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Es sind zwar bis dato keine T-34 in der Ukraine eingesetzt worden, aber irgendwo habe ich mal einen IS-3 Panzer gesehen. Ernsthaft.
Aber dass die Russen allen möglichen alten Schrott ausgraben heißt nicht, dass sie nur noch solches Zeug haben. Es tauchen immer wieder und wieder dazwischen auch moderne Systeme auf, woher auch immer die sie dann haben oder wie auch immer sie die produzierten. Da stellt sich dann auch die Frage, inwieweit diese Panzer nur von außen modern aussehen und inwieweit ihr Innenleben dem entspricht was es eigentlich vom Stand her sein sollte.
Aktuell werden ja mit Hochdruck neue Panzer gebaut - aber an vielen Stellen wird dann eine ältere Technologie verbaut, beispielsweise bei den Optiken, Sensoren, Rechnern usw.
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(05.04.2023, 23:56)Quintus Fabius schrieb: Es sind zwar bis dato keine T-34 in der Ukraine eingesetzt worden, aber irgendwo habe ich mal einen IS-3 Panzer gesehen. Ernsthaft.
Eigentlich sollte mich das freuen. Nicht nur, weil ich auf Seiten der Ukraine stehe, sondern, weil ich die Weiterverwendung jeglicher Produkte aus ökonomischen wie ökologischen Gründen befürworte.
Aber irgendwie ... habe ich gerade einen Schluck eines alkoholischen Getränkes zu mir genommen.
Wie sieht es mit dem T-44 aus? Angeblich waren bis in die 90er noch welche eingelagert.
Aber man soll nicht spotten. Die Ukraine nutzt immer noch das PM 1910.
Mal sehen, wann man in Russland irgendwelche Vorderlader findet, die noch mit Napoleon ins Land gekomme sind.
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(06.04.2023, 00:12)Venturus schrieb: Eigentlich sollte mich das freuen. Nicht nur, weil ich auf Seiten der Ukraine stehe, sondern, weil ich die Weiterverwendung jeglicher Produkte aus ökonomischen wie ökologischen Gründen befürworte.
Nachvollziehbar, ich bin auch so veranlagt. Allerdings möchte ich bezweifeln, dass weder T-34, noch IS-3 eine allzu gute Ökobilanz aufweisen.
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Broensen, das sehe ich anders, der CO2-Abdruck für neues Gerät dürfte höher sein, du musst ja 2-3 T-34 einschmelzen, um einen Armata zu produzieren, da fällt der fehlende Dieselpartikelfilter bei den T-34 nicht mehr ins Gewicht
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Zu den Modernisierungsbemühungen, mal unabhängig davon, wie umfangreich sie stattfinden (können):
Zitat:Russia to equip T-80BVM and T-90M tanks with Arena-M Active Protection System
According to reports released by ROSTEC, the Russian state defense agency, the Russian Ministry of Defense is expressing interest in equipping their Main Battle Tanks (MBTs) with the Arena-M Active Protection System (APS), developed by the High Precision Systems holding company. The plan is to first install the APS on T-80BVM and T-90M Proryv tanks. [...]
The modernization of various Russian tank models is progressing, despite concerns voiced by Ukrainian officials regarding Russia's ability to maintain its production capacity amidst numerous sanctions. According to these officials, Russia is currently producing several dozen tanks daily. [...]
The Arena-M is an improved version of the original Russian Arena active protection system (APS). Designed by the Kolomna-based Engineering Design Bureau, the Arena-M is an advanced APS intended to protect armored vehicles such as tanks and infantry fighting vehicles from anti-tank rockets, guided missiles, and other incoming projectiles. Similar to its predecessor, the Arena-M system uses radar to detect and track incoming threats. It features specialized directional-action munitions placed around the turret perimeter, providing 360-degree protection for the tank from incoming threats. The APS also includes a multifunctional radar system with a high degree of interference protection, capable of operating even when the enemy attempts to use electronic warfare systems.
https://www.armyrecognition.com/ukraine_...ystem.html
Ich habe zwar erhebliche Zweifel, was diesen Hinweis "auf dutzende Panzer, die jeden Tag neu gebaut werden" betrifft (vermutlich sind es eher zehn oder weniger), aber neben den verschiedenen T-80- und T-90-Varianten/-Upgrades, tauchen in letzter Zeit häufiger Bilder auf von stark modernisierten T-62 und teils sogar T-55. Meistens sind es "schicke" Bilder von sandgelb lackierten Fahrzeuge, die mit ERA zugepflastert sind. Ob das nun nur gestellte Bilder sind und im Inneren der Fahrzeuge noch Wasser steht und Gras wächst, kann ich nicht beurteilen, aber anscheinend wird derzeit alles von den Schrottpl...äh...aus den Lagern geholt, was man irgendwie noch fahrfähig machen kann.
Die Fragen wären: Bastelt man derzeit deshalb so vehement an den alten Modellen herum, um so Lückenfüller zu haben, bis die neu produzierten, modernen Fahrzeuge eintreffen? Oder weiß man, dass man die groß angekündigten Neuproduktionen sowieso nicht wie in der kolportierten Größenordnung (1.500 Neubauten in einem Jahr?) umsetzen kann - und setzt deswegen auf die alten Kolcher, damit man wenigstens irgendwas hat?
Schneemann
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Ich vermute mal, dass beides zutreffend ist.
Man lässt ja gerne außer Acht, dass Russland nicht alles was es hat in der Ukraine verheizen kann oder dies zumindest nicht tun sollte (aus russischer Perspektive).
Zum einen könnte man hier die riesigen Außengrenzen Russlands anführen, welche zumindest (speziell an der Nato Grenze, welche sich gerade erst verlängert hat / am japanischen Meer und in anderen "brisanteren" Regionen) nicht völlig "nackt" dastehen sollten. Zum anderen gibt es ja noch weitere "kleinere" Konflikte, bei welchen Russland die Finger im Spiel hat. Zumindest von Syrien gab es zwar Berichte, dass militärisches Gerät zurückgeholt würde, aber alles kann man auch dort nicht rausziehen und, sollte sich der Konflikt dort oder bezüglich Armenien / Aserbaidschan nochmal richtig zuspitzen, müsste man theoretisch auch noch Gerät zurückhalten, wenn man sich die Möglichkeit des militärischen Eingreifens bewahren möchte. Auch in Mali möchte man sich ja eigentlich stärker engagieren, spätestens wenn der Westen ganz raus ist. Gibt ja noch mehr solcher Regionen, wo kurzfristig Bedarf entstehen könnte, möchte man seine Rolle als "Weltmacht" (auch wenn das sonst kaum noch jemand so sieht) nicht aufgeben.
Dann müssen natürlich auch noch Übungen bedient werden, bei welchen man sich, besonders wenn diese mit befreundeten Staaten abgehalten werden und internationale Beachtung finden, bestimmt nicht die Blöße geben möchte mit einem T55 anzurücken.
Selbiges gilt für Militärparaden im Inland, auch hier kann man zwar versuchen altes Militärgerät propangistisch klug zu verkaufen, gleichzeitig muss man aber darauf achten nicht den Eindruck zu vermitteln ausgeblutet zu sein.
Dafür ist die Aufmerksamkeit international und in der Bevölkerung bei diesen Veranstaltungen zu hoch.
Zu guter Letzt sind dann da noch die Rüstungsexporte zu erwähnen. Auch wenn es ja mittlerweile gesichterte Berichte gibt, dass Panzer welche für den Export vorgesehen waren in der Ukraine eingesetzt wurden, so muss man doch den Anschein erwecken, ein zuverlässiger Rüstungslieferant zu sein und möchte seine Kunden langfristig nicht verlieren (auch wenn die Bestellungen nach den "Leistungen", die russische Geräte teilweise in der Ukraine gezeigt haben, vermutlich sowieso etwas zurückgehen). Zudem würde man auch hier -sollten die Lieferverträge absolut nicht mehr eingehalten werden- preisgeben, dass man quasi aus dem letzten Loch pfeift.
Nimmt man diese ganzen "Verpflichtungen" gepaart mit den russischen Verlusten in der Ukraine (-sollten die Zahlen, die man so liest einigermaßen stimmen-) zusammen, ergibt sich ein ganz erheblicher Bedarf.
Somit gehe ich davon aus, dass man versucht so viel wie möglich aus den Depots fit zu bekommen, während man gleichzeitig erheblichen Druck auf die Rüstungsindustrie ausübt, mehr und schneller zu produzieren.
Es kann also m.M.n. durchaus sein, dass man in Zukunft auf dem Schlachtfeld von recht modernen T90 "direkt aus der Fabrik" bis zum notdürftig instand gesetzten T55 alles sehen wird.
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Das letztgenannte ist ja bereits jetzt der Fall. Da kommen dann durchaus mal 200 T-90M auf einen Schlag an der Front an, und zugleich jede Menge irgendwie einsatzfähig gemachte Panzer die teilweise 70 Jahre alt sind von den Schrottplätzen, ich meine natürlich den Freiluftdepots irgendwo in Ostsibirien. Und kämpfen dann nebeneinander.
Bei den Ukrainern aber ist es - wie andere es ja auch schon geschrieben haben - nicht unähnlich. Da fahren jetzt auch Challenger und Leopard 2 neben M-55S und T-54.
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Interessant ist der Wildwuchs. Quintus hat ja auf das Verbauen älterer Technologie verwiesen. Gleichzeitig werden ältere Einheiten nicht nur aus den Depots an die Front geworfen, sondern teils noch modernisiert, wie z. B. der T-62.
Das Chaos dürfte zwar noch nicht so groß sein wie auf ukrainischer Seite, aber es wird langsam aber sicher größer.
Im Prinzip wäre das eine interessante Fragestellung für die Erkenntnisse aus dem Krieg. Was ist spezifisch für diesen Konflikt und was ist übertragbar? Wie chaotisch wird es auf Dauer, wenn die erste Materialgarnitur durch ist?
Was meine nicht ganz ernstgemeinte Frage nach 85 mm-Munition angeht ... da der PT 76 auch wieder in Dienst ist ... wenn die sich nicht nur auf das MG verlassen, wäre ja sogar noch die ältere 76 mm-Munition für den T-34 vorhanden. Da läge es nahe, dass noch irgendwo 85 mm rumliegt.
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Russland re-importiert auch Kriegsmaterial aus aller Welt, dass es irgendwann mal geliefert hat. Darunter auch Munition jedweder Art. Zudem versucht man aus bestimmten Staaten durchaus erhebliche Mengen an Kriegsmaterial einzukaufen, ebenfalls mit wechselndem Erfolg, und meist äußerst klandestil, da niemand den Sanktionszorn des Westens so wirklich will.
Spezifisch für diesen Krieg ist, dass Russland seine immensen Depots plündern kann, solche Depots haben bedingt die USA, in Europa aber fehlt eine solche Reserve völlig. Umgekehrt kann sich die Ukraine dank der Lieferungen des Westens erhalten, was praktisch gesehen das gleiche ist wie die Depots der Russen.
Die hier insgesamt verbrauchten Mengen (rein quantitative Betrachtung) würden selbst die USA überfordern, die müssten auch erst mal auf Kriegsproduktion umstellen um da mithalten zu können. Wohlgemerkt ist das eine rein quantitative Betrachtung der Stückzahlen, über die Qualität des Kriegsmaterials sagt dies wenig und mit einer deutlich höheren Qualität kann man natürlich eine größere Quantität ausgleichen. Im weiteren müsste man hier aber natürlich auch anmerken, dass Russland noch in keinster Weise auf eine wirkliche Kriegswirtschaft umgestellt hat und nicht ansatzweise einen totalen Krieg führt, aus innenpolitischen Gründen. Aktuell wenden die Russen nur ca. 10 bis 15 % ihrer Wirtschaftsleistung für den Krieg auf, da ginge also rein theoretisch sehr viel mehr, auch wenn dies praktisch nicht geht, weil man ansonsten im Inneren die Kontrolle verlieren würde.
Diese Materialschlacht könnte der Westen ohne die USA so also nicht führen und die USA betrachte ich nicht als einen wirklich zuverlässigen Verbündeten. Es ist durchaus denkbar, dass die USA in naher Zukunft nicht mehr verlässlich sein wird, entweder aus inneren Wirren heraus, oder weil die politische Führung umschwenkt usw.
Entsprechend wäre Europa praktisch gesehen hilflos sobald die erste Materialgarnitur durch ist.
Die Erkennntis daraus sollte meiner Meinung nach dreiteilig sein:
1. Man muss die Eröffnungsschlacht entscheidend gewinnen, denn damit werden Weichen gestellt die man im modernen Krieg kaum mehr in eine andere Richtung kriegt. Die Streitkräfte müssen also für diese Eröffnungsschlacht besonders geeignet sein.
2. Da unsere Gesellschaften sehr viel vulnerabler sind als die ukrainische Gesellschaft (oder die russische), und wir aus einem ganzen Faktorenbündel heraus keinen langfristigen Zermürbungskrieg ohne die USA führen können, muß man von Beginn an einen begrenzten Krieg führen, mit begrenzten Zielen, einer klaren Ausstiegsstrategie und ohne zu viel erreichen zu wollen. Den Krieg zu begrenzen und nicht ausweiten zu lassen dürfte der schwierigste Akt sein, aber es wäre schon möglich, wenn man Emotionen und Ideologie beiseite lässt.
3. Wir benötigen unabhängig davon erhebliche Materiallager, nicht nur Munition und Ersatzteile, sondern eigentlich in allen Bereichen, vom Zivilschutz bis hin zur Versorgung mit gewissen Rohstoffen. Sowohl im Militärischen wie auch im Zivilen Bereich. Zu einer solchen Bevorratung kritischen Materials gehört meiner Meinung nach auch untrennbar eine möglichst weitgehende Dezentralisierung bestimmter Leistungen wie Strom, Trinkwasserversorgung etc. und im Gleichklang mit dieser auch eine Entdigitalisierung bestimmter Anteile der kritischen Infrastruktur. Die Zielsetzung müsste hier eine möglichst weitreichende lokale Autarkie zumindest für bestimmte Zeiträume sein.
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Ich möchte dem nicht widersprechen. Mir ging es aber eher um das zu erwartende logistische Chaos.
Die Russen nutzen derzeit Material bis hin zu Weltkriegsstücken. Und dies in unterschiedlichsten Versionen, teils mit behelfsmäßigen Modernisierungen. Wenn jetzt bei den Neubauten aus Materialmangel zusätzliche Versionen gebaut werden, haben die bald ein Chaos wie die Ukrainer mit ihrem Sammelsurium an sowjetischen und westlichen Systemen am Hals.
Ich habe mir darüber Gedanken gemacht, wie sich das bei uns darstellen würde. Anderseits, ohne Materialreserve vermutlich überschaubar.
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Die RA hat wegen "Masse machts" im Vergleich zum Westen eine Wegwerf-Mentalität: Ich wette es wird deutlich weniger wieder hergerichtet. Was kaputt ist kann weg und wird vorher noch ein bisschen ausgeschlachtet.
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Venturus:
Angesichts unserer realen materiellen Reserven wäre hier alles zusammen gebrochen noch bevor das logistische Chaos ausbricht.
Als Ergänzung zu Ottone:
Man sieht das vor allem auch bei russischen Kampfpanzern, die auch nach offizieller Doktrin einfach nur Verbrauchsmaterial sind. Daher hat man nicht wie bei uns das Primärziel den Panzer zu evakuieren, wiederherzustellen und wieder in den Kampf zu entsenden, sondern die sollen einfach vernutzt und liegen gelassen werden.
Ironischerweise ist dies als Erbe des Kalten Krieges und der spezifisch für den 3WK entwickelten sowjetischen Taktiken in einem langwierigen Abnutzungskrieg ein wesentlicher Nachteil für die Russen. Sie verbrauchen damit ihr Material schneller als dies westliche Armeen tun würden.
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Ein Abgesang auf den ARMATA:
https://wavellroom.com/2023/02/10/armata...y-is-over/
Zitat:The problem with all the gizmos is the microelectronics. Russian industry generally has been critically dependent on foreign microelectronics and associated technologies. These are no longer available due to sanctions (hence the joke Russian defence’s main supplier has become AliExpress). Captured Russian equipment such as drones reveals components are being sourced from wherever they can be found (including stolen Swedish traffic cameras in the case of the Orlan-10 UAV).
The perennial Russian problem of corruption has only worsened challenges posed by sanctions. The Volgograd Krasny Oktyabr (‘Red October’) plant which makes the armour plates for Russian tanks was declared bankrupt in 2018. Millionaire-owner Dmitry Gerasimenko is on the international wanted list for allegedly embezzling a loan of $65 million and transferring 6.2 billion roubles abroad. Such tales litter Russian industry. Since 2011, a staggering 72,000 officials have appeared before the courts on corruption charges. In 2022 alone (so much for patriotism) 60 defence industry officials and 250 public procurement officials have been prosecuted, 27 of whom were convicted of violations in the implementation of the state defence order.
Dazu noch die allgemeine Überlastung der Rüstungsindustrie durch die Anforderungen des Krieges an sich.
Man baut jetzt eigentlich überall ältere und ausgereifte Technik von einem geringeren technischen Standard, seien es Optiken, Nachtsichtgeräte oder sonstige Elektronik. Was durchaus nicht falsch ist wenn man im Krieg ist und selbst dann nicht falsch wäre, wenn man entsprechende modernere Elektronik selbst in größerer Stückzahl herstellen könnte.
Das führt auch für uns eigentlich zu der Frage, welches technologische Niveau für die reale praktische Kriegsführung ausreichend ist und warum man ein höheres technologisches Niveau bei vielen Systemen überhaupt anstreben sollte ? Gerade bei Panzern stellt sich meiner Meinung nach diese Frage.
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Zitat:Das führt auch für uns eigentlich zu der Frage, welches technologische Niveau für die reale praktische Kriegsführung ausreichend ist und warum man ein höheres technologisches Niveau bei vielen Systemen überhaupt anstreben sollte ? Gerade bei Panzern stellt sich meiner Meinung nach diese Frage.
Das ist natürlich eine schwierige Frage, und sie wäre auch nur halbwegs sicher zu beantworten, wenn ich ungefähr weiß, was für eine Art von Krieg ich führen will oder muss.
Wenn ich erahnen kann, dass ich einen High-Tech-Krieg in einem relativ leicht zu durchquerenden und übersichtlichen Gelände führen muss - etwa wie im Golfkrieg -, dann werde ich selbst um High-Tech-Systeme nicht herumkommen, wenn ich eine gewisse Chance auf Erfolg haben will. Nutze ich dann älteres und schlechter ausgestattetes Gerät, werde ich zur Zielscheibe und gehe mit immensen Verlusten unter.
Führe ich aber einen Krieg wie in der Ukraine - Stichwort: Not gegen Elend -, wo wir eine Erosion des modernen Krieges sehen (von Starlink oder Drohnen mal abgesehen), ja beinahe eine Hinwendung zum Stellungskrieg des Ersten Weltkrieges, gepaart mit Schlamm und Trommelfeuer und einem vergleichsweise unübersichtlichen (urbane Gebiete, Wälder) und schwerer zu durchquerenden (Flüsse, Sümpfe) Gelände, dann muss die Rechnung mit dem High-Tech-Gerät nicht zwingend aufgehen. Und der Diskurs im anderen Strang über das Für und Wider von Leopard 2 A6, Challenger etc. oder Leopard 1 in der Ukraine ging ja auch schon in diese Richtung. Wenn ich hier rein defensiv mich aufstellen will, komme ich mit fast 70 Tonnen schweren MBT-Monstern vielleicht eher zurecht als wie wenn ich sie offensiv einsetzen will und sie dann steckenbleiben. Und das bedeutet, dass in der schnellen Offensive ein leichterer (ggf. auch älterer) Tank wie der Leopard 1, mit gutem APS ausgestattet und mit guter Feuerkraft, mehr von Nutzen sein kann als die schweren Kästen, die ich dann lieber als Back-Up verwenden sollte.
Das bedeutet: Die russischen Streitkräfte können ihren Krieg noch führen, weil sie ihn in der Ukraine führen. Stünden sie mit diesem Gerät und dieser Aufstellung in der Wüste und einem Gegner gegenüber, der schwere MBTs heranbringt, würde ich ihnen keine zwei Tage mehr geben...
Schneemann
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Zitat: Das führt auch für uns eigentlich zu der Frage, welches technologische Niveau für die reale praktische Kriegsführung ausreichend ist und warum man ein höheres technologisches Niveau bei vielen Systemen überhaupt anstreben sollte ? Gerade bei Panzern stellt sich meiner Meinung nach diese Frage.
Das globale technologische Niveau einer Plattform ist meiner Meinung nach weniger eintscheidend als einzelne High-End Fähigkeiten, gerade bei Panzerfahrzeugen.
Ich würde so jeden Leopard 2 egal welcher Ausführung und sogar einen Leopard 1A6 einem Leopard2A7V vorziehen, solange das fragliche Fahrzeug mit einem APS System der neusten Generation ausgestattet ist.
Ähnliches hätte sich in früheren Jahren über Laserentfernungsmesser oder Nachtkampfoptiken sagen lassen.
Gegenüber solchen destruktiven technologischen Fähigkeiten ist es nicht entscheidend, ob das Fahrzeug globl betrachtet an das technologische Maximum herangezüchtet wurde oder nicht. Ob der Panzer jetzt ein wenig schneller fährt, ein paar bessere Granaten mitführt oder besser gepanzert ist hilft überhaupt nicht, wenn er im Zweifelsfall genauso von der Javelin zerstört wird wie irgendeine Kiste aus den Siebzigern.
Und in Bezug auf den Ukrainekrieg - es macht für mich keinen erkennbaren praktischen Unterschied, ob die Russen dort jetzt mit T-72, T-80, T-90 oder meinetwegen bald T-90(-) ins ukrainische Artilleriefeuer rollen.
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