UAV / UCAV - Drohnen
@Quintus:

Eine externe Zielzuweisung ist aber etwas anderes als eine Zielsuche, und beides reicht nicht zur Differenzierung von "Loitering Munition" gegenüber anderen Systemen aus, da diese jeweils auch bei "klassischeren" Systemen vorhanden sein kann. Als Beispiele seien hier etwa NLOS-PALR genannt, oder MR-AAM, oder auch zielsuchende Granaten (usw.), denen das wesentliche Merkmal der "Loitering Munition" fehlt, nämlich das bei Bedarf längere Verweilen in einem Einsatzraum.

Dass die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann steht dabei außer Frage, aber von Anfang an war dieses längere Verweilen (das natürlich auch nicht klar definiert ist) Kriterium, genau deshalb werden die Waffen im englischen auch so genannt.

Selbst wenn ich also annehme, dass "zielsuchend" ein notwendiges Kriterium ist (auch wenn dies wie bereits gesagt nach der bisher verwendeten Definition nicht zutreffend sein kann und eine freiere Interpretation benötigt), so wäre es trotzdem nicht ausreichend zur Bezeichnung entsprechender Waffen.
Zitieren
(30.11.2025, 17:09)Quintus Fabius schrieb: Würde man die bloße Verweildauer als primäres Kriterium ansetzen, dann stellt sich zudem die Frage, wo genau man da zeitlich die Grenze setzt. ... Die Dauer des Aufenthaltes über dem Zielgebiet halte ich daher nicht für das wesentlilche Kriterium.
Das ist relativ einfach: Wenn ein Aufenthalt stattfindet, der über die reine Überwindung der Wegstrecke hinaus geht, kann man von Verweilen sprechen.
Zitat:Denn auch jede FPV Drohne kann einige Zeit über einem Zielgebiet verweilen usw.
Eine FPV-Drohne, die als Munition eingesetzt wird, ist eine mögliche Bauweise von Loitering Munitions. Das sind LM, zumindest dann, wenn sie als "Selbstmord-Drohnen" ausgelegt sind.
Zitat:Der Unterschied zwischen Loitering Munitions und anderen Systemen ist hingegen meiner Kenntnis nach im englischen Sprachgebrauch primär, dass Loitering Munition beim Start mehrheitlich kein Ziel hat. Sie wird gestartet, ist dann bereits in der Luft im Zielgebiet - und zwar ohne Ziel - und erst dann wird von dort aus ein Ziel festgelegt / ausgesucht / oder sie sucht es sich selbst.
Es kann durchaus ein festgelegtes Ziel geben, nur kennt man z.B. bei mobilen Zielen nicht die konkreten Koordinaten zum Zeitpunkt der Bekämpfung, so dass man LM statt Artillerie verwendet, um im ungefähren Zielgebiet dann das vorab festgelegte Ziel zu verorten und zu bekämpfen.
Zitieren
Das längere Verweilen über dem Einsatzraum reicht aber genau so wenig zur Differenzierung von anderen Systemen, denn auch andere Systeme können länger über dem Einsatzgebiet verweilen. In der Ukraine sind eine Menge Drohnen unterwegs die eine große Standzeit haben und dennoch keine Loitering Munitions sind. Sie werden nicht als solche bezeichnet und gesehen.

Und wir sollten vielleicht mehr den englischen Sprachgebrauch abklappern:

Dort sind UCAV Mehrwegwaffen - während Loitering Munition (deshalb auch Munition) Einwegwaffen sind. Das ist im englischen Sprachgebrauch die wesentlichste Unterscheidung.

Deshalb sind die einen UCAV und die anderen Munition. Bezeichnenderweise bezeichnete man sie in ihren Anfängen als Loitering Missiles.

Also ist der Begriff Munition durchaus richtig und sinnvoll. Man kann damit den Begriff Drohne eben für Mehrweg-Systeme verwenden, und diese dann entsprechend in Kampf- und Aufklärungs-Drohnen unterscheiden usw.

Um da endlich sprachlich saubere Begrifflichkeiten zu haben, würde ich also für Loitering Munition in jedem Fall das Wort Munition verwenden und Drohnen im weiteren davon getrennt nur für Mehrweg-Systeme verwenden.

Dass diese Munition im weiteren über dem Zielgebiet kreist ist nicht maßgeblich. Maßgeblich ist, dass sie beim Start fast immer kein Ziel hat. iAndererseits kann ihr theoretisch natürlich durchaus schon beim Start ein Ziel zugewiesen werden.

Da du in diesem Kontext auf NLOS PALR verweist: die Unterschiede zwischen einer Spike NLOS und einer Loitering Munition sind kleiner als die zwischen einer UCAV und einer Loitering Munition. Schlussendlich ist eine Loitering Munition nur eine noch befähigtere Version einer solchen Spike NLOS bzw. entsprechender NLOS PALR.

Sie ist daher meinem Verständnis nach eine evolutionäre Weiterentwicklung entsprechender NLOS Raketen - und genau deshalb wurden diese Systeme ja auch Anfangs Loitering Missiles genannt.

Verbleibt also nur das Zusatzwort, welches sie von anderer Munition unterscheidet.

Wenn man nun zielsuchende Munition als Oberbegriff nimmt - unter welche Loitering Munition fallen, genau so wie NLOS PALR oder eben auch Artilleriegranaten mit Suchzünder usw. - womit ich absolut mitgehen würde, dann ist jede Loitering Munition eine zielsuchende Munition, aber nicht jede zielsuchende Munition eine Loitering Munition.

Das wäre jetzt mein Vorschlag diesbezüglich: den Begriff zielsuchende Munition als Oberbegriff zu nehmen, unter welchem auch - unter anderem - Loitering Munition fällt. Denn Loitering Munition ist eine Form, eine Unterart von zielsuchender Munition.

Broensens Vorschlag von geführter Munition halte ich ebenfalls nicht für ausreichend, weil es auch andere Munition gibt die geführt wird.

Daher will ich einen neuen ganz anderen Vorschlag unterbreiten:

Verzögerungs-Munition

Eine Verzögerung ist eine zeitliche Verschiebung eines Ereignisses auf einen späteren Zeitpunkt. Das Wort kann auch einen zeitlichen Abstand zwischen Ursache und Wirkung beschreiben oder das Hinauszögern einer Entscheidung bedeuten.

Das würde sich auch gut einreihen in Wörter wie Verzögerungs-Zünder u.ä.

Zielsuchende Munition wäre also der Oberbegriff (für eine Reihe von Munitionssorten) und Verzögerungs-Munition spezifisch der deutsche Begriff für Loitering Munition.
Zitieren
Die russischen zhdun sind am Ende auch nichts anderes , diese kreisen zwar nicht sondern warten auf dem Boden auf ihre „Beute" aber das ist am Ende auch nichts anderes
Zitieren
(30.11.2025, 23:31)Quintus Fabius schrieb: In der Ukraine sind eine Menge Drohnen unterwegs die eine große Standzeit haben und dennoch keine Loitering Munitions sind. Sie werden nicht als solche bezeichnet und gesehen.
Ob sie aktuell so bezeichnet werden, hilft uns nicht wirklich weiter. Und es kommt bei der Unterschiedung zwischen Drohne und LM ja allein an auf:
Zitat:Dort sind UCAV Mehrwegwaffen - während Loitering Munition (deshalb auch Munition) Einwegwaffen sind.... Deshalb sind die einen UCAV und die anderen Munition.
Ganz genau. Dementsprechend ist eine Drohne, die durch Selbstopferung wirkt, eine Loitering Munition, jede andere ist das nicht.
Zitat:Dass diese Munition im weiteren über dem Zielgebiet kreist ist nicht maßgeblich. Maßgeblich ist, dass sie beim Start fast immer kein Ziel hat. iAndererseits kann ihr theoretisch natürlich durchaus schon beim Start ein Ziel zugewiesen werden.
Kompromissvorschlag: Beim Start ist das Ziel noch nicht definitiv.
Zitat:Schlussendlich ist eine Loitering Munition nur eine noch befähigtere Version... entsprechender NLOS PALR.
Absolut und ich sehe sogar in diesem Grenzbereich von LM und PALR die entscheidenden Chancen, die sich durch LM bieten. Weil man eben sehr viel effektiver und mit größerer Reichweite gegen Panzer u.ä. bewegliche Ziele wirken kann als mit klassischen PALR.
Der Unterschied zwischen diesen beiden Systemen ist natürlich, dass der PALR auf ein Ziel anhand dessen Koordinaten abgeschossen wird, auch wenn in der Endphase eine Zielsuche stattfindet. Die LM bekommt lediglich ein Zielgebiet zugewiesen, in dem sie das Ziel dann sucht und bekämpft.
Zitat:Das wäre jetzt mein Vorschlag diesbezüglich: den Begriff zielsuchende Munition als Oberbegriff zu nehmen, unter welchem auch - unter anderem - Loitering Munition fällt. Denn Loitering Munition ist eine Form, eine Unterart von zielsuchender Munition.
Das ist durchaus richtig, nur deckt der Begriff zielsuchende Munition einfach nicht alles ab, was sich im Überschneidungsbereich von Drohnen und Munition befindet. Ein Beispiel wären MFK oder auch FPV-Kamikazedrohnen, die eine klare Zielkoordinate haben, aber Ausweichmanöver gegenüber Abwehrmaßnahmen durchführen.
Zitat:Broensens Vorschlag von geführter Munition halte ich ebenfalls nicht für ausreichend, weil es auch andere Munition gibt die geführt wird.
Ja, die gehört dann auch dazu. Ich seh' das ja als Überbegriff alternativ zu "zielsuchend". Loitering Munition ist ja nur eine Unterform davon.

Oder denkst du da an etwas gänzlich anderes?
Zitat:Verzögerungs-Munition

Eine Verzögerung ist eine zeitliche Verschiebung eines Ereignisses auf einen späteren Zeitpunkt. Das Wort kann auch einen zeitlichen Abstand zwischen Ursache und Wirkung beschreiben oder das Hinauszögern einer Entscheidung bedeuten.
Schwierig.... Ist das noch eine "Verzögerung", wenn man eine LM in ein Gebiet schickt, ohne dort ggf. aufzufindende Ziele zu kennen? Denn das wäre ja das Musterbeispiel für den Einsatz von "Loitering Munition". Als Luftmine.
Zitieren
Zitat:Ist das noch eine "Verzögerung", wenn man eine LM in ein Gebiet schickt, ohne dort ggf. aufzufindende Ziele zu kennen?

Das Ereignis muss ja nicht das auftreten eines Zieles sein, oder dass man der LM ein Ziel zuweist. Es kann genau so gut darin bestehen dass die Munition abschmiert oder dass man sie zurück ruft.

Die wesentliche Eigenheit ist die Verzögerung zwischen dem Eintreffen im Zielgebiet - und dem was dann geschieht (was auch immer das dann ist).

Damit wäre dieser Begriff sogar völlig frei von der Frage ob ein Ziel vorhanden ist oder nicht oder ob es erst gar nicht dazu kommt ob ein Ziel auftritt.

Die Munition verlegt in den Einsatzraum. Dort kommt es zu einer Verzögerung. Dem folgend geschieht mit der Munition etwas (Rückruf, Absturz, Zielzuweisung). Da die Verzögerung das entscheidende Element ist, dass diese Munition von anderer zielsuchender Munition unterscheidet, halte ich den Begriff für sehr präzise das beschreibend, was diese Munition ausmacht.

Mit dem Wort Verzögerung beschreibt man schlicht und einfach, dass es zwischen der Ankunft im Einsatzgebiet und dem was dann im weiteren dort geschieht eben genau dazu kommt: zu einer Verzögerung.
Zitieren
(30.11.2025, 23:31)Quintus Fabius schrieb: Das längere Verweilen über dem Einsatzraum reicht aber genau so wenig zur Differenzierung von anderen Systemen, denn auch andere Systeme können länger über dem Einsatzgebiet verweilen. In der Ukraine sind eine Menge Drohnen unterwegs die eine große Standzeit haben und dennoch keine Loitering Munitions sind. Sie werden nicht als solche bezeichnet und gesehen.

Mir fällt keine Munition ein, die bewusst darauf ausgelegt ist, länger als für die Bewältigung der Strecke zum Ziel in einem Einsatzraum zu verweilen, weder real noch konzeptionell, die soweit wesensfremd zu der Loitering Munition ist, dass eine eigene Bezeichnung gerechtfertigt wäre. Was auch daran liegt, dass Loitering Munition ein Sammelbegriff für verschiedenste Auslegungen ist (die ihrerseits zur Unterscheidung gekennzeichnet werden müssten). Für mich ist dieses Merkmal also eine ganz klare Definition, problematisch ist da eher die schwammige Nutzung des Begriffs "Drohne", mit dem inzwischen so ziemlich alles überall bezeichnnet werden kann (sofern unbemannt, wobei es mich nicht wundern würde, irgendwann von "bemannten Drohnen" zu lesen), auch wenn das fachsprachlich nicht richtig ist. Grundsätzlich sehe ich aber keinen Grund, warum eine hohe Standzeit von tatsächlichen Drohnen die Abgrenzung zur Loitering Munition erschweren soll, weil du deren Wesensmerkmal schon heraus gestellt hast: dauerhafte Wiederverwendbarkeit. Dementsprechend sind die FPV-Drohnen auch keine Drohnen, sondern Loitering Munition. Zwischenzeitlich wurde der Begriff "Kamikaze-Drohne" etabliert (oder zumindest versucht, diesen zu etablieren), was das eigentliche Dilemma der Einordnung nur verdeutlicht.

Zitat:Da du in diesem Kontext auf NLOS PALR verweist: die Unterschiede zwischen einer Spike NLOS und einer Loitering Munition sind kleiner als die zwischen einer UCAV und einer Loitering Munition.

Das stellst du einfach so in den Raum, ich sehe das nicht so. Mal abgesehen davon, dass UCAV und LM Überbegriffe sind, die eine Vielzahl von Auslegungen beinhalten, und eine PALR ein recht konkretes Konzept beschreibt, war und ist der Übergang zwischen UAS und LM schon immer fließend. Damit meine ich nicht LM, die bei fehlendem Ziel wieder verwendet werden kann und damit die Grenze aufweicht, sondern vor allem solche Systeme, wie wahlweise verwendet werden können und dafür ausgelegt werden. Auch die Herkunft vieler LM, die von UAS abgeleitet wurden, zeigt eher eine in Teilbereichen enge Verwandtschaft.

Zitat:Sie ist daher meinem Verständnis nach eine evolutionäre Weiterentwicklung entsprechender NLOS Raketen - und genau deshalb wurden diese Systeme ja auch Anfangs Loitering Missiles genannt.

Das englische "missile" hat zwei Bedeutungen, es kann auf deutsch mit "Flugkörper" (bspw. Cruise Missile, üblicherweise ja keine Rakete) oder "gelenkte Rakete" (als Gegensatz zu Rocket als ungelenkte Rakete) übersetzt werden. Üblicherweise wird das US-Projekt PARM (Persistant Anti-Radiation Missile) als Ursprung der LM genannt, auch andere frühe Systeme waren keine Raketen, so dass Loitering Missile eher den Flugkörper meint, nicht die Rakete. Daneben wurden (und werden) LM früh auch als Selbstmord- oder Kamikaze-Drohne bezeichnet, sofern sie aus dieser Entwicklungsrichtung stammen. Insofern ist deine Herleitung für mich nicht nachvollziehbar, allerdings zeigen die verschiedenen Bezeichnungen und Herkünfte mein Problem mit dem generellen Begriff auf, weil der in der aktuellen Nutzung eine zu heterogene Gruppe an Munition bezeichnet, deren einziges gemeinsames Merkmal zwar bezeichnend, aber letztlich nichtssagend ist.

Zitat:Wenn man nun zielsuchende Munition als Oberbegriff nimmt - unter welche Loitering Munition fallen, genau so wie NLOS PALR oder eben auch Artilleriegranaten mit Suchzünder usw. - womit ich absolut mitgehen würde, dann ist jede Loitering Munition eine zielsuchende Munition, aber nicht jede zielsuchende Munition eine Loitering Munition.

