Hätte es eine Alternative zu Versailles gegeben?
#15
1915 glaubten alle Beteiligten noch an Sieg !
Alle Kriegsparteien führten (mehr oder weniger erfolglose)Offensiven, auf Seiten der Entente trat Italien in den Krieg ein, die Deutschen waren optimistisch hinsichtlich der Türken im Mittleren Osten. Da gab es keine Chance für einen Frieden. Man muss das Denken der Militärs und Politiker damals bedenken und nicht unser Wissen von heute.

Auch 1916 glaubte man an Sieg, die Deutschen griffen Verdun an, schlugen Rumänien und hatten Erfolge im Osten gegen die Russen. Die Österreicher hielten ihre Front gegen Italien, die Türken auch gegen die Briten. Die Entente dagegen setzte auf die große Offensive an der Somme und hoffte (vergeblich) auf Erfolge der Russen und Italiener.
Also auch 1916 noch kein Wille zum Frieden, nur der Glaube an den Sieg !

Das änderte sich erst 1917: Aus deutscher Sicht schied Russland aus dem Krieg aus und man feierte den großen Sieg über die Italiener am Isonzo. Man blieb im Westen in der Defensive und das durchaus erfolgreich. Also vielleicht gute Vorraussetzungen aus einer Position der Stärke heraus verhandeln zu können, besonders wenn der U-Bootkrieg erfolgreich sein würde.....
Aus der Sicht der Entente marschierte man gegen die Türken erfolgreich im Mittleren Osten und der Kriegseintritt der USA gab eine langfristige Erfolgsperspektive für 1918. Der U-Bootkrieg erwies sich als nicht so gefährlich wie befürchtet, warum sollte man also verhandeln.....

Die Zeit spielte letztendlich für die Entente, je länger der Krieg dauerte, desto schwächer wurde Deutschland und desto stärker die Entente. Das war im Grunde schon vor dem Krieg den deutschen Generälen klar, deshalb ja der Schlieffenplan: Die Gegner nacheinander schlagen....
Funktionierte aber nicht und alle fanden sich in einem langen Krieg wieder, den keiner erwartet hatte!

Für mich sind Clemencau und Wilson keine großen Staatsmänner. Große Staatsmänner schauen in die Zukunft und nutzen ihre Macht geschickt. Der alte Mann Clemencau war ein Mann des 19.Jahrhunderts, er hatte 1871 miterlebt und war von Rache zerfressen. Wilson sah nicht die Macht der USA als neue Weltmacht und nutzte diese Position nicht, um seine Vorstellungen durch zu setzen. Große Staatsmänner hätten einen Vertrag geschaffen, der Deutschland zwar schädigt, aber nicht demütigt und fast vernichtet.
Aber auch auf Deutscher Seite fehlte es an großen Staatsmännern, Politiker mit Format hätten Ludendorff gesagt, wenn du einen Waffenstillstand willst, geh hin und unterschreib selbst. Waffenstillstände werden von Generälen unterschrieben, nicht von Politikern ! Es hätte keine Dolchstoßlegende gegeben, wenn Hindenburg und Ludendorff selbst in Compiegne hätten erscheinen müssen.....

Ein guter Friedensvertrag hätte Deutschland Streitkräfte gelassen, mit dem es sich auch hätte verteidigen können, aber nicht angreifen: Z.B. 300.000 Mann Berufsarmee mit 300 Flugzeugen, 1000 Kanonen, 500 Panzern, 8 U-Booten und 6 Schlachtschiffen entsprechend der Flottenverträge.
Man hätte die Volksabstimmungen akzeptieren müssen und die Reparationen auf einem vernünftigen Maß halten müssen. Das hätte Deutschland nicht gedemütigt und wirtschaftlich erhalten. Der ganzen Diskussion vom "Siegerdiktat" und einem Teil der wirtschaftlichen Probleme wäre der Boden entzogen gewesen.
Stattdessen wurde Deutschland als potentiell stärkste Wirtschaftsmacht Europas finanziell ausgeblutet, was sich letztendlich auch verheerend auf die Wirtschaft der Sieger auswirkte.......
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