Luftkrieg im 21. Jahrhundert
Wobei dazu gesagt werden muss, dass es solche Konzepte durchaus gab, aber diese dann mehr oder minder ausgesondert (bspw. Mirage IV, dies war übrigens ein als strategischer Atomwaffenträger ausgelegter Bomber, der aber kleiner als die F-111 war) oder ganz abgesagt wurden, da die Grenzen zum taktischen Jagdbomber (Tornado) zu schwimmend waren. Insofern überzeugt es nicht wirklich.

Außerdem stellt sich die Frage, ob ich ein Flugzeug wie die F-111 benötige, das vergleichsweise schwer, unhandlich und teuer ist, wenn schwere Mehrzweckkampfflugzeuge ähnliches leisten können? Auch das Ost-Pendant Su-24 wird keine weiteren Zugänge und auch keinen Nachfolger sehen, sondern befindet sich im Zustand des Durchtauschens mit entweder der Mehrzweck-Flanker oder dem Erdkämpfer Su-25/Su-39.

Einen spezifischen strategischen Mittelstreckenbomber zu bauen ist meiner Meinung nach also gar nicht notwendig und verführt nur dazu, eine eierlegende Wolfmilchsau bekommen zu wollen, die "irgendwie" alles kann, was B-1, Tornado, F-111 oder gar Su-22M auch können, ach ja, und bitteschön dann noch mit Stealth, Tiefangriffsbefähigung und SEAD. Das Ergebnis wird total verkorkst sein und Milliarden kosten und am Ende braucht man das Ding doch nicht und macht einen Verlegenheitskauf von 12 Exemplaren...

Schneemann
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Zitat:Außerdem stellt sich die Frage, ob ich ein Flugzeug wie die F-111 benötige, das vergleichsweise schwer, unhandlich und teuer ist, wenn schwere Mehrzweckkampfflugzeuge ähnliches leisten können?

Aber können sie das wirklich? Den ein Spezialist wird immer in seinem Spezialgebiet mehr leisten können. Entsprechend hat ein leichter Bomber mehr Zuladung als ein Mehrzweckkampfflugzeug, dafür hat dieses in anderen Bereichen mehr Leistung (beispielsweise in der Manövrierfähigkeit). Nun stellt sich die Frage, welcher Schwerpunkt im zukünftigen Luftkrieg der ausschlaggebende sein wird und da sehe ich das Primat bei der Zuladung, zum einen für SEAD, zum anderen für einen auf immer größere Distanzen geführten BVR Kampf.

Zitat:und verführt nur dazu, eine eierlegende Wolfmilchsau bekommen zu wollen, die "irgendwie" alles kann, .......ach ja, und bitteschön dann noch mit Stealth, Tiefangriffsbefähigung und SEAD.

Aber genau darin sehe ich den wesentlichen Vorteil. Verschiedene Muster von Flugzeugen vorzuhalten ist nicht mehr machbar, wir brauchen ein Einheitsflugzeug. Also im Prinzip das worauf die USA eigentlich mit der F-35 hinaus wollten. Nur dass die F-35 das nicht leisten kann was ein richtiger dezidierter leichter Bomber leisten könnte und aufgrund weiterer zusätzlicher Anforderungen wie der Senkrechtstartfähigkeit etc so komplex wurde, dass sie de facto wieder in 3 verschiedene Flugzeugtypen auseinander gefallen ist. Natürlich muss man irgendwo dann Grenzen festlegen und kann eben nicht alles in einem Flugzeug unterbringen, aber dass muss man ja auch gar nicht. Es genügt einen leichten Stealth-Bomber zu haben.

So hätte man nur einen Typ von bemannten Flugzeug. Noch ein Aspekt: Drohnen. Diese können von einem leichten Bomber den man beispielsweise mit einer etwas größeren Besatzung (3 oder 4 Mann) bauen könnte viel eher gesteuert und koordiniert werden, ein solches Flugzeug könnte auch viel leichter als Relais für Drohnenschwärme etc dienen. Und die Reichweite wäre größer als die eines Mehrzweckkampfflugzeuges und aufgrund der größeren Besatzung die sich abwechseln könnte damit auch wesentlich die Stehzeit im Einsatzgebiet.

