Krieg im 21. Jahrhundert
Welche Möglichkeiten hat Russland, dass jegliche Ansammlung von Kräfte an den baltischen Grenzen nicht innerhalb weniger Stunden in Grund und Boden gebombt werden? Es ist grundsätzlich richtig, dass die NATO Streitkräfte ihre Landstreitkräfte deutlich verstärken, vor allem wenn man die Zahlen für die Bundeswehr vor einigen Monaten als Planungsgröße einfach mal glauben tut. So bleiben die Luftstreitkräfte der Mitglieder doch weiterhin die dominierende Teilstreitkraft, hinsichtlich Reaktionszeit und Kampfkraft.
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Falli75:

Zitat:Einen breiten Streifen um die Grenze ziehen, in dem niemand wohnen darf und taktische , artillerieverbrachte atomare sehr kleine Waffen einzusetzen, auf jeden Russen der sich in diesen Streifen wagt.

Ich werde dich in Zukunft einfach Jumpin Jim nennen. Die Pentomic Era und d Zeitalter der Davy Crocket wären vermutlich genau deine Zeit gewesen - da war man auch sehr kreativ und reform-versessen. (und meine Zeit wäre das durchaus auch gewesen). Das ist keine Kritik und nicht ironisch gemeint !

Pmichael:

Zitat:Welche Möglichkeiten hat Russland, dass jegliche Ansammlung von Kräfte an den baltischen Grenzen nicht innerhalb weniger Stunden in Grund und Boden gebombt werden?

Aktuell hat Russland nicht mal die Möglichkeit überhaupt Kräfte an der baltischen Grenze anzusammeln.

Wir sprechen hier von rein hypothetischen Szenarien.

Deine Kritik ist jedoch trotzdem absolut wesentlich, denn sie zeigt (wie ich es ja schon mehrfach versuchte zu beschreiben) den Denkfehler in der aktuellen Strategie der NATO auf:

Die NATO will die Russen mit konventionellen Streitkräften abschrecken, mit einer Vorneverteidigung die Schaffung von Tatsachen und politischer Verhandlungsmasse verhindern und mit konventionellen mechanisierten Großkampfverbänden und extrem starker Luftwaffe in einer Konterkonzentration auf russische Ansammlungen reagieren.

Nur: der Russen ist viel zu schwach um überhaupt in einem solchen Szenario bestehen zu können. Der konventionelle Krieg wird daher (wenn die Russen nicht vollständig irrational jenseits von allem agieren) so gar nicht stattfinden, weil er von russischer Seite gar nicht stattfinden kann.

Entsprechend wird der Krieg jeweils niedriger oder höher skaliert stattfinden, also entweder als indirekter, unkonventioneller hybrider Konflikt der kaum über der militärischen Horizont kommt - oder mit einem von Beginn an massiven Einsatz strategischer Mittel, spezifisch von Atombomben.

Und hier ist nun der zweite wesentliche Denkfehler in der Strategie der NATO, dass die Drohung mit dem eigenen Nuklearschlag jeden Atomkrieg sicher verhindern kann. Wie ich es aber versucht habe darzulegen führt diese Strategie zu einer größeren Kriseninstabilität und befördert damit noch die Wahrscheinlichkeit des Atomkrieges.

Während die konventionelle Abschreckung unzureichend ist, wegen der Nuklearen Option, weil sie durch diese zu leicht schlagbar ist. Und umgekehrt die massive konventionelle mechanisierte Präsenz den Präventivschlag geradezu herausfodert, also ebenfalls die Kriseninstabilität befördert.

nicht innerhalb weniger Stunden in Grund und Boden gebombt

Wenn wir zuerst zuschlagen, natürlich. Dann wird jeder russische Bereitstellungsraum zerschlagen sein, noch bevor ein Russe seinen Fuß ins Baltikum setzt. Aber wie wahrscheinlich und wie glaubhft ist ein Präventivangriff durch die NATO? Und wie glaubhaft ist eine Abschreckung durch die Androhung des kollektiven Selbstmordes ?

Was also geschehen wird und nach aktueller NATO Strategie auch geschehen soll wird eine Konterkonzentration sein. Die Russen sammeln also Kräfte an, die NATO sammelt Kräfte an, die Russen konzentrieren weitere Kräfte, die NATO entsendet Kräfte. Das ist der wahrscheinlichste Ablauf. Es kommt aber nun nicht zum konventionellen Schlag der NATO Luftwaffen gegen die russischen Kräfte. Und umgekehrt werden die NATO Kräfte gleich im ersten Schlag weitgehend vernichtet.

Was man also benötigen würde wäre eine Möglichkeit, dass Baltikum konventionell nicht eroberbar zu machen, welche zugleich gegen einen Angriff mit taktischen Nuklearwaffen weitgehend immun ist.

Und dies geht im Baltikum nicht mit Mittleren Kräften und Mechanisierten Großkampfverbänden.
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Spontane Idee, warum nicht im Baltikum, neben der extrem befestigten und vorbereiteten Grenzregion, eine Miliz in der Art der Finnen oder Schweiz etablieren?
Zivilbunker und Kriegsausstattung jedes Reservisten der Schweiz, kombiniert mit der finnischen und früher mal bestehenden Reserve/Miliz der Schweden. Das musst du ersteinmal knacken und dann ist die Kavallerie da und zerquetscht dich.
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Die Idee einer Militärgrenze in der Art der Confinium Militare des Habsburger Reiches gegenüber den Osmanen - einschließlich spezialisierter Strukturen für diese - einschließlich eine Hochrüstung der Balten indem die EU ihnen durch Zahlungen der anderen Staaten einen Wehretat weit über ihren eigenen Möglichkeiten ermöglicht - und insbesondere die Schaffung von Milizarmeen im Baltikum (!) habe ich schon vor 15 Jahren vorgeschlagen.

Das Baltikum könnte schon seit vielen Jahren eine neue Kraijna sein, aber Deutschland verkauft den Balten lieber GTK Boxer, denn 110 litauische Boxer werden die Russen aufhalten ....
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Was mich mal interessieren würde ist, was auf dem Puma oder Boxer z.B. so an Pio Gerät Stanmäßig mit drauf ist. Also Säge, Axt, Bolzenschneider, Schaufel u.ä.. Früher war das Standard auf so gut wie jeden Fahrzeug. Ist das heute auch noch so ?
Meine Frage dahingehend bezieht sich ganz generell auf Schanzfähigkeit der Infanterie. Die Idee kam mir als ich letztens dieses Plastik Grabensystem gesehen hatte, das gerade ausprobiert wird. Daraufhin habe ich mich an meinen alten Reibert erinnert, 91 meine ich , da wurde noch mit 70er Jahre handgemalten Bildern in Schwarz-weiß ziemlich gut gelehrt wie man schanzt. Mitte der neunziger in meiner Zeit beim Bund, habe ich nicht einmal den Spaten in der Hand gehabt, außer beim obligatorischen Spatengang natürlich. Daraufhin habe ich mir mal die Gliederungen der Jäger, Grenadiere und Pios im Laufe der Zeit angesehen. Ist beeindruckend wie das verkümmert ist.
Ich fordere hiermit offiziell und in keinster Weise diskutierbar sowas hier, mit Unimog dazu, in zweifacher Ausführung für jeden Kampfzug der Infanterie:
https://wematik.de/land-gartentechnik/er...EMEALw_wcB
Dazu noch einen Baggerarm, für hinten, der Bohrer vorne.

Achso und natürlich einen LKW gezogenen Minenpflugverbuddelungs Anhänger Gedöns pro Kompanie. All das fehlt komplett.

https://www.pioniertechnik.de/mls85.html
Kam nicht auf den Namen
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Die Frage ist, welcher Mechanismus Russland davon abhält, taktische Atomwaffen in der Ukraine einzusetzen. Warum haben die Amerikaner in Korea oder Vietnam keine Atomwaffen genutzt? Das sind alles Staaten, die weder direkt noch indirekt Zugang zu eigenen Atomwaffen hatten.

Die Realität eines echten Krieges schreckt ab bzw. baut solche Hürden für die Nutzung von „nur” taktischen Nuklearwaffen auf, dass wir bisher keinen wiederkehrenden Einsatz dieser Waffen gesehen haben.
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Der Mechanismus ist mMn folgender: die Russen sind in ihrer Führung der festen Überzeugung, dass sie einen konventionellen Krieg (mittig auf der Skala der möglichen Kriegsformen) dort führen und gewinnen können.

Ich halte es aber durchaus für möglich, dass die russische Führung noch taktische Nuklearwaffen in der Ukraine einsetzen wird. Das hängt allein von ihrer Wahrnehmung der Situation dort ab. Aktuell hätte Russland durch einen solchen Einsatz viel mehr zu verlieren als zu gewinnen.

Gegen die NATO aber können sie in keinster Weise diese Art von Krieg gewinnen, weshalb dies ein völlig anderes Geschehen ist. Denn gegen die NATO hätte Russland keinesfalls durch einen solchen Einsatz viel mehr zu verlieren als zu gewinnen, denn es würde den rein konventionellen Großkrieg ohnehin mit einer vernichtenden Niederlage verlieren. Während man in der Ukraine keinerlei vernichtende Niederlage zu befürchten hat.

Im Koreakrieg waren die USA kurz davor, im übrigen auch kurz davor Atomwaffen gegen China einzusetzen. Dies wurde aus einer Vielzahl von Gründen, insbesondere aber der sowjetischen Atomwaffen nicht ausgeführt (die Pläne waren schon sehr weit gediehen). Im übrigen gibt es einen erheblichen Unterschied zwischen der Regierung der USA in dieser Zeit und der heutigen de facto faschistischen Regierung Russlands.

Und in Bezug auf Vietnam möchte ich dich fragen, gegen was sie diese Bomben hätten einsetzen sollen? Gegen die Vietcong im Dschungel? Gegen die Vietcong in den vietnamesischen Städten inmitten der offiziell befreundeten Zivilbevölkerung? Dessen ungeachtet wurde selbst hier der Einsatz von Nuklearwaffen mehrfach konkret geplant, es kam nur nicht dazu. Und das keineswegs geheim: Bary Goldwater forderte beispielsweise während des Wahlkampfes ganz offen den Einsatz von Atomwaffen, und wurde genau deshalb nicht gewählt (u.a.) - was erneut aufzeigt, dass es halt Unterschiede zwischen der Regierung der USA und dem heutigen faschistischen Russland gibt.

Auch wenn im Vietnamkrieg keine Atomwaffen eingesetzt wurden, spielten sie durchgehend eine erhebliche Rolle, beispielsweise indem sie eine direkte chinesische Intervention abschreckten etc.

Kurz und einfach: selbst in solchen Kriegen wäre es beinahe dazu gekommen, dass Atomwaffen eingesetzt werden, und dies durch eine demokratische, dem Guten und der Freiheit verpflichtete Regierung. Wieviele Skrupel hätte da ein untergehender faschistischer Staat mit einem durch Altersstarrsinn völlig inkompetent gewordenen Paranoiker und Hypochonder an seiner Spitze ?!
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Dazu sind Balten ja in der NATO das man nicht die ganze eigene Bevölkerung verheizen muss . Dazu gibts außerdem noch eine Reserve Struktur . Für was also noch milizen . Wenn man von Haus aus schon bloß eine geringe Bevölkerung hat sollte man nicht sinnlose doppelstrukturen schaffen.
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Auf welche Bevölkerung beziehst du dich hier ?! Wir sprechen doch nicht von Milizen hier, sondern dass die Baltischen Streitkräfte als Milizarmee aufgestellt werden sollten.
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Baltikum ist schon gemeint.
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@Quintus Fabius
Zitat:Aktuell hat Russland nicht mal die Möglichkeit überhaupt Kräfte an der baltischen Grenze anzusammeln.
Schon vor Beginn des Ukraine-Krieges musste man Verbände aus dem Fernen Osten an die ukrainische Grenze heranführen. Mir schwante damals schon für die russische Seite Böses, da besagte Verbände drittklassig ausgerüstet waren, kaum moderner als am Ende der Sowjetunion!

Zitat:Der Mechanismus ist mMn folgender: die Russen sind in ihrer Führung der festen Überzeugung, dass sie einen konventionellen Krieg (mittig auf der Skala der möglichen Kriegsformen) dort führen und gewinnen können.
Einer der ersten Fehler auf russischer Seite im Ukraine-Krieg war, dass man sich nicht wirklich bewusst war das man in einen Krieg zog.
Einen Teil der Schuld daran ist den russischen Geheimdiensten zu geben, die offenbar beschönigende Berichte nach Moskau gesandt haben, nach denen man die Ukraine einfach übernehmen könne, was man ja anfangs auch versucht hat.
Eine Mitschuld am schlechten Abschneiden der russischen Streitkräfte gegen die Ukraine ist aber auch der militärisch-politischen Führung zu geben, und hier muss man bis zurück in die 1990er gehen. Man hat nämlich das Amt des Verteidigungsministers wiederholt mit ungeeigneten Personen besetzt. Erst Pavel Grachev, verantwortlich für das Desaster in Grozny, der sich als Befehlshaber der Luftlandetruppen in seinem Ministerium außerhalb seines Bereichs fühlte, Serdjukov war bei der Truppe nicht beliebt, und Shoigu kam eigentlich aus dem Bereich Katastrophenschutz und -hilfe, und hat wohl nicht wirklich verstanden wie man eine Streitmacht kriegstüchtig macht und nicht nur für Glamour nutzt. Prigoshin hat dann ja auch Shoigu vorgeworfen, tausende von russischen Soldaten verheizt zu haben.
Der Grund, warum man trotzdem glaubt in der Ukraine gewinnen zu können ist, dass man genug Ressourcen hat - einschließlich Soldaten - man lernt sich anzupassen und eben auch die ukrainischen Streitkräfte auch Schwächen haben. Die Schläge der ukrainischen Streitkräfte mit Drohnen nach Russland hinein etwa dürften eher lästig als schädlich sein.

Zitat:Ich halte es aber durchaus für möglich, dass die russische Führung noch taktische Nuklearwaffen in der Ukraine einsetzen wird. Das hängt allein von ihrer Wahrnehmung der Situation dort ab. Aktuell hätte Russland durch einen solchen Einsatz viel mehr zu verlieren als zu gewinnen.
Am ehesten wäre das aus russischer Sicht wohl noch denkbar in einer Paniksituation, wenn die Front kollabiert, und/oder wenn man meint dass die Ukraine direkt auf Moskau marschiert, wozu ihr imho die Möglichkeiten fehlen.
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