Großbritannien
Zitat:GROSSBRITANNIEN

Boris Johnson stimmt Rücktritt als britischer Premierminister zu

Nach Medienberichten tritt Boris Johnson noch am Donnerstag als Parteichef der Tories zurück. Regierungschef will er bis zum Herbst bleiben. Sein Büro kündigt eine Ansprache an. [...] Nach einer offenen Revolte gegen ihn wird der britische Premierminister Boris Johnson laut Medienberichten noch am Donnerstag als Parteichef der Konservativen zurücktreten. Johnson wolle aber noch bis Herbst Regierungschef bleiben, meldete der britische Sender BBC am Donnerstag. Nach einer ganzen Reihe von Skandalen waren seit Dienstagabend mehr als 50 Minister und andere Regierungsvertreter aus Protest gegen Johnson zurückgetreten. [...]

Zuvor hatte Johnson zunehmend an Rückhalt verloren. Mehrere Kabinettsmitglieder waren zurückgetreten, weitere Tory-Mitglieder legten ihre Ämter nieder. Selbst der erst am Dienstag in seinen Posten berufene Finanzminister Nadhim Zahawi rief Johnson öffentlich zum Rücktritt auf. „Premierminister, in Ihrem Herzen wissen Sie, was das Richtige ist. Gehen Sie jetzt“, schrieb Zahawi in einem auf Twitter veröffentlichten Brief an Johnson. Bis zuletzt hatte der sich kämpferisch gezeigt und einen Rücktritt abgelehnt. [...]

Die Serie von Rücktritten begann in dieser Woche kurz nach einer Stellungnahme Johnsons, in der dieser sich dafür entschuldigt hatte, einen unter dem Verdacht der sexuellen Belästigung stehenden Tory-Politiker zum stellvertretenden Parlamentarischen Geschäftsführer gemacht zu haben. Chris Pincher war Ende vergangener Woche von diesem Posten zurückgetreten, nachdem er zwei Männer sexuell belästigt hatte.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausl...55692.html

Schneemann
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Ich denke, die hier auflaufenden Probleme sind nicht mehr nur alleine mit dem Brexit erklärbar (wenngleich es sicherlich auch übergreifende Einflüsse gibt), insofern stelle ich es nicht in den Brexit-Strang im Spekulationenbereich, sondern hier ins Landesdossier. Generell scheint das Vereinigte Königreich in eine seiner schlimmsten Rezessionen seit der frühen Thatcher-Zeit hineinzurutschen...
Zitat:Johnsons fatales Erbe

Der britische Patient

Rekordinflation, ein marodes Gesundheitssystem und jede Menge Arbeitskämpfe - die künftige britische Premierministerin Truss hat von ihrem Vorgänger Johnson etliche Baustellen geerbt. Klar ist: Sie anzugehen, wird teuer. [...]

Großbritannien leidet unter der höchsten Inflation innerhalb der G7-Industriestaaten, im Juli waren es 10,1 Prozent - der höchste Wert seit 40 Jahren, mit Prognose in Richtung 20 Prozent. Die Labour-Opposition spricht angesichts steigender Preise von einem nationalen Notstand. Der Chef der Bank of England, Andrew Bailey, warnt, das Land könnte in die längste Rezession seit der globalen Finanzkrise rutschen. [...]

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass die stark gestiegenen Preise für Gas und Strom schon jetzt knapp die Hälfte der Menschen in Großbritannien finanziell an ihre Grenzen bringt. 45 Prozent der Befragten geben an, sie könnten sich den ab Oktober geltenden Energie-Preisdeckel, der für einen durchschnittlichen Haushalt auf umgerechnet rund 4100 Euro jährlich gestiegen ist, nicht mehr leisten. Fast 20 Prozent erklären, dass sie inzwischen Mahlzeiten auslassen. Verbraucherschutzexperte Martin Lewis verwies in der BBC darauf, dass die ab Oktober geltende Preisdeckelung für Energiekosten 37 Prozent der staatlichen Rente ausmache; bei Sozialhilfeempfängern sei es sogar ein noch größerer Teil des ihnen zur Verfügung stehenden Geldes. Alarmismus? Den Vorwurf wies Lewis von sich: "Ich sage: Das ist eine Katastrophe, einfach weil es eine ist. Schlichtweg unbezahlbar." [...]

