(Zweiter Weltkrieg) Imperiale Japanische Armee
#16
Omura

Nach der Eroberung Osakas schuf Omura im Laufe der nächsten Monate aus den bunt zusammen gewürfelten Truppen der Aufständischen und den nun dazu tretenden Wehrpflichtigen aus den Lehen die IJA und wurde damit zu ihrem Begründer. Anfangs stand die neue Regierungsarmee dabei in Konkurrenz zu den Lehnsherrn um die Rekruten, die weiter eigene Truppen aufstellten und eher die ungeeigneten für die IJA abgaben. Diesem Umstand begegnete Omura, indem er die Zahl der per 10 000 Koku Reis zu stellenden Truppen stückweise erhöhte, von Anfangs 10 bis auf 60 und schließlich 1868 bereits den Lehen mit einem Erlass des Kaisers verbot, weitere eigene Truppen aufzustellen. Eine Entscheidung, die Omura im nächsten Jahr bereits das Leben kosten sollte.

Während dessen tobte der Boshin-Krieg weiter. Auf die Details will ich dabei gar nicht groß eingehen, sondern eher auf Nebenaspekte welche die spätere Geschichte der IJA prägten. Insbesondere die Truppen der Mori und Tosa zeichneten sich bei ihrem weiteren Vormarsch durch eine immense Brutalität aus. Beim Vorstoß nach Ost- und Nordjapan ging ungefähr ein drittel des gesamten dort verfügbaren Wohnraums in Flammen auf. Die Truppen der Mori schlachteten auch systematisch die Zivilbevölkerung ab und sammelten in immer größerem Umfang die Köpfe ihrer Gegner. Den Überlebenen wurde bei Folter und Tod verboten, die verstümmelten Leichen zu beerdigen, zu verbrennen oder auch nur anzurühren. Diese sollten nach dem Willen der Mori an Ort und Stelle verwesen. Diese Terror-Taktik hatte zwei Konsequenzen: Erstens wandte sich die Zivilbevölkerung rasant vom Shogunat ab und ersuchte in Schreiben und Bittschriften an den Kaiserhof um Unterwerfung und Schutz. Zweitens wandten sich gerade die reichen Kaufleute, die ersten Industriellen und Manufaktur-Besitzer entsetzt den Shimazu zu und zahlten diesen erhebliche Bestechungssummen dafür, dass deren Landtruppen ihre Besitzungen und Familien vor Übergriffen der Mori schützten. Dies führte zu einer engen Kooperation der Shimazu und der Kaufleute/Frühindustriellen und drängte die Shimazu noch stärker in ihre Rolle als Träger der zukünftigen Marine Japans, was technologisch anspruchsvoller und aufwendiger war als die Landkriegsführung. Einige der Landeinheiten der Shimazu waren allerdings mit diesem Vorgehen unzufrieden, da sie nicht im gleichen Maße wie ihre Verbündeten plündern und Ruhm bei harten Kämpfen erlangen konnten.

Seinen Höhepunkt fand dieses Vorgehen der Shimazu, als es Saigo Takamori in einem diplomatischen Meisterstreich gelang, Edo, die Hauptstadt des Shogunats (das heutige Tokyo) ohne Kampf einzunehmen. Die Shimazu hatten inzwischen etliche Angehörige der Regierung des Shogunats für sich gewonnen und damit eine Spaltung der Anhänger der Tokugawa erreicht. Im Mai 1868 besetzten daher Truppen unter dem Befehl von Saigo Takamori die Stadt. Saigo hatte dafür auch persönliche Gründe, da er früher etliche Jahre in Edo gelebt hatte und der Überzeugung war, dass die größte und am meisten entwickelte Stadt Japans auf keinen Fall zerstört werden dürfe. Zudem fürchtete er einen Orts- und Häuserkampf in der flächemmäßig ausgedehnten Stadt.

Er erlaubte daher den Truppen der Tokugawa, aus Edo abzuziehen, worauf hin sich viele dieser Krieger als Zivilisten getarnt in der Stadt oder in deren Umland verbargen und dann begannen, einen Partisanenkrieg gegen Saigos Truppen zu führen. Als erfolgreichste dieser Partisanengruppen stellte sich eine Einheit namens Shogutai heraus, welche den Regierungstruppen hart zusetzte. Edo versank in Straßengewalt, Mordanschlägen und allgemeiner Kriminalität. Die Shogutai setzten auch im Umland von Edo den Regierungstruppen hart zu, und legten sogar im Ueno-Park mitten in Edo eine Feldbefestigung an. Die Stadt drohte Saigo wieder zu entgleiten. Darauf hin entsandte die Zentralregierung, die inzwischen von Omura und Kido Koin (Mori), Okuba Tshimichi (Shimazu) und Iwakura Tomomi (Hofadel) dominiert wurde Omura mit Truppen der Mori nach Edo, um die Lage dort zu klären. Nach Eintreffen machte Omura Saigo erbitterte Vorwürfe und entschloss sich zum sofortigen Angriff auf die zu diesem Zeitpunkt gerade im Ueno-Park versammelten Shogutai. Die Warnungen von Saigo über die Stärke des Gegners schlug er in den Wind. Am 04 Juli griff daher Omura mit Eliteeinheiten der Mori an, diese blieben jedoch an der Feldbefestigung der Shogutai hängen und erlitten horrende Verluste. Omura setzte darauf hin seine Artillerie auf kürzeste Distanz gegen die Barrikaden und Verhaue ein, aber es gelang ihm trotzdem nicht, den Gegner zu werfen. Im Gegenteil begann sich der Kampf zu seinen Ungunsten zu entwickeln. Das Geschehen und die Chance dem Feind eine vernichtende Niederlage zu bereiten lockten aus der ganzen Stadt die Shogun-Treuen Kräfte herbei. Darauf hin entschied sich Saigo zum Einschreiten und fiel mit seinen Truppen den Shogutai in die Flanke und schlug diese vollständig.

Trotz dieser Umstände galt im weiteren Omura in ganz Japan als Kriegs-Held und bedeutendster und bester Feldherr Japans, während Saigo allgemein als Zauderer verachtet wurde. Saigo verlor über dem Geschehen sein Gesicht und wurde dadurch zu einem erbitterten Feind von Omura, was später ebenfalls verheerende Folgen haben sollte. Auf Betreiben von Omura wurde dann im September die Hauptstadt von Kyoto nach Edo verlegt, die Stadt am 03 September in Tokyo umbenannt und der Kaiser nahm angesichts dessen einen neuen Namen an: Meiji.

Derweilen führte Yamagata Aritomo die Truppen der Mori weiter nach Norden gegen die Aizu. Diese waren schon über Jahrhunderte hinweg Todfeinde gewesen, und so wurde hier der Kampf mit extremer Härte geführt. Yamagata erlange dabei den Ruf, der geschickteste Taktiker Japans zu sein und es gelang ihm, viele persönliche Kontakte und Freundschaften zu den Anführern und Soldaten anderer Lehen und Adelsfamilien zu knüpfen. Insbesondere schaffte Yamagata es trotz seiner Mori Herkunft, bei allen anderen Adelsfamilien als gemäßigt zu gelten und er knüpfte sehr gute Kontakte zu den Shimazu. Bei der Eroberung Nord-Japans wurde Yamagata daher sehr weitgehend durch Saigo Takamori unterstützt, welcher mit seinen Verbänden den Feind flankieren und strategisch wichtige Stellungen einnehmen konnte. Bis Dezember 1868 fiel dann ganz Nordjapan in die Hände der neuen Regierung. Die Tokugawa hielten im weiteren dann nur noch die Insel Hokkaido, wohin sich ihre Truppen bereits im Oktober 1868 zurück gezogen hatten. Zu dieser Zeit wechselten auch die französischen Militärberater die Seiten und traten fast alle (mit Ausnahmen) auf die Seite der neuen Regierung über. Sie wurden dort aber zunächst mit Misstrauen und Verachtung betrachtet und gerade die Mori trainierten ihre Truppen weiter nach holländischen Schriften über die Kriegsführung.

Im Frühling 1869 setzten die Truppen des Kaisers dann nach Hokkaido über und begannen die letzte starke Festung der Tokugawa dort zu belagern. Am 25 Mai mussten die letzten Anhägner des Shogunats dann aufgeben und kapitulieren. Die Insel kam im weiteren unter den Befehl des Generalleutnant Kuroda, der dort ehemalige Samurai und Angehörige der Kiheitai als Wehrbauern ansiedeln sollte. Nach dem Willen Omuras sollten diese dort Land erhalten, dass nach 3 Jahren Bebauung mit Feldfrüchten in Folge in den Besitz der Wehrbauern übergehen sollte. Dieses Tondenhei genannte System sollte eine möglichst kostengünstige und versorgungsextensive Verteidigung Hokkaidos gegen die Russen ermöglichen und zugleich eine Art Militärkolonie als Rekrutierungspotential für die Armee schaffen. In den ersten Jahren war das Programm allerdings nicht sehr erfolgreich.

Nach dem Sieg über die Tokugawa gab es im weiteren erhebliche Differenzen über die weitere Entwicklung der IJA zwischen Saigo Takamori, Omura und Okubo Toshimichi. Saigo forderte eine Stärkung der Stellung der Landtruppen der Shimazu und eine größere Beteiligung dieser an der neuen Armee. Zudem war er der Ansicht, dass die neue Armee primär aus Samurai rekrutiert werden sollte. Okuba konzentrierte sich hingegen auf Fragen der Marine und mischte sich nur wenig in Fragen der Landkriegsführung ein. Er machte sich allerdings große Sorgen über Unruhen, Aufstände und Widerstand, sollten die Samurai im weiteren ihre primäre Aufgabe als Krieger verlieren. Omura hingegen wollte die Samurai als Kaste abschaffen, die Armee primär aus Bauern rekrutieren und so schnell wie möglich die Samurai entwaffnen. Wie Okuba auch war er entschiedener Befürworter einer Stärkung der Zentralmacht auf Kosten der Provinzfürsten und beide hatten große Sorgen bezüglich der Überlebensfähigkeit des von ihnen neu geschaffenen Staates.

Für die Ausbildung junger Offiziere schuf Omura daher im Frühjahr 1869 eine Schule für Militärwissenschaft in Kyoto auf dem Gelände eines früheren französischen Truppenübungsplatzes. Aufgrund einer Intervention von Okuba war die Aufnahme in den ersten Jahren jedoch nur für die Söhne von Adeligen möglich. Im darauf folgenden Jahr wandelte Omura daher die Schule für Fremdsprachen in Yokohama (dem Heimatort Takasugis) in eine Militärakademie um, wobei er sich dafür der Hilfe französischer Militärberater bediente. Im Juli 1869 wurde dann das Direktorat für die Kriegsführung in ein konventionelles Ministerium umgewandelt. Die Frage, wer in diesem Ministerium welche Stelle erhalten sollte, führte umgehend zu erheblichem Streit zwischen den Mori und den Shimazu. Schließlich gelang es sich darauf zu einigen, dass der erste Minister Prinz Ninnaji werden sollte, der bei der Schlacht um Fushimi südlich von Tokyo den Aufständischen das kaiserliche Banner gebracht hatte. Omura erhielt die Stellung eines stellvertretenden Ministers und erhielt die Verantwortung für die Modernisierung und Ausbildung der Streitkräfte.

Eine der ersten Handlungen Omuras nach Errichtung des Ministeriums war es, den Sitz desselben sowie einen Großteil der Regierungstruppen von Kyoto nach Osaka zu verlegen. Das hatte den Zweck, von dort aus per Schiff schnell alle Gebiete Japans erreichen zu können, um auf Aufstände und Unruhen möglichst schnell zu reagieren. In Osaka ließ Omura dann die erste Kaserne der neuen Armee errichten und legte einen größeren Truppenübungsplatz nach französischem Vorbild an. Die nächste Zeit war er dann stark mit der Standardisierung der Ausrüstung wie der Ausbildung beschäftigt.

Im September 1869 reiste Omura dann nach Kyoto um den Kaiserhof direkt zu berichten und wurde in einem Gasthof von einigen Samurai aus dem Hinterhalt angegriffen. Der Mordanschlag war eine direkte Folge des Verbots von Omura für die Lehen, eigene Truppen neben der IJA aufzustellen. In einem kurzen aber heftigen Schwertkampf gelang es den Angreifern die Leibwächter Omuras zu töten und ihn schwer zu verletzen. Da sie davon ausgingen, dass er tot sei, ließen sie ihn liegen. Omura überlebte jedoch zunächst und erlag erst im November 1869 in Osaka dann seinen Verletzungen.

Der Tod von Omura führte sofort wieder zu Zwistigkeiten über die Frage seiner Nachfolge. Die Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Parteien, insbesondere zwischen den Mori und den Shimazu führten dazu, dass ein möglicher Kandidat nach dem anderen verworfen werden musste.
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