Meine Wertung sieht deshalb so aus:

Leichter Bomber > Jagbomber > Mehrzweckkampfflugzeug

Zitat:Das Ergebnis wird total verkorkst sein und Milliarden kosten

Die Gefahr dass ein solches System dann durch ständige Nachforderungen und Ergänzungen ausufert (Pentagon Wars) sehe ich natürlich auch, aber das gleiche Problem hast du bei einem Mehrzweckkampfflugzeug sogar noch mehr, den dieses soll ja explizit noch mehr verschiedene Aufgabenbereiche in einem Flugzeug vereinen, beispielsweise Dogfight usw und entsprechend kostet auch jedes moderne Mehrzweckkampfflugzeug unfassbare Summen und unterliegt dem Risiko ausufernder Nachforderungen und dadurch Verzögerungen, hohem technischen Risiko und der Gefahr dass ein "verkorkstes" System dabei heraus kommt. Die F-35 Geschichte zeigt das ja klar auf.

Demgegenüber wäre ein dezidierter leichter Bomber eher klar umreißbar und daher weniger von der Gefahr betroffen dass er durch ein Zuviel an Fähigkeiten als Projekt ausufert.

Deshalb halte ich auch für das FCAS einen dezidierten leichten Bomber für die beste Wahl als bemannte Komponente dieses Systems.

Zitat:Wobei dazu gesagt werden muss, dass es solche Konzepte durchaus gab, aber diese dann mehr oder minder ausgesondert (bspw. Mirage IV,

Ich war immer ziemlich angetan von der Mirage IV und wenn man sich die lange Geschichte dieses Flugzeuges ansieht und wie es auch als Aufklärer und im Bereich EloKa brilliert hat, dann ist das meiner Meinung nach eine ziemliche Erfolgsgeschichte. Damals war ein solches Flugzeug halt weder Stealth noch zum BVR Kampf richtig befähigt.
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QuintusFabius

Zitat:Dabei würde ich die Rolle nicht nur auf Osteuropa beschränkt sehen, gerade auch der Pazifik wäre als Kriegsraum geradezu prädestiniert für ein solches Flugzeug. Wir hatten dazu im Forum mal irgendwo auch einen Strang und/oder mehrere Diskussionen dazu (vor einigen Jahren).

Die Basen im Pazifik dazu würde ich mal Japan, Südkorea, die Philipinen und auch Hawai dazuzählen. Allesamt in Reichweite chinesischer Marschflugkörper und Mittelstreckenraketen. Die Basen wo die Bomber stationiert sind, wären sicherlich ein beliebtes Ziel für die Chinesen im Kriegsfall.

Interessant finde ich auch bei China das es neben dem schweren H-20 Bomber auch auf mittelschwere Bomber setzen will.

Zitat:Two Stealth Bombers? China’s JH-XX Is Not What You Expect

Here is everything we know about the PLAAF’s mysterious JH-XX bomber.
by Mark Episkopos

Here's What You Need to Remember: The H-20 is on the verge of being formally announced and is planned to enter service in the PLAAF by the mid-2020s. Meanwhile, the JH-XX may not even be in active development; the fighter shown in “Aerospace Knowledge” may turn out to be nothing more than an early concept.
The Chinese People’s Liberation Army Air Force (PLAAF) is developing not one, but two stealth bombers, according to a Defense Intelligence Agency report published earlier in 2019. A steady stream of details has emerged concerning one of them-- the H-20 is a long-distance flying wing stealth bomber, with a robust electronic countermeasures (ECM) package and sensor fusion integration. Nevertheless, Chinese defense sources remain tight-lipped concerning the PLAAF’s second project.

https://nationalinterest.org/blog/reboot...ect-191818
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(14.11.2021, 10:16)Quintus Fabius schrieb: Deshalb halte ich auch für das FCAS einen dezidierten leichten Bomber für die beste Wahl als bemannte Komponente dieses Systems.

Beim FCAS gehe ich davon aus, dass ein klassischer Mehrzweck-Fighter die Aufgaben als Zentrale eines System-of-Systems nicht leisten können wird. Daher würde sich eine Auslegung wie hier beschrieben besonders eignen.
Realistisch umsetzbar ist so etwas aber mMn nur, wenn man von vornherein den Dogfight außen vor lässt und sich auf Abstandswirkung, Signatur, Vernetzung und Modularität konzentriert.

