(Zweiter Weltkrieg) Imperiale Japanische Armee
#21
Der erste chinesisch-japanische Krieg

Das Vorfeld

1885 schlossen Japan und Qing-China einen Vertrag, gemäß dem beide Seiten keine Truppen im zu diesem Zeitpunkt unabhängigen Korea stationieren würden. Ab 1885 begann China dann, seine Armeen im Norden des Landes in erheblichem Umfang zu vergrößern und zu modernisieren. Die chinesische Flotte wurde erheblich ausgebaut und erreichte nach kurzem Aufwuchs nach wenigen Jahren bereits die Stärke der japanischen Seestreitkräfte. Trotzdem wurde China zu dieser Zeit in Japan nicht als Gefahr verstanden, aller Augenmerk war auf die europäischen Großmächte gerichtet.

Im Januar 1888 stellte Yamagata, zu diesem Zeitpunkt Generalinspekteur der IJA, eine Studie vor, gemäß der die Fertigstellung des Panama-Kanals und der Transsibirischen Eisenbahn die militärischen Möglichkeiten der Europäer in Ostasien erheblich stärken würden. Die größte Gefahr lag gemäß dieser Studie in einer Besetzung Koreas durch Russland, die laut Yamagata noch vor 1895 zu erwarten sei. Aufgrund der kurzen Distanz von Korea nach Japan bestünde dann aufgrund der immens langen Küstenlinien Japans die Möglichkeit einer überraschenden Landung russischer Truppen und eines folgenden Krieges auf japanischem Boden. Diese Studie führte in Japan zu erheblicher Unruhe und zu Zwistigkeiten über die weitere Aufrüstung und Struktur der Streitkräfte. Die einflussreichen Generäle Soga, Miura und Tani plädierten für eine Milizarmee nach Schweizer Vorbild als Ergänzung der IJA. Sie waren der Auffassung, dass nur so eine Verteidigung Japans gegen eine überraschende Landung russischer Truppen möglich sei, da Divisionen nach europäischem Vorbild in dem schwierigen Gelände Japans nicht beweglich und nicht schnell genug wären, auf eine Landung in ausreichender Stärke reagieren zu können. Yamagata hingegen sprach sich für einen deutlichen Ausbau des Heeres mit weiteren Divisionen aus. Die Kritik aus den eigenen Reihen sowie die zunehmende Opposition in der IJA löste Yamagata durch eine Entlassung von Soga und Miura und eine Versetzung Tanis in die Reserve.

Des weiteren wurden durch das Kriegsministerium die diversen Studiengruppen und privaten Vereinigungen von Offizieren verboten und aufgelöst, da diese in den Jahren zuvor mit zunehmender Kritik an der autoritären Führung Yamagatas aufgefallen waren. Tani ging darauf hin in die Politik und begann dort massiv gegen eine Erhöhung des Wehretats und eine Vergrößerung der IJA zu wirken. Dabei berief er sich auf eine Studie Meckels, in der dieser 1889 darauf hingewiesen hatte, dass das japanische Eisenbahnnetz zu sehr an der Küste entlang konzentriert worden sei und dass daher ein Angriff europäischer Seemächte die Eisenbahnverbindungen unterbrechen könne, womit eine ausreichend schnelle Reaktion auf eine amphibische Landung verunmöglicht werden könnte. Tani trat daher dafür ein, dass Eisenbahnnetz auszubauen und im Landesinneren neue Eisenbahnlinien zu schaffen und ganz allgemein die Infrastruktur in Japan deutlich zu verbessern. Dies würde zugleich die Wirtschaft stärken und die höheren Einnahmen aus weiterem Wirtschaftswachstum würden dann einige Jahre später die Vergrößerung der Armee finanzieren. Yamagata hingegen war zu diesem Zeitpunkt noch der Überzeugung, dass auch ohne einen solchen Ausbau die Einheiten der IJA schnell genug sein würden. Darüber hinaus ging er davon aus, dass die Zeit für die Strategie Tanis zu knapp sein würde. Zwischen 1890 und 1893 geriet Japan zudem in wirtschaftliche Probleme und die Aktienkurse der japanischen Eisenbahngesellschaften brachen aufgrund der andauernden Diskussion zusammen und zogen dann auch die Aktien anderer japanischer Unternehmen mit nach unten. Eine Vergrößerung der Armee war damit nur noch über Kredite und unter äußerster Anstrengung möglich, weshalb Tani zu diesem Zeitpunkt erneut für den Umbau der IJA in eine Milizarmee eintrat.

Im März 1890 unternahm die IJA dann in der Nähe von Nagoya ihr bis dahin größtes Manöver, dass den Einsatz fast aller Truppen der IJA beinhaltete. Inhalt der gigantischen Militärübung war die Abwehr eines amphibischen Angriffs. Unter persönlicher Anwesenheit des Kaisers, der zu diesem Zweck eine Uniform der IJA trug und der Präsenz aller höherrangigen Militärs wurde alles, was bis dahin anhand der Ratschläge Meckels geschaffen wurde im praktischen Einsatz aller Einheiten erprobt. Das Manöver ergab, dass eine Abwehr eines amphibischen Angriffs durch eine europäische Großmacht durch die neuen Divisionen möglich war. Vorausgesetzt, diese zerstörten vorher nicht das Eisenbahnnetz. Die Studie Meckels vom Vorjahr und die Befürchtungen Tanis wurden damit voll bestätigt. Aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten war aber an einen sofortigen Ausbau der Infrastruktur gar nicht zu denken.

Um die Zahl der Divisionen trotzdem zu erhöhen und den Befürwortern einer Milizarmee weiter Boden zu entziehen, ordnete Yamagata die Umwandlung der Tondenhei-Milizen auf Hokkaido in eine konventionelle Division um, welche dann die 7 Division der IJA wurde. Diese Einheit sollte nach ihrer Schaffung sich in jedem Krieg als absoluter Eliteverband erweisen und als kampfstärkster japanischer Großverband neben der Kaiserlichen Garde. Der Anteil ehemaliger Samurai bzw der Nachkommen von Samurai war bei dieser Einheit besonders groß. Desweiteren arbeitete Yamagata weiter daran, die IJA und IJN unter einem gemeinsamen Oberkommando und nur einem gemeinsamen Generalstab zu vereinen, was ihm jedoch aufgrund des massiven Widerstandes anderer Offiziere, diverser Politiker und der IJN nicht gelang. So blieb die Befehlsstruktur an der Spitze weiter gespalten und eigentümlich unorganisiert. Seit 1890 verschlechterte sich dann die Lage in Korea zusehends. Es kam zu immer massiveren Unruhen in der Bevölkerung und zu gewalttätigen Übergriffen gegen japanische Kaufleute und Emigranten. Seit 1892 plante darauf hin der Generalstab der IJA, unter Führung des stellvertretenden Generalstabschef Kawakami an einem Plan für die Besetzung Koreas. Dazu entsandte Kawakami eine große Anzahl von Spionen, und nutzte diverse japanische Geheimgesellschaften, deren Angehörige auch im Ausland verdeckt aktiv waren, um sich einen Überblick über die Lage in Korea zu verschaffen. Diese Agenten berichteten Kawakami schon bald von der immens gewachsenen Stärke der chinesischen Armee an der Nordgrenze Koreas und dem rasanten Aufwuchs und der zunehmenden Modernisierung der chinesischen Streitkräfte. In Japan begann sich daher die Ansicht zu verbreiten, dass hinter den Unruhen in Korea die chinesische Regierung stehen würde.

Im Frühling 1894 kam es dann in Korea zur sogenannten Tonghak Rebellion, in der sich koreanische Bauern gegen ihre eigene Regierung und gegen die im Lande lebenden Japaner wandten, denen sie die Schuld an ihren extrem schlechten Lebensbedingungen und den ständigen Preissteigerungen bei Lebensmitteln gaben. Die koreanische Regierung wandte sich darauf hin an Qing-China und die chinesische Regierung entsandte ihre Armee nach Korea um die Unruhen niederzuschlagen. Damit war der Vertrag mit Japan von 1885 gebrochen worden.

Die Armee von 1894

Aufgrund der Reformen in den Jahren vor dem Krieg (siehe das Kapitel über von Meckel) hatte die Armee mit dem großen Manöver von Nagoya im März 1890 den Status einer vollständigen modernen Streitkraft erlangt. Aufgrund der Schulreformen und des immensen Anstiegs von jungen japanischen Männern die lesen und schreiben konnten, sank der Anteil der Analphabeten zwischen 1890 und 1894 in der Armee drastisch ab. Die Gesundheit der Rekruten verbesserte sich in diesen 4 Jahren ebenfalls erheblich und die Beriberi Krankheit die vor 1890 in der IJA weit verbreitet war, wurde massiv zurück gedrängt. Trotz des massiven Einfluss Meckels auf die Struktur und Ausrichtung, war die Armee keine Kopie der preußischen, sondern hatte einen ganz eigenen Charakter, eine eigene Militärdoktrin und war insgesamt stark Infanterielastig. Es gab im Vergleich der Zeit nur sehr wenig Kavallerie und die zahlenmäßig starke Artillerie setzte sich fast nur aus Feldgeschützen und Gebirgskanonen zusammen - die zerlegt von Pferden und Männern transportiert werden konnten. Alle Geschütze mit einem Kaliber größer als 100mm waren der Marine bzw. den Küstenbatterien zugeteilt.

Als Uniform wurde bis 1890 ein weißes Gewand in europäischem Schnitt mit einer schwarzen Jacke durchgesetzt, wozu eine schwarze weiche Schirmmütze getragen wurde. Als Ausnahme hiervon trug die kaiserliche Garde rote Schirmmützen. Die IJA hatte bis 1894 das Typ 22 Murata als Standardwaffe in der ganzen Armee eingeführt, dass bereits eine im Vergleich der Zeit hochmoderne Repetierwaffe mit einem kleineren Kaliber war. Es verfügte über ein 8 Schuß Magazin (in der Karabinerversion für die Kavallerie über 5 Schuß) und wies sich durch eine besonders hohe Robustheit und absolute Zuverlässgkeit aus. 1889 wurde zudem das tragen von traditionellen japanischen Schwertern in der IJA verboten und bis 1893 leichte französische Säbel eingeführt. Die Armee verfügte im Jahr 1893 über etwas mehr als 6000 Offiziere, und mehr als 12 000 Unteroffiziere. Bei Kriegsausbruch befanden sich etwas über 60 000 Wehrpflichtige gerade am Ende ihrer Ausbildung.

Die IJA wies jedoch immer noch drei massive Schwächen auf, welche Meckel in seinen Schriften klar heraus stellte: 1 fehlte noch immer ein gemeinsamer, straff organisierter Oberbefehl über die japanischen Streitkräfte, gerade die höheren Befehlsstrukturen waren gelinde gesagt planlos. 2 hatte die IJA so gut wie keine moderne Militärmedizin - auch die Prävention von Seuchen und Krankheiten war noch sehr unterentwickelt, 3 war die IJA für eine Verteidigung Japans auf das an der Küste gelegene Eisenbahnnetz anwiesen und dieses war anfällig für Unterbrechungen durch jede größere Seemacht - ein Ausbau der Eisenbahnen im Landesinneren war aber aus finanziellen Gründen nicht so rasch möglich.

Der Krieg

Der Einmarsch der chinesischen Truppen nach Korea war für die japanischen Eliten ein Schock, nur Yamagata und der stellvertretende Generalstabschef Kawakami zeigten sich nicht überrascht. Auf eine Anfrage der Regierung an den Generalstab der IJA, ob ein Krieg gegen China überhaupt führbar sei, legte Kawakami präzise Daten über die chinesischen Truppen vor, welche die Angst und die Unruhe noch weiter schürten. Am 20 Mai setzte Yamagata dann noch nach und präsentierte weit übertriebene Zahlen was die chinesischen Truppen in Korea anging. Sollte Korea nun an China fallen, so sein Argument, würde dies Qing-China wirtschaftlich erheblich stärken und ein weiterer Aufbau der chinesischen Streitkräfte würde schneller erfolgen, als Japan seine Verteidigung und seine Eisenbahnlinien in Japan selbst ausbauen könnte. Damit bestehe die Gefahr einer in Kürze erfolgenden Invasion Japans durch Qing-China. Bei einer Unterbrechung der Küsteneisenbahnen wäre dann ein Krieg gegen China auf japanischem Boden unvermeidlich.

Zugleich versicherte Yamagata aber, dass die IJA hier und jetzt China in Korea noch schlagen könne. Dazu sei ein nationaler Opfergang notwendig, nachdem aber China als Gefahr für Japan ausfallen würde. Nach der Vernichtung der modernen Anteile der chinesischen Streitkräfte würde China vielleicht sogar nachhaltig militärisch hinter Japan zurück fallen. Zudem sah Yamagata voraus, dass die Europäer eine chinesischen Niederlage als Schwäche Chinas interpretieren und daraufhin umgehend den Druck auf China drastisch erhöhen würden. Dadurch würden sich die Europäer auf China konzentrieren, sich somit von Japan abwenden und Japan würde dadurch Zeit gewinnen, seine Militärkraft weiter zu stärken. Yamagata erklärte, dass der Krieg lange dauern würde, und die IJA hohe Verluste erleiden würde. Er ging von zumindest 2 Jahren Kriegsdauer aus, und dass der Krieg gegen China Japan die äußersten Anstrengungen abverlangen würde, dann aber in einem Sieg enden würde. Sollte es aber wieder erwarten nicht gelingen, die chinesischen Streitkräfte entscheidend zu schlagen, würden zudem die Chinesen aus Angst vor einem weiteren Vordringen der Europäer in China sehr wahrscheinlich auch einem Verhandlungsfrieden zustimmen, da dann Japan wie China bei einer Fortführung des Krieges zu sehr geschwächt und damit Opfer der europäischen Mächte werden würden.

Am 2 Juni traf sich darauf hin das Kabinett, um auf diese Informationen hin Maßnahmen zu beschließen. Es gelang bei dieser Sitzung Kawakami und dem Außenminister Mutsu Munemitsu, die Regierung und den Premiermiinister Ito von der Notwendigkeit eines militärischen Eingreifens in Korea und eines Präventivkrieges gegen China zu überzeugen. Yamagata selbst enthielt sich der Debatte und argumentierte, die IJA hätte keine politische Position und würde nur die Befehle der Politik ausführen. Noch am selben Tag beschloss die Regierung die Entsendung der IJA nach Korea. Am 4 Juni trafen sich zu diesem Zweck die höheren Offiziere der IJA und verständigten sich aufgrund der mangelnden Organisation an der Spitze über diverse Führungsfragen. Wieder gelang Yamagata nicht, sich mit seinen Vorstellungen durchzusetzen und als Kompromiss zwischen IJA und IJN wurde Prinz Arisugawa als nomineller Oberbefehlshaber des gemeinsamen temporären Führungsstabes eingesetzt. Bereits am 5 Juni verlegten die ersten Einheiten der 5 Division nach Korea, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal ein Plan für die Führung des Krieges bestand. Begründung für die Verlegung der 5 Division war .

Der von Yamagata und Kawakami innerhalb kürzester Zeit (5 Juni bis Mitte Juli) ausgearbeitete Kriegsplan beinhaltete verschiedene Strategien um auf alle möglichen Entwicklungen nach den ersten Schlachten reagieren zu können. Die 5 Division sollte in Korea noch vor einer Kriegserklärung so rasch wie möglich nach Norden vorstoßen bis sie auf die nach Süden vordrängenden chinesischen Truppen stieß. Dann sollte die 5 Division so langsam wie möglich rückwärts gehend den Vormarsch der chinesischen Truppen verzögern. Zeitgleich sollte die IJN eine frühestmögliche Entscheidungsschlacht gegen die chinesische Flotte führen. Sollte diese Schlacht siegreich sein, würden dann die anderen Divisionen der IJA durch die Flotte nach Korea übergesetzt werden um die 5 Division zu entsetzen. Dann sollten die Divisionen der IJA in Korea die Entscheidungsschlacht gegen die chinesische Armee führen. Sollte die chinesische Flotte ausweichen, sollte diese Entsetzung langsamer, in vielen kleineren Operationen stattfinden. Vor einer Entscheidungsschlacht sollten die japanischen Truppen dann in dem gebirgigen Terrain Koreas auf einen Zermürbungskrieg setzen, bis ausreichend Truppen aus Japan nachgeschoben würden. Sollte die Marine die Entscheidungsschlacht gleich zu Beginn verlieren, sollte die 5 Division in Korea so lange wie möglich und bis zum letzten Mann kämpfend untergehen, um der IJA ausreichend Zeit für eine Verteidigung Japans zu schaffen.

Der Plan verrät den erheblichen preußischen Einfluss Meckels (insbesondere, was die Besessenheit von der Idee einer Entscheidungsschlacht angeht), zeigte aber auch genuin japanische Einflüsse und damit den eindeutig japanischen Charakter, den die IJA durch die Doktrin Yamagatas inzwischen erlangt hatte. Aus der Verbindung preußischer Strategie des kurzen Krieges durch eine Entscheidungsschlacht und japanischer Doktrin der maximal aggressiven Offensive auch bei erheblichem Risiko erhob sich im chinesisch-japanischen Krieg zum ersten Mal nun die IJA in der Form, welche bis 1945 ihr Wesen ausmachen sollte.

Am 1 August erfolgte dann die förmliche Kriegserklärung Japans an China. Die 5 Division war in dieser Zeit bereits nach Norden vorgestoßen und hatte dort allerdings keine chinesischen Truppen vorgefunden. Die chinesischen Streitkräfte waren Angesichts des Vordringens der 5 Division nach Norden ausgewichen und verweigerten zur völligen Überraschung der Japaner den Kampf. Nach der Kriegserklärung übernahm nominell der Kaiser Meiji selbst den Oberbefehl und begab sich nach Hiroshima, von wo aus die japanischen Truppen in Richtung Korea operierten. Der Kaiser wie auch die Eliten der Japaner waren mehr als nervös. Der Krieg gegen China war nun der erste Waffengang der neuen Armee Japans gegen eine ausländische Macht. Zudem hatte Japan in der frühen Neuzeit bereits einmal einen Krieg gegen China in Korea verloren. Im Gegensatz zu Yamagata, der sich bis zur völligen Erschöpfung aufarbeitete, waren die zivilen Minister, und insbesondere der Kaiser voller Angst vor einer Niederlage und einer Schwächung Japans durch den Krieg. Der Kaiser versuchte daher durch sein Verhalten die Moral der japanischen Truppen persönlich zu stärken. Er aß die gleichen Rationen, welche die japanischen Soldaten in Korea erhielten, und schlief im Hauptquartier der IJA in Hiroshima in den Büroräumen auf dem Boden gleich hinter dem Schreibtisch, auf dem Tag und Nacht die Planungen stattfanden.

Nachdem China die japanischen Forderungen die über britische Diplomaten den Qing zugestellt worden waren abgelehnt hatte, war es das Ziel des Kriegstabes, die koreanische Hauptstadt noch vor Beginn des Winters zu besetzen. Im Frühling 1895 sollte dann die Offensive zur Entscheidungsschlacht gegen die als sehr stark eingeschätzten chinesischen Streitkräfte stattfinden. Im Juli und August 1894 mobilisierte die IJA mehr als 220 000 Soldaten, von denen 100 000 in Japan zur Verteidigung wichtiger Küstenstädte abgestellt wurden, während 120 000 Mann sich auf die Verlegung nach Korea vorbereiteten. Innerhalb von nur 3 Wochen gelang es über 100 000 Mann der Reserven einsatzfähig in den jeweiligen Standorten der Divisionen zu sammeln. Die Leistung der IJA bei der Mobilisierung übertraf die kühnsten Hoffnungen Yamagatas und Meckels.

Die Ereignisse in Korea überschlugen sich jedoch noch schneller. Da kein chinesischer Widerstand den Vormarsch der 5 Division ausbremste, besetzte diese bereits am 12 Juli den Hafen von Seoul. Die chinesischen Truppen in der Hauptstadt Koreas zogen sich darauf hin nach Pyongyang zurück. Somit fiel die Hauptstadt, die gemäß dem Kriegsplan zumindest vor Winterbeginn genommen werden sollte bereits vor der offiziellen Kriegserklärung in japanische Hände. Am 25 Juli stießen die ersten japanischen Seestreitkräfte auf den Feind und der japanische Kreuzer Naniwa unter dem Befehl von Kapitän Togo Heihachiro versenkte einen chinesischen Truppentransporter an der Nordwestküste Koreas, ebenfalls vor dem offiziellen Kriegsbeginn und obwohl der chinesische Transporter unter britischer Flagge fuhr.

