(Asien) Georgische Marine
#1
Bis zum August-Krieg hatte Georgien ja begonnen, seine Marinestreitkräfte auszubauen.
In unserem Länderdossier
haben wir dazu festgehalten:

Zitat:Die Marine ist die personell schwächste Teilstreitkraft. Zu einer wirksamen Seeblockade des – von Russland durch hohe Gebirgswälle getrennten – Abchasien wird Georgien aber auf eine einsatzfähige Marine angewiesen sein. Sie verfügt über mindestens 18 Schnellboote. Die schlagkräftigsten dieser Boote sind die Flugkörperschnellboote "Tiflis" mit SS-N-2 Styx- und die "Dioskura" mit Exocet-Raketen, sowie die ehemalige "Minden", ein deutsches Minenjagdboot der Lindau-Klasse.
Hier ist die kleine georgische Marine dabei, sich unauffällig mit weitestgehend gebrauchtem Material auszustatten. Bulgarien lieferte bereits 2001 zwei 500 ts Landungsboote der VYDRA-Klasse und hat inzwischen die Überlassung einer „mittelgroßen“ Einheit (U-Jagd-Korvette) mit Flugabwehr-FK angekündigt. Die Zeitschrift MARINEFORUM (<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.marineforum.info">http://www.marineforum.info</a><!-- m -->) vermutet daher die Überlassung einer der beiden – erst in den 80er Jahren gebauten – russischen 425 ts Korvetten der „PAUK-Klasse“, die zu den modernsten und einsatzfähigen Einheiten Bulgariens gehören und mit Flugabwehr-FK SA-N-4 (zum Eigenschutz in einem Nahbereich von 10 km Umkreis), einem 76 mm Hauptgeschütz und U-Jagd-Torpedos sowie einenm U-Jagdraktenwerfer RBU 1200 bestückt sind. Die Abgabe einer der noch aus den 60er Jahren stammenden U-Jagschiffe der POTI-Klasse sei wegen deren fehlender Flugabwehr FK dagegen eher nicht anzunehmen.
der Krieg im Kaukasus hat nun auch die Marine getroffen - und es ist interessant zu erfahren, was aus den georgischen Schiffen geworden ist, ob - und ggf. wie - sie in den Konflikt eingegriffen haben.
Das Marineforum schreibt dazu in seiner Sonderveröffentlichung unter anderem:
Zitat: Aus gegebenem Anlass befasst sich diese Ausgabe unserer wöchentlichen Internetrubrik ausschließlich mit dem Georgienkonflikt. Hier hat es direkt oder mittelbar auch eine ganze Reihe von Aktivitäten und Entwicklungen mit maritimem Bezug gegeben, die zum Teil in den Tagesmedien angerissen wurden, von denen es einige aber auch nicht in die Schlagzeilen “geschafft“ haben. Diese sollen hier kurz dargestellt werden.

Grundsätzlich ist es bei allen Meldungen und Berichten aus Georgien extrem schwierig – oft unmöglich -, zwischen Tatsachen, Gerüchten und gezielten Desinformationen zu unterscheiden. Um es kurz zu sagen: Mit dem Ziel, die eigene Verantwortung zu minimieren und die internationale Meinung zu beeinflussen, lügen beide Konfliktparteien „wie gedruckt“, streiten auch nachweisliche Tatsachen vehement ab oder überzeichnen Ereignisse. Problematisch ist, dass auch angesehene internationale Nachrichtenagenturen viele Meldungen ungeprüft weiter verbreiten und sich so unwissentlich vor den jeweiligen Propagandakarren spannen lassen.

Einige Widersprüche werden im Nachfolgenden mit aufgezeigt, dennoch ist nicht immer eindeutig klar, was nun Tatsache ist. So manche Frage wird offen bleiben. Hier muss sich ggf. jeder Leser seine eigene Meinung bilden.