Und da sind wir dann wieder bei Projekten mit Frankreich: Das wäre nicht der Jet, den man in Massen an die Scheichs verkauft und der trägergestützt in Afrika CAS liefert.
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Mir ist ehrlich gesagt gar nicht klar, um was es nun genau gehen soll. Der Titel spricht von strategischen Mittelstreckenbombern, dann werden aber die F-111 und die nie verwirklichte FB-22 als Referenz genannt, die ganz klar taktischen Forderungen entsprangen (auch wenn es in Form der FB-111 ein strategisches Muster gab, das allerdings gerade kein Erfolg war). Zudem bringt es meines Erachtens wenig, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Die Sinnhaftigkeit eines Konzeptes bemisst sich an den zu lösenden Aufgaben, und wenn man diese in den Vordergrund stellt (was generell ratsam ist), dann sollte man gegenüber den Lösungen offen sein.

Insofern meine grundsätzlichen Gedanken, Großbritannien und Frankreich standen in den fünfziger Jahren vor der Aufgabe, Atomwaffen durch einen sich verdichtenden Gürtel sowjetischer Flugabwehrraketen ins Ziel zu befördern und setzen auf zwei Entwicklungen, strategische Mittelstreckenbomber mit Tiefflugfähigkeiten (TSR-2 und Mirage IV) und Raketen, wovon sich letztere letztlich durchsetzen konnten (auch wenn die Mirage IV insbesondere in der P-Modifikation mit der ASMP einige Kopfschmerzen bereitet hat). Die sowjetische Gegenstücke erwachsen aus der gleichen Aufgabenstellung waren weniger die Jak-28 und später Su-24, sondern vielmehr die Tu-22/Tu-22M.
Die USA und der auf die USA fokussierte Teil der sowjetischen Streitkräfte standen vor ganz anderen Anforderungen, und deshalb spielten strategische Mittelstreckenbomber dort eine weitaus kleinere Rolle, wie sich ja an dem kurzen Gastspiel der FB-111 deutlich zeigt. Der aktuelle Trend etwa bei der B-21 hinsichtlich Größe und Reichweite sollte dabei eher als Anpassung an die Gegebenheiten betrachtet werden.

Wenn man sich die tatsächlichen Einsatzerfahrungen mit der F-111 und der Su-24 als Kontrastprogramm dazu anschaut wird nachvollziehbar, warum die Nachfolgemuster in Form der F-15E und der Su-34 zum einen Ableitungen von schweren Luftüberlegenheitsjägern waren (was mit der FB-22 ja auch angestrebt wurde), aber warum sie sich andererseits auch unterschiedlich entwickelt haben (mit der Su-34 als viel radikaleren Umbau). Diese Entwicklung wird auch durch die F-22 und die Su-57 und ihrer unterschiedlichen Auslegungen deutlich, und meines Erachtens wäre eine FB-22

Für die USA und den möglichen Konflikt mit China geht es in Zukunft um den Kampf auf größere Distanzen, das wird aber im Luft-Boden-Bereich eher über Abstandswaffen zu lösen sein als über Mittelstreckenbomber (die allenfalls Trägermittel wären, wofür keine Stealthfähigkeiten benötigt werden). Zudem kann diese Aufgabe auch leichter von autonom agierenden Drohnen übernommen werden. Die B-21 wird auch in diesem Konzept von taktischen Angriffseinsätzen eine große Rolle spielen. In der Kategorie der Kampfflugzeuge wird der Fokus mit dem NGAD auf Langstreckenjagdflugzeuge gerichtet, was in dem Kontext absolut Sinn ergibt. Einzig die Frage, wie lange man für die Aufgabe von "Bomb Trucks" als schweren Angriffsflugzeugen auf kürzere Distanzen noch mit klassischen Mustern wie der F-15 erledigen will ist offen. Nicht umsonst wurde ja schon über ein neues Muster, eine Art "Low-Cost-Stealth-Bomber", diskutiert.

Gegenüber dieser US-Amerikanischen (und letztlich auch chinesischen) Perspektive gibt es aber noch den europäischen und, als deren Gegenstück, den russischen Blickwinkel. In einem symmetrischen Konflikt müssten größere Waffenmengen über (im Vergleich zum pazifischen Gefechtsfeld) kürzere Distanzen in einer sehr viel stärker durch die Geographie geprägten Umgebung ins Ziel gebracht werden. Die Auslegung der Su-57 ist sinnbildlich für diese Aufgabenstellung, und in einem zumindest Rüstungstechnisch geeinten Europa wären zwei unterschiedliche Programme (schweres Mehrzweckkampfflugzeug mit Fokussierung auf Luft-Boden-Aufgaben sowie ein leichtes Mehrzweckkampfflugzeug mit Fokussierung auf Luft-Luft-Aufgaben) und deren Beschaffung durch die großen Nationen (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien) sinnvoller als die jetzige Parallelentwicklung von zwei mittleren Mehrzweckmustern.

PS: Thema ins "Allgemeine" verschoben, geht ja eher um allgemeine Grundsätze denn konkreter Militärtechnik.
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Broensen:

Zitat:Realistisch umsetzbar ist so etwas aber mMn nur, wenn man von vornherein den Dogfight außen vor lässt

Im Dogfight sind Drohnen zwingend jedem bemannten Kampfflugzeug überlegen und gerade deshalb macht es keinerlei Sinn mehr diese Kampfweise für die nächste Generation von Luftkampfsystemen mit bemannten Plattformen durchführen zu wollen. Der Mensch ist hier einfach der limitierende Faktor. Eine Drohne kann frei davon hier ganz andere Manöver fliegen. Und da man keine Menschenleben einsetzt kann man hier auch viel aggressiver und offensiver vorgehen, während bemannter Luftkampf jetzt schon eine Art Chicken Game auf größtmögliche Distanz ist.

Helios:

Wir haben doch einen Strang: Luftkrieg im 21 Jahrhundert ?! Wie wäre es wenn ich die Beiträge hier dorthin verlege ?
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@Quintus: Kannst du gerne machen 🙂
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(14.11.2021, 13:18)Helios schrieb: In einem symmetrischen Konflikt müssten größere Waffenmengen über (im Vergleich zum pazifischen Gefechtsfeld) kürzere Distanzen in einer sehr viel stärker durch die Geographie geprägten Umgebung ins Ziel gebracht werden. Die Auslegung der Su-57 ist sinnbildlich für diese Aufgabenstellung, und in einem zumindest Rüstungstechnisch geeinten Europa wären zwei unterschiedliche Programme (schweres Mehrzweckkampfflugzeug mit Fokussierung auf Luft-Boden-Aufgaben sowie ein leichtes Mehrzweckkampfflugzeug mit Fokussierung auf Luft-Luft-Aufgaben) und deren Beschaffung durch die großen Nationen (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien) sinnvoller als die jetzige Parallelentwicklung von zwei mittleren Mehrzweckmustern.

Was sich ja durchaus realisieren ließe. IIRC folgen beide Projekte dem Systems-of-Systems-Ansatz und sehen nur ein bemanntes Muster vor. Bei einer Fusion der Programme und der Erweiterung auf zwei technisch verwandte und aufeinander abgestimmte Muster, könnten auch die national unterschiedlichen Anforderungen viel besser berücksichtigt werden.
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Zitat:in einem zumindest Rüstungstechnisch geeinten Europa wären zwei unterschiedliche Programme (schweres Mehrzweckkampfflugzeug mit Fokussierung auf Luft-Boden-Aufgaben sowie ein leichtes Mehrzweckkampfflugzeug mit Fokussierung auf Luft-Luft-Aufgaben) ...... sinnvoller als die jetzige Parallelentwicklung von zwei mittleren Mehrzweckmustern.

Meiner Meinung nach sollten Luft-Luft Aufgaben von Drohnen erledigt werden. Welche (auch) von der größeren schwereren Plattform welche zugleich auf Luft-Boden Aufgaben hin optimiert ist koordiniert und geführt werden. Zudem kann der Luft-Luft Kampf auch weitgehend vollautonom gedacht werden. Gegenüber einer wirklichen Luftüberlegenheitsdrohne kann in einem zukünftigen Luftkrieg kein bemanntes leichtes Mehrzweckkampfflugzeug mithalten.

Deshalb braucht man meiner Ansicht nach ein bemanntes - schwereres Muster.
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(14.11.2021, 22:42)Quintus Fabius schrieb: Meiner Meinung nach sollten Luft-Luft Aufgaben von Drohnen erledigt werden. Welche (auch) von der größeren schwereren Plattform welche zugleich auf Luft-Boden Aufgaben hin optimiert ist koordiniert und geführt werden. Zudem kann der Luft-Luft Kampf auch weitgehend vollautonom gedacht werden. Gegenüber einer wirklichen Luftüberlegenheitsdrohne kann in einem zukünftigen Luftkrieg kein bemanntes leichtes Mehrzweckkampfflugzeug mithalten.

Auch wenn du damit Recht haben dürftest, sind wir einfach noch nicht so weit. Und sei es nur, weil wir aus ethisch motivierten Befürchtungen heraus der Automatisierung noch nicht ausreichend vertrauen, um sie autonom gegen bemannte Flugzeuge kämpfen zu lassen.
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(14.11.2021, 15:02)Broensen schrieb: Bei einer Fusion der Programme und der Erweiterung auf zwei technisch verwandte und aufeinander abgestimmte Muster, könnten auch die national unterschiedlichen Anforderungen viel besser berücksichtigt werden.

Mein Gedanke dazu ist im Endeffekt das genaue Gegenteil, es wird nicht auf willkürliche Anforderungen geschaut, sondern eine Lösung anhand der tatsächlich zu erwartenden Aufgaben sowohl in einem Großkonflikt (Bündnisverteidigung) wie auch im Auslandseinsatz angestrebt. Mir ist klar, dass das insbesondere in der deutschen Politik unmöglich ist, allerdings wäre das ganze eh von einem Pragmatismus geprägt, der sich auch im europäischen Ausland nicht finden lässt. Jedes Land müsste sehr deutlich über seinen Schatten springen. Aber auch darum soll es hier ja nicht gehen Wink

Zu diesen tatsächlichen Aufgaben der europäischen Luftstreitkräfte gehören im Bereich der LV/BV vornehmlich:
- Luftraumverteidigung auf kurzen und mittleren Distanzen in enger Zusammenarbeit mit bodengestützter Flugabwehr
- Zerschlagung feindlicher Mittel- und Langstrecken-Flugabwehr
- Tiefenangriffe gegen Punkt- und Flächenziele im geschützten feindlichen Luftraum
- (massive) EloKa defensiv zur Unterstützung eigener Einsätze und offensiv zur Unterbindung feindlicher Einsätze
- Luftnahunterstützung unter Bedrohung durch feindliche Kurzstreckenflugabwehr

Die tatsächlichen Aufgaben im Bereich Auslandseinsätze sowie die üblichen Routineaufgaben, etwa die Luftraumüberwachung über mittlere Distanzen oder die Punktzielbekämpfung in Kooperation mit Bodenkräften unterscheiden sich davon primär in der (zum Teil deutlich) geringeren Intensität der Bedrohungslage, weniger in den tatsächlichen Zielen.

Wenn man sich diese Primäraufgaben und den aktuellen und in den nächsten Jahren erwartbaren Entwicklungsstand auch hinsichtlich Drohnen, Autonomie/KI sowie Vernetzung anschaut, dann wird meines Erachtens deutlich, dass auf der einen Seite bemannte Kampfflugzeuge auch auf mittlere Sicht weiterhin benötigt werden, auf der anderen Seite EloKa als Kernelement heraus sticht, weil mit einem zunehmenden Grad der Vernetzung die maximale Leistungsfähigkeit von der Verschleierung und Sicherung von Datenverbindungen abhängig ist, umgekehrt aber ein generelles Leistungsvermögen auch unabhängig von dieser Vernetzung möglich sein muss. Auch wenn es deutliche Fortschritte gibt, meines Erachtens ist eine vertrauenswürdige (!), völlige Autonomie gerade auch mit Blick auf komplexere Einsatzszenarien aktuell nicht absehbar.

Ausgehend von dieser Grundannahme der Notwendigkeit von bemannten Kampfflugzeugen bei der Entwicklung der nächsten Generation und mit Blick auf die genannten vornehmlichen Aufgaben sowohl für die LV/BV als auch für Routine- und Auslandseinsätze bräuchte es im wesentlichen drei Typen:
a) ein möglichst einfaches, mechanisch und elektronisch robustes dediziertes Kampfflugzeug für die Luftnahunterstützung
b) ein leichtes (Mehrzweck)Kampfflugzeug mit einfachen materiellen und ausgeprägten elektronischen Stealth-Fähigkeiten beim Einsatz in Luft-Luft-Szenarien sowie der Fähigkeit zu Luft-Boden-Einsätze mit reduzierten oder ohne materiellen Stealth-Fähigkeiten (Außenlast)
c) ein schweres, zweisitziges Kampfflugzeug mit ausgeprägten materiellen und elektronischen Stealth-Fähigkeiten beim Einsatz in Luft-Boden-Szenarien auch auf mittleren Distanzen, exzessiven EloKa-Fähigkeiten über den Selbstschutz und Koordinationsfähigkeiten über MUM-T hinaus gehend

Typ A bräuchte einen mutigen und in Anbetracht der technologischen Entwicklung radikalen Ansatz im Stile einer modernen A-10, Typ B wäre ein der F-35 ähnliches Kampfflugzeug, allerdings mit stärkerer Fokussierung auf die Flugleistungen und hinsichtlich des Aufwands möglichst einfacheren Stealthauslegung, dass sich auch für den Export bestens eignen würde, und Typ C der taktische Mittelstreckenbomber im Stile einer Modernen Su-34 oder F-111, um den es eigentlich bei der Frage von Skywalker ging.

Wenn die großen europäischen Nationen einen solchen gemeinsamen Ansatz verfolgen würden (was völlig unrealistisch ist), dann wäre eine Realisierbarkeit meines Erachtens ohne nennenswerten Mehraufwand gegenüber den aktuellen Parallelentwicklungen möglich. Im Betrieb würden eine Flotte von etwa 200 bis 250 Typ C verteilt auf die großen europäischen Nationen eine enorme Schlagkraft bedeuten, die ergänzt werden würde durch eine hohe Zahl Typ B/F-35 primär von kleineren Nationen (weil die Beschaffung von den großen Nationen im kleineren Maßstab erfolgt). Gerade Typ A könnte dabei sogar eine deutsche Spezialfähigkeit werden, mit der man sich an europäischen Auslandseinsätzen sinnvoll beteiligen könnte. Wie gesagt ist das natürlich alles absolut utopisch und unrealistisch.

(14.11.2021, 22:42)Quintus Fabius schrieb: Meiner Meinung nach sollten Luft-Luft Aufgaben von Drohnen erledigt werden.

Ich kenne deine Einschätzung, du hast sie ja schon mehrfach geäußert, und akzeptiere auch die Vorteile solch eines Systems, allerdings halte ich es zumindest für die kommende Generation noch nicht für realistisch.
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Zitat:, auf der anderen Seite EloKa als Kernelement heraus sticht

Ergänzend: Gerade dieser Bereich spricht ebenfalls für einen leichten Bomber, bzw. ein schweres Mehrzweckkampfflugzeug (die Grenzen sind da ja fließend), da ein solches da wesentlich mehr Leistung bringen kann (aus einem ganzen Faktorenbündel heraus). Zudem wird EloKa auch von Drohnen aus erfolgen und diese müssen ebenfalls wieder von einer bemannten Plattform aus koordiniert und eingesetzt werden, womit wir erneut bei der schwereren Plattform sind, also einem leichten Bomber.

Zitat:zweisitziges Kampfflugzeug

Um mal einen komplett neuen Gedanken einzuwerfen: was würde eigentlich für und gegen eine dreisitzige Plattform sprechen? Wenn man diese etwas größer gestaltet (leichter Bomber) könnte man durchaus auch noch einen dritten Mann unterbringen und das würde gerade in Bezug auf den Einsatz von Drohnen und EloKa einiges bringen.

Zitat:a) ein möglichst einfaches, mechanisch und elektronisch robustes dediziertes Kampfflugzeug für die Luftnahunterstützung

Und warum hier eine bemannte Plattform? Und wie würdest du diese im Detail konzipieren?
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(15.11.2021, 11:38)Helios schrieb: Mein Gedanke dazu ist im Endeffekt das genaue Gegenteil, es wird nicht auf willkürliche Anforderungen geschaut, sondern eine Lösung anhand der tatsächlich zu erwartenden Aufgaben sowohl in einem Großkonflikt (Bündnisverteidigung) wie auch im Auslandseinsatz angestrebt.

Ich bin voll und ganz deiner Meinung. Ich war nur einen Schritt weiter in Richtung der realen Umsetzbarkeit, denn die nationalen Befindlichkeiten werden sich nun mal leider nicht so einfach überwinden lassen. Dahingehend sehe ich gerade durch die 2 (bzw. 3) Typen Potential, trotzdem zu einer sinnvollen Lösung zu kommen:
Z.B. bildet dein Typ C den von Deutschland benötigten Tornadoersatz(-ersatz) mit Leistungszuwachs hervorragend ab, den Frankreich aber nicht exportieren könnte und der auch nicht zwingend optimal für den Trägereinsatz im COIN-Szenario geeignet ist. Beides wäre mit Typ B abgedeckt, der auch deutlich eher real verfügbar sein könnte, ohne den Anspruch des Gesamtsystems zu reduzieren.

(15.11.2021, 11:38)Helios schrieb: a) ein möglichst einfaches, mechanisch und elektronisch robustes dediziertes Kampfflugzeug für die Luftnahunterstützung... Typ A bräuchte einen mutigen und in Anbetracht der technologischen Entwicklung radikalen Ansatz im Stile einer modernen A-10

Ich bin in dem Bereich immer noch - vermutlich mangels Fachwissens - sehr zwiegespalten, wie hier eine sinnvolle Kombination von Dreh- und Starrflüglern aussehen kann, sei es nun bemannt oder unbemannt. Wenn man es von der Aufgabe CAS her denkt, erscheint mir erstmal eine schwebeflugfähige Lösung als sinnvoll. Da klassische Helis hier an ihre Grenzen hinsichtlich der notwendigen Geschwindigkeit und des sich daraus ergebenden Selbstschutzes gelangen, wäre meine laienhafte Idealvorstellung hier ein System irgendwo zwischen FVL/FARA und und einem klassischen VTOL-Jet, dass dann - zusammen mit einem leichten Heli - auch Tiger/Apache ersetzen kann. Liege ich da falsch und wenn ja: warum?

(15.11.2021, 13:34)Quintus Fabius schrieb: Um mal einen komplett neuen Gedanken einzuwerfen: was würde eigentlich für und gegen eine dreisitzige Plattform sprechen? Wenn man diese etwas größer gestaltet (leichter Bomber) könnte man durchaus auch noch einen dritten Mann unterbringen und das würde gerade in Bezug auf den Einsatz von Drohnen und EloKa einiges bringen.

Hatte ich auch schonmal dran gedacht, ergibt für mich auch Sinn, vergleichbar mit den MPA und AWACS. Nicht nur wegen der Steuerung von eventuell mehreren unbemannten Subsystemen durch nur eine bemannte Plattform, sondern auch wegen der Auswertung der Flut von Informationen "vor Ort", um als geschlossenes System autarker von der störbaren Vernetzung agieren zu können.
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Und wenn wir den A330 MRT in die Überlegungen einbeziehen ??

Kampfflieger immer grösser zu machen, macht am Ende weniger Sinn.
Immer mehr Drohnen, brauchen auch entsprechend "Command Control" und Tanker , abgesehen von Mechanikern etc am Boden.

Bleibt in der Luft Tanker und Command Control, der A330 MRTT könnte beides Liefern, er könnte je nach Einsatz (abgesehen von den externen Sensoren) entsprechend umgerüstet werden.

Und er hat Platz für Bediener, hat die elektrische Leistung für die Ausrüstungen, weil irgendwann ist ja da auch Schluss für ein Kampfflugzeug.

In den Scorpion Überlegungen sind die französischen MRTT ja eh schon als Datenübertragungsrelais vorgesehen.
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Eine größere Komponente oberhalb dieses Typ-C/Mittelstreckenbombers gehört für mich elementar zu einem System of Systems dazu. Meine Idealvorstellung dazu wäre auch ein gemeinsames ziviles Basismuster wie die A330 für MRTT, AWACS, MPA etc. Nur müssen diese natürlich sehr viel weiter Abstand zum umkämpften Luftraum halten, weswegen ja bspw. die US-JSTARS keinen Nachfolger mehr erhalten sollen. Also ist es schon von Vorteil, wenn die weiter vorne agierenden Flugzeuge mit Ihren Subsystemen möglichst autark agieren können.
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