(Zweiter Weltkrieg) Imperiale Japanische Armee
#20
Klemens Wilhelm Jakob Meckel

Noch 1885 verwendte die IJA bei ihrer Ausbildung die Übersetzung französischer Dienstvorschriften und die gesamte Militärorganisation folgte dem französischen Vorbild. Bereits 1884 aber bereiste eine japanische Militärdelegation ganz Europa und verfasste einen langen Bericht zu den Vorzügen und Nachteilen der jeweiligen europäischen Armeen. Die Delegation umfasste sowohl den Kriegsminister Oyama, als auch den Direktor der Militärakademie Miura, den Befehlshaber des 1 Regiments der Kaiserlichen Garde Soroku und den Leiter der östlichen Abteilung des Generalstab Katsura. Miura favorisierte auch nach dieser Inspektionsreise weiter das französiche Modelle, alle anderen drei Mitglieder der Delegation kamen aber zu der Schlußfolgerung, dass das preußische Modell in Europa in Bezug auf die Landstreitkräfte das modernste und beste wäre.

Der Kriegsminister Oyuma forderte daher beim deutschen Kriegsminister Paul von Schellendorf eine deutsche Militärmission an, um die japanischen Streitkräfte nach preußischem Vorbild auszubilden. Von Schellendorf bestimmt zunächst Colmar von der Goltz als neuen Militärberater für Japan, aber der Generalstabschef von Moltke wollte diesen zum Aufbau der osmanischen Armeen verwenden und andere hochrangige und fähige Offiziere weigerten sich schlichtweg, nach Japan zu gehen. Schließlich bestimmte von Moltke den bis heute in Deutschland so gut wie unbekannten Major Meckel als neuen japanischen Militärberater und entsandte diesen nach Japan. Dabei war Meckel im Endeffekt nur die vierte Wahl, es war am Ende einfach niemand sonst übrig geblieben. In Deutschland war Meckel bis dahin völlig unauffällig gewesen, er galt als sehr guter Taktiker, aber nicht als Ausbilder und es fehlte ihm jede pädagogische Befähigung. Außerdem war er extrem pedantisch, aufbrausend, ein von Grund auf unangenehmer Mensch der auch umgekehrt andere Menschen nicht ausstehen konnte.

Im Gegensatz zur numerisch starken französischen Militärmission umfasste Meckels Beraterstab anfangs gerade mal 7 weitere deutsche Offiziere, die wie Meckel auch alle aus den Reihen der Infanterie stammten. Zeitgleich mit Meckel kamen zudem etliche italienische Militärberater nach Japan, welche sich aber nur um den Aufbau einer modernen Artillerie kümmerten. Es bestand dabei so gut wie kein Kontakt der Italiener zu Meckel. Für Meckel selbst erwies sich die Militärmission als der Glücksfall seines Lebens. Nach seiner Ankunft in Tokyo wurde er von den japanischen Offizieren regelrecht verehrt. Kein noch so unangebrachtes Verhalten Meckels tat dieser Verehrung einen Abbruch. Jede Pedanterie und Kleinlichkeit wurde von den Japanern mit äußerster Anstrengung umgesetzt, jeder Gedanke Meckels mit größtmöglicher Gründlichkeit umgesetzt.

Auch umgekehrt verliebte sich Meckel nach kürzester Zeit regelrecht in "seine" japanischen Truppen. Während er im Deutschen Reich nur auf Widerstand und Ablehnung gestoßen war, erschien im die IJA nun als das leuchtende Musterbeispiel einer Armee schlechthin. In einer Denkschrift schrieb er gar von den neuen Spartiaten. Meckel stürzte sich mehr und mehr in die Arbeit. Der Umstand, dass er eine ganze Armee nach seinen Vorstellungen nach Belieben gestalten konnte, führte dazu, dass er sich mit immer größerer Begeisterung ans Werk machte um seine Japaner voran zu bringen.

Die IJA wurde auf diese Weise innerhalb kürzester Zeit vollständig vom franzöischen Einfluss befreit und nach preußischem Vorbild umgestaltet. Dabei kopierte Meckel aber das preußische Militär nicht einfach, er schuf diverse Eigenheiten aufgrund der Lage in Japan. Aufgrund des gebirgigen Terrains Japans und der schlechten Infrastruktur gestaltete Meckel die japanischen Divisionen um und formte diese nach dem Vorbild von Gebirgsdivisionen, um sie beweglicher, leichter und schneller zu machen. De facto die gesamte Armee bestand daher anfangs aus Gebirgsdivisionen, auch wenn diese nicht so bezeichnet wurden. Außerdem verringerte Meckel den Anteil der Artillerie bzw setzte auf kleinere Feldkanonen, da diese beweglicher und schneller waren. 1889 waren bereits alle wichtigen preußischen Dienstvorschriften und sämtliche verfügbaren deutschen Schriften zur Kriegsführung ins japanische übersetzt. Die Wehrpflicht wurde innerhalb eines Jahres auf das preußische Modell umgestellt, die gesamte Ausbildung über den Haufen geworfen und vollkommen neu gestaltet. Desweiteren zog von Meckel mit den Japanern von einem Manöver ins andere, um sie auf deutsche Taktiken umzustelle und er machte all seinen Einfluss geltend, dass japanische Offiziere nur noch nach Deutschland entsandt wurden und nicht wie bis dahin üblich nach Frankreich und Deutschland.

Meckel führte mit Hochdruck eine moderne Pionierausbildung in der IJA ein und schuf ein Unzahl an vorher nicht existenten Kampfunterstützungstruppen. Auch der gesamte Generalstab wurde umgestaltet. 1890 wurde dann die gesamte Ausbildung der Offiziere umgestaltet und nach preußischem Vorbild ein Reserveoffizierkorps geschaffen, einschließlich der Option eines Einjährig-Freiwilligen, der für seinen Militärdienst selbst bezahlte, dafür aber nach Abschluß der Dienstzeit in die Reihen der Reserveoffiziere überging. 1896 schuf Meckel Kadettenanstalten nach preußischem Vorbild, in welche japanische Knaben im Alter von 13 Jahren aufgenommen wurden. Dabei wurde besonders darauf geachtet, dass die Söhne ehemaliger Unteroffiziere eine Chance erhielten, diese Kadettenanstalten zu besuchen, wodurch die Armee zum ersten Mal eine Aufstiegschance für die einfache Landbevölkerung bot.

Da die Umstellung der Armee von Garnisonen zu Divisionen bei der Ankunft Meckels gerade begonnen hatte, beeinflusste er auch diese Umstrukturierung entscheidend. Meckel brachte Yamagata davon ab, eine Ebene des Korps über den Divisionen zu schaffen, weil die Armee mit 7 Divisionen dafür noch zu klein sei und Japan selbst zu unwegsam, um dort größere Verbände als eine Division sinnvoll bewegen zu können. Daher wurden die Korpstruppen gemäß den Ideen Meckels auf die Divisionen verteilt und so wurde die Division zum primären Manöverelement der japanischen Armee.

Meckel schuf zusammen mit den Japanern zudem ein Armeeinspektion mit einem Armeeinspektor an der Spitze, welche insbesondere die Ausbildung der Armee überwachen und weiterentwickeln sollte. Der Generalinspekteur wurde im Rang dem Generalstabschef und dem Kriegsminister gleichgestellt. Dies führte jedoch wieder zu internen Verwerfungen und daher wurden die Funktionen des Generalinspektors ins Kriegsministerium übernommen. Trotzdem gelang es zusammen mit Meckel, die Ausbildung der japanischen Truppen die bis dahin je nach Region unterschiedlich war, fürs ganze Land zu standardisieren.

Meckel ging wie die japanischen Eliten davon aus, dass ein Angriff fremder Mächte auf Japan innerhalb der nächsten Jahre wahrscheinlich sei und drückte daher ebenso wie Yamagata derart aufs Tempo, dass die immensen Reformen und Umstrukturierungen innerhalb weniger Jahre abgeschlossen werden konnten. Schon kurz darauf zahlte sich die immense Mühe im ersten großen modernen Krieg Japans aus und die IJA erschien als neue militärische Großmacht auf dem Parkett.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema

Gehe zu: