(Allgemein) Deutscher Verteidigungshaushalt
@Delbruck

Jetzt warten sie doch einfach mal ab. Man strukturiert keine Streitkräfte binnen zwei Wochen um und nicht jede Arbeitsvorlage auf Ministerialebene (Generalstab ist seit 45 nicht mehr) schafft es in die mediale Öffentlichkeit. Die durch den Bundeskanzler angekündigten erhebliche Ausgabensteigerungen werden sich von einigen Sofortmaßnahmen frühesten mittelfristig, d.h. binnen Jahren auswirken. Es besteht so überhaupt keine Notwendigkeit Schnellschüsse zu fordern.

Selbstredend wird man die bisherigen Planungen hinsichtlich Heer 4.0 auf den Prüfstand stellen und neu denken müssen bzw. können. Was sich bei allem Geld der Welt aber nicht groß ändern wird sind die personellen Ressourcen. Es wird nicht möglich sein, dass Deutsche Heer über die angedachten 3 Divisionen / 9 Brigaden zu vergrößern. Die angedachten „3-4 Mechanisierte Verbände und 3-4 Leichte Verbände inkl. einer wirklichen Reserve“ sind in diesem Land mit seiner politischen und gesellschaftlichen Verfasstheit schlicht unrealistisch.

Eine Dienstpflicht ist dabei zwingend verfassungswidrig und verstößt gegen EU- und Völkerrecht. Entsprechende juristische Gutachten hierzu sind mit kurzer Recherche leicht zu finden, es ist sinnentleert diese Sau bei jeder sich bietenden Gelegenheit neu durchs Dorf zu treiben.
Die Wiedereinführung der Wehrpflicht geht an den militärischen Realitäten der Bedrohung durch Russland vorbei. Deutschland ist in dieser neuen Konfrontation kein Frontstaat. Mithin ist es nicht zielführend der neuen Lage mit Konzepten von vorgestern begegnen zu wollen. Deutschland benötigt mittelfristig Fähigkeiten, rasch schwere Truppenverbände nach Osteuropa verlegen zu können. Hierzu ist Vollausstattung mit modernster Ausrüstung und volle Munitionsdepots von Nöten, aber sicher kein Territorialheer. Wenn wir mittelfristig dahin kommen, die angedachten 9 Brigaden verlegen und im Zweifelsfall einsetzen zu können wird Deutschland seinen Bündnisverpflichtungen vollkommen gerecht. Bis dahin ist es ohne Zweifel jedoch ein sehr weiter Weg.

Ansonsten noch einige zusammenhanglose Kommentare:

Schiffe wie die F125 wurden unter völlig anderen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen und primär als Industrieförderungspolitik beschafft. Es ist den verantwortlichen Politikern im Wesentlichen völlig gleich ob das militärisch beste oder wenigstens wirtschaftlichste Gerät beschafft wurde. Entscheidend ist gerad beim Schiffsbau, dass die richtigen Firmen in den richtigen Wahlkreisen die nötigen Aufträge bekommen um zu überleben. Man mag das aus Bundeswehrsicht bedauern, aber Rüstungspolitik ist in Deutschland seit jeher (wirklich seit bestehen eines Gesamtdeutschen Staates) primär Industriepolitik. Das wird sich nicht ändern.

Die aktuellen Konzeptionen zur Neuausrichtung des Deutschen Heeres sind Jahre und unter völlig anderen Rahmenbedingungen erstellt worden. Vieles was nötig gewesen wäre war selbst konzeptionell nicht darstellbar. Jetzt hat sich die Lage geändert und man wird wie schon dargelegt abwarten müssen wie sich die Konzepte ändern. Nur: Nicht alles was gefordert wird ist am Ende sinnvoll oder gar notwendig.
Zweifellos muss die Heeresflugabwehr neu gedacht und neu aufgestellt werden. Die Lücken (Nato-weit!) sind offensichtlich und werden nach meiner Einschätzung auch so erkannt. Es würde mich sehr wundern, wenn es hier nicht zu deutlichen strukturellen Anpassungen käme. Welches System dann verwendet wird ist dann erst mal sekundär.

Beim Rest, naja. Ich sehe jetzt nicht unbedingt wozu etwa dezidiert an Mörsersysteme gedacht werden müsste. Meines Erachtens geradezu ein klassisches Beispiel, wir ein altes Waffensystem aus dem Kalten Krieg durch neue Konzepte (Drohnen) abgelöst werden kann. Ähnliches gilt für Raketenjagdpanzer. Wozu eine spezialisierte Plattform? Vollausgestattet hätte die Panzertruppe in der bestehenden Konzeption absolut ausreichende Fähigkeit russische Panzerverbände im mechanisierten Gefecht zu zerschlagen. Es fehlt hier weniger an Fähigkeiten als an dem nötigen Material diese Fähigkeiten auch abbilden zu können.
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