Wenn du es so strukturieren willst, wäre hierarchisch korrekt meines Erachtens:
- Munition
-- Gelenkte Munition
--- Loitering Munition
---- Zielsuchende Loitering Munition

Für das, was Broensen mit "geführter Munition" meint (zumindest so wie ich das verstehe) gibt es den etablierten Begriff der gelenkten Munition, in dem die zielsuchende Munition eine Untergruppe darstellt. Sie ist jene gelenkte Munition, die mit eigener Sensorik ein Ziel identifzieren oder ansteuern kann. Das synonym wäre "selbstgelenkt" und der Gegensatz innerhalb dieser Gruppe "ferngelenkt".

Mein Problem mit einer solchen Hierarchie ist, dass sie selbst auf der untersten Ebene kein konkretes Konzept beschreibt. Es wurde einfach nur ein weiterer Oberbegriff eingeführt um eine Gruppe von Systemen zu kennzeichnen, der allerdings keinerlei Aussagekraft oder Relevanz besitzt. Und das ist unerheblich davon, ob wir jetzt deine Hierarchie oder meine nehmen, LM ist darin nie so greifbar sein wie eine NLOS PALR, oder eine Artilleriegranate mit Suchzünder und kann daher nicht mit diesen auf einer Stufe stehen.

Zitat:Daher will ich einen neuen ganz anderen Vorschlag unterbreiten:

Verzögerungs-Munition

(...)

Das würde sich auch gut einreihen in Wörter wie Verzögerungs-Zünder u.ä.

Prinzipiell besser, nur gerade weil der Verzögerungszünder etwas anderes beschreibt halt auch wieder irreführend, weil es dann Verzögerungsmunition mit Verzögerungszünder gäbe, und "normale" Munition mit Verzögerungszünder, und Verzögerungsmunition mit "normalen" Zündern, und alles beschreibt etwas anderes. Zumal, wenn ich das jetzt nicht falsch in Erinnerung habe, auch gebremste Bomben oder Torpedos schon als "verzögernd" bezeichnet wurden.

Die Bundesregierung beschreibt LM wie folgt:
"Loitering Munition ist ein gelenkter Flugkörper, der in einem Einsatzraum nach Zielen am Boden sucht, dazu in unterschiedlichen Höhen, abhängig vom Einsatzprofil, verweilt und nach Freigabe durch einen Bediener oder eine Bedienerin ein (bewegliches) Punktziel mit hoher Präzision bekämpft."

siehe Deutscher Bundestag, Drucksache 20/10456, 22.02.2024

Das wäre die deutsche Perspektive, die bewusst das Thema Autonomie ausklammert, eine automatische Zielsuche aber impliziert.
Zitieren
(Gestern, 07:29)Quintus Fabius schrieb: Da die Verzögerung das entscheidende Element ist, dass diese Munition von anderer zielsuchender Munition unterscheidet, halte ich den Begriff für sehr präzise das beschreibend, was diese Munition ausmacht.

Mit dem Wort Verzögerung beschreibt man schlicht und einfach, dass es zwischen der Ankunft im Einsatzgebiet und dem was dann im weiteren dort geschieht eben genau dazu kommt: zu einer Verzögerung.
Darunter würden dann aber auch SMArt, Freifallbomben mit Fallschirm und ggf. sogar einige Top-Attack-ATGM fallen.

(Gestern, 10:37)Helios schrieb: Grundsätzlich sehe ich aber keinen Grund, warum eine hohe Standzeit von tatsächlichen Drohnen die Abgrenzung zur Loitering Munition erschweren soll, weil du deren Wesensmerkmal schon heraus gestellt hast: dauerhafte Wiederverwendbarkeit. Dementsprechend sind die FPV-Drohnen auch keine Drohnen, sondern Loitering Munition.
Wenn die Abgrenzung von Drohnen zu LM die Wiederverwendbarkeit ist, sind dann LM trotzdem auch UCAV (dem Namen nach wäre das eigentlich so) oder beschreibt UCAV dann exklusiv wiederverwendbar bewaffnete Drohnen, die nicht selbst eine Munition darstellen? Falls Letzteres, dann ist der Name UCAV ähnlich ungenau wie Loitering Munition.
Zitat:-- Gelenkte Munition
--- Loitering Munition
---- Zielsuchende Loitering Munition
Wäre alternativ auch folgendes korrekt?:
-- Gelenkte Munition
--- Zielsuchende Munition
---- Zielsuchende Loitering Munition

Zitat:Für das, was Broensen mit "geführter Munition" meint (zumindest so wie ich das verstehe) gibt es den etablierten Begriff der gelenkten Munition, in dem die zielsuchende Munition eine Untergruppe darstellt. Sie ist jene gelenkte Munition, die mit eigener Sensorik ein Ziel identifzieren oder ansteuern kann. Das synonym wäre "selbstgelenkt" und der Gegensatz innerhalb dieser Gruppe "ferngelenkt".
Einverstanden. Mit der "geführten Munition" hatte ich nochmal innerhalb der gelenkten Munition unterschieden zwischen jener, die tatsächlich geführt wird, egal ob von extern oder durch Autonomie, und solcher, die nur über eine Lenkung verfügt, um den vorgegebenen Kurs beizubehalten, ihn jedoch nicht ändern kann.
Zitat:Mein Problem mit einer solchen Hierarchie ist, dass sie selbst auf der untersten Ebene kein konkretes Konzept beschreibt. Es wurde einfach nur ein weiterer Oberbegriff eingeführt um eine Gruppe von Systemen zu kennzeichnen, der allerdings keinerlei Aussagekraft oder Relevanz besitzt.
...
Die Bundesregierung beschreibt LM wie folgt:
"Loitering Munition ist ein gelenkter Flugkörper, der in einem Einsatzraum nach Zielen am Boden sucht, dazu in unterschiedlichen Höhen, abhängig vom Einsatzprofil, verweilt und nach Freigabe durch einen Bediener oder eine Bedienerin ein (bewegliches) Punktziel mit hoher Präzision bekämpft."
Da setzt dann meine Kritik am Begriff Loitering Munition an sich an, der eben genau dieses eingeschränkte Spektrum zumindest suggeriert.
Zitat:Das wäre die deutsche Perspektive, die bewusst das Thema Autonomie ausklammert, eine automatische Zielsuche aber impliziert.
Wodurch diese Definition falsch formuliert wäre, da sie keine technische, sondern eine doktrinäre ist.
Zitieren
Zitat:Darunter würden dann aber auch SMArt, Freifallbomben mit Fallschirm und ggf. sogar einige Top-Attack-ATGM fallen.

Ja warum auch nicht. Loitering Munition hat bereits jetzt unterschiedliche Verbringungsmethoden bzw. Bewegungsmethoden. Die Methode mit welcher sie sich bewegt (bis hin zu Gleitsystemen für Mörsergranaten usw) ist ja nicht relevant dafür ob eine Munition LM ist oder nicht.

Es ist ja nicht die Bewegungsweise welche definiert was so LM ist oder nicht, denn es gibt ja auch Systeme die definitiv keine LM sind, aber die gleiche Antriebsweise usw. haben wie eine LM.

Helios:

Zitat:Dementsprechend sind die FPV-Drohnen auch keine Drohnen, sondern Loitering Munition.

Sehe ich ebenso.

Zitat:Prinzipiell besser, nur gerade weil der Verzögerungszünder etwas anderes beschreibt halt auch wieder irreführend, weil es dann Verzögerungsmunition mit Verzögerungszünder gäbe, und "normale" Munition mit Verzögerungszünder, und Verzögerungsmunition mit "normalen" Zündern, und alles beschreibt etwas anderes.

Worin ich aber kein Problem sehen würde. Das wären halt dann nochmals entsprechende Unterformen. Analog zu Kampfdrohnen, Aufklärungsdrohnen, Logistikdrohnen usw.

Zitat: Zumal, wenn ich das jetzt nicht falsch in Erinnerung habe, auch gebremste Bomben oder Torpedos schon als "verzögernd" bezeichnet wurden.

Was das ganze ja nur noch umso richtiger machen würde, weil man damit dann einen bereits etablierten Begriff aufgreift, der das exakt gleiche Prinzip beschreibt: nämlich dass die Munition verzögert wirkt.

Ich halte daher rein persönlich den Begriff Verzögerungs-Munition für am besten geeignet was einen deutschen Begriff angeht. Er beschreibt exakt das wesentliche Unterscheidungsmerkmal.
Zitieren
(Gestern, 19:14)Quintus Fabius schrieb: Ich halte daher rein persönlich den Begriff Verzögerungs-Munition für am besten geeignet was einen deutschen Begriff angeht. Er beschreibt exakt das wesentliche Unterscheidungsmerkmal.
Das ist dann allerdings keine deutsche Alternative zum englischen Begriff "Loitering Munition", denn der wird ja nur für einen Teil der Formen von Verzögerungsmunition verwendet.

Ich bin der Meinung, man sollte Loitering Munition gar nicht übersetzen, sondern einfach auf Englisch verwenden, sofern man genau das meint, was international darunter verstanden wird. Das heißt natürlich nicht, dass man nicht auch die deutschen Begriffe verwenden sollte, sofern man auch das meint, was sie bedeuten.

Als Beispiel: Ich persönlich halte typische Loitering Munition für eine Nischenlösung, zumindest im Rahmen der BW. Verzögerungs- und andere zielsuchende Munition werden aber mMn extrem wichtig werden, auch für uns.
Zitieren
Man sollte sich vielleicht auch mal davon lösen, dass jeder deutsche Begriff sklavisch exakt das meinen soll, was der englische Begriff bedeutet. Unsere Sprache ist verschieden, wir haben eine ganze Reihe Wörter welche praktisch nur schwer übersetzbar sind und im Englischen krampft man dann genau so herum um sie überhaupt sprachlich zu fassen - beispielsweise im militärischen Kontext der Begriff Schwerpunkt an dem sich nun die englisch-sprachigen abarbeiten.

Verzögerungs-Munition sind demzufolge u.a. das was im englischen Loitering Munition genannt wird, und dazu noch ein paar andere Systeme welche die Engländer nicht als Loitering Munition bezeichnen, die aber bei uns halt mit darunter fallen. Denn warum nicht? Warum sollten wir alles exakt nur so definieren wie die Amis es tun?

Die haben auch Assault Rifle und Battle Rifle, wir hingegen nur Sturmgewehre usw. usf.
Zitieren
Wurde lauernd oder kreuzend schon genannt?

Ich denke aber, dass wir bei dem englischen Begriff Loitering Munition bleiben werden, wie bei HE, HEAT oder RAM.
Zitieren
Ja, Lauer-Munition. Wird auch öfter mal von Bundeswehrangehörigen verwendet.

Rein persönlich halte ich aber Verzögerungs-Munition für besser.

Zitat:HE, HEAT oder RAM

HE - High Explosive - Hoch Explosiv - HE

HEAT - High-Explosive Anti-Tank - Hohlladungsgeschoss / Hohlladungs-Panzerabwehrgeschoss - HPG (alternativ Panzerabwehr-Hohlladungsgeschoss - PHG)

RAM - Rolling Airframe Missile - Rollierende Flugabwehr Rakete - RFR

ATGM - Anti Tank Guided Missile - Panzerabwehr-Lenkraketen - PALR

usw. Kurz und einfach: es gibt für alles deutsche Begriffe. Aber gerade diese Bundeswehr verwendet mehr Anglizismen als selbst die internationale Konzernwelt. Deutsche Offiziere reden derart viel Denglisch, dass es nur noch schmerzt. Und dies selbst bei Waffen die wir als erste erfunden haben, beispielsweise der militärische Einsatz von Hohlladungen, welcher ja zuerst von Deutschland entwickelt wurde.
Zitieren
(Gestern, 13:51)Broensen schrieb: Wäre alternativ auch folgendes korrekt?

Da tendenziell eher die abwartende Fähigkeit Entwurfsbestimmend ist würde ich sagen, dass das weniger Sinn ergibt, aber da ich eh beides nicht für sinnvoll halte, ist es eh egal Wink

Zitat:Mit der "geführten Munition" hatte ich nochmal innerhalb der gelenkten Munition unterschieden zwischen jener, die tatsächlich geführt wird, egal ob von extern oder durch Autonomie, und solcher, die nur über eine Lenkung verfügt, um den vorgegebenen Kurs beizubehalten, ihn jedoch nicht ändern kann.

Du meinst eine nicht nachträglich änderbare Zielzuweisung, also beispielsweise eine klassische GPS/INS-Steuerung ohne Datenlink? Die ganze Thematik lässt sich ja auch noch weiter aufdröseln, beispielsweise zählt lasergelenkte Munition zur Gruppe der zielsuchenden Munition, auch wenn sie eine externe Beleuchtung benötigt. Oder wenn es um die Frage der Fähigkeit zur Übergabe der Lenkung geht, die gar nicht so trivial ist.

(Gestern, 21:43)Quintus Fabius schrieb: Man sollte sich vielleicht auch mal davon lösen, dass jeder deutsche Begriff sklavisch exakt das meinen soll, was der englische Begriff bedeutet.

Das sowieso, davon abgesehen wäre es aber auch sinnvoll, sich einfach mal von irgendwelchen Schlagworten zu lösen und das ganze pragmatisch zu betrachten. Wenn die Gruppe der Loitering Munition, oder der verzögernden Munition, oder welcher Begriff auch dafür verwendet wird, so heterogen ist, dass völlig unterschiedliche Konzepte darunter fallen, welche praktische Relevanz hat denn eine Bezeichnung dann außerhalb der Taxonomie selbst? Nur die des Verkaufens. XYZ ist eine Loitering Munition, ABC wirkt auch gegen Loitering Munition, die Bundeswehr braucht Loitering Munition, wir müssen die Loitering Munition des Gegners bekämpfen - dafür ist der Begriff gut, weil unverbindlich, modern, kennt jeder aber lässt sich nicht genau greifen. Militärisch ist er völlig belanglos.

(Heute, 08:30)Quintus Fabius schrieb: Aber gerade diese Bundeswehr verwendet mehr Anglizismen als selbst die internationale Konzernwelt. Deutsche Offiziere reden derart viel Denglisch, dass es nur noch schmerzt. Und dies selbst bei Waffen die wir als erste erfunden haben, beispielsweise der militärische Einsatz von Hohlladungen, welcher ja zuerst von Deutschland entwickelt wurde.

Englisch ist halt die Standardsprache der NATO und der internationalen Verkehre, wer sich da über den eigenen Kreis heraus verständigen will oder muss braucht die passenden Begriffe auf englisch, wird dann die Begriffe häufig auf englisch verwenden, und diese Begriffe dann auch so an jene weitergeben, die nur auf rein nationaler Ebene kommunizieren. Mir ist es lieber, wenn eine in ein Bündnis eingebettete Bundeswehr die wesentliche Bündnissprache spricht, als wenn jeder Bündnispartner regulär nur sein eigenes Kauderwelsch plappert und im Ernstfall jeder mit einem Wörterbuch rumrennen muss (ja, bewusst plakativ übertrieben).
Zitieren
Wenn ich von der Seite einen Einwurf machen darf: Völlig ungetrübt von der in Nato- und Bundeswehrkreisen üblichen Nomenklatura ist mir stets der Begriff "agierende Munition" in den Sinn gekommen. Typen und Einsatzarten sind ja derart unterschiedlich, dass der kleinste gemeinsame Nenner bleibt: Diese Munition kann aktiv handeln - sei es pilotiert und/oder (teil-)autonom durch KI.

Meines Erachtens macht es das Wesen dieser Waffen aus: Ob beispielsweise ein Infanterist auf eine Mine tritt oder von einer Kamikaze-Drohne gejagt wird, die ggf. zuvor im hohen Gras verborgen auf ein Ziel wartend abgelegt war - Einsatzumstände und Resultat fallen in diesem Beispiel nahezu gleich aus. Da hat die aktive Verfolgung seines Ziels, das planvolle agieren, um die Aufgabe zu erfüllen - eine ganz andere Dimension und psychologische Wirkung als die traditionellen, reagierenden Waffen wie die als Beispiel genannten Minen.
Zitieren


Gehe zu: