerade eben genau in solchem Gelände eingesetzt wird) hier und heute bereits ebenso große Probleme eine 100 Mann Kompanie zu führen wie eine 150 Mann Kompanie oder eine 200 Mann Kompanie. Bei einem ernsthaften Gegner - der unsere Kommunikationsinfrastruktur stören kann - wird es schnell problematisch überhaupt noch als Kompanieführung das Gefecht der Züge zu koordinieren.

Die ursprüngliche Grundidee einer Kompanie war, dass es sich dabei um eine Einheit handelt, die gerade noch von einem Mann geführt werden kann. Daher die durch die Kriegsgeschichte immer wiederkehrende Größe von um die 100 Mann, von römischen Zenturien bis zu heutigen Kompanien. Heute aber kann man die Truppen gar nicht mehr so eng beisammen lassen und sind die Aufgaben, die verwendeten Systeme und das Geschehen an sich zu komplex geworden, als dass die bisherige Größeneinordnung für die Führung noch funktionieren könnte.

Dem folgend kann man beispielsweise die Aufgaben welche früher eine Kompanie hatte nach unten abgeben und sie werden dann von Zügen ausgeführt. Das führt wiederum zu dem Problem, dass die Züge dafür zu klein sind und zu wenig Feuerkraft haben. Und genau das will das USMC nun ändern: die Züge sollen stärker sein und vor allem (modular / optional) deutlich mehr Feuerkraft ins Feld bringen können.

Früher hatte ein Zug drei Gruppen zu 12 Mann (36), einen Führungs-Trupp von 3 Mann und üblicherweise ein paar abgestellte und dem Zug unterstellte Spezialisten (Gesamt üblicherweise um die 45 Mann). Er hatte keine schweren Waffen, es sei denn sie wären in Form einer weiteren Gruppe oder eines Zuges von Kompanie- oder auch Bataillonsebene aus ihm zugeordnet worden.

Heute hat der Zug drei Gruppen zu 15 Mann (45), einen Führungs-Trupp von 6 Mann, und weitere Spezialisten welche ihm von Weapons-Platoon (also Kompanie-Ebene) unterstellt wurden (Gesamt also 57 Mann). Der Zug wäre so also bereits 13 Mann stärker als der bisherige alte Zug.

Dazu käme aber jetzt eben noch die Option, dass schwere Waffen welche man früher von Bataillons-Ebene aus in Form einer Gruppe oder eines Zuges erhalten hätte nun vom Zug selbst angefordert und geführt werden können.

Nehmen wir beispielsweise an, man hätte früher einen solchen Zug durch eine Gruppe mit Javelin verstärken wollen, beispielsweise zur Bekämpfung feindlicher befestigter MG Nester. Dann wäre dem Zug mit 45 Mann noch eine 8 Mann Gruppe mit Javelin beigeordnet worden. Die Größe der zu führenden Einheit wäre nun vergleichbar - beim neuen Zug aber sind diese Javelin optionale Bewaffnung des Zuges selbst. Die werden also nicht mit einer eigenen Gruppe von außen zugeführt, sondern sind organisch, ein Teil der modularen schweren Bewaffnung einer Kompanie.

Wie man sieht verbessert sich so die infanteristische Kampfkraft (durch mehr eigene organische Quantität), und man hat die Option schwere Waffen zu benutzen ohne diese von Bataillons-Ebene aus anfordern zu müssen und von dort in Form einer eigenen Gruppe zu erhalten. Die Mannzahl (Quantität) wie die Feuerkraft (zusätzliche Systeme) werden also in Wahrheit nur nach unten projeziert, also dort gesammelt wo man sie tatsächlich braucht.

Und nun muss man die Sache im weiteren ganzheitlich sehen: schon jetzt und früher auch waren Züge und Kompanien durch von der Bataillons-Ebene aus abgestellte Zusatzeinheiten eben durchaus gleich groß wie die jetzt aufzustellenden neuen Kompanien. Sie waren also genau so "unbeweglich" und "übergroß".

Jetzt aber: fällt dafür auf Bataillons-Ebene die Weapons-Kompanie weg, entsprechend bleibt das Bataillon von der Größe her wie es ist (oder es wird sogar noch kompakter wenn man nur 3 Infanterie-Kompanien verwendet (wie beispielsweise die Experimental-Einheit 2). Dafür sind die Infanterie-Kompanien selbst und insbesondere deren Züge infanteristisch deutlich leistungsfähiger.

Als letztes noch dazu das Stichwort Verluste und Bindung von Kräften. In einem ernsthaften Krieg blutet Infanterie extrem schnell aus und größere Zahlen bei Beginn sind nur vorteilhaft. Selbst in weniger verlustreichen Kriegen fallen Soldaten ständig reihenweise aus, weil sie krank werden, sich durch Unfälle oder anderes verletzen, Kriegsgefangene abführen müssen oder Verwundete nach hinten bringen. Es herrscht in Wahrheit in ernsthaften Einsätzen ständig ein Mangel an real "vorne" verfügbaren Soldaten.

Stattdessen stapeln sich diese auf der Bataillons-Ebene - und eben nicht dort wo sie tatsächlch notwendig sind, also "unten" und "vorne". Deshalb macht es durchaus Sinn sie entsprechend so umzuverteilen dass sie dort sind wo sie gebraucht werden und insgesamt könnte man das Bataillon dadurch sogar noch kompakter machen und insgesamt (auf Bataillonsebene) kleinere und beweglichere Einheiten schaffen. Gerade dort aber machen Größe und Beweglichkeit viel aus und zwar mehr als auf den unteren Ebenen, die ohnehin in Wahrheit rein praktisch real immer gleich gut beweglich sind, völlig gleich ob sie nun 150 oder 200 Mann haben.

Deshalb gehe ich auch davon aus, dass sich bei den verschiedenen Experimental-Konzepten welche jetzt gerade eben parallel probiert werden eine 3-er Gliederung durchsetzen wird. Das Bataillon besteht dann aus einer Headquarter-Company, einem verstärkten Scout-Sniper-Platoon, einem Drohnen-Platoon und drei Infanterie-Kompanien neuen Typs und entsprechend dem Waffenpool aus dem alle Untereinheiten des Bataillons schwere Waffen und anderes Material beziehen können.

Die "unbeweglichen" Groß-Kompanien würden so also zu einer deutlich besseren Beweglichkeit des Bataillons selbst führen, Personal frei machen und Quantität wie Feuerkraft nach unten und vorne bringen.
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United States Marine Corps - von Rob - 29.01.2005, 09:33
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US Marine Corps - von PKr - 27.11.2020, 23:09
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