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Da es ja gegen bewaffnete Drohnen einen nicht unerheblichen politischen und sozialkulturellen Widerstand in dieser Bundesrepublik gibt, will ich hiermit mal die Frage aufwerfen, ob aus diesem Grund - und auch aus anderen Gründen für unsere Auslandseinsätze einfache und robuste COIN Flugzeuge nicht besser geeignet wären?
Solche Flugzeuge sind oft auch günstiger als Drohnen, haben teilweise sehr hohe Standzeiten über dem Zielgebiet und man hat damit auch zusätzliche Piloten, welche später dann irgendwann besonders dafür geeignet sind Luftnahunterstützung zu leiten oder eben dann auch Drohnen zu lenken.
Spezifisch schwebt mir da für die Bundeswehr die Bronco II vor:
https://warisboring.com/u-s-special-oper...ing-phase/
https://www.leidos.com/insights/us-speci...ration-fly
https://www.airforce-technology.com/proj...-aircraft/
https://en.wikipedia.org/wiki/AHRLAC_Holdings_Ahrlac
Meine Idee dazu wäre also, statt bewaffneter Drohnen so zeitnah wie möglich eine Anzahl von Bronco II zu beschaffen und die Aufgaben welche ansonsten die bewaffneten Drohnen in den Auslandseinsätzen hätten stattdessen mit diesem COIN Flugzeug zu erledigen.
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Wenn der Gegner halbwegs schlau ist dann wird er sich die passenden Möglichkeiten beschaffen diese Flugzeuge abzuschießen und dann verliert man wertvolle Piloten. Dieses Problematik gibt es bei Drohnen nicht, da der Pilot nicht in der Drohne sitzt.
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Aus technischer Perspektive, der Mensch lässt sich nicht gut komprimieren und benötigt an Bord immer einen gewissen Mindestplatz, sogar in exponierter Position, unabhängig von der Größe der Maschine. Je kleiner und leichter ein Flugzeug wird, desto größer wird der Unterschied zwischen einer bemannten und unbemannten Variante, weil der Anteil an notwendiger Ausrüstung zur Unterbringung des Menschen wächst.
Diese Bronco II besitzt ein MTOW von etwa 4,7 t und ist damit sehr gut mit einer MQ-9 Reaper vergleichbar, die ein ähnliches maximales Startgewicht aufweist. Dabei fliegt letztere bei Bedarf doppelt so hoch, doppelt so weit, kann bei gleichem Missionsprofil dreimal so lang auf Station bleiben und hat trotzdem die doppelte Waffenkapazität (bei diesem spezifischen Missionsprofil). Oder kurz gesagt, man erkauft sich die Anwesenheit von Piloten mit sehr deutlichen Leistungseinschränkungen, was wiederum in einem grundsätzlich höheren Bedarf resultiert.
Ich will nicht zu sehr auf das Kostenargument eingehen, aber in der Regel werden die typischen Kostenvergleiche immer auf Basis der Anschaffungs- und Flugstundenkosten aufgestellt, selten findet ein viel sinnvollerer Vergleich auf Missionsebene oder über die gesamte Lebensdauer inklusive aller notwendigen Folgekosten statt. Es ist für mich bei den genannten Leistungsdaten und dem notwendigen Personalaufwand schwer nachzuvollziehen, wie diese Maschinen im Betrieb tatsächlich günstiger sein sollen.
Im Einsatz ist das Gefahrenpotenzial hoch, sobald der Gegner auch nur einigermaßen gut bewaffnet und nicht einfach nur mit Sturmgewehren ausgestattet ist. Gegen Lenkwaffen soll es fortgeschrittene Gegenmaßnahmen geben, gegen Rohrwaffen soll in Zukunft eine Panzerung optional angeboten werden (was wiederum zu Lasten der Flugleistungen gehen wird). Schaut man sich an, welche Erfahrungen sowohl von amerikanischer wie russischer Seite in aktuellen Konflikten hinsichtlich des Gefährdungspotenzials gemacht werden, glaube ich, dass das Überlebensrisiko in der Summe vertretbar ist. Und genau das ist ja dann der kritische Punkt gegenüber Drohnen, denn jeder Verlust einer solchen Maschine riskiert auch den Verlust der Piloten. Mal abgesehen von einer reinen Kostenbetrachtung wird auch das wieder zu einem politischen Argument, denn wenn von diesen Maschinen beispielsweise zwei oder drei im Auslandseinsatz abgeschossen werden ist der Ruf nach einem Abzug sehr schnell da.
Für mich ergeben sich zwei sinnvolle Wege, entweder die Beschaffung von Dual-Use-Maschinen, also Trainingsflugzeuge aus dem Bereich der Fortgeschrittenenschulung, die zusätzlich auch für den Waffeneinsatz qualifiziert sind. Der Vorteil läge darin, dass diese Maschinen nicht nur für entsprechende Unterstützungsmissionen zur Verfügung ständen, sondern aufgrund der Simulationsfähigkeiten und den generellen Flugleistungen auch im regulären Flugbetrieb für Entlastungen sorgen könnten (In-Übung-Halten der Piloten bspw.).
Der andere, wenn auch völlig unrealistische Weg ist die Entwicklung eines völlig neuen Schlachtflugzeugs, dass die notwendige Robustheit für den Einsatz zur unmittelbaren Unterstützung der eigenen Bodeneinheiten mit den aktuellen Fähigkeiten hinsichtlich Signaturreduzierung, Vernetzung und ähnliches kombiniert. Also letztlich genau das, was die Bronco II konzeptionell verspricht, aber in einer Größendimension, die eine deutlich höhere Leistungsfähigkeit bietet und dabei einen geringeren Abstand zu unbemannten Luftfahrzeugen aufweist.
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Allgemein:
Zitat:Wenn der Gegner halbwegs schlau ist dann wird er sich die passenden Möglichkeiten beschaffen diese Flugzeuge abzuschießen und dann verliert man wertvolle Piloten.
Zitat: Und genau das ist ja dann der kritische Punkt gegenüber Drohnen, denn jeder Verlust einer solchen Maschine riskiert auch den Verlust der Piloten. Mal abgesehen von einer reinen Kostenbetrachtung wird auch das wieder zu einem politischen Argument, denn wenn von diesen Maschinen beispielsweise zwei oder drei im Auslandseinsatz abgeschossen werden ist der Ruf nach einem Abzug sehr schnell da.
Krieg ohne Verluste führen zu wollen ist eine Abstrusität. Drohnen sind aber nicht nur aus Innenpolitischen Gründen (also in Bezug auf unsere Bevölkerung) problematisch, sie fördern gerade eben weil man eigene Verluste damit vermeidet im Bereich COIN auch die Feindseligkeit der Zivilbevölkerung in welcher der Feind agiert und sie fördern damit auf der politischen Ebene den Feind. Dieser Effekt, der Hass den die westlichen Drohnen hervor rufen wird unterschätzt. In manchen Ländern gibt es schon Kinderfilme und Comics in denen die Bösewichter die Form von Drohnen haben (ernsthaft). Tatsächlich treiben Kriegsroboter dem Feind die Menschen eher zu als bemannte Systeme, obwohl der reale praktische Unterschied gar nicht so groß ist.
Aber noch abgesehen davon, ist es gerade eben ein Irrweg, Verluste so weitgehend wie möglich krampfhaft und unter allen Umständen minimieren zu wollen. Dies führt nicht dazu, dass man militärisch stärker ist, sondern es schwächt die Kriegsfähigkeit der Gesellschaft wie der Armee. Das erscheint kontraintuitiv, da es ja oft das Argument ist, dass man Roboter eher, skrupelloser und schneller einsetzen wird, und damit die Bereitschaft Kriege zu führen steigen würde. Dem kann ich zwar zustimmen, aber es sinkt zugleich die Befähigiung Kriege erfolgreich zu führen. Man fängt also vermehrt Kriege an, die man dann gar nicht siegreich beenden kann, man fängt auch zu viele Kriege an und dies zu leichtfertig.
Ich finde es bezeichnend, dass das USSOCOM, welches zweifelsohne auf fast jede Art von Drohnen der USA fast nach belieben zurück greifen kann ausgerechnet die Bronco II jetzt beschafft. Warum diese Entscheidung also, wenn man doch das ganze Drohnenarsenal der USA abgreifen kann ?! Das zeigt klar auf, dass COIN Flugzeuge nicht nur rein technisch und militärisch interessant sind, sie sind auch auf der psychologisch/politischen Ebene wirksam und gerade auf diese Ebene kommt es im Bereich COIN oft mehr an als auf die reine Technik.
Helios:
Nun gut, ich habe aber hier bewusst richtige Schlachtflugzeuge ausgeklammert und interessantererweise hat sich in dem eigenen Strang über die Zukunft der "Schlachtfliegerei" bei einer Umfrage damals auch heraus gestellt, dass man weder Drohnen noch Kampfhubschraubern hier anscheinend eine Ablösung dieser Fähigkeit zutraut.
Ich würde COIN Flugzeuge nicht als Überkommen sehen, und solche Flugzeuge operieren (wie Drohnen dieser Klasse auch) keineswegs so nah am Boden dass sie so einfach aufgeklärt und bekämpft werden könnten.
Beispielsweise bin ich immer noch ziemlich begeistert von der Textron Scorpion und ihren Möglichkeiten, wollte aber in diesem Strang explizit auf ein COIN Flugzeug hinaus, welches im Endeffekt näher an den derzeitigen Drohnen ist, deshalb die Bronco II. Die Kosten von Drohnen in dieser Größe werden unterschätzt, weil man hier zu sehr nur auf die Anschaffungskosten der Drohne selbst sieht, aber die ganze erhebliche Infrastruktur welche dafür notwendig ist und an welcher die Drohne hängt meist außer Acht lässt.
Und umgekehrt sind einfache COIN Flugzeuge wie die Bronco II hier wesentlich einfacher und unter schwierigeren Bedinungen einsetzbar und betreibbar. Während Drohnen nur funktionieren wenn eine ganze komplette Kette von spezifischer Infrastruktur und spezifischen Umständen vorliegt, kann die Bronco II sehr viel leichter und schneller strategisch verlegt und umgehend eingesetzt werden. Vor Ort hat man dann dezentral eine Befähigung zur Luftnahunterstützug zu sehr geringen Kosten und mit einem wesentlich geringeren Risiko für Friktionen und dies direkt unter der Kontrolle der Einsatzkräfte vor Ort, während Drohnen immer dazu führen, dass höhere Befehlsebenen mit eingebunden sind und sich mit einmischen. Noch darüber hinaus stärkt ein bemanntes System die Verbundenheit zwischen den Piloten und den Einheiten am Boden welche sie unterstützen und erzeugt damit eine wesentlich größere Motivation und damit größere Leistungsfähigkeit. Wenn Piloten und Einsatzkräfte "am Abend" nach dem Einsatz direkt im Einsatzgebiet zusammen sitzen ist dass etwas völlig anderes als wenn irgendwo Drohnen-Operatoren in ihrer eigenen stark abstrakten Einsatzwelt getrennt von den Bodenkräften vor sich hin agieren. Zudem können sich die jeweiligen regionalen Verbündeten keine Drohnen leisten, aber sie könnten sich die gleichen COIN Flugzeuge leisten - damit würden wir das gleiche Flugzeug fliegen wie die Einheimischen bzw. deren Luftwaffen auf diese Maschinen hin ausbilden - damit sie diese zur Aufstandsbekämpfung (besser) einsetzen können.
Zusammenfassend betrachtest du COIN Flugzeuge meiner Meinung nach hier vielleicht zu sehr von der rein technischen Seite her, während meiner Ansicht nach in Bezug auf die spezifischen Aufgaben welche diese Flugzeuge wahrnehmen sollen auch viele andere Faktoren mit einbeziehe:
https://smallwarsjournal.com/jrnl/art/wh...ith-drones
https://www.airforcemag.com/article/the-future-of-coin/
Und um es nochmal zu betonen: es geht spezifisch um den Einsatz in assymetrischen Konflikten, im Bereich COIN, um die aktuellen und typischen Auslandseinsätze der Bundeswehr und nicht um Luftnahunterstützung im konventionellen Krieg und nicht um einen Ersatz für Schlachtflieger.
Meiner Ansicht nach sind richtige Schlachtflieger auch modernen Drohnen haushoch überlegen und der ganze derzeitige Drohnen-Hype verkennt, was für Leistungen hier mit einem neuen modernen Schlachtflugzeug in Bezug auf die Luftnahunterstützung erbracht werden könnten.
Die Aufgabe von COIN Flugzeugen ist aber eben eine ganz andere, und genau diese Befähigung entspricht dem was wir in unseren Einsätzen hier und heute und in den nächsten Jahren eher brauchen werden. Und wofür man nun bewaffnete Drohnen beschaffen könnte, oder eben diese Fähigkeit mit COIN Flugzeugen abdecken könnte und vieles spricht meiner Ansicht nach eben für diese bemannten Systeme, gerade und spezifisch für die Bundeswehr und ihre Einsätze.
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Ich halte die BRONCO II hier für kein gutes Beispiel, obwohl ich Quintus' Grundthese zustimme.
Ein Flugzeug, das ausschließlich diesem Zweck dient, sehe ich für unsere knappen Kapazitäten als den falschen Weg, da bin ich eher bei den 2 Möglichkeiten von Helios. Wir sollten keine Fähigkeit aufbauen, die nur den aktuellen LowLevel-COIN-Einsätzen dienen kann. Also zumindest Dual-Use als Trainer oder als ernstzunehmende CAS-Maschine.
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Nun kann man durchaus argumentieren, dass ein solches Flugzeug im konventionellen Krieg keine Rolle hat und damit im Endeffekt eine Überspezialisierung darstellt - und deshalb ein leistungsfähigerer Trainer mit Bewaffnung hier besser wäre aber:
Das greift meiner Meinung nach zu kurz, weil es eben nicht nur um die Frage geht was das System selbst leisten kann, sondern um das ganze System Luftnahunterstützung und da spielen die Bodentruppen mit rein, da spielen die Möglichkeiten Luftnahunterstützung überhaupt richtig anfordern und einsetzen zu können mit rein, die Systeme welche der Verbindung dienen, die Doktrin, der praktische reale Einsatz, Kampferfahrung usw usw usf
Wenn ich irgendwelche High-End Systeme in homöophatischen Dosen habe, und meine Bodentruppen aufgrund dessen nur sporadisch und eher selten mit Luftnahunterstützung operieren, kann ich diese nicht so weiter entwickeln und bin ich im Gesamtverbund dann aus Mangel an praktischer Erfahrung real nicht so leistungsfähig, wie wenn in den aktuellen Einsätzen durchgehend und in erheblichem Umfang Luftnahunterstützung verfügbar ist, und dies zu sehr geringen Kosten.
Ich will mich auch gar nicht zwingend hier auf die Bronco II versteifen, nehmen wir beispielsweise mal stattdessen die Super Tucano:
https://en.wikipedia.org/wiki/Embraer_EM...per_Tucano
Die Einsatzerfahrungen der afghanischen Luftwaffe mit diesem System zeigen klar auf welch erhebliches Potential diese Maschinen im Verhältnis zu ihren Kosten haben. Es wurden auch schon gelenkte Bomben von A-29 aus eingesetzt, mit der gleichen Präzision und Wirkung als hätte sie ein Mehrzweckkampfflugzeug abgeworfen oder eine Drohne, nur dass beide Systeme wesentlich aufwendiger sind und vor allem, dass sie nicht vorne sind, da wo die eigenen Truppen auch agieren, was einen Wert für sich darstellt.
Und warum nun die A-29? Als Trainer benötigt man ja nicht nur Jet-Flugzeuge in der Art einer T-38 oder T-7, man benötigt davor auch für die Pilotengrundausbildung durchaus Propeller-Maschinen. Die Schweden wollen deshalb beispielsweise die A-29 als Basis-Trainer einführen, schlicht und einfach weil Brasilien die Gripen einkauft. Ebenso könnten wir die Grob G 120A durch ein COIN Flugzeug ersetzen und wenn wir dann noch ein paar wenige mehr davon einkaufen, hätte man bereits die Befähigung für unsere aktuellen Einsätze welche so dringend benötigt wird.
So würden die COIN Flugzeuge zugleich als Kampfschulflugzeuge dienen, die A-29 würde sich beispielsweise hierfür besonders anbieten. Man umgeht das ganze Problem bewaffneter Drohnen, spart Mittel ein und diese Flugzeuge sind gerade im COIN Bereich Drohnen eben überlegen, weil sie über die bloße technische Seite des ganzen hinaus deutliche weitere Vorteile haben.
Nehmen wir mal den aktuellen Plan der Bundeswehr, für insgesamt 900 Millionen Euro fünf Heron TP zu leasen.
Statdessen könnte man als Kampfschulflugzeug und COIN Flugzeug problemlos deutlich mehr A-29 Super Tucano kaufen und betreiben. Eine A-29 kostet aktuell mit allem drum und dran (Wartung, Ersatzteile, verbesserte Sensorik usw) gerade mal um die 30 Millionen Euro, die Flugstunde gerade mal um die 1000 Euro.
Nun kann sich ja dann selber jeder ausrechnen wieviel sich hier von den 900 Millionen Euro einsparen ließe. Das Gegenargument, dass diese mehr Leistung bringen ist dabei irrelevant, da man für das gleiche Geld signifikan mehr COIN Flugzeuge kaufen und betreiben könnte und die Quantität hier dann die geringere Qualität der Leistung mehr als ausgleicht. Oder um es mit Zahlen auszudrücken:
Was wäre für die Bundeswehr besser:
5 Heron Drohnen (in Worten fünf) ohne Bewaffnung - oder 30 Super Tucano mit allem drum und dran ?
Aber ich will mich auch gar nicht auf die Super Tucano festlegen - es gibt COIN Flugzeuge ab 10 Mio (all inclusive)
Was ist besser für die Bundeswehr in einem Auslandseinsatz - 5 unbewaffnete Drohnen oder 90 bewaffnete COIN Flugzeuge ? Welche zudem jeder Bundeswehr-Pilot fliegen könnte, weil sie zugleich das Kampfschulflugzeug sind auf welchem er sein Handwerk gelernt hat ! Damit könnten die Piloten der Bundeswehr Kampferfahrung sammeln und/oder man hätte mehr Piloten als es die High-End Maschinen zulassen und für diese auch eine Beschäftigung und man könnte (analog zum spanischen Bürgerkrieg) den Einsatz von Luftnahunterstützung einüben, neue Strukturen und neue Doktrinen testen, und ebenso die Bodentruppen in diesem Bereich trainieren und besser befähigen.
Mit gerade mal 12 Super Tucano führte die afghanische Luftwaffe im Jahr 2018 bis zu 80 Bodenangriffe pro Woche durch, und setzte dabei auch gelenkte Bomben ein. Und diese Einsatzzahlen (dass sind tausende Angriffe pro Jahr) stiegen noch in den letzten zwei Jahren mit der steigenden Zahl der Maschinen. Nehmen wir an, wir hätten in Mali und Co statt 5 unbewaffneter Drohnen nun 30 Super Tucano und eine ähnlich hohe Einsatzdichte. Das wären bis zu um die 160 Angriffe pro Woche oder aufs Jahr gerechnet über 8000 Angriffe auf Bodenziele. Und um es ganz einfach auszudrücken: so viele Ziele gäbe es gar nicht. Wir bräuchten also nicht einmal so viel Maschinen weil ihre Einsatzleistung größer ist als das was an Zielen überhaupt verfügbar ist.
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Vorweg und völlig ohne Wertung, die Bronco II wird nicht beschafft, sie nimmt an einem Wettbewerb für das USSOCOM teil, bei dem es nicht um klassisches COIN in erster Linie, sondern um die enge Unterstützung von Spezialeinheiten im Feld mit dem Hauptaugenmerk auf ISR und der sekundären Forderung nach Feuerunterstützung geht. Das Programm steht im übrigen von allen Seiten in der Kritik und unter Beschuss, auch weil es vor allem das politische Ziel verfolgt, USSOCOM unabhängiger von den einzelnen Teilstreitkräften und der politischen Kontrolle zu machen, die mit einer Abhängigkeit einher geht, aber auch, weil die Anforderungen schlampig formuliert und die letztendlichen Erfordernisse und Ziele nicht ganz klar sind. Wenn man sich die breite Auswahl an möglichen Kandidaten anschaut, wird das auch deutlich. Wie gesagt, ohne Wertung, nur zur Klarstellung.
Was meine eigentliche Argumentation angeht, so hast du diese offensichtlich falsch verstanden, vielleicht habe ich mich auch nicht klar genug ausgedrückt. Ich teile die im Small Wars Journal und auch von dir angerissene Ansicht, dass der Einsatz von Drohnen im Bereich COIN in der praktizierten Form eine Fehlentwicklung darstellt. Allerdings liegt dies meines Erachtens nicht am Wesen der Drohnen selbst, sondern wie eben in dem von dir verlinkten Artikel dargestellt, an den Mischung aus einer falschen Doktrin im Umgang mit unbemannten Flugzeugen und vor allem deren Mittelbarkeit. Letztere jedoch liegt nicht darin begründet, dass sie unbemannt sind, sondern dass sie aus der Ferne wirken und sich daher in den Einsatzgebieten nicht offenbaren. Und hier stimme ich dir grundsätzlich nicht zu, dass der Einsatz bemannter Muster mit ähnlichen Profilen etwas ändern würde, denn das Hauptproblem dieses Aspekts ist nicht die Wahrnehmung als Kampfroboter, sondern als willkürlicher Waffeneinsatz. Und der ist bei Abstandswaffen jeglicher Art gegeben.
Aus dem Grund kann ich auch deiner Argumentation nicht folgen, etwa wenn du sagst:
" solche Flugzeuge operieren (wie Drohnen dieser Klasse auch) keineswegs so nah am Boden dass sie so einfach aufgeklärt und bekämpft werden könnten"
Wenn sie wie Drohnen operieren, dann sind Drohnen das bessere Mittel, allen populistischen Behauptungen zum Trotz. COIN-Flugzeuge müssen zwingend anders agieren, sie müssen sichtbar sein und direkt mit Bodeneinheiten zusammen wirken. Dann aber sind sie zwangsläufig auch einer Gefährdung ausgesetzt, die sie meines Erachtens nicht mehr militärisch sinnvoll einsetzbar machen. Dies sieht übrigens der zweite von dir verlinkte Artikel des Airforcemag auch so:
"“In a world where … insurgents possess not just unmanned systems but surface-to-air missiles, it is not just dangerous, but fallacy to put pilots in planes that even World War II anti-aircraft defense would feast on,”"
Und genau da sind wir eben bei dem für mich entscheidenden Punkt: mal abgesehen davon, dass COIN grundsätzlich anders strukturiert und organisiert werden sollte, die Unterstützung aus der Luft hat mit Mitteln zu erfolgen, die auch tatsächlich auf dem "Schlachtfeld", also dem Einsatzgebiet, sichtbar sind. Und dazu braucht es keine Leichtflugzeuge jeglicher Art, sondern idealerweise eine dedizierte CAS-Lösung, wie etwa die A-10. Sinnvolles COIN aus der Luft ist für mich ideales CAS und umgekehrt.
(03.07.2021, 20:57)Quintus Fabius schrieb: Aber noch abgesehen davon, ist es gerade eben ein Irrweg, Verluste so weitgehend wie möglich krampfhaft und unter allen Umständen minimieren zu wollen.
Du neigst dazu, bei jedem Thema gleich eine Globalkritik anzubringen, was es für mich schwierig macht, einzelne Aspekte zu diskutieren, und meine Argumentation in dieser Sache lässt sich in der Hinsicht nur schwerlich mit "krampfhaft" oder "allen Umständen" umschreiben. Das Gegenteil ist der Fall.
Zitat:Vor Ort hat man dann dezentral eine Befähigung zur Luftnahunterstützug zu sehr geringen Kosten und mit einem wesentlich geringeren Risiko für Friktionen und dies direkt unter der Kontrolle der Einsatzkräfte vor Ort, während Drohnen immer dazu führen, dass höhere Befehlsebenen mit eingebunden sind und sich mit einmischen. Noch darüber hinaus stärkt ein bemanntes System die Verbundenheit zwischen den Piloten und den Einheiten am Boden welche sie unterstützen und erzeugt damit eine wesentlich größere Motivation und damit größere Leistungsfähigkeit. Wenn Piloten und Einsatzkräfte "am Abend" nach dem Einsatz direkt im Einsatzgebiet zusammen sitzen ist dass etwas völlig anderes als wenn irgendwo Drohnen-Operatoren in ihrer eigenen stark abstrakten Einsatzwelt getrennt von den Bodenkräften vor sich hin agieren.
Das klingt für mich zu sehr nach Lagerfeuerromantik, wobei das von dir hier beschriebene Grundproblem für mich nicht an der eingesetzten Technik hängt, sondern eine Frage des militärischen und letztlich auch des politischen Willens ist. Es gibt keine Notwendigkeit, unbemannte Systeme aus der Ferne einzusetzen, sondern die Möglichkeit, und diese wird meines Erachtens dazu missbraucht, eine Kontrolle und ökonomische Effizienz vorzutäuschen, während in Wahrheit die militärische Effizienz (und damit die Effektivität) reduziert wird. In jedem anderen Bereich dieses Forum würde ich darauf hinweisen, dass man diese Realität nun mal schwerer ändern kann als über eine entsprechende Ausrüstung eine andere Herangehensweise zu erzwingen, aber weil wir hier im Bereich Spekulationen sind sehe ich nicht ein, es für sinnvoll zu halten, vor solch einem Unsinn zu Kreuze zu kriechen. Soll heißen, die Einsatzdoktrin von Drohnen für entsprechende Unterstützungsaufgaben hat sich zu verändern und nicht nur die Drohnen selbst, sondern auch die Kontrolle müssen nah an der Truppe geführt werden (für diesen Aufgabenbereich).
(04.07.2021, 00:00)Quintus Fabius schrieb: Ich will mich auch gar nicht zwingend hier auf die Bronco II versteifen
Meine Argumentation galt nicht der Bronco II im speziellen, sondern Flugzeugen dieser Leistungsklasse im allgemeinen. Wobei man zugunsten von Turboproptrainern zumindest anführen könnte, dass auch diese gewisse Dual-Use-Fähigkeiten mitbringen, allerdings bleiben die grundsätzlichen Kritikpunkte weiterhin bestehen.
Zitat:Ebenso könnten wir die Grob G 120A durch ein COIN Flugzeug ersetzen und wenn wir dann noch ein paar wenige mehr davon einkaufen, hätte man bereits die Befähigung für unsere aktuellen Einsätze welche so dringend benötigt wird.
Die Grob ist ein Flugzeug für die Anfängerschulung, mit der werden die Grundlagen des Fliegens erlernt. Du kannst dieses nicht durch einen Turboproptrainer ersetzen, schon gar nicht, wenn der nebenher auch noch COIN machen soll. Davon abgesehen sind die Grob wie die zentralisierte Ausbildung sonst auch aus flugtechnischen Gründen in den USA angesiedelt, so dass sich gar keine Synergieeffekte ergäben, wenn man hier entsprechende Maschinen vorhält. Das gleiche gilt ja auch für die ebenfalls von der Luftwaffe verwendete T-6 Texan II, die die Anschlussschulung übernimmt.
Aus dem Grund betrachte ich als Alternative zu einem dedizierten Schlachtflugzeug einen LIFT als sinnvolle Variante, um sowohl COIN/CAS mit geringeren Kosten und einem höheren Schutzniveau (wenn auch nicht annähernd auf Schlachtfliegerniveau) zu ermöglichen, wie auch generell die Flotte bestehender Muster zu entlasten und gleichzeitig das Pilotenniveau durch eine erhöhte Flugstundenzahl zu verbessern.
Zitat:Nun kann sich ja dann selber jeder ausrechnen wieviel sich hier von den 900 Millionen Euro einsparen ließe.
Nein, das geht eben nicht, wie ich zuvor bereits erwähnt hatte. Und deine ganze darauf ausgerichtete Argumentation ist nicht haltbar, weil genau das diese Rechenspielchen sind, die mit der Realität nichts zu tun haben. Du errechnest mit einem Stückkostenpreis den Anschaffungspreis, was schon nicht realistisch ist, um den dann mit den Laufzeitkosten von (meines Erachtens sowieso zu teuren) Drohnen zu vergleichen, was völlig unabhängig von den eingesetzten Werten nicht zielführend ist. Zu guter Letzt willst du dann die sowieso unrealistischen 30 oder gar 90 COIN-Flugzeuge ohne Betriebs- oder Wirkmittel nutzen?
Aus gutem Grund verzichte ich inzwischen völlig auf konkrete Kostendiskussionen, weil diese mit den vorhandenen Informationen selten wirklich sinnvoll zu führen sind. Um das anhand eines Beispiels zu zeigen, die reinen Operational CPFH einer MQ-9 liegen bei der gleichen Datengrundlage (USAF) bei etwa dem anderthalbfachen einer T-6 Texan II im reinen Schulungsbetrieb. Aufgrund der höheren Leistung sowie der stärkeren Belastung bei Kampfeinsätzen sowie den bekannten Informationen im direktvergleich muss also davon ausgegangen werden, dass eine MQ-9 tatsächlich geringere Operational CPFH als eine Super Tucano aufweist.
Daraus folgt nun ebenfalls nicht, dass deren Einsatz tatsächlich günstiger ist (weil dafür einige Faktoren mehr berücksichtigt werden müssen), es zeigt aber, wie illusorisch deine Vorstellung von riesigen COIN-Flotten zum Preis einer Handvoll Drohnen ist.
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Da ich ja grundsätzlich auch die Auffassung habe, dass man Sondereinheiten und ähnlich gelagerte leichte Infanterie und sinnvoll diese ergänzende Einheiten zusammen mit dem Militärgeheimdienst und Teilen des Cyber-und Informationsraumes in eine eigene Teilstreitkraft verwandeln sollte, finde ich die hier vom USSOCOM angestrebte Weiterentwicklung folgerichtig sehr gut. Aber das führt hier natürlich jetzt zu weit weg.
In Bezug auf Drohnen ist es meine Ansicht aus der Betrachtung ausländischer Medien in den betroffenen Ländern, dass es durchaus nicht nur falsche Doktrin und mangelnde Mittelbarkeit sind, sondern dass das Wesen der Drohne als unbemanntes System selbst ein ebenso erhebliches Problem darstellt. Die Bedeutung des Wesens der Drohnen auf der politisch/sozialkulturellen Seite wird daher meiner Meinung nach von dir unterschätzt. Sie wirkt ja beispielsweise auch bei uns, und führt dazu, dass man bewaffnete Drohnen und militärische Angriffe durch Drohnen scharf ablehnt und daher Drohnen noch nicht einmal beschafft, obwohl diese ja genau genommen nicht einmal unbemannt sind, werden sie doch weiterhin von einem Menschen gesteuert. Solche Wechselwirkungen gibt es auch in den Einsatzländern, obwohl rein rational / logisch / praktisch eigentlich kein Unterschied besteht.
Es geht also meiner Wahrnehmung nach nicht nur darum, dass die Waffeneinsätze willkürlich sind, sondern explizit auch darum, dass wir Roboter einsetzen. Wie gesagt gibt es hier und heute in Pakistan bereits Kinder-Comic-Fernsehsendungen in denen alle Bösewichter Drohnen sind. Man überlege mal was das aussagt.
Wenn nun COIN Flugzeuge sichtbarer agieren, dann propagierst du daraus folgend eine hohe Gefährdung der Piloten. In Ländern wie Mali und selbst in Ländern wie Afghanistan (in welchen die Gefährdung wesentlich größer ist als in der Sahel-Zone) zeigen aber die Einsatzerfahrungen mit solchen Flugzeugen, dass die Risiken beherrschbar sind. Die afghanische Luftwaffe hat nah am Boden und im sichtbaren Bereich mit ihren wenigen Super Tucano schier unglaubliche Leistungen erbracht, was die Einsatzdichte angeht und die Zahl der Flugstunden welche erzielbar waren. Da wurden mit 12 Flugzeugen nicht weniger als 80 Einsätze in einer Woche geflogen, und tausende pro Jahr. So viele Ziele hätten wir in Mali gar nicht.
Natürlich sind Fliegerfäuse ein Problem, dass sind sie aber ganz genau so für andere Systeme, nehmen wir beispielsweise mal die von dir in solchen Einsatzgebieten so hoch geschätzten schweren Transporthubschrauber. Dass ein solcher einer Fliegerfaust zum Opfer fällt ist sogar wesentlich wahrscheinlicher, als dass es gelingt ein modernes COIN Flugzeug damit herunter zu holen. Noch darüber hinaus können COIN Flugzeuge auch extrem nah am Boden operieren, und sind dann geländebedingt durch den Gegner mit Flugabwehrwaffen gar nicht so leicht zu bekämpfen wie es auch hier in den Artikeln impliziert wird. Zweifelsohne hat mein Risiko, aber ich schätze dieses (richtige Doktrin und Einsatzweise vorausgesetzt) als durchaus beherrschbar ein. Verbleibt natürlich die berechtigte Frage, warum man dann nicht einfach Drohnen ganz genau so einsetzt, welche du ja dann auch stellst.
Zitat:Es gibt keine Notwendigkeit, unbemannte Systeme aus der Ferne einzusetzen, sondern die Möglichkeit, und diese wird meines Erachtens dazu missbraucht, eine Kontrolle und ökonomische Effizienz vorzutäuschen, während in Wahrheit die militärische Effizienz (und damit die Effektivität) reduziert wird.
Auch wenn es natürlich extrem schwer ist Kosten richtig einzuschätzen und auch hier im weiteren keine konkreten Rechenbeispiele bringen will, so bieten bemannte COIN Flugzeuge eben nicht nur die Möglichkeit unsere Hemmnisse gegen bewaffnete Drohnen zu umgehen, besser im Bereich COIN wirken zu können, und kostengünstig eine wesentlich leistungsfähigere Luftnahunterstützung zu erhalten, sie sind schlicht und einfach effizienter.
Die Kosten von Drohnen werden immer notorisch unterschätzt. Die von COIN Flugzeugen überschätzt. Wenn ich hier nun Preise nannte, so waren diese keineswegs einfach nur der Kaufpreis für die Maschine selbst, dass beinhaltete durchaus Wartung und Ersatzteile über einen ähnlich langen Zeitraum wie den des Leasing-Vertrages für die Drohnen. Meine These ist daher: COIN Flugzeuge können die gleiche Aufgabe effizienter vollbringen, nämlich kostengünstig eine bessere Luftnahunterstützung zu liefern.
Zitat:Zu guter Letzt willst du dann die sowieso unrealistischen 30 oder gar 90 COIN-Flugzeuge ohne Betriebs- oder Wirkmittel nutzen?
Bei den 900 Millionen für gerade mal 5 unbewaffnete Drohnen sind auch keine Wirkmittel dabei. Die Kosten sind daher auch hier nur für das System selbst. Und ich will keineswegs auf eine so große Zahl hinaus, sie soll nur der Veranschaulichung der Differenz dienen. Es würden schon 10 bis 20 COIN Flugzeuge reichen und diese kämen mit Betriebs- und Wirkmitteln nicht mal im Ansatz auf die 900 Millionen Euro für 5 Jahre - und würden konkret für die Bundeswehr mehr leisten als die fünf Drohnen. Im übrigen sind beide Systeme auch kein Widerspruch, man kann ja durchaus bewaffnete COIN Flugzeuge und unbewaffnete Aufklärungs-Drohnen zusammen einsetzen.
Zitat:Soll heißen, die Einsatzdoktrin von Drohnen für entsprechende Unterstützungsaufgaben hat sich zu verändern und nicht nur die Drohnen selbst, sondern auch die Kontrolle müssen nah an der Truppe geführt werden (für diesen Aufgabenbereich).
Dem kann ich mich natürlich vollkommen anschließen, ungeachtet aller anderen Ausführungen. Aber die praktische Realität dieser Bundeswehr ist, dass sie keine bewaffneten Drohnen erhält, sie hat mit der Heron TP lediglich Drohnen mit einer Bewaffnungsoption. Die Bundeswehr wird auch weiterhin keine bewaffneten Angriffe mit Drohnen fliegen dürfen. Es fehlt daher an kostengünstiger Luftnahunterstützung. Diese könnten ein paar COIN Flugzeuge liefern und der Aufwand dafür wäre gering, die Kosten wären gering und diese Lösung wäre sehr schnell umsetzbar.
Zitat:Die Grob ist ein Flugzeug für die Anfängerschulung, mit der werden die Grundlagen des Fliegens erlernt. Du kannst dieses nicht durch einen Turboproptrainer ersetzen, schon gar nicht, wenn der nebenher auch noch COIN machen soll. Davon abgesehen sind die Grob wie die zentralisierte Ausbildung sonst auch aus flugtechnischen Gründen in den USA angesiedelt, so dass sich gar keine Synergieeffekte ergäben, wenn man hier entsprechende Maschinen vorhält. Das gleiche gilt ja auch für die ebenfalls von der Luftwaffe verwendete T-6 Texan II, die die Anschlussschulung übernimmt.
Explizit von der T-6 gibt es eine bewaffnete Version, welche ausdrücklich ein COIN Flugzeug ist. Wenn nun ohnehin schon jeder Bundeswehrpilot auf einer T-6 beschult wird, bedeutet dies, dass er auf der Stelle auch das entsprechende COIN Flugzeug fliegen könnte. Während man gute Drohnen-Piloten auch erst einmal ausbilden und heranziehen muss.
Zitat:Um das anhand eines Beispiels zu zeigen, die reinen Operational CPFH einer MQ-9 liegen bei der gleichen Datengrundlage (USAF) bei etwa dem anderthalbfachen einer T-6 Texan II im reinen Schulungsbetrieb. Aufgrund der höheren Leistung sowie der stärkeren Belastung bei Kampfeinsätzen sowie den bekannten Informationen im direktvergleich muss also davon ausgegangen werden, dass eine MQ-9 tatsächlich geringere Operational CPFH als eine Super Tucano aufweist.
Nun ist eine T-6 keine Super Tucano und sind die Operational CPFH nicht der einzig ausschlaggebende Kostenpunkt. Darüber hinaus aber kann ich deine Aussage hier nicht nachvollziehen, weil sie dem widerspricht was ich dazu gelesen habe. Laut der USAF kostet eine MQ-9 pro Flugstunde 3624 Dollar pro Flugstunde, und dass war 2011.
https://nation.time.com/2012/02/28/2-the...rformance/
Demgegenüber erzeugen die afghanischen Super Tucanos ungefähr 1000 Dollar pro Flugstunde und diese Zahl ist deutlich jünger. Die afghanische Luftwaffe zeigt meiner Meinung nach auch klar auf, was für enorme Leistungen man aus diesen Flugzeugen heraus holen kann und wie sehr sie unterschätzt werden und wie sehr das Risiko wiederum überschätzt wird.
Um es zusammen zu fassen:
Meine Annahme ist, dass COIN Flugzeuge Luftnahunterstützung und Angriffe auf Bodenziele insgesamt kostengünstiger und effizienter liefern können als Drohnen.
Dass sie zudem im Vergleich zu Drohnen Vorteile spezifisch im Bereich COIN, Counter Terrorism und Military Assistance (Verbündete vor Ort fliegen auch solche Maschinen) liefern.
Und dass sie ferner spezifisch für uns eine Lösung wären, weil beispielsweise eine COIN Variante der T-6 (sofort verfügbar) von den meisten Piloten der Bundeswehr sofort geflogen werden könnte und man diese eben bewaffnet einsetzen kann, während man die Drohnen gerade eben nicht bewaffnet einsetzen darf und dies wird sich noch etliche Zeit nicht ändern.
Zitat:mal abgesehen davon, dass COIN grundsätzlich anders strukturiert und organisiert werden sollte, die Unterstützung aus der Luft hat mit Mitteln zu erfolgen, die auch tatsächlich auf dem "Schlachtfeld", also dem Einsatzgebiet, sichtbar sind. Und dazu braucht es keine Leichtflugzeuge jeglicher Art, sondern idealerweise eine dedizierte CAS-Lösung, wie etwa die A-10. Sinnvolles COIN aus der Luft ist für mich ideales CAS und umgekehrt.
Ich bin gewiss ein großer Freund dezidierter Schlachtflugzeuge und würde solche sogar Kampfhubschraubern jederzeit vorziehen. Aber schlicht und einfach: wir haben keine Schlachtflugzeuge und werden auch keine haben. Und COIN ist mehr als nur CAS und genau da greift mein Ansatz ein, dass nämlich ein auf CAS spezialisiertes Schlachtflugzeug diverse Eigenheiten eben nicht hat, welche ein spezialisiertes COIN Flugzeug hat. Vor die Wahl gestellt würde ich mich dennoch immer für ein Schlachtflugzeug entscheiden - und entsprechende Lücken müsste man halt dann eben anders abdecken oder bewusst offen lassen - ich würde aber ebenso ein Schlachtflugzeug jederzeit einer Drohne vorziehen. Deshalb ziehe ich hier diesen Vergleich so gar nicht, denn er würde immer beim Schlachtflugzeug enden.
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(05.07.2021, 22:34)Quintus Fabius schrieb: Die Bedeutung des Wesens der Drohnen auf der politisch/sozialkulturellen Seite wird daher meiner Meinung nach von dir unterschätzt. (...) Wie gesagt gibt es hier und heute in Pakistan bereits Kinder-Comic-Fernsehsendungen in denen alle Bösewichter Drohnen sind. Man überlege mal was das aussagt.
Diese Art der Propaganda ist doch nichts neues, man vergleiche etwa was an Comic-Heften bzw. Kinderbüchern in Vietnam veröffentlicht wurde, oder beiderseits im Zweiten Weltkrieg, oder verschiedenen kleineren Konflikten. Plakative, also leicht erkennbare Motive, die eine Omnipräsenz ausstrahlten oder der man eine solche leicht unterstellen konnte, und die aufgrund der damit einhergehenden permanenten Gefahr ideale Werbeträger für politische Ideen waren. Natürlich kulminiert das irgendwo in der typischen Drohne, die vor Ort aber doch weit weniger direkt als indirekt erfahren wird. Und das heißt nichts anderes, als dass diese politische oder soziokulturelle Bedeutung gesteuert und insofern willkürlich ist. Auch ohne Drohnen hätten wir die gleichen Diskussionen, die gleiche Propaganda, die gleiche Soziokulturelle Wirkung - nur eben mit einer anderen Technik. Zumal gerade der Punkt "Roboter" (was im Endeffekt in der vorliegenden Form auf jede Lenkwaffe zutrifft) doch gar nicht so sehr die Rolle spielt, auch in der öffentlichen Wahrnehmung, als vielmehr die Missbrauchsmöglichkeiten. So scheint es mir jedenfalls, aber ja, vielleicht unterschätze ich diese Betrachtung auch.
Zitat:Die afghanische Luftwaffe hat nah am Boden und im sichtbaren Bereich mit ihren wenigen Super Tucano schier unglaubliche Leistungen erbracht, was die Einsatzdichte angeht und die Zahl der Flugstunden welche erzielbar waren. Da wurden mit 12 Flugzeugen nicht weniger als 80 Einsätze in einer Woche geflogen, und tausende pro Jahr. So viele Ziele hätten wir in Mali gar nicht.
"Schier unglaublich" finde ich nun weit übertrieben, 2018 haben 15 Maschinen durchschnittlich 40 Missionen pro Woche geflogen, dabei kam es in etwa 900 Fällen zum Waffeneinsatz. Punktuell war es mal deutlich mehr, klar. Aber ich will die grundsätzliche Leistungsfähigkeit der Super Tucano gar nicht in Abrede stellen, nur sollte man die auch richtig einordnen. Noch erfolgreicher im Bereich COIN sind beispielsweise die afghanischen MD 530F, die den Hauptteil der Einsätze fliegen und nach den ersten Erfahrungen in deutlich größerer Stückzahl beschafft werden sollen. Ebenso wird die Zahl der AC-208 weiter aufgestockt, die innerhalb der Afghanischen Luftstreitkräfte durchaus mit der Super Tucano konkurriert. Auf der anderen Seite gibt es sehr viele Berichte über zivile Opfer bei den Einsätzen inklusive darauf folgender Proteste, was mit Blick auf die ja bereits angesprochene öffentliche Wahrnehmung relevant ist.
Natürlich liegt dies auch daran, dass von Seiten der afghanischen Streitkräfte trotz entsprechender Fähigkeiten zum Einsatz gelenkter Waffen bevorzugt günstigere ungelenkte Waffen zum Einsatz kommen, mein Argument ist aber primär, dass man mit der Bewertung der Leistungsfähigkeit nur anhand der Daten aus Afghanistan in gewisser Hinsicht vorsichtig sein sollte.
Das gilt auch und insbesondere für den Gefährdungsgrad dieser Muster (aller genannten), denn tatsächlich wurden die Afghanischen Streitkräfte ja gezielt dafür eingesetzt, Missionen mit geringem Risiko durchzuführen um so die US-amerikanischen Luftstreitkräfte zu entlasten, die ihrerseits mit entsprechend leistungsfähigeren Maschinen Einsätze aus größerer Distanz übernahmen.
Wollte man die afghanischen Erfahrungen also 1:1 auf die Einsätze der Bundeswehr abbilden, so wäre ein Einsatz ausschließlich solcher bewaffneten Turboproptrainer nicht vergleichbar. Und das ist wiederum mein Hauptargument. Denn natürlich ist auch deren Bekämpfung nicht so einfach, aber aufgrund von Flugprofilen und Geschwindigkeiten einfacher als beispielsweise mit strahlengetriebenen, hochagilen bewaffneten Fortgeschrittenentrainern, um nicht wieder dedizierte Schlachtflugzeuge anzuführen. Und die Gefährdung geht keineswegs nur von Fliegerfäusten aus, sondern auch von einfachen Infanteriewaffen und vorhandener Rohrbewaffnung, insbesondere wenn diese Maschinen das Gelände stärker ausnutzen. Letztlich treffen hier, wenn auch in geringerem Maße, die gleichen Argumente wie etwa beim Einsatz von Hubschraubern zu.
Was wiederum natürlich auch die Frage aufwirft, welchen Anteil potenzieller Missionen für solche COIN-Flugzeuge auch von bewaffneten Hubschraubern (und ich meine damit nicht einmal dedizierte Kampfhubschrauber) erledigt werden könnten, insbesondere, wenn diese etwa mit leichten Kampfflugzeugen gemeinsam operieren? Die weichen Argumente, die du ja auch anführst (bspw. Kooperation mit lokalen Kräften) treffen auf Helikopter genauso, wenn nicht sogar noch stärker zu.
Und weil du es in einem Nebensatz erwähnt hast, ich bin gar kein so großer Freund von Drohnen, wie die Argumentation anfänglich vielleicht impliziert hat.
Zitat:Auch wenn es natürlich extrem schwer ist Kosten richtig einzuschätzen
Genau das ist der Fall, und deshalb ist deine ganze Argumentation dahingehend willkürlich (bspw. die reinen Flugkosten der Super Tucano in Afghanistan (sic!)). Worin ich dir völlig zustimme ist allerdings, dass Drohnen aktuell viel zu teuer ver- bzw. gekauft werden, was in Anbetracht der jeweiligen Technik und der Organisation absolut nicht nachvollziehbar ist. Dort liegt aber das eigentliche Problem, die Kosten für den Einsatz der Drohnen sind schlicht nicht realistisch.
Zitat:Aber die praktische Realität dieser Bundeswehr ist, dass sie keine bewaffneten Drohnen erhält, sie hat mit der Heron TP lediglich Drohnen mit einer Bewaffnungsoption. Die Bundeswehr wird auch weiterhin keine bewaffneten Angriffe mit Drohnen fliegen dürfen. Es fehlt daher an kostengünstiger Luftnahunterstützung. Diese könnten ein paar COIN Flugzeuge liefern und der Aufwand dafür wäre gering, die Kosten wären gering und diese Lösung wäre sehr schnell umsetzbar.
Die praktische Realität ist aber, dass die Bundeswehr keine COIN-Flugzeuge erhält weil eine kostengünstige, effiziente Luftnahunterstützung keine politische Lobby hat. Wie hast du im anderen Thema gemeint: wenn das nun der Maßstab ist, brauchen wir gar nicht weiter zu sprechen.
Zitat:Wenn nun ohnehin schon jeder Bundeswehrpilot auf einer T-6 beschult wird, bedeutet dies, dass er auf der Stelle auch das entsprechende COIN Flugzeug fliegen könnte. Während man gute Drohnen-Piloten auch erst einmal ausbilden und heranziehen muss.
Mal abgesehen davon, dass die im Training eingesetzten T-6A sich deutlich von den bewaffneten AT-6-Versionen unterscheiden und beim Umstieg ebenso eine Schulung stattfinden muss, das Cockpit einer Drohne aber "fiktiv" ist, also frei simuliert werden kann, und die Flugleistungen nur indirekt kontrolliert werden, ist die Umstellung von einer bemannten Maschine auf eine Drohne und von einer Drohne zu einer anderen einfacher als bei einem realen Flugzeug. Davon abgesehen liegt die Hauptarbeit eh bei den jeweiligen Einsatzverfahren und dem konkreten Waffeneinsatz, was beides so auch jeweils explizit erfolgen müsste.
Zitat:Ich bin gewiss ein großer Freund dezidierter Schlachtflugzeuge und würde solche sogar Kampfhubschraubern jederzeit vorziehen. Aber schlicht und einfach: wir haben keine Schlachtflugzeuge und werden auch keine haben.
Wir haben auch keine COIN-Flugzeuge und werden keine haben. Um ehrlich zu sein sehe ich eher Chancen, dass wir irgendwann mal LIFT-Flugzeuge haben (auch mit Blick auf das NGF), weil sich dadurch die Kosten für den "Pilotenunterhalt" auch Abseits von Auslandseinsätzen deutlich reduzieren lassen, ohne grundsätzlich an Leistungsfähigkeit einzubüßen. Und auf Basis dieser LIFT-Flugzeuge wiederum ließe sich aus COIN in verschiedenen Variationen, unterstützt von einer entsprechenden Hubschrauberflotte, durchführen.
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@Quintus
Zitat:Die afghanische Luftwaffe hat nah am Boden und im sichtbaren Bereich mit ihren wenigen Super Tucano schier unglaubliche Leistungen erbracht, was die Einsatzdichte angeht und die Zahl der Flugstunden welche erzielbar waren. Da wurden mit 12 Flugzeugen nicht weniger als 80 Einsätze in einer Woche geflogen, und tausende pro Jahr. So viele Ziele hätten wir in Mali gar nicht.
Die Super Tucano wurde auch sehr effektiv von Kolumbianern eingesetzt. Ohne großartige eigene Verluste (1 mutmaßlicher Abschuss) fügte die kolumbianische Luftwaffe Rebellengruppen wie der FARC teils in massiven Luft-Kampagnen über Monate hinweg schwere Verluste zu, ein Teil dieser Operationen wurde kombiniert mit dem Absetzen von Kommandoeinheiten via Hubschrauber und Gunships. In einem durchaus schwierigen Terrain wie dem kolumbischen Bergwald kann ich mir nicht vorstellen (rein subjektiv), dass Drohnen hier flexibler, effektiver und günstiger hätten eingesetzt werden können.
Zitat:Die Kosten von Drohnen werden immer notorisch unterschätzt. Die von COIN Flugzeugen überschätzt.
Wobei man aber auch anmerken muss, dass wesentlich mehr Drohneneinsätze als COIN-Flugzeug-Einsätze stattfinden. Dass hierdurch im Verhältnis die Verluste bei Drohnen höher liegen, ist logisch. Auch findet dadurch bis zu einem gewissen Grad eine Kostenrelativierung statt.
Abgesehen davon (nun die "Entführung" des Threads hin zum schwereren Schlachtflieger): Persönlich bin ich ja ein Fan der alten A-10. Das Warzenschwein ist zwar recht langsam (aber schneller als eine Tucano oder Bronco), hässlich und ziemlich alt, aber immer noch mordsgefährlich, stark gepanzert, kann ein enormes Arsenal schleppen und ist sogar erstaunlich günstig. Und MANPADS und ZSU können einem immer begegnen, egal ob Schlachtflieger, Helikopter, COIN-Flugzeug oder Drohne.
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Die FARC war nicht dafür bekannt, ein großes Arsenal an Flugabwehrmitteln zu besitzen (mir sind überhaupt nur vereinzelte Berichte über vorhandene Strelas und vergebliche Beschaffungsversuche aus Venezuela oder Libyen bekannt), und das Gelände ist nicht gerade prädestiniert dafür, schultergestützte FK einzusetzen. Es wurde von der FAC ja auch nicht nur die Super Tucano sehr effektiv eingesetzt, sondern über Jahrzehnte die Dragonfly oder etwa bewaffnete Cessna Caravans bzw. andere zivile Leichtflugzeuge.
Wenn man sich insgesamt anschaut, welche Muster in den letzten 50 Jahren für COIN verwendet wurden, dann ist das tatsächlich eine ziemlich lange Liste, auf der nicht selten die einfachsten Systeme in einem bestimmten Umfeld einsetzbaren Systeme tatsächlich auch die effektivsten waren. Umgekehrt bestimmte aber in der Regel das Gelände oder der Gegner, was tatsächlich einsetzbar war.
Wo wir gerade bei Kolumbien sind, die FAC beschafft jetzt übrigens primär aus Kostengründen die Texan II als Trainingsflugzeug, obwohl sowohl Tucanos und Super Tucanos bereits im Bestand und die Beziehungen zu Brasilien nicht schlecht sind. Dies zeigt einmal mehr, dass eine Kostendiskussion nicht leicht zu führen ist.
Aber wie gesagt, ich möchte gar nicht darauf hinaus, dass die Super Tucano ein schlechtes Flugzeug wäre (das ist sie nicht, im Gegenteil) oder Drohnen solche COIN-Flugzeuge in deren typischen Einsatzverfahren (!) ersetzen könnten, vielmehr geht es mir um die Frage, wie ich die Bundeswehr für diese Aufgabe aufstellen würde.
Und ich sehe da zwei sich ergänzende Ansätze. Zum einen würde ich die Heeresflieger durch die Beschaffung bewaffneter Hubschrauber stärken, wie ich dies im Bereich der Luftmechanisierung bereits ausgeführt habe. Dadurch wäre ein sehr enges Zusammenwirken mit entsprechenden Bodeneinheiten möglich, auch mit lokalen Kräften, und sie könnten neben COIN selbst auch weitere Aufgaben übernehmen, beispielsweise natürlich Transportaufgaben. Wie effektiv Hubschrauber im Bereich COIN funktionieren hat unter anderem auch die afghanische Luftwaffe gezeigt.
Zum anderen würde ich die genannten strahlgetriebenen, auf Fortgeschrittenenentrainern basierenden leichten Kampfflugzeuge beschaffen, die über Geschwindigkeit, Reichweite und Flugleistungen (insbesondere auch bei stärkerer Flugabwehr) die Hubschrauber ergänzen könnten. Der mir besonders wichtige Zweitnutzen wäre die Entlastung der Kampfflugzeuge nicht nur bei solchen Unterstützungsaufgaben, sondern auch die günstigen Möglichkeiten Flugstunden und Trainingskapazitäten bereit zu stellen. Interessanterweise habe ich hier schon vor fast zwanzig Jahren ein Einsatzkonzept skizziert, bei dem solche Muster (damals die EADS Mako) direkt den Einsatzgeschwadern zugeordnet waren, und dass aktuell von der US Air Force für die T-7 gegenüber der klassischen Trennung präferiert wird.
Natürlich ist eine solche Zweiteilung nicht direkt kostengünstiger, indirekt könnte es sie aber durch die entsprechenden Entlastungen und einer höheren Effektivität insbesondere bei der Zusammenarbeit durchaus sein. Zumal das sich aus einer solchen Struktur meines Erachtens dann auch wieder ganz andere Erweiterungen der Fähigkeiten ergeben könnten.
Große Drohnen, um noch einmal darauf zurück zu kommen, sind im Bereich COIN meines Erachtens vor allem für zwei Aspekte sinnvoll: zum einen zur dauerhaften Aufklärung, um das Lagebild mit kontinuierlichen Informationen zu verbessern, zum anderen zum unmittelbaren Schutz von Bodeneinheiten durch die Bereitstellung eines jederzeit im Notfall verfügbaren Luftschlags aus der Distanz (durch die genannten Aufklärungsdrohnen). Davon ausgenommen sind natürlich direkt von den Bodenkräften eingesetzte Kleinstdrohnen.
Für reguläre COIN-Einsätze sind sie schon rein aufgrund ihres Einsatzprofils das falsche Mittel, wenn es aber unbedingt ein solches Einsatzprofil sein soll (also Luftunterstützung mit Abstandswaffen aus mittleren und großen Höhen), dann wären sie dafür besser geeignet als ein Turboproptrainer - darauf wollte ich mit meinem Eingangsbeitrag hinaus. Um das noch einmal explizit klar zu stellen, für mich ist die Art und Weise, wie heute COIN betrieben wird (völlig egal welche Flugzeuge dabei zum Einsatz kommen) kontraproduktiv.
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(08.07.2021, 09:06)Helios schrieb: Beschaffung bewaffneter Hubschrauber...
enges Zusammenwirken mit entsprechenden Bodeneinheiten...
neben COIN selbst auch weitere Aufgaben...
auf Fortgeschrittenenentrainern basierenden leichten Kampfflugzeuge...
Entlastung der Kampfflugzeuge ... Flugstunden und Trainingskapazitäten...
Zumal das sich aus einer solchen Struktur meines Erachtens dann auch wieder ganz andere Erweiterungen der Fähigkeiten ergeben könnten.
Kann ich so unterschreiben. Ein entsprechender Heli wird im Bereich CAS all die Vorteile bringen, die man mit einer Bronco II/T-6/SuperTucano o.ä. auch hätte, während in den Fällen, bei denen es auf eine größer Reichweite oder Geschwindigkeit ankommt, die Strahltrainer deutlich leistungsfähiger wären.
Dazu kommen die unzähligen Vorteile einer größeren Hubschrauberflotte in allen Szenarien.
Und eine flächendeckende Ausstattung mit bspw. H145M HForce könnte ich mir auch gut als solch eine Schwerpunkt-Generalisten-Fähigkeit vorstellen, die du, Quintus, immer propagierst. Zumal bei dem Modell auch die Industriepolitik sehr gut bedient wäre, die USA ein verwandtes Muster einsetzen und die Franzosen bestimmt nichts dagegen hätten, wenn wir in den gemeinsamen Einsätzen deren Fennecs entlasten oder sogar ersetzen würden.
Aber ohne Erkenntnis einer eklatanten Fähigkeitslücke sind solche Überlegungen für die BW leider eh Makulatur.
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Zitat:Die FARC war nicht dafür bekannt, ein großes Arsenal an Flugabwehrmitteln zu besitzen (mir sind überhaupt nur vereinzelte Berichte über vorhandene Strelas und vergebliche Beschaffungsversuche aus Venezuela oder Libyen bekannt), und das Gelände ist nicht gerade prädestiniert dafür, schultergestützte FK einzusetzen.
Die FARC war an dieser Stelle eher eine Art Platzhalter und bot sich als Bsp. an, da gegen sie hier die Super Tucano sehr erfolgreich zum Einsatz kamen. Generell aber ist das Gelände-Argument wiederum zweitrangig, auch in Afrika, z. B. über Mosambik oder im Kongo, oder in Ostasien kamen COIN-Flugzeuge zum Einsatz über schwierigerem, bergigem oder bewaldetem Terrain, wo gegnerische Gruppen durchaus über bessere Flugabwehrkapazitäten verfügten und die Verluste waren dennoch überschaubar. Über Vietnam etwa flogen Skyraider rund 270.000 Einsätze und es gingen ca. 250 Maschinen verloren. Hört sich viel an, aber gegen einen Gegner, der eine durchaus gefährliche Luftabwehr besaß, eine Verlustquote von 0,1% zu "erzielen", ist durchaus akzeptabel - und von diesen Verlusten entstanden beileibe auch nicht alle durch die gegnerische Abwehr (also auch durch Unfälle etc.). Ich hätte Zweifel, ob Drohnen hier eine geringere Verlustquote hätten.
Zitat:Zum einen würde ich die Heeresflieger durch die Beschaffung bewaffneter Hubschrauber stärken, wie ich dies im Bereich der Luftmechanisierung bereits ausgeführt habe. Dadurch wäre ein sehr enges Zusammenwirken mit entsprechenden Bodeneinheiten möglich, auch mit lokalen Kräften, und sie könnten neben COIN selbst auch weitere Aufgaben übernehmen, beispielsweise natürlich Transportaufgaben. Wie effektiv Hubschrauber im Bereich COIN funktionieren hat unter anderem auch die afghanische Luftwaffe gezeigt.
Zum anderen würde ich die genannten strahlgetriebenen, auf Fortgeschrittenenentrainern basierenden leichten Kampfflugzeuge beschaffen, die über Geschwindigkeit, Reichweite und Flugleistungen (insbesondere auch bei stärkerer Flugabwehr) die Hubschrauber ergänzen könnten.
Ich denke, dass die Kombination tatsächlich sinnvoll ist, wobei die Bundeswehr z. B. mit dem Alpha Jet auch einmal eine solche leichte Erdkampfoption hatte. Quasi hieße dies: Drohnen als Surveillance, Helikopter als direkte, bodennahe Begleitung, z. B. Bewachung von Bewegungen, Niederhalten von Feindpanzern, und COIN-Flugzeuge als kreisende CAP, die notfalls, wenn die Helikopter mal nicht da sind oder sich zu gefährlich und tief heranwagen müssten, als CAS eingreifen.
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(08.07.2021, 15:04)Schneemann schrieb: Die FARC war an dieser Stelle eher eine Art Platzhalter und bot sich als Bsp. an, da gegen sie hier die Super Tucano sehr erfolgreich zum Einsatz kamen. Generell aber ist das Gelände-Argument wiederum zweitrangig, auch in Afrika, z. B. über Mosambik oder im Kongo, oder in Ostasien kamen COIN-Flugzeuge zum Einsatz über schwierigerem, bergigem oder bewaldetem Terrain, wo gegnerische Gruppen durchaus über bessere Flugabwehrkapazitäten verfügten und die Verluste waren dennoch überschaubar.
Das Geländeargument ist zweitranging, weil die Ergebnisse an anderen, ähnlichen Orten ähnlich ausfielen? Der Logik kann ich nicht folgen.
Natürlich setzt sich das tatsächliche Risiko aus den vorhandenen Flugabwehrkapazitäten und den jeweiligen Einsatzmöglichkeiten zusammen, und letztere hängen stark vom jeweiligen Gelände ab. Ist eines von beiden oder beides niedrig, dann reduziert sich das Verlustrisiko der Flieger natürlich deutlich, womit auch einfachere Typen (bis hin zu nur marginal umgerüsteten Zivilflugzeugen) umso höhere Überlebenschancen haben. Und das sollte man bei der Bewertung der Leistungen auf jeden Fall berücksichtigen. Auf nichts anderes wollte ich ja hinaus.
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Zweifelsohne kann eine Kombination aus Hubschraubern und LIFT Flugzeugen / bewaffneten Fortgeschrittenen-Trainern jede Leistung eines COIN Flugzeuges ganz genau so bzw. besser erbringen, aber:
Es verbleibt die Kostenfrage: COIN Flugzeuge sind günstiger als LIFT Flugzeuge und man kann sie ganz genau so mit Hubschraubern kombinieren.
Es verbleibt die Frage wie schnell die Fähigkeit zur Verfügung steht. Bis eine bewaffnete Version der T-7 der Bundeswehr im Auslandseinsatz in relevanter Zahl zur Verfügung stünde, hätten wir schon seit Jahren eine ausreichende Zahl von COIN Flugzeugen aktiv im Auslandseinsatz.
Und es verbleibt die Frage ob mit dem Fortschreiten von KI und Drohnentechnologie und mit der Weiterentwicklung von FCAS solche bewaffneten Trainer dann tatsächlich noch sinnvoll sein werden und ob man dann nicht die beschränkten Geldmittel hier fehlinvestieren würde, weil dann in einigen Jahren/wenigen Dekaden doch vollautonome Drohnen fertig werden und wir aufgrund der sich völlig ändernden Umstände dann doch gesellschaftlich und politisch dem Gebrauch dieser Drohnen zustimmen! Dann hätte man die höheren Kosten dieser aufwendigeren Lösung de facto verschenkt.
COIN Flugzeuge können hier und jetzt, relativ zeitnah und kostengünstiger eine für unsere Einsätze ausreichende Leistung liefern, die Investition wäre wesentlich geringer und wenn dann Drohnensysteme des FCAS diese COIN Flugzeuge ablösen, waren sie als Interimslösung günstiger, schneller verfügbar und auch aufgrund dessen insgesamt mehr im Einsatz und auf dieses mehr im Einsatz kommt es an.
Die Furcht vor feindlicher Luftraumverteidigung kann ich nun nicht nachvollziehen. Zweifelsohne werden COIN Flugzeuge abgeschossen werden und werden Piloten dadurch umkommen. Vielleicht habe ich da zu sehr eine infanteristische Perspektive, in meinem Metier sind selbst hohe Verluste ja kein Anzeichen davon dass etwas schief läuft sondern der Normalfall, sicher unterschätze ich auch den hohen Wert von Piloten und wie sehr man diese erhalten muss. Dessen ungeachtet haben solche Flugzeuge in Vietnam, Kambodscha, Laos und selbst über Nord-Vietnam sehr erfolgreich operiert und die feindliche Luftraumverteidigung war in diesem Krieg immens. Dennoch waren die Verluste überschaubar.
Von der Dichte an Flugabwehr-MG, Rohr-Flak, bodengestützten Raketen usw ist heute jeder Gegner dem wir da gegenüber stehen um Welten entfernt. Da schossen ganze spezialisierte Flugabwehr-Bataillone. Nicht im Ansatz mit heute vergleichbar und man sollte bedenken, dass die hier geäußerten Bedenken ja auch genau so für jede Art von Heli gelten.
Eine Optimallösung wären statt LIFT Flugzeugen oder COIN Flugzeugen oder Drohnen meiner Meinung nach zweifelsohne dezidierte Schlachtflugzeuge, aber auch hier gilt der einfache Satz von Zu wenig, Zu Spät und Zu Teuer im Vergleich, der eben zu der Frage führt, mit was für einer Lösung man möglichst schnell die Lücke bis zum Eintreffen des FCAS am kostengünstigsten schließen kann.
Für einen Einsatz in Mali wäre daher meiner Meinung nach ein COIN Flugzeug die schnellste Möglichkeit kostengünstige Luftnahunterstützung in größerer Menge zu liefern als dies Helis dort bewerkstelligen können. Dazu kommt noch der Umstand, dass die Luftwaffen unserer Einsatzländer sich eben nur solche Flugzeuge leisten können und wir daher dann das gleiche System nutzen würden wie die Einheimischen, worin ich einen deutlichen Vorteil sehen würde. Ebenso kann man solche Flugzeuge nach einiger Zeit dann genau solchen Dritte-Welt Luftwaffen überlassen (als Militärhilfe) wenn bei uns dann bessere und günstigere Drohnen doch verfügbar werden.
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