Um den 1 August, dass Datum der Kriegserklärung herum kam es dann im Raum von Kushan die ersten umfangreichen Kämpfe zwischen der IJA und der chinesischen Armee. Dabei stellten die Japaner zu ihrer großen Verwunderung fest, dass selbst zahlenmäßig weit unterlegene japanische Verbände den Feind mit relativer Leichtigkeit aus dem Feld schlagen konnten. Die chinesischen Truppen konnten trotz ihrer modernen Ausrüstung der japanischen Kriegsmaschine nichts entgegen setzen. Die japanische Generalität beschloss daher, auf dem Landweg so rasch wie möglich über den Yalu nach Westen vorzustoßen um in der Zhili-Ebene die Entscheidungsschlacht gegen die Chinesen zu führen. Darüber hinaus sollten japanische Truppen die Liaodong Halbinsel besetzen, die bis dahin in den Kriegsplanungen als Fernziel gegolten hatte. Zu diesem Zweck wurde am 1 September die Struktur der im Krieg befindlichen Truppenteile umgestellt. Für den Vorstoß nach Norden in Korea wurde die sogenannte 1 japanische Armee aus den zwei bereits in Korea befindlichen Divisonen geschaffen, die dann direkt unter dem Befehl Yamagatas agierte. Bereits Mitte September stürmte die 1 Armee dann Pyongyang und die chinesischen Truppen zogen sich weiter nach Norden zurück. Dieser militärische Sieg überraschte selbst den optimistischen Yamagata. Die Leichtigkeit mit der die japanischen Soldaten die Chinesen aus dem Felde schlugen, übertraf die kühnsten Hoffnungen die Yamagata in Bezug auf seine Armee gehabt hatte. Am 17 September gelang es dann zudem der IJN, die chinesische Flotte in der Schlacht am Yalu vernichtend zu schlagen. Auch der Seesieg übertraf bei weitem die Erwartungen und so konnte unmittelbar danach die neugebildete 2 japanische Armee die aus 3 weiteren Divisionen und einer Brigade der kaiserlichen Garde zusammen gesetzt war - unter dem Befehl von Oyama nach Korea übersetzen. Die Truppentransporter folgten dann der koreanischen Westküste nach Norden bis zur Liaodong Halbinsel wo die Japaner ungefähr 100 Kilometer nördlich von Lüshun (dem späteren Port Arthur) eine gewaltige amphibische Landung durchführten. Ziel dieses kühnen amphibischen Vorstoß war die Festung von Lüshun, welche den Bohai Golf kontrollierte.

Während dieser Operation stellte sich heraus, dass der Schiffstransportraum der IJN völlig unzureichend war. Obwohl die japanischen Heeressoldaten unter widrigsten Umständen mit extrem wenig Raum pro Mann transportiert werden konnten, fehlten überall Schiffe obwohl die IJN große Teile der japanischen zivilen Handelsflotte requirierte. Um die Operation so schnell wie möglich durchführen zu können, wurden daher europäische Schiffe angemietet, was allerdings erhebliche Kosten verursachte.

Derweilen verfolgte die 1 Armee Yamagatas die auf breiter Front fliehenden Chinesen im Oktober über den Yalu Fluss nach Nordwesten, während die 2 Armee am 8 November die Stellungen der Chinesen bei Lüda (dem späteren Dairen) überrannte. Bereits am 25 November fiel dann Lüshun in die Hände der Japaner. Bei der Eroberung der Festung kam es zu einer massenweisen Ermordung der chinesischen Kriegsgefangenen sowie einem Massaker an den Zivilisten in der Stadt. Die Führung der IJA war über den vorüber gehenden Zusammenbruch der Disziplin der Truppen derart besorgt, dass sie mit härtesten Strafmaßnahmen reagierte und zugleich alles daran setzte, das Morden unter den Teppich zu kehren. In der Folge dessen ist dieses erste große Kriegsverbrechen der IJA bis heute so gut wie unbekannt und eine Schätzung der Verlustzahlen schwierig. Vermutlich fielen um die 60 000 Zivilisten den japanischen Soldaten in der Stadt zum Opfer. Stattdessen wurde der Fall der Festung als Heldentat allgemein gerühmt, da nur 300 japanische Soldaten beim Sturm gefallen waren und Yamagata vorher viel höhere Verluste als notwendiges Opfer vorhergesagt hatte.

Im Norden erlahmte derweilen die Offensive Yamagatas. Abgesehen von den Problemen die der Winter den Truppen bereitete, waren die Nachschublinien zusammen gebrochen. Zudem standen der 1 Armee inzwischen an die 200 000 Mann chinesische Truppen gegenüber, was ein weiteres Vordringen extrem riskant gemacht hättte. Die IJA heuerte darauf hin in Korea und Japan massenweise Träger und zivile Hilfskräfte an, ein Konzept, dass Yamagata schon im Boshin-Krieg erfolgreich angewandt hatte. Ein Gros der Logistik lag damit im Endeffekt in zivilen Händen und bereits im Winter 1895 betrug die Zahl der Zivilisten die im Bereich der Logistik tätig waren 135 000 Mann. Obwohl diese Arbeiter der Armee unterstellt waren, trugen sie zivile Kleidung und wurden selbst wiederum nicht versorgt (sie sollten sich stattdessen selbst versorgen). Dies führte dazu, dass die Vertragsarbeiter massenweise Versorgungsgüter stahlen und sich aus den Vorräten der Armee bedienten. Noch darüber hinaus war Yamagata schwer erkrankt. Um seine Truppen zum Waschen und zur Hygiene auch unter schwierigsten Bedingungen anzuhalten, hatte er selbst auch im Winter regelmäßig in Flüssen und Bächen gebadet und sich dort vor den Truppen gewaschen. Dabei hatte er sich eine Lungenentzündung zugezogen. Trotzdem blieb er an vorderster Front und gab den Oberbefehl nicht ab, obwohl er wegen hohen Fieber diesen nicht mit der notwendigen Konzentration ausüben konnte.

Ganz allgemein begannen Krankheiten die japanischen Truppen zu dieser Zeit massiv zu schwächen. Die Zahl der Feldhospitale und die medizinische Versorgung lagen weiter hinter der moderner westlicher Armeen dieser Zeit zurück, obwohl die Offiziere der IJA einen besonderen Augenmerk auf die Hygiene ihrer Soldaten verwandten. Trotzdem kam es zu Ausbrüchen von Cholera und Amöbenruhr breitete sich aus. Für die Wundversorgung fehlte es an allem, bei Operationen insbesondere an jedweden Betäubungsmitteln, da Opiate extrem knapp waren. Deshalb wurden die verletzten Soldaten entsprechend festgebunden und gehalten und ohne jede Betäubung operiert.

Trotz seiner Erkrankung und des sich rasch verschlechternden Zustandes seiner Truppen wollte Yamagata noch im Winter erneut in die Offensive gehen und die chinesischen Armeen nordwestlich seiner Stellungen einkesseln und vernichten, obwohl diese zahlenmäßig weit überlegen waren und der IJA Informationen vorlagen, dass die Chinesen selbst nun in die Offensive gehen wollten. Die 1 Armee sollte noch vor Winterende Mukden stürmen, und dann im Frühjahr 1895 zusammen mit der 2 Armee nach Peking vorstoßen. Yamagata hielt diese Offensive gerade deshalb für möglich, weil die Chinesen sich ihrerseits auf eine Großoffensive vorbereiteten und daher unzureichende Verteidigungsmaßnahmen ergriffen hatten.

Derweilen sprach sich in Japan der schlechte Gesundheitszustand Yamagatas herum und man befüchtete, dass dieser an seiner Erkrankung sterben würde. Auf der anderen Seite konnte man ihn auch nicht einfach nach Hause befehlen, da dann die Wahrscheinlichkeit für einen Selbstmord Yamagatas sehr hoch wahr. Premierminister Ito bat daher den Kaiser, ein Schreiben an Yamagata zu richten, in dem er diesen bat nach Hiroshima zu kommen, um dem Kaiser persönlich Ratschläge für die weitere Kriegsführung zu erteilen. Am 17 Dezember machte sich daher Yamagata auf den Weg zurück nach Japan, wodurch die Offensive gegen Mukden ausfiel. Während Yamagata sich in der Heimat auskurierte und langsam wieder gesundete, änderte die IJA ihre Strategie auf dem Kriegsschauplatz und definierte neue, weniger ehrgeizige Ziele. Nachdem chinesische Gegenoffensiven abgeschlagen worden waren, griff die IJA als nächstes die chinesische Marinefestung Weiheiwei an, um damit den letzten Einheiten der chinesischen Flotte einen möglichen Ausgangspunkt für Überfälle auf japanische Transporter im Bohai Golf zu nehmen. Am 2 Februar gelang es Generalmajor Yasuzumi dann, die Festung mit Teilen der 2 Armee zu stürmen. Die wenigen verbliebenen chinesischen Flotteneinheiten kapitulierten darauf hin und übergaben ihre Schiffe an die IJN. Ab Februar 1895 kam es dann in der Mandschurei zu mehreren Schlachten zwischen der 1 Armee und den chinesischen Armeen in diesem Gebiet, in denen die Chinesen vernichtende Verluste erlitten. Aufgrund dieser Verluste beschloss die chinesische Regierung, mit Japan in Verhandlungen einzutreten, was schließlich am 17 April zum Friedensvertrag von Shimonoseki führte.

Gemäß diesem Vertrag erhielt Japan die gesamte Liaodong Halbinsel und die Festung Lüshun, Taiwan und die Penghu-Inseln, Korea wurde wiederum als „unabhängiger“ Staat von China anerkannt und wurde damit zu einem japanischen Marionettenstaat. Darüber hinaus erhielt Japan umfangreiche Eisenbahnkonzessionen in der Mandschurei. Darüber hinaus musste die Qing-Dynastie eine immense Summe zahlen undd ihre Häfen für japanische Importe öffnen. Nur 6 Tage später zwangen jedoch Russland, Deutschland und Frankreich die japanische Regierung unter Androhung von militärischer Gewalt, die Liaodong Halbinsel aufzugeben und nominell an China zurück zu geben. Diese fiel im weiteren an Russland, welches die Festung Lüshun sofort massiv ausbaute und begann in der in Port Arthur umbenannten Stellung Marineeinheiten zu stationieren. Die Marinefestung Weiheiwei fiel hingegen an Großbritannien. Dieses Ereignis erbitterte die Japaner zutiefst und bestärkte die japanische Führung in ihrer Auffassung, dass die Europäer immer noch eine massive Gefährdung Japans darstellten, der man nur mit weiterer Aufrüstung und einer Stärkung der IJA entgegen treten könnte. Zudem kam Yamagata zu der Schlußfolgerung, dass ein Krieg mit Russland innerhalb der nächsten Jahre unvermeidlich sein würde, was durch das sofortige Ausgreifen der Russen in Korea bestätigt wurde. Beispielsweise wurde der koreanische Herrscher von den Russen in die russische Botschaft in Seoul entführt und verschiedene Rechte welche Japan in Korea aufgrund seines Sieges geltend gemacht hatte unilateral durch Russland aufgehoben.

Die japanische Führung hatte jedoch ebenso richtig vorhergesehen, dass sich die Europäer aufgrund des japanischen Sieges auf China stürzen würden und so wurde die gesamte Aufmerksamkeit der Westmächte auf China gelenkt, während Japan die Gewinne des Krieges ohne Ausnahme in weitere Aufrüstung steckte. Noch darüber hinaus verstellten rassistische Vorurteile den Westmächten den Blick auf die realen Ereignisse. Der japanische Sieg wurde als eine Folge extremer Schwäche der Chinesen verstanden und nicht als japanische Stärke. Japan und die IJA wurden daher weiter als zweitklassige Regionalmächte angesehen, mit denen man jederzeit umspringen könne, wie es einem beliebe. Auch in China selbst wurde die Niederlage nicht als Zeichen der immensen militärischen Stärke der IJA verstanden, sondern als Folge der Schwäche der Qing-Dynastie, weshalb der Untergang von Qing-China eine der Folgen dieses Krieges war. Während die Quing auseinander brachen, konzentrierte Japan all seine Ressourcen für die weitere Aufrüstung der IJA und den nach japanischer Auffassung unvermeidlichen Krieg gegen Russland.
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