Russische Schwarzmeerflotte vor Georgien

Landungsschiff YAMAL mit im Georgieneinsatz (Foto: Shipspotting)Bereits am 9. August verlegt die russische Schwarzmeerflotte Einheiten aus Sevastopol und Novorossiysk vor die georgische Küste. Eine Auswertung zahlreicher späterer Meldungen lässt die wahrscheinliche Verbandszusammensetzung erkennen: aus Sevastopol kommen der FK-Kreuzer MOSKVA (SLAVA-Klasse, Flagg-/Führungsschiff der Schwarzmeerflotte), der FK-Zerstörer SMETLIVIY (KASHIN-Klasse), die FK-Korvette MIRAZH (NANUCHKA-III), mindestens eine FK-Korvette TARANTUL-III (R-109), die U-Jagdkorvetten ALEKSANDROVETS, MUROMETS und KASIMOV (GRISHA-V-Klasse), die Landungsschiffe SARATOV (ALLIGATOR), YAMAL und TSESAR KUNIKOV (ROPUCHA), ein Werkstattschiff der LAMA-Klasse und das Bergeschiff EPRON (PRUT). Aus Novorossiysk ergänzen zwei Minensucher und ein SIGINT-Schiff zur Fernmelde-/elektronischen Aufklärung die Einsatzgruppe.

Auffällig ist, dass der Verband (Höchstgeschwindigkeit des LAMA etwa 14kn) bereits weniger als 48 Stunden nach dem die aktuelle Krise auslösenden georgischen Beschuss Südossetiens im Operationsgebiet einen minutiös ablaufenden Einsatz durchführt. Dies spricht für einen extrem hohen Bereitschaftsstand, Vorabkenntnis (Geheimdienste) vom georgischen Artillerieüberfall und auch einen schon länger vorbereiteten Operationsplan.

Der russische Generalstab erklärt, die Schwarzmeerflotte werde sich nicht an den Militäroperationen in Georgien beteiligen, sondern sich „nur in der Region bewegen“. Das US-Außenministerium wird offiziell informiert, dass die Schiffe in der seit bereits längerem vor der abchasischen Küste eingerichteten Sicherheitszone operieren werden. Tatsächlich wird das Gros des Verbandes auch nicht direkt vor der georgischen Küste aktiv. In der Nacht zum 10. August setzen die Landungsschiffe in einer von den Überwasserkampfeinheiten gesicherten, amphibischen Operation bei Ochamchira ein größeres Kontingent Fallschirmjäger an der abchasischen Küste ab. Die Rede ist von angeblich bis zu 4.000 Mann, was angesichts der Ladekapazität der Landungsschiffe allerdings bedeuten würde, dass nur wenige Fahrzeuge mitgeführt werden. Vielleicht werden diese auf dem Landwege nachgeführt. Die russische Nachrichtenagentur Novosti verschweigt die amphibische Operation. Sie meldet, die Landungsschiffe würden “Flüchtlingen humanitäre Hilfe bringen”.



Seeblockade

Eine Seeblockade gegen Georgien ist eindeutig Teil der russischen Seeoperationen, auch wenn eine solche offiziell nie erklärt wird. Schon am 9. August spricht der georgische Wirtschaftsminister von der Hinderung eines Weizenfrachters am Einlaufen in Poti durch ein russisches Kriegsschiff. Einen Tag später meldet die Nachrichtenagentur Interfax, „die Seeblockade gegen Georgien“ solle eine Verstärkung der georgischen Streitkräfte und die Ausweitung des Konfliktes auf Abchasien verhindern. Aus dem russischen Außenministerium heißt es, man “plane keine Blockade, aber behalte sich das Recht vor, alle Georgien anlaufenden oder verlassenden Schiffe zu durchsuchen”. Im Endeffekt sind mit Konfliktbeginn die Seeverbindungen zu georgischen Häfen signifikant beeinträchtigt, teils wohl auch unterbrochen. Noch am 14. August meldet die staatliche aserbeidschanische Ölgesellschaft, einer ihrer Tanker sei am Verlassen Potis gehindert worden.

Hafen von Poti (SatFoto: Google Earth)
Georgische Hafeninfrastruktur ist aber offenbar nur wenig beschädigt, auch wenn es anders lautende Meldungen gibt (s.u.). Aus Poti berichtet der Leiter der dortigen Seaport Corporation am 15. August, “cargo handling” sei die ganze Woche über auf dem üblichen Niveau gewesen. Verlässliche Aussagen, ob und wie viele Schiffe Poti und die anderen Häfen anlaufen und verlassen konnten, gibt es nicht. Die Ölverladeanlagen in Poti, Supsa und Batumi werden aus Sicherheitsgründen vorübergehend still gelegt.



Seegefecht vor Abchasien

Als in der Nacht zum 10. August der russische Verband die amphibische Operation vor Ochamchira durchführt, nähern sich plötzlich vier kleine, schnelle Fahrzeuge und dringen in die Sicherheitszone vor der Küste ein. Bevor sie eindeutig als georgisch identifiziert sind, sind sie so nahe, dass sie mit Rohrwaffen das Feuer auf die russischen Kriegsschiffe eröffnen können. Hauptziel ist offenbar die MOSKVA, auf der angeblich nach Treffern auch ein Feuer ausbricht, und die sich hinter dem Schirm der anderen Schiffe nach Norden aus der Kampfzone absetzt. Die Russen erwidern sofort das Feuer, versenken einen der Angreifer. Noch ein weiteres Boot wird getroffen, bleibt aber fahrfähig. Es kann sich mit den verbliebenen anderen zwei Angreifern nach Poti flüchten.

Bei dem versenkten Boot soll es sich um das Wachboot GEORGY TORELI der STENKA-Klasse handeln, das einem russischen Augenzeugenbericht zufolge durch einen von der NANUCHKA-Korvette MIRAZH geschossenen Seeziel-FK SS-N-9 „aus dem Wasser geblasen“ worden sein soll.

Einige Meldungen nennen die TBILISI (MATKA-Klasse) als versenkte georgische Einheit. Dies ist definitiv nicht richtig, denn das Boot liegt nachweislich noch nach dem Angriff in Poti an der Pier (s.u.). Möglicherweise ist die Ursache der Fehlmeldung darin zu sehen, dass die russische Marine bei den Angreifern von „missile boats“ spricht, und einzige mit FK bestückte Einheit der georgischen Marine ist die TBILISI. Bei der 2004 von Griechenland überlassenen DIOSCURIA (Typ COMBATTANTE) wurden keine Seeziel-FK mit geliefert.

Während russische Medien hervorheben, dass die MIRAZH den Angreifer binnen nur 90 Sekunden versenkt habe (und ihr Kommandant sich am 14. August im Kreml einen Orden abholen durfte), stimmt ein anderer Aspekt des Seegefechts vor Ochamchira eher nachdenklich. Der Angriff fand statt, als die amphibische Landung durchgeführt wurde, und die Überwasserkampfeinheiten sollten diese ja auch sichern. In einer solchen Situation sollte kein feindlicher Schnellbootsverband aus Bedrohungsrichtung so nahe heran kommen, dass das Führungsschiff der Operation mit Rohrwaffen (30-mm/40-mm, effektive Reichweite vielleicht 5km) beschossen und getroffen werden kann. Hier wird der Kommandant bzw. der Verbandsführer sicher noch peinliche Fragen zu beantworten haben.

Begleitet vom Zerstörer SEMTLIVY, läuft die MOSKVA am 10. August abends in Novorossiysk ein, bleibt aber nicht im Hafen. Soll sie den Blicken der Öffentlichkeit entzogen bleiben? Die Nachrichtenagentur Novosti behauptet, MOSKVA und SMETLIVY würden nun “in Vorbereitung der Olympischen Spiele von Sochi in der Nähe von Novorossiysk eine Antiterrorübung durchführen”. Am 13. August kehren MOSKVA, SMETLIYIY, MIRAZH und eine weitere Einheit nach Sevastopol zurück.



Angriffe auf den Hafen von Poti

Schon am 9. August meldet DPA (vermutlich nach staatlichen georgischen Angaben), russische Flugzeuge hätten den Hafen von Poti bombardiert und das Ölterminal komplett zerstört. Wenig später berichtet der Hafenkapitän über Telefon, es habe zwar Tote und Verletzte gegeben, die Schäden seien aber nur oberflächlich; alle Anlagen seien prinzipiell technisch in Ordnung, nur die Hafenarbeiter hätten Angst.

Ein öffentlich sichtbarerer Angriff auf Poti erfolgt dann am 13. August. Er gilt allerdings nicht der zivilen Hafeninfrastruktur, sondern dem Marine und Küstenwache vorbehaltenen Hafenbecken. Erneut liefert der Hafenkapitän die verlässlichsten Informationen. Russische Soldaten hätten sechs Marineeinheiten und Küstenwachboote sowie weitere kleine Boote versenkt. Schaulustige seien zuvor gewarnt worden, dann habe man die Fahrzeuge mit Sprengladungen in Brand gesetzt und auf den Hafengrund befördert. Es sei niemