(Gestern, 09:56)Quintus Fabius schrieb: Bezugnehmend auf einige Einträge weiter oben:
ich finde es immer wieder und wieder faszinierend, wie sehr man die Frage der weiteren Befähigung zur Kriegsführung dermaßen an den Panzern aufhängt.
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Ob die Russen also verlieren hängt nicht allein davon ab, was wir den Ukrainern liefern, sondern auch davon, ob die Russen die Ukrainer in Bezug auf die aktuelle Art der Kriegsüfhrung dort einholen können. Danach sieht es im Moment nicht aus, weshalb ich von einer russischen de facto Niederlage in spätestens zwei Jahren schrieb, aber es gibt hier keine Axiome.
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die Panzer sind ein Indiz für den Zustand der jeweiligen Truppen.
Ich gehe mal zu den Grundlagen zurück:
es gibt zwei Arten von Kriegen
- die schnelle Entscheidung, den "Blitzkrieg", den eine Seite innrhalb kürzester Zeit für sich entscheidet
--- das war wohl die Absicht, als Russland 2022 blitzartig in Richtung Kiew vorgestoßen ist
- oder den "Erschöpfungskrieg", der solange andauert, bis eine der beiden Seiten zusammenbricht oder einen Krieg aus anderen Ursachen (z.B. wegen innerer Widerstände) nicht mehr weiterführen kann
--- das war der WK I, das haben die USA in Vietnam erlebt, und das sehen wir seit 2022 in der UKraine.
Die Frage ist dann nur noch, wer länger durchhalten kann. Und da kommt es - auch - auf die Ressourcen an.
Die Panzerverbände beider Seiten sind ein materielles Indiz für die "längere Durchhaltefähigkeit".
Und da wäre es schon verwunderlich, wenn rund 400 Millionen Europäer mit der Wirtschaftskraft der EU schneller erschöpft werden als 160 Millionen Russen deren
Wirtschaftskraft man gerne mit Spanien vergleicht.
Ein anderes - und ganz wesentliches - Element ist die Erschöpfung der kämpfenden Truppe oder der Heimat.
Die größten Panzerverbände helfen nicht weiter, wenn die Besatzungen ausgelaugt, demoralisiert und zermürbt sind.
Letzteres hört man durchaus aus der Ukraine - andererseits sind die Ukrainer aber auch hoch motiviert. Sie verteidigen ihr Land, ihre Freiheit - während sich russische Soldaten ohne Sold und Verpflegung in einem Land vorfinden wo sie nicht wissen, was sie dort überhaupt sollen, und sie dort nur mit Gewalt und Zwang wie einer Zombie-Armee weiter kämpfen. Auch das hört man also.
Nun ist die Informationslage dazu ausgesprochen diffus. Und vor allem westliche Reporter haben eher Zugang zur ukrainischen als zur russischen Seite des Kriegsgebietes.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass man sich eher an objektivierbareren Angaben wie etwa den einprägsamen Panzern und deren Verlusten orientiert, wenn man die Möglichkeiten zur Weiterführung eines unsäglichen Krieges einschätzen will.
Zitat: ...
Und es verbleibt weiterhin die Frage, was genau eine russische de facto Niederlage praktisch bedeuten soll ?!
Bei einem Rückzug auf die Grenzen von 2014 wäre beispielsweise ein Folgekrieg gegen die Ukraine innerhalb weniger Jahre die zwingende Folge. Dann wäre das Kriegsende in Bezug auf den aktuellen Krieg nur eine vorübergehende Unterbrechung. Davon geht man auch in der Ukraine aus.
Das heißt, es genügt keineswegs die Russen nur hier und jetzt solange der Krieg läuft zu überrüsten, man muss auch daran denken, was man nach dem Krieg tut.
Und hier kommen wir zu der Zwickmühle, dass eine Aufrüstung der Ukraine nach dem Krieg (!) schlussendlich eine derartige strategische Bedrohung für Russland darstellt, dass vieles dadurch völlig unkalkulierbar wird, bis hin zum Einsatz von Nuklearwaffen. Andererseits (umgekehrt) führt eine NIcht-Aufrüstung der Ukraine dazu, dass der Folgekrieg in jedem Fall stattfinden wird und die Ukraine diesen verliert.
Da sind lauter Zwickmühlen aus denen heraus es eigentlich keine wirklich guten Lösungen gibt.
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Wenn (!!!) denn wirklich Russland zuerst erschöpft ist, dann zeichnet sich (irgendwo hatte ich das schon mal geschrieben) folgende Möglichkeit ab:
1. Rückzug der russischen und ukrainischen Einheiten auf die völkerrechtlich verbindlichen und gegenseitig mehrfach vertraglich zugesicherten Grenzen von vor 2014
2. Entmilitarisierung oder zumindest nur schwache militärische Kräfte in einem Streifen beidseits dieser Grenze, und zwar in einer Tiefe, die den russischen Eroberungen innerhalb der Ukraine entspricht
3. militärische Kampf-/Sicherungskräfte in diesem Streifen, die nicht aus den jeweiligen Einheiten sondern von Verbündeten oder Neutralen gestellt werden - also etwa China auf russischer Seite, und GB sowie Frankreich, Polen auf ukrainischer - deutsche Einheiten würde ich schon aus historischen und nachfolgenden Akzeptanzgründen nur im Westen der Ukraine und dort bevorzugt für Logistik u.a. "nicht kämpfende Zwecke" sehen wollen
4. Helsinki wird bestätigt - jedem europäischen Land steht die freie Bündniswahl zu. Das kann für die Ukraine die EU sein, vielleicht auch die NATO (falls die nach DT noch existiert), und für Russland ein Bündnis mit China ...
Zitat: ...
Und noch darüber hinaus ist die russische Mafia-Kamariall nicht nur dumm sondern auch viel zu gierig. Hätte sie auch nur einen Funken Verstand, würde sich einfach Trumps Angebote auf der Stelle annehmen statt diese auch noch zu hintertreiben. Was zu der Frage führt, warum die Mafia-Kamarilla im Kreml dies tut.
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Dazu
berichtet die FAZ:
Zitat:Noch ein Stück mehr Ukraine soll es sein
Russlands Präsident gibt neue Eroberungsziele aus. Er sagt, die Besetzung der Nordukraine sei nötig, um den Beschuss russischer Regionen zu unterbinden.
nein - wer hat denn zuerst geschossen? Das sind diejenigen, die gegenüber der angegriffenen Seite eine Sicherheitszone einhalten müssen.
Aber zurück zu Quintus:
Zitat: ...
Es gibt da nun welche die sagen, dass Russland bereits wirtschaftlich viel zu abhängig vom Krieg ist, und gar nicht mehr anders kann als Krieg zu führen ohne wirtschaftlichen Kollaps. Der Grund für den Krieg wäre dann, dass die Eliten diesen weiterhin für ihren Machterhalt benötigen
Aber ich selbst glaube persönlich nicht daran. Meiner Meinung nacht ist Putin einfach Altersstarr, zunehmend verblödet und weiterhin einfach nur ein gieriger Hinterhofschläger. Der nicht erkennen kann was für eine historische Chance er gerade für Russland verspielt, weil er es nicht erkennen will und niemand mehr da wäre, es ihm aufzuzeigen.
Putin ist ein Hasardeur - wenn die Geschichte stimmt, dass er seinerzeit alleine vor der KGB-Residenz den "sturmbereiten" Bürgern entgegen getreten ist.
Und dieses Ereignis muss für ihn prägend, um nicht zu sagen, traumatisierend gewesen sein. Er wittert in jeder "zivilen Demonstration" den "vom Westen angezettelten" Umsturzversuch, wie er es damals beim Ende der DDR selbst erlebt hat.
Den Zusammenbruch der Sowjetunion hat er nie überwunden. Und er sieht die Ursachen für diesen Zusammenbruch nicht. Die sind nicht im Westen zu suchen, sondern in der Sowjetunion selbst. Und es war sein Förderer Jelzin, der letztendlich das Ende der UdSSR besiegelt hat. Der Reformer Gorbatschow hat lediglich versucht, das sich bereits abzeichnende Ende aufzuhalten - ist dann aber am inneren Widerstand und letztendlich auch an Jelzin gescheitert.