Während die Inflationsrate und die Preise steigen, stiegen die Löhne nicht im gleichen Maße mit, beklagen die Gewerkschaften. Großbritannien schlittert in einen Streik-Herbst. Seit Monaten schwelen Arbeitskämpfe in den unterschiedlichsten Branchen." Angemessene Bezahlung, und zwar jetzt", fordern streikende Hafenarbeiter am größten Überseehafen in Felixstowe ebenso wie die Müllabfuhr in Edinburgh, wo während des berühmten Kulturfestivals im August Ratten zwischen verrottenden Müllbergen durch die Stadt liefen. Immer wieder kommt es zu Arbeitsniederlegungen bei der Post, tagelang liegt das Land wegen wiederkehrender Bahnstreiks lahm. [...]

Ein besonderer Schmerzpunkt ist der Gesundheitsdienst NHS. Gesundheitsminister Steve Barclay wurde jüngst während eines Interviews auf offener Straße von einer Passantin beschimpft, weil Krankenwagen wegen überfüllter Kliniken oft stundenlang warten müssen, bis sie Patienten einliefern können: "Menschen mussten sterben und Sie haben nichts getan!", wurde er angeherrscht. Und nicht nur bei Notfällen gibt es gefährliche Verzögerungen. Landesweit warten fast sieben Millionen Menschen auf sogenannte "nicht dringende" Behandlungen, wie Hüftoperationen, aber auch Krebstherapien verzögern sich. Darüber hinaus fehlen 100.000 Pflegekräfte in Kliniken und mehr als 4000 Allgemeinmediziner - unter anderem Folge des Brexits. [...]

Und was den schwelenden Streit mit der Europäischen Union wegen der ungeklärten Brexit-Probleme rund um das Nordirland-Protokoll angeht, muss die Regierung auch zeitnah entscheiden, ob die derzeitige Situation günstig ist, um einen Handelskrieg mit der EU zu riskieren.
https://www.tagesschau.de/ausland/europa...n-101.html

Schneemann
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(06.09.2022, 07:33)Schneemann schrieb: Ich denke, die hier auflaufenden Probleme sind nicht mehr nur alleine mit dem Brexit erklärbar (wenngleich es sicherlich auch übergreifende Einflüsse gibt), insofern stelle ich es nicht in den Brexit-Strang im Spekulationenbereich, sondern hier ins Landesdossier. Generell scheint das Vereinigte Königreich in eine seiner schlimmsten Rezessionen seit der frühen Thatcher-Zeit hineinzurutschen...
https://www.tagesschau.de/ausland/europa...n-101.html

Schneemann

Ein Punkt ist die völlig verfehlte Energiepolitik, die durch den Ukrainekrieg nun zum Desaster wird. Für die Zukunft fast rein auf Gaskraftwerke zu setzen war ein schwerwiegender Fehler. Tatsächlich können die Briten sogar froh darüber sein, dass dieses Kartenhaus jetzt schon zusammen zu brechen droht. Noch haben sie Substanz und Know How in Sachen Atom- und Kohlekraft. In 10-20 Jahren hätte es da schon anders ausgesehen. Jetzt fehlt allerdings noch eine Regierung die diesen Fehler auch zugibt bzw. zumindest rückgängig macht.
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Zitat: Queen Elizabeth II has died, Buckingham Palace announces

Queen Elizabeth II, the UK's longest-serving monarch, has died at Balmoral aged 96, after reigning for 70 years.
https://www.bbc.com/news/uk-61585886

RIP
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Ein Ruhepol, eine moralische Institution und ein Stabilitätsanker (im psychologischen Sinne) ist von uns gegangen.

Schneemann
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So, damit wäre das Kapitel "kürzeste Amtsperiode eines Premierministers" auch abgeschlossen - inmitten einer der schwersten wirtschaftlichen Krisen der Nachkriegszeit.
Zitat:ANHALTENDE KRITIK

Britische Premierministerin Truss tritt zurück

Die britische Premierministerin und Chefin der konservativen Torys, Liz Truss, ist am Donnerstag nach nur rund sechs Wochen im Amt zurückgetreten. Sie werde noch bis zur Ernennung eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin im Amt bleiben, so Truss in einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz. Sie habe bereits mit König Charles III. darüber gesprochen. [...] Da die Torys die Mehrheit im Parlament haben, stellen sie auch automatisch die Premierministerin bzw. den Premierminister. [...]

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon forderte eine Neuwahl. „Eine Neuwahl ist nun ein demokratischer Imperativ“, schrieb Sturgeon von der linksliberalen Scottish National Party am Donnerstag auf Twitter, nachdem Truss ihren Rücktritt verkündet hatte. „Es gibt gar keine Worte, um diesen Scherbenhaufen angemessen zu beschreiben“, so Sturgeon. Normale Bürgerinnen und Bürger müssten dafür den Preis zahlen. Die Interessen der konservativen Tory-Partei, die innerhalb einer Woche eine Nachfolge für Truss finden will, dürften nun keine Rolle spielen. [...]

Erst am Freitag hatte Truss ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng entlassen und durch den früheren Außenminister Jeremy Hunt ersetzt. Hunt machte am Montag fast alle Bestandteile ihrer erst Ende September verkündeten Steuerpolitik rückgängig. Er kündigte an, die eigentlich für zwei Jahre vorgesehene Energiepreisdeckelung auf sechs Monate zu beschränken. [...] Die von der oppositionellen Labour-Partei anberaumte Abstimmung Mittwochabend geriet völlig aus den Fugen. Bei der Abstimmung über Fracking, bei der nicht klar war, ob sie auch eine Vertrauensfrage war, war es zu chaotischen Szenen und Rangeleien unter den Abgeordneten gekommen. [...] Das Chaos werfe „in jeder Hinsicht ein erbärmliches Licht auf die Konservative Partei und die aktuelle Regierung“, sagte der Abgeordnete Charles Walker der BBC. Aus dieser Situation gebe es kein Zurück mehr, in seinen 17 Jahren im Parlament habe er noch nie etwas Vergleichbares gesehen. „Das ist ein Scherbenhaufen und eine Schande. Ich bin unfassbar entsetzt, ich bin wütend“, sagte Walker. „Ihre Position ist unhaltbar geworden“, twitterte die Abgeordnete Sheryll Murray.
https://orf.at/stories/3290589/

Aber die...ähm...gute Nachricht ist, dass es vielleicht sogar schon einen Ersatz gibt, der gar nicht so unbekannt ist. Wenn ich das Land nicht mögen würde - und angesichts des zerbröselnden NHS und der maroden Infrastruktur, Brexit, Lieferengpässen, Teuerungen, Nordirland etc. tun mir die Briten echt leid -, würde ich sagen: Besser als jede Netflix-Serie...
Zitat:Bei Wettanbieter hoch gehandelt

Boris Johnson sammelt seine Truppen

In Großbritannien erreicht die innenpolitische Krise einen weiteren Tiefpunkt. Nun will offenbar ausgerechnet Boris Johnson es richten. Medienberichten zufolge erwägt er eine Rückkehr als Premier und schart schon seine Unterstützer um sich. Offenbar glaubt er, die Tories umkrempeln zu können.

Der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson erwägt Medienberichten zufolge eine Rückkehr in die Downing Street. Wie die Zeitungen "Times" und "Telegraph" übereinstimmend schreiben, spielt Johnson nach dem Rücktritt seiner Nachfolgerin Liz Truss bereits Gedanken durch, um ihr wiederum nachzufolgen. [...] Wie die "Times" berichtet, bat der ehemalige Premierminister bereits Verbündete, Spender und das Team, das ihm zum Sieg bei den Parlamentswahlen 2019 verholfen hat, seine Kampagne für eine Rückkehr in die Downing Street zu führen. Am Donnerstagabend hatte Johnson demnach bereits 20 Unterstützer. Jacob Rees-Mogg, der Wirtschaftsminister, soll ihm bei der Durchführung seiner Kampagne helfen. Sky News zitierte ein Kabinettsmitglied mit den Worten, dass Johnson in der Lage sei, die für eine Kandidatur nötigen Stimmen von 100 Tory-Abgeordneten zu erreichen.
https://www.n-tv.de/politik/Boris-Johnso...65648.html

Schneemann
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Ja, nach der vorzeitigen/vorläufigen Absetzung der Trump-Show legt sich das britische Original mächtig ins Zeug Wink

Aber im Ernst, die Rückkehr von Johnson ist doch gesteigert wahrscheinlich IMO. Ich bin jetzt sicher kein Experte für Torrie-Parteinnenpolitik Rolleyes, aber wer soll denn da jetzt mehr Stimmen auf sich vereinigen können? Das sind immernoch die selben Gestalten wie im September und schon damals wollte die Parteibasis Johnson eigentlich behalten.
In verschiedenen Umfragen sprach sich in einem Dreikampf zwischen Truss, Sunak und Johnson immer eine deutliche Mehrheit für Johnson aus, seit Rücktritt wurde jeweils von einer Mehrheit gar als falsch verachtet. Etwa:
https://yougov.co.uk/topics/politics/art...s-rishi-su
Was soll da jetzt anders sein?

Johnson kann sich als Mann des Volkes /der Basis inszenieren der von den Machtgeilen Eliten ins aus gedrängt und jetzt als Retter in der Not bereit steht es diesen Totalversagern hiemzuzahlen. Oder irgendwie so.
Insofern, wenn er wirklich 100 Tory-Abgeordnete hinter sich bringen kann (keine Ahnung) wird er es auch.

Und warum auch nicht, so schlecht war seine Politik jenseits persönlicher Skandälchen und Skandale auch nicht.
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Zitat:LETZTER KANDIDAT

Rishi Sunak wird britischer Premierminister

Das Vereinigte Königreich wird erstmals von einem indischstämmigen Premierminister regiert. Am Ende war keine Abstimmung in Fraktion oder Partei nötig: Es gab keine Konkurrenz mehr. [...]

Der frühere britische Schatzkanzler Rishi Sunak wird Premierminister des Landes. Graham Brady, der Vorsitzende des für Führungsfragen in der Konservativen Partei zuständigen „1922 Committee“ im Unterhaus, teilte am Nachmittag in London mit, dass es zum Ablauf der Frist keine weiteren Anwärter für das Amt des Anführers der Konservativen Partei gebe. [...] Sunak war nach dem Rücktritt des damaligen Premierministers Boris Johnson im September bei einer Urabstimmung der Konservativen Partei der Ministerin Liz Truss unterlegen. Sie wurde sodann Premierministerin und kündigte nach nur 45 Tagen im Amt am vorigen Donnerstag ihren Rücktritt an. Sunak hatte in dem parteiinternen Wahlkampf den Sommer über immer wieder hervorgehoben, dass Truss' wirtschaftliche Vorhaben unrealistisch und gefährlich seien. [...]

Rishi Sunak ist der erste indischstämmige Premierminister des Vereinigten Königreichs. Der 42 Jahre alte Politiker hatte Johnson von Februar 2020 an als Finanzminister gedient und musste sich sogleich mit den Folgen der Corona-Pandemie befassen. Sein Rücktritt im Juli dieses Jahres hatte maßgeblich zum Sturz Boris Johnsons beigetragen. [...]

Angesichts der fehlenden Abstimmung bezweifelt die Opposition Sunaks demokratisches Mandat und verlangt Neuwahlen. Der Chef der Liberaldemokraten, Ed Davey, sagte, in Sunak hätten die Tories abermals einen „abgehobenen Premierminister installiert, ohne Plan, den Schaden zu beheben und ohne dem britischen Volk ein Mitspracherecht zu geben“. Labour-Vizechefin Angela Rayner kritisierte: „Die Tories haben Rishi Sunak zum Premierminister gekrönt, ohne dass er ein einziges Wort darüber gesagt hat, wie er das Land regieren würde, und ohne dass irgendjemand die Möglichkeit hatte, abzustimmen.“ Der Fraktionschef der Schottischen Nationalpartei, Ian Blackford, rief Labour-Chef und Oppositionsführer Keir Starmer auf, ein Misstrauensvotum gegen Sunak im Unterhaus zu beantragen.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausl...10570.html

Es ist in gewisser Weise eine Ironie der Geschichte: Quasi hat die ehemalige Kronkolonie damit das Mutterland erobert...

Schneemann
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(25.10.2022, 12:23)Schneemann schrieb: https://www.faz.net/aktuell/politik/ausl...10570.html

Es ist in gewisser Weise eine Ironie der Geschichte: Quasi hat die ehemalige Kronkolonie damit das Mutterland erobert...

Schneemann

Nicht wenn der man sich als Brite fühlt und nicht als Inder. Und davon gehe ich einfach mal aus.
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Großbritannien wird derzeit von einer massiven Streikwelle heimgesucht, auch im Gesundheitswesen. Und es kommt eigentlich alles zusammen: Brexit, Corona-Nachwirkungen, Inflation (über 10%), steigende Mieten und Energiekosten - so wie überall -, ein recht jämmerliches Sozialsystem und ein chronisch unterversorgter und kaputtgesparter NHS (dieser wird über eine jährlich festgelegte Verfügungssumme bedient und nicht über Beiträge wie in Deutschland). Und in der Folge streiken nun die total überlasteten Gesundheitsdienste - übrigens hat erstmals seit seiner Gründung vor 106 Jahren sich auch der RCN (Royal College of Nursing - quasi die Gewerkschaft des Pflegepersonals) an den Streiks beteiligt. Mit entsprechenden Folgen.

Es ist eine prekäre Mischung, die hier zusammenkommt - und man hätte es sehen können, aber gerade die Tories, die seit 2010 regiert hatten, haben die Augen verschlossen...
Zitat:Ambulance strike: Warning of very challenging days ahead

Hospitals were quieter than normal during Wednesday's ambulance strikes, but Thursday is likely to be "very challenging" with lots of patients turning up, health bosses say.

Only the most serious 999 calls were responded to. But there was no evidence of people going to A&E in taxis or their own cars, NHS Providers told the BBC. Thousands of paramedics, call handlers and technicians took action in England and Wales on Wednesday. Saffron Cordery, interim chief executive of NHS Providers, which represents hospital trusts, mental-health trusts and ambulance services in England, said it was still too early to know the full impact of the strike, but she said category-one calls - which are life-threatening situations - "had been answered". [...]

Thursday and Friday were going to be "incredibly difficult days across the NHS because there is a lot of unseen demand and risk out there", she said. [...] People were also being urged to use their own transport or take a taxi to get to hospital. But Ms Cordery said that "as far as we can tell", people had not been attending A&E in taxis or by their own vehicles. [...]

A spokesperson for West Midlands Ambulance Service - one of nine where industrial action was taking place in England - said there had been a reduction in calls and staff were grateful to the public for heeding advice to call 999 only in life-threatening situations.

Unions had agreed that ambulance workers would respond to category-one 999 calls and the most serious category-two calls (emergencies, including strokes and major burns) during strikes, but there would be no guarantee of a response to less urgent calls, such as falls. This prompted Health Secretary Stephen Barclay to accuse unions of taking a conscious decision to inflict harm on patients - an accusation that Unite union leader Sharon Graham said was a "blatant lie". [...] Ambulance waits for calls classed as emergencies have doubled in two years - from an average of around 20 minutes to more than 40 minutes. The target is 18 minutes.
https://www.bbc.com/news/health-64053080

Schneemann
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Zitat:Arbeitskampf im Königreich

Großbritannien erlebt die größte Streikwelle seit Jahrzehnten

Krankenschwestern, Bahn-Angestellte und Grenzschützer fordern höhere Löhne. Doch die Regierung sagt, es fehle schlichtweg das Geld, um die Folgen der Inflation voll abzufedern. [...] Nicht nur Grenzschützer sind in den Arbeitskampf gezogen, auch Angestellte von Post und Bahn, Krankenschwestern und Pfleger. Sie alle fordern höhere Löhne, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten in den Griff zu kriegen. Die Inflationsrate liegt in Großbritannien mittlerweile bei gut zehn Prozent.

Die Regierung hat bereits klargemacht, dass es sich der Staat schlichtweg nicht leisten kann, den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes eine Lohnerhöhung zu gewähren, die die Folgen der hohen Inflation voll abfedern würde. Für Premierminister Rishi Sunak stellt sich daher die Frage, wie er auf die Streikwelle reagieren soll - ohne dabei selbst zu sehr unter Druck zu geraten. [...]

Sunak hat bereits angekündigt, das Streikrecht einzuschränken. Ansonsten dürfte er sich vor allem von Meinungsumfragen leiten lassen. Denn das Verständnis für die Streiks fällt in der Bevölkerung je nach Branche unterschiedlich aus. So unterstützen die Britinnen und Briten mehrheitlich die Anliegen von Pflegern und Krankenschwestern. Dass hingegen Grenzschützer und Polizistinnen die Arbeit niederlegen, stößt auf weitaus weniger Zustimmung. [...]

Politisch gesehen hat Sunak vor allem ein Problem: den unterfinanzierten staatlichen Gesundheitsdienst NHS. Dessen Krankenschwestern und Pfleger, die in Großbritannien als Heldinnen und Helden der Corona-Pandemie gelten, fordern 19 Prozent mehr Lohn. Die Regierung hält das für maßlos übertrieben, bislang bietet sie nur ein Plus von fünf Prozent. Die Fronten sind ziemlich verhärtet. Es dürfte allerdings nur eine Frage der Zeit sein, bis die Regierung wieder an den Verhandlungstisch zurückkehrt. Denn gerade im Winter offenbart sich der teils katastrophale Zustand des Gesundheitssystems. [...] Allein im November mussten demnach knapp 38 000 Menschen mehr als zwölf Stunden in der Notaufnahme ausharren, bevor sie auf eine Krankenhausstation verlegt wurden - dreieinhalb Mal so viele wie im Vorjahr.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/g...-1.5726263

Schneemann
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Das Vereinigte Königreich wird weiterhin von einer schweren, mehrschichtigen Krise beeinträchtigt und es ist gegenwärtig auch noch nicht abzusehen, wann diese enden wird.

Ich will nun nicht alles auf den Brexit schieben (deswegen habe ich es auch nicht in den betr. Brexit-Strang gepostet), auch wenn dieser sicherlich vieles massiv mit beeinflusst hat und seine Hauptproponenten derzeit wohlweislich im Splitterschutz sind, denn es fallen hier mehrere Faktoren zusammen, so u. a.: Brexit, Regierungskrisen, Covid-19, Ukrainekrieg, Inflation, explodierende Lebenshaltungskosten, Erosion des NHS, Personalmangel, Streiks und Versorgungsengpässe - ja selbst der Mangel an Halbleitern spielt mit hinein. Besser wird dadurch, dass man verschiedene Ursachen benennen kann, allerdings nichts.

Zur Versorgungslage:
Zitat:Supermarket foods that have more than doubled in price over last year - see full list [...]

The cost of some everyday groceries has more than doubled over the last year according to the latest findings from the Which? food and drink inflation tracker. In February, Which? analysed inflation on more than 25,000 food and drink products at eight major supermarkets which included Aldi, Asda, Lidl, Morrisons, Ocado, Sainsbury’s, Tesco and Waitrose. [...]

The tracker found that in February, the annual inflation of popular food and drink was at 16.5% across all eight retailers. Specifically, trackers found that budget item prices had increased by 22.9%, own-brand by 19.7%, premium brands by 13.8% and branded product prices rose by 13.3%.
https://www.mirror.co.uk/money/supermark...e-29514559

Zur Krise beim NHS:
Zitat:A growing backlog of care in England [...]

High waits for treatment are not new. Prior to the pandemic in February 2020 there were already 4.43 million people on a waiting list for care. [...] The latest figures for January 2023 show: around 7.21 million people waiting for treatment. [...] A median waiting time for treatment of 14.6 weeks – significantly higher than the pre-Covid median wait of 8.4 weeks in January 2020. [...] The waiting list is a visible backlog, but what we refer to as the growing 'hidden backlog' remains an unknown for the health service. [...]

Patients are waiting longer for emergency care [...]

At the start of the pandemic, A&E attendance decreased significantly which led to performance improvements. However, since lockdown eased demand has steadily risen, reducing performance against targets.

These pressures on emergency care persist into 2023, despite small improvements in certain areas. Demand for care across all A&E departments slightly decreased in February 2023, with total A&E attendances decreasing to 1.91 million, down from 1.96 million in January 2023. 71.5% of people attending A&E were seen within 4 hours, which remains below the new NHS target of 76%. [...] The number of patients waiting over 12 hours for an emergency admission in February 2023 is still over 2.1 times higher than the one seen in February 2022 (16,404), and 22 times as high as it was in February 2020 (1,621).
https://www.bma.org.uk/advice-and-suppor...a-analysis

Ähnlich wie in Deutschland, gibt/gab es auch in Großbritannien einen Energiepreisdeckel. Und dort wird er noch mehr benötigt als bei uns, denn auf der Insel sind die Preissteigerungen eminent hoch (obwohl man selbst in der Nordsee mitfördert)...
Zitat:Cost of living insights: Energy [...]

Gas and electricity prices continue to rise rapidly compared with last year, and more than half (53%) of adults in Great Britain are reporting using less fuel in their homes because of the rising cost of living.

Electricity prices in the UK rose by 66.7% and gas prices by 129.4% in the 12 months to February 2023, and were some of the main drivers of the annual inflation rate. [...] As energy prices continue to rise, around half (49%) of adults who pay energy bills said they found it very or somewhat difficult to afford them.
https://www.ons.gov.uk/economy/inflation...ion%20rate.

Ferner (Meldung von Februar):
Zitat:Heizen oder essen? Die britische Mittelklasse leidet unter explodierenden Energie- und Lebensmittelkosten

In Grossbritannien suchen immer mehr Leute Zuflucht in geheizten Gemeindezentren und sind auf gespendete Lebensmittel angewiesen. Viele von ihnen hätten zuvor nie Hilfe benötigt, doch nun werde das Geld knapp, erzählt der Grossbritannien-Korrespondent Niklaus Nuspliger.

Im Altersturnen im Morningside Community Centre in Ostlondon scheint die Stimmung gut. Doch nicht alle Teilnehmenden sind nur fürs Turnen da. Viele suchen im Gemeindezentrum Zuflucht vor der Kälte. Denn Heizen ist aufgrund der steigenden Energiepreise teuer geworden. Für manche haben sich die Preise verzehnfacht. Das können sich viele schlicht nicht mehr leisten. Deshalb öffnet das Zentrum seine geheizten Räume für alle. Ähnlich ist es bei der sogenannten «food bank» des Gemeindezentrums. Die Inflation hat die Lebensmittelpreise in die Höhe getrieben. Darum stehen plötzlich auch Menschen für Gratis-Lebensmittel an, die eigentlich eine Arbeitsstelle haben und zuvor nie Hilfe brauchten.

In der neuen Folge von «NZZ Akzent» spricht der Grossbritannien-Korrespondent Niklaus Nuspliger über seinen Besuch bei gemeinnützigen Organisationen, die Bedürftige unterstützen, und erzählt, dass sie vom Staat nur wenig Hilfe erwarten können – denn ihm fehlen selbst die Mittel.
https://www.nzz.ch/podcast/krise-in-engl...ld.1725222

Anm.: Die NZZ redet sich hier etwas heraus: Dem britischen Staat fehlen die Mittel nicht unbedingt, man bzw. die konservative Regierung um Truss hat sich schließlich erst im Herbst letzten Jahres massive Steuererleichterungen für Spitzenverdiener (über 150.000 Pfund im Jahr) und Banken "gegönnt" - was dann allerdings das Ende von Truss' Regierung einläutete. Und nebenbei will man aktuell die Verteidigungsausgaben verdoppeln. Nun, knapp ist das Geld also offenbar doch nicht, selbst wenn das BIP (wie vermutet) in diesem Jahr um 1% schrumpfen sollte.

Eine Ende der Krise ist also, wie gesagt, noch nicht abzusehen. Und es muss damit gerechnet werden, dass sich die soziale Schere in Großbritannien weiterhin öffnet, mit allen Konsequenzen. Und wenn es stimmt, was die Financial Times im Januar vermeldete, dann wird diese Krise, die mit dem Brexit losgetreten wurde, aber sich jetzt eben durch andere Einflüsse multipliziert, das Vereinigte Königreich noch lange beschäftigen...

Schneemann
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(15.04.2023, 09:00)Schneemann schrieb: Eine Ende der Krise ist also, wie gesagt, noch nicht abzusehen. Und es muss damit gerechnet werden, dass sich die soziale Schere in Großbritannien weiterhin öffnet, mit allen Konsequenzen. Und wenn es stimmt, was die Financial Times im Januar vermeldete, dann wird diese Krise, die mit dem Brexit losgetreten wurde, aber sich jetzt eben durch andere Einflüsse multipliziert, das Vereinigte Königreich noch lange beschäftigen...

Schneemann

Für mich stellt sich die Frage ob man dem Brexit daran überhaupt eine Teilschuld zuordnen kann. Für das ärmste Viertel der Gesellschaft sehe ich da keine großen Unterschiede zwischen der Situation in GB, F und D.
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Ja kann man, weil die Inflation die unteren Schichten am härtesten trifft und die Preissteigerungen zu erheblichem Masse mit den Zollbestimmungen verknüpft sind.
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(15.04.2023, 15:19)Ottone schrieb: Ja kann man, weil die Inflation die unteren Schichten am härtesten trifft und die Preissteigerungen zu erheblichem Masse mit den Zollbestimmungen verknüpft sind.
Und Preissteigerungen in ähnlicher Höhe in Deutschland und Frankreich???
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