Golfstaaten vrs. Iran
#98
@phantom

Die Konfliktursachen zwischen Schiiten und Sunniten liegen i. d. T. zum Teil in der Vergangenheit, sie haben aber - von Staat zu Staat verschieden - auch politische Ursachen. Ich möchte die religiösen Streitigkeiten von sog. 7er- oder 12er-Schia mit einem eifernden Wahhabismus oder dem Salafismus nicht weiter vertiefen. Man könnte hierüber ganze Bücher schreiben und es sind auch schon viele geschrieben worden. Sehr grob dargestellt könnte man sagen, dass die Masse der strenggläubigen Sunniten, besonders wenn sie sich nach der Salafiya hin ausrichten, die Schiiten als potenzielle Häretiker ansieht, die sich vom "wahren Glauben" abgewendet haben. Dieses Problem ist indessen nicht neu, sondern besteht schon seit über 1000 Jahren.

Das Problem heute ist vielmehr bzw. zudem, dass dieser Gegensatz, der seitens der Sunniten wesentlich stärker und von manchen Kreisen geradezu hasserfüllt gepflegt wird, heute nicht mehr nur alleine im religiösen Sinne eine Rolle spielt, sondern zudem noch mit nationalen sowie macht- und geopolitischen und auch (in den betroffenen Ländern) innenpolitischen Streitigkeiten verknüpft wird. Ich möchte nicht jedes einzelne Land betrachten (das würde auch den Rahmen sprengen), aber interessant in diesem Zusammenhang wäre z. B. Bahrain.

Diese 750-Quadratkilometer-Insel vor der Küste Saudi-Arabiens hat gerade mal ca. 1,3 Mio. Einwohner. Diese sind mehrheitlich schiitisch geprägt (ca. 65%). Beherrscht wird dieser Inselstaat jedoch von einem sunnitischen Herrscherhaus, der Khalifa-Dynastie, die sich jedem Reformvorhaben - und ein politischer Wandel hin von einer Monarchie zu einem republikanischen System würde zwangsläufig eine schiitische Regierungsübernahme bedeuten - logischerweise mit Händen und Füßen widersetzt und die Schiiten politisch "unter dem Deckel" halten will und wollte.

Als 2011 dann der Monarchie die Fäden beinahe aus der Hand zu gleiten schienen, griff Saudi-Arabien ein und schickte über die König-Fahd-Brücke (die Bahrain mit dem Festland verbindet) Truppen, um die schiitischen Unruhen für die vakante Khalifa-Dynastie niederzuschlagen. Dies gelang dann auch (leidlich, im Untergrund gärt es noch immer). Deswegen habe ich ja oben geschrieben, dass sich Bahrain mit dem Aufspringen auf den diplomatischen Blockadezug der Saudis wohl bei Riad bedanken wollte.

Saudi-Arabien hat sein damaliges Eingreifen damit rechtfertigt, dass es (angeblich?) einen iranischen Umsturzversuch auf Bahrain gegeben habe, den man hat abwenden müssen. Obgleich man von ausgehen muss, dass es Teheran sicherlich sehr entgegengekommen wäre, wenn die Lage auf Bahrain gekippt wäre, so konnte man eine Einflussnahme des Iran indessen bislang nicht zur Sicherheit nachweisen. Vielmehr waren - zumindest sagen dies einige Fachleute - die schiitischen Unruhen (zumindest weitgehend) eher und v. a. auch eine lokale Reaktion im Rahmen der Umwälzungen des "arabischen Frühlings" und die bislang gegängelte Bevölkerungsmehrheit forderte schlicht nach einem Mitspracherecht.

Schneemann.
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