Tunesien
#22
Schneemann schrieb:
Zitat:In Ägypten, Jordanien, Kuwait und erst Recht in Saudi Arabien, Bahrain oder den VAE wären sofort westliche Geheimdienste und Militärs zur Stelle um einen solchen Putsch zu verhinden, bzw. in eigene Bahnen zu leiten.
Das halte ich für ein übliches Gerücht, das der Neigung in manchen Teilen der muslimischen Welt, den Westen verschwörerisch für alles verantwortlich zu machen, entspringt. In deinen Augen ist immer dann der böse Westen verantwortlich, wenn irgendeine zerstrittene oder gar fundamentalistische Gruppe wieder mal über sich selbst stolpert und mit dem Hintern wieder zuvor aufgebautes einreißt.

Wie Du den Verschwörungs-Bogen zu Deinen heiss geliebten Muslimen wieder gespannt bekommst, ist mir schleierhaft. Ein kausaler Zusammenhang zwischen eines, in weiten Teilen der Region, wachsenden Unmuts gegen die von westlichen Regierungen eingesetzten Despoten und den antiwestlichen Ressentiments ist keineswegs so lapidar als "Verschwörungstheorie von Muslimen" abzutun. Wie die Regime des Nahen und Mittleren Ostens, Nordafrikas entstanden sind und "auf Kurs" gehalten wurden, ist ja als Bestandteil nachvollziehbarer Geschichte bekannt. Ebenso gut kann ich die jüngere Geschichte des zutiefst katholischen(!) Lateinamerika oder die Zeiten von Nasser bzw. des arabischen Nationalismus heran ziehen. So einfach lässt sich das also nicht abtun, wie Du das glaubst.

Der Westen tut nach wie vor viel zu wenig dafür, sich vom gewählten Weg spätkolonialen Statthaltertums zu befreien. Wo bleibt denn die Distanzierung und Kritik an den Regimen in Saudi Arabien, Bahrain, der Wahlfarce in Ägypten, die den dort lebenden Menschen das Gefühl geben könnte, man interessiere sich hierzulande für ihre demokratischen Belange? Kein Wort von Menschenrechten beim Händchenhalten mit einem Abdullah. Auch den ägyptischen Botschafter hat man nach der getürkten Wahl nicht einbestellt. Stattdessen vornehm zurückhaltende Gratulation und allgemeine Erleichterung, dass die Muslimbrüder oder ein liberaler Patriot wie Baradei erfolgreich ausgeschaltet wurden. Kein Wort über massive Menschenrechtsverletzungen in Bahrain. Im Gegenteil, diese Regime standen und stehen unter dem Schutzschirm ihrer westlichen Geschäftspartner. Zu denen geschätzten und geschützten Despoten gehörten einst auch so illustre Gestalten, wie Saddam Hussein, Shah Pahlavi, Pinochet, Batista, Noriega, etc... Einige dieser zweifelhaften Verbündeten haben sich mit aktiver Hilfe des Westens gegen demokratisch gewählte Regierungen an die Macht geputscht. Der Linksruck in Lateinamerika und der heutige Islamismus sind absolut in einen kausalen Zusammenhang mit dieser verfehlten Politik einzuordnen.

Ich wiederhole mich da also gerne. Tunesien hat den ganz entscheidenden Vorteil, nur von begrenzt strategischem und wirtschaftlichen Interesse für die USA, Frankreich oder GB zu sein. Insofern stimmt das hoffnungsvoll für die Zukunft dieses Landes.
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