Phalanxtaktik, taktische Details
#10
Die Hypaspisten dienten nicht primär dem Flankenschutz (vom ihrem Ursprung her waren sie sogar genau genommen Leibwächter des Königs - was auch später noch durchgehend vom Selbstverständnis her als ihre primäre Aufgabe/Natur gesehen wurde, auch wenn diese in der militärischen Realität längst eine andere war), sondern sie übernahmen alle möglichen Aufgaben die anfielen - die eine leichte Elite-Infanterie benötigten, die besonders Nahkampfstark war. Ihre besonderen Leistungen brachten sie halt oft in die Lage, die Flanken zu schützen, was aber nicht ihre einzige Aufgabe war. Primär stärkten sie andere leichte Infanterie-Verbände die in Alexanders Armee in großer Zahl vorhanden waren, ich hatte beispielsweise schon explizit die hervorragende illyrische Infanterie genannt, die sich zum Teil aufgrund der Abstammung Alexanders ihm gegenüber besonders loyal verhielt.

Die Hypaspisten wurden solcher leichter Infanterie sozusagen als Rückgrat eingezogen oder umgekehrt bildete andere leichte Infanterie für sie die notwendige Masse im Hintergrund.

Die Phalanx zur Zeit von Alexander war eine Kampfweise der verbundenen Waffen, in der die Phalangiten, leichte Infanterie, andere Formen schwerer Infanterie, Kavallerie, Plänkler usw alle zusammen ein perfektes Heer ergaben. Der wesentliche Unterschied der Phalanx Alexanders und der Phalanx wie sie die Diadochen und hellenistischen Nachfolgestaaten verwendeten war dann gerade eben der: dass Alexanders Phalanx eng mit leichter Infanterie zusammen wirkte und zwischen den Syntagmen leichte Infanterie eingemischt wurde. Schon die Diadochen kamen davon ab, weil die hervoragende leichte Infanterie nicht mehr zur Verfügung stand und weil dann primär Phalanx gegen Phalanx kämpfte, während Alexanders Gegner ja keine Phalanx hatten !

Die Phalanx degenerierte also primär deshalb, weil nur noch Phalanx gegen Phalanx stand und aufgrund dieser Inzuchtkampfweise der Kampf der verbundenen Waffen verlernt wurde.

Die Phalanx zu der Zeit, wo die Römer auf sie trafen, war hingegen nur noch ein trauriger sehr weit herunter gekommener Abklatsch der Kriegsmaschinerie die Alexander hatte.

Zitat:Die makedonischen bzw. hellenischen Schlachtreihen scheinen durch das römische flexible Manövrieren und Attackieren geradezu zerrissen worden zu sein.

Die Phalangen auf welche die Römer trafen, wurden nicht einmal durch die Römer derart aufgespalten, sondern bereits ohne Feindeinwirkung nur durch das Gelände. Wo das Gelände die Phalanx nicht öffnete, konnten auch die Römer nicht frontal einbrechen (siehe die Schlacht von Kynoskephalai, wo die Römer die Flanken umgingen).

Auch gegen die letzten fähigen hellenischen Heere unter Phyrros von Epiros oder weiter gefasst unter den Karthagern in den punischen Kriegen hatten die Römer erhebliche Mühe und verloren hier etliche Schlachten gegen die makedonische Phalanx.

In all diesen Schlachten verfügte der Geger aber immer auch über hervorragende leichte Infanterie, welche eben systematisch in die Lücken der Syntagmen eingemischt wurde bzw in diese eindrang wenn sich welche bildeten.

Zitat:Denn die Verlustzahlen aus Schlachten wie der bei Magnesia waren irre. Und der Ausbidlungsstand besonders beim Zusammenwirken der einzelnen Waffengattungen schien auch nicht sehr hoch gewesen zu sein.

Ein wesentlicher Aspekt: die römischen Legionäre in diesen Schlachten waren die Auslese aus den punischen Kriegen, zum Teil extrem abgehärtete und extrem erfahrene Veteranen mit herausragend guter Ausrüstung (die Qualität römischer Schwerter und Rüstungen in dieser Zeit ist der Höhepunkt in der ganzen Antike gewesen). Auf der anderen Seite hatte man im Endeffekt Bauern ohne große Ausbildung lange Stangen mit Metallspitze in die Hand gedrückt und sie damit zu "Phalangiten" gemacht.

Bei Magnesia führte sogar Scipio Africanus, der Besieger Hannibals den Oberbefehl über die römischen Truppen. Mehr Kampferfahrung und einen besseren Oberbefehl hatte keine römische Armee, weder vorher noch nachher.

Das gesamte Unteroffiziers- und Offizierskorps der Römer war 203 v Chr noch gegen Hannibal persönlich angetreten, damals sicher oft noch noch als einfache Legionäre. Um dann 7 Jahre später 196 in den Krieg gegen die Seleukiden zu ziehen. 10 Jahre, etliche kleinere Gemetzel und Schlachten später unter demselben Oberbefehlshaber wie gegen Hannibal traf dann die vermutlich kriegserfahrendste Armee der Antike auf eine Armee von zwangsgepressten nicht ausgebildeten Opfern.
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