Entwicklung & Nachfolge des Tornados Jabo
#15
Du machst da viele Fässer auf…

Militärisch gesehen wäre es besser gewesen wenn man das Projekt aus dem am Ende der Eurofighter hervorging nie gestartet hätte. Anstatt die Europäische Goldrandlösung zehn Jahre zu spät zu bekommen hätte man schon in den Achtzigern auf amerikanische F-teens setzen sollen.
Die Geschichte hat das lediglich verziehen, da der Kalte Krieg zu Ende ging anstatt ausgefochten zu werden. Zum damaligen Zeitpunkt war das Projekt militärisch betrachtet unnötig und risikoreich.
Rüstungspolitisch gesehen sieht die Sache natürlich anders aus. Aber das ist der alte Konflikt, Rüstungsvorhaben sind hervorragende Industriesubventionen, was am Ende an militärischen Mehrwert herausspringt erscheint vielen zweitrangig.

Ein Gedankengang der auch in deinem Post durchklingt..

Sicherlich kann man sich auf diesen Standpunkt stellen und alles ungeachtet der Kosten und militärischen Fähigkeiten europäisch beschaffen wollen. Dann muss man sich aber auch bewusst sein, dass das im Zweifelsfall mindestens auf Kosten von Leben und Gesundheit unserer Soldaten geht und wenn es dumm kommt auch die deutsche Sicherheitsarchitektur existentiell gefährdet.
Zweifellos sehen das entscheidungsrelevante Persönlichkeiten in Politik, Wirtschaft und auch Militär anders, aber mir persönlich ist es halt nicht egal, dass wir insbesondere mit dem Eurofighter meilenweit hinter selbst europäischen Nachbarn hinterherhinken.

Der Verweis darauf, dass das ja alles irgendwie egal wäre und in der Vergangenheit keine Rolle gespielt hat darf dabei schlicht nicht gelten, die weltpolitische Lage ist viel zu instabil als das wir auch nur erahnen können, was drei, fünf oder gar zehn Jahren auf uns zurollt. Auch Deutschland braucht deshalb ein Mindestmaß an militärischer Handlungsfähigkeit und das bedeutet zuallererst, dass man aus dem vorhandenen Material das beste rausholt was machbar ist.

Speziell beim Eurofighter ist das nicht der Fall. Du hast zweifellos recht, wenn du einen erheblichen Teil der Verzögerungen auf das Ende des Kalten Krieges und die damit einhergehende Friedensdividende schiebst. Das entschuldigt aber nicht, dass die Kiste nach mehr als einer Dekade Truppendienst noch immer meilenweit von FOC entfernt ist und Deutschland nicht mal voll hinter den Upgradeprogrammen der europäischen Verbündeten steht.

Einhergehend mit der Tatsache, dass die Verbündeten jenseits des großen Teiches fast durch die Bank eine Generation weiter sind und Flugstundenkosten und Klarstände hierzulande katastrophal sind kann man das Eurofighter-Programm hier und heute nur als militärisches Debakel bezeichnet werden.
Die am Projekt beteiligten europäischen Rüstungskonzerne und Politiker sehen das natürlich anders.
Stellt sich jetzt die Frage, warum soll das alles bei einem neuen paneuropäischen NexGen Strike Plattform Projekt groß anders werden? Mich überzeugt dein Optimismus hier ganz und garnicht. Es ist ein simpler Fakt, sämtliche größeren europäischen Rüstungsprojekte im Bereich der militärischen Luftfahrt aus dem letzten viertel Jahrhundert sind katastrophal verlaufen. Sie kamen mindestens eine Dekade zu spät, kosteten doppelt so viel wie veranschlagt und leisten weniger als die amerikanische Alternative die es bereits gab als das Projekt begann.

Nach Eurofighter, A400M, Tiger und NH-90 versuchen wir uns jetzt an einer NextGen Strike Plattform und alles wird besser? Warum genau?
Um Albert Einstein zu bemühen;
Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten…

Wobei wir bei einer NextGen Plattform meilenweit von ‚das Gleiche‘ entfernt sind.
Tornados oder Eurofighter zu bauen ist das eine. Eine NextGen Plattform zu entwickeln die in zwanzig Jahren an das herankommen wird was die Amerikaner in zwanzig Jahren fliegen werden ist etwas ganz anderes.

Projekte wie Tornado und Eurofighter waren zu ihrer Zeit möglich als wir hier in Europa relativ zu den Amerikanern betrachtet noch ein ansehnliches KnowHow hatten was Kampfflugzeugbau anbelangt. Die Systeme waren damals auch längst nicht so komplex und reduzierten sich im Wesentlichen auf ein Vernünftiges Triebwerk und Flybywire Technologien. Das ist mit vergleichsweise geringen Aufwand beherrschbar.

Heute aber sind uns die Amerikaner verglichen mit damals um Lichtjahre voraus. Wir haben null praktische Erfahrung mit 5th Gen Tech, die Amerikaner führen ihr zweites Muster Serienmäßig ein und haben darüber hinaus noch zwei weitere Stealth Muster. Verglichen mit dem was LockheedMartin und Nothrop Grumman über aktives und passives Stealth wissen und anwenden stecken wir absolut in den Kinderschuhen, wahrscheinlich irgendwo dort wo die Amerikaner von vor zwanzig Jahren standen. Dito Turbinentechnik und NextGen Avionik.

Das ist weder skandalös noch besonders schandhaft, es ist einfach nur natürlich nachdem wir nicht wie die Amerikaner jährlich Milliarden und Abermilliarden allein in schwarzes R&D versenken können.
Aber es bedingt schon eine besondere Form von europäischer Arroganz und Ignoranz anzunehmen, wir Europäer könnten dann mal eben etwas bauen das wir irgendwo im Bereich 5.5th Gen und 6th Gen verorten können. Hier wäre soviel Grundlagenforschung und Investition nötig wenn man wirklich etwas vernünftiges auf die Beine stellen will – und man wird im Zweifelsfall trotzdem eine Generation hinter den Amerikanern hinterherhinken. Selbst wenn alles gut geht wird es wieder so enden wie beim Eurofighter. Wir führen das Ding nach Jahren der Verzögerung mit irrsinnigen Preistag und extrem limitierter Capability und die Amerikaner fliegen längst echtes 6th Gen.

Insofern, was wäre so schlimm sich an die Amerikaner zu hängen? Was spricht aus militärischer Sicht dagegen das die deutsche Luftwaffe in zwei Jahrzehnten ausgereifte lategen F-35A Block XY beschafft?
Das wir uns in Sachen Kampfjets ‚genauso abhängig machen wie die Israelis‘? Mit Verlaub, das ist doch großer Käse.

Lös dich mal eine Sekunde von der Plattformproblematik und betrachte die deutsche /europäische Luftwaffe im operationellen Kontext. Die simple Tatsache ist doch, dass wir in Europa (in Gegensatz zu den Israelis) schon längst abhängig sind von Schlüsselfähigkeiten die über den Nato-Verbund oder gleich ausschließlich von den Amerikanern bedient werden.

Der Eurofighter als europäisches Kampfflugzeugprojekt ist gut und schön, aber allein wie viele amerikanische Kampfflugzeugmuster existieren in Europa? Wie wird das aussehen wenn in den nächsten zehn Jahren die F-35 zulaufen werden? Die Dominanz der amerikanischen Plattformen in Europa steht doch schon längst fest, die deutsche Luftwaffe mit ihrem Flügellahmen Eurofighter und Kalter Krieg Relikt Tornado wird eher die peinliche Ausnahme sein als irgend sonstwas.

Aber natürlich werden uns die Franzosen retten, weil die ganz bestimmt in 5th Gen einsteigen werden. Wenn denen ihre Probleme mal nicht in ganz anderer Form auf die Füße fallen…

Wie sah es denn in Libyen aus? Wer musste gleich nochmal die Luftabwehr ausschalten und Munition nachliefern als die Kampagne der europäischen Luftflotten sich länger als eine Woche hinzog? Wer spielt in Syrien und Irak enabler mit ISTAR und Tanker Assets und führt noch das Gros der Luftangriffe durch?
Es ist doch Realität das in Europa ohne die Amerikaner rein garnichts geht, vor allem nicht länger als eine Woche und auch nur auf niedrigsten Level. Daran wird sich null ändern, auch dann nicht wenn wir irgendeine 6th Gen Wundertüte finanzieren würden.

Und weil du schon die Israelis bemühst, die sind uns was operationelle Unabhängigkeit angeht um Lichtjahre voraus. Das technische Niveau und Zusammenarbeit der dortigen Rüstungsfirmen mit den Streitkräften ist atemberaubend und nicht ansatzweise mit dem zu vergleichen was Airbus Military unter Support versteht.

Das ihnen nicht alle Wünsche erfüllt werden kann kein stichhaltiges Argument sein. Du greifst nach den Sternen, stolperst aber schon über die katastrophalen Zustände im Alltagsbetrieb.
Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.
Wir haben momentan – und auf absehbare Zeit – garnichts.
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