EU vs. USA
Die US-Administration hat ihre neue Sicherheitsstrategie veröffentlicht. In Bezug auf die Ukraine liest sich das so: (Quelle)
Zitat:It is a core interest of the United States to negotiate an expeditious cessation of
hostilities in Ukraine, in order to stabilize European economies, prevent unintended escalation or expansion of the war, and reestablish strategic stability with Russia, as well as to enable the post-hostilities reconstruction of Ukraine to enable its survival as a viable state.

The Ukraine War has had the perverse effect of increasing Europe’s, especially Germany’s, external dependencies. Today, German chemical companies are building some of the world’s largest processing plants in China, using Russian gas that they cannot obtain at home. The Trump Administration finds itself at odds with European officials who hold unrealistic expectations for the war perched in unstable minority governments, many of which trample on basic principles of democracy to suppress opposition. A large European majority wants peace, yet that desire is not translated into policy, in large measure because of those governments’
subversion of democratic processes. This is strategically important to the United States precisely because European states cannot reform themselves if they are trapped in political crisis.
Anders gesagt, das Dokument bekennt sich offen zu einem Diktatfrieden; es behauptet wahrheitswidrig, dass die Europäer das mit großer Mehrheit auch wollten, aber durch ihre tyrannischen Regierungen daran gehindert würden; und dass es für Europa das Beste sei, wenn die Amerikaner die Dinge so regeln, wie sie es für uns am besten halten, und uns zu unserem Glück zwingen.

Diese "large majority" sieht übrigens so aus: 61% der Europäer sind dafür, die Ukraine weiterhin oder noch stärker zu unterstützen; nur 33% befürworten, die Unterstützung zu reduzieren oder einzustellen. (Quelle)

Wer den ganzen paternalistischen Wisch lesen will, braucht einen starken Magen. Die USA haben sich mit dem Schrieb zu offenem Imperialismus bekannt, zur offenen Missachtung der Souveränität selbst der Länder, die darin als Alliierte beschrieben werden. Ein Status, den die US-Regierung übrigens als vergänglich betrachtet. Europa, heißt es da, werde bald nicht mehr europäisch sein, und die Amerikaner müssten die Europäer zwingen, diesen Trend umzukehren, sonst seien die Länder, die die Nordatlantikcharta unterzeichnet hatten, in 20 Jahren nicht mehr da.
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Naja. "Tyrannisch" hast du gewählt, dass steht so nicht im Bericht. Und wenn man etwa die sich intensivierenden Einschränkungen der Meinungs- und Redefreiheit in Europa betrachtet ist die grundsätzliche Kritik der Trump Regierung sicher nicht aus der Luft gegriffen, wenn auch so ausformuliert (noch) deutlich überzogen.

Das sie Europäer dafür sind die Ukraine weiter zu unterstützen schließt nicht aus, dass man auch bereit wäre eine 'Diktatfrieden' nach Trumpschen Muster zu befürworten. Keine Ahnung ob es sich so vehält, ich habe auf der Schnelle dazu nichts gefunden.

Und ansonsten, wenn Europa seinen jetzigen Weg weitergeht, was verbindet uns zukünftig mit den Vereinigten Staaten? Die Trumpschen zwanzig Jahre sind da sicherlich zu kurz gegriffen, aber der Kurs der europäischen und amerikanischen Gesellschaften divergieren immer weiter und eine Reihe von Faktoren sprechen dafür, dass sich der Trend in Zukunft noch deutlich intensvieren wird.
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(Vor 5 Stunden)Nightwatch schrieb: Naja. "Tyrannisch" hast du gewählt, dass steht so nicht im Bericht.
Willst Du ernsthaft behaupten, dass es unzulässig wäre, den nachstehenden Absatz mit diesem Wort zu paraphrasieren?
Zitat:The Trump Administration finds itself at odds with European officials who […] trample on basic principles of democracy to suppress opposition. A large European majority wants peace, yet that desire is not translated into policy, in large measure because of those governments’ subversion of democratic processes.
Ja nee, is' klar.
(Vor 5 Stunden)Nightwatch schrieb: Und wenn man etwa die sich intensivierenden Einschränkungen der Meinungs- und Redefreiheit in Europa betrachtet ist die grundsätzliche Kritik der Trump Regierung sicher nicht aus der Luft gegriffen, wenn auch so ausformuliert (noch) deutlich überzogen.
Und? Gibt das den USA das Recht, wie in der Strategie ausformuliert, sich vorzubehalten, in unsere inneren Angelegenheiten einzugreifen? Zu erklären, dass sie den Widerstand gegen die Europäische Union fördern werden?

Das ist doch bloß nobel verbrämte Interessenspolitik, wie sie insbesondere die Republikaner schon seit Jahrzehnten betreiben, siehe die finanzielle Unterstützung, die ihre parteinahen Organisationen den Kampagnen gegen den EU-Verfassungsvertrag und für den Brexit gewährt haben.

Und wie es mit dem Verständnis dieser Administration von Rede- und Pressefreiheit aussieht, hat sie in den letzten Monaten bewiesen. Meinungsfreiheit ist, wenn ich die Mächtigen kritisieren kann, ohne dafür auf gesetzliche oder offiziöse Weise sanktioniert zu werden. Kannst Du ohne eine Miene zu verziehen behaupten, dass die Grand Old Party in dieser Hinsicht demokratischer unterwegs ist als z.B. Labour?
(Vor 5 Stunden)Nightwatch schrieb: Das sie Europäer dafür sind die Ukraine weiter zu unterstützen schließt nicht aus, dass man auch bereit wäre eine 'Diktatfrieden' nach Trumpschen Muster zu befürworten. Keine Ahnung ob es sich so vehält, ich habe auf der Schnelle dazu nichts gefunden.
Wenn 61% der Befragten erklären, sie befürworteten eine fortgesetzte oder soger intensivere Unterstützung der Ukraine, dann steht diese Haltung logischerweise einem Diktatfrieden entgegen.
(Vor 5 Stunden)Nightwatch schrieb: Und ansonsten, wenn Europa seinen jetzigen Weg weitergeht, was verbindet uns zukünftig mit den Vereinigten Staaten? Die Trumpschen zwanzig Jahre sind da sicherlich zu kurz gegriffen, aber der Kurs der europäischen und amerikanischen Gesellschaften divergieren immer weiter und eine Reihe von Faktoren sprechen dafür, dass sich der Trend in Zukunft noch deutlich intensvieren wird.
Ist das wirklich die entscheidende Frage? Allianzen oder politische Ordnungsverhältnisse brechen auseinander, gewiss, und historisch (siehe z.B. Großbritannien-China) auch durch ethnische Verschiebungen. Aber dann stehen den Amerikanern genau zwei Optionen frei: Sie treten aus, oder sie tun es nicht.

Was sich hier jedoch entwickelt, ist ein Rückfall ins 19. Jahrhundert, die USA beanspruchen für sich das Recht, mit den Europäern umzugehen wie weiland die Briten und Franzosen mit dem imperialen China, ungleiche Verträge inklusive. Dass dies in Sorge um die europäische Zivilisation geschehe, glaubst Du doch wohl selbst nicht.

Zumal die Autoren dieses Schriebs ihre grobe Unkenntnis von den europäischen Verhältnissen beweisen. Wenn sie z.B. behaupten, dass Europa nur deswegen Angst vor Russland habe, weil es ihm infolge von Massenmigration und Abschwung an Selbstvertrauen fehle, geht das völlig an der Realität vorbei, dass die größte Sorge vor einem russischen Angriff in den baltischen Staaten, Finnland und Polen vorherrscht, kulturell-ethnisch homogenen Nationen mit guter wirtschaftlicher Entwicklung.

Zum Abschluss, ein Zitat von Gustav Gressel:
Zitat:An administration that is tip to toe corrupted by Arab money intends to lecture us on the defence of Christianity. This is the most ridiculous foreign policy document I ever read. An I read many of those.
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(Vor 3 Stunden)muck schrieb: Willst Du ernsthaft behaupten, dass es unzulässig wäre, den nachstehenden Absatz mit diesem Wort zu paraphrasieren?
Ich trete für Redefreiheit ein, insofern ist auch der größte Unfug "zulässig".
Tyrannei ist gemeinhin eine Bezeichnung für Gewalt- und Wilkürherrschaft, die Tyrannis ist die uneingeschränkte und willküriche Gewaltherrschaft eines Einzelnen oder einer Gruppe.
Politisch real hast du das in Nordkorea

Trumps Kritik an Europa geht nicht ansatzweise in diese Richtung, insofern passt das Adjektiv nicht. Ich würde es in Richtung "zunehmend autoritär gebärdenden Staaten" formulieren.


muck schrieb:Und? Gibt das den USA das Recht, wie in der Strategie ausformuliert, sich vorzubehalten, in unsere inneren Angelegenheiten einzugreifen? Zu erklären, dass sie den Widerstand gegen die Europäische Union fördern werden?
Seltsame Frage. Nichts und niemand muss den USA als souveräner staatlichen Akteur irgendein Recht geben. Die können ihre Außenpolitik so gestalten wie sie wollen und wir können das dann gut oder weniger finden und ggf daraus Konsequenzen ableiten.

Und mischen wir uns nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder ein?

muck schrieb:Das ist doch bloß nobel verbrämte Interessenspolitik, wie sie insbesondere die Republikaner schon seit Jahrzehnten betreiben, siehe die finanzielle Unterstützung, die ihre parteinahen Organisationen den Kampagnen gegen den EU-Verfassungsvertrag und für den Brexit gewährt haben.
Ja. Wobei die Interessenpolitik ein parteiübergreifendes Unternehmen ist und bei den Demokraten lediglich schöner verpackt daherkommt.

muck schrieb:Und wie es mit dem Verständnis dieser Administration von Rede- und Pressefreiheit aussieht, hat sie in den letzten Monaten bewiesen. Meinungsfreiheit ist, wenn ich die Mächtigen kritisieren kann, ohne dafür auf gesetzliche oder offiziöse Weise sanktioniert zu werden. Kannst Du ohne eine Miene zu verziehen behaupten, dass die Grand Old Party in dieser Hinsicht demokratischer unterwegs ist als z.B. Labour?
In den USA gilt der großartige Erste Verfassungszusatz uneingeschränkt fort, auch unter Trump. Großbritannien ist unter Labour (und davor auch schon) auf dem Weg sich in ein autoritäres Shithole und groteske 1984 Karikatur zu verwandeln. Andere westliche Staaten sind da nicht weit hinterhr. Leider Gottes.

muck schrieb:Wenn 61% der Befragten erklären, sie befürworteten eine fortgesetzte oder soger intensivere Unterstützung der Ukraine, dann steht diese Haltung logischerweise einem Diktatfrieden entgegen.
Nein, mit Logik bei Meinungsumfragen zu hantieren ist immer eine sehr schlechte Idee. Dem Wahlvolk ist grunsdsätzlich immer eine Haltung a la "Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass" zu unterstellen.


muck schrieb:Ist das wirklich die entscheidende Frage? Allianzen oder politische Ordnungsverhältnisse brechen auseinander, gewiss, und historisch (siehe z.B. Großbritannien-China) auch durch ethnische Verschiebungen. Aber dann stehen den Amerikanern genau zwei Optionen frei: Sie treten aus, oder sie tun es nicht.

Was sich hier jedoch entwickelt, ist ein Rückfall ins 19. Jahrhundert, die USA beanspruchen für sich das Recht, mit den Europäern umzugehen wie weiland die Briten und Franzosen mit dem imperialen China, ungleiche Verträge inklusive. Dass dies in Sorge um die europäische Zivilisation geschehe, glaubst Du doch wohl selbst nicht.
Vielleicht geschieht es nicht aus Sorge vor der Europäischen Zivilisation. Interessanter ist aber die Frage ob es der Europäischen Zivilistation hilft und was eine bessere Alternative wäre.

muck schrieb:Zumal die Autoren dieses Schriebs ihre grobe Unkenntnis von den europäischen Verhältnissen beweisen. Wenn sie z.B. behaupten, dass Europa nur deswegen Angst vor Russland habe, weil es ihm infolge von Massenmigration und Abschwung an Selbstvertrauen fehle, geht das völlig an der Realität vorbei, dass die größte Sorge vor einem russischen Angriff in den baltischen Staaten, Finnland und Polen vorherrscht, kulturell-ethnisch homogenen Nationen mit guter wirtschaftlicher Entwicklung.
Es ist nicht sonderlich neu, dass die Amerikaner mit kulturell-ethnischen Befindlichkeiten wenig anfangen können und Ursachen von Konflikte gerne anders verorten. Ein Hauptgrund warum die US-amerikanische Außenpolitik oft so spektakulär unerfolgreich daherkommt.
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Meiner rein persönlichen Meinung nach war die US Politik in Wahrheit nie anders, es wurde halt nur nicht öffentlich gesagt. Und auch unsere Politik ist nicht anders, nur noch heuchlerischer und verlogener. Und insgesamt oft noch dümmer, verbrämt unter grenzenloser Hybris.

Zitat:In den USA gilt der großartige Erste Verfassungszusatz uneingeschränkt fort, auch unter Trump. Großbritannien ist unter Labour (und davor auch schon) auf dem Weg sich in ein autoritäres Shithole und groteske 1984 Karikatur zu verwandeln. Andere westliche Staaten sind da nicht weit hinterhr. Leider Gottes.

Auch in den USA gibt es jede Menge vermeintlicher Hate-Crimes und teilweise abstruseste die US Verfassung regelrecht konterkarierende Realpolitik. Von dem was die "freie" Wirtschaft dort je nach Unternehmen veranstaltet noch ganz zu schweigen. Darüber hinaus hängt es stark davon ab welcher Bevölkerungsgruppe etc. du angehörst, ob und inwieweit du die Verfassung für dich geltend machen kannst. In der Theorie ist in den USA alles recht gut, aber nur in der Theorie.

Und auch das ist keine neue Entwicklung. Der Espionage Act von 1917 ist ganz genau so wie der Sedition Act, der Smith Act und andere (alles Bundesgesetze) bereits eine Einschränkung dieser vermeintlich ach so grenzenlosen "Meinungsfreiheit".

Und dann gibt es in den USA noch das wirkungsmächtige Zivilrecht. Du sagst deine Meinung, und musst Unsummen dafür bezahlen, wegen Rufschädigung, Schädigung vermeintlicher Geschäftsbeziehungen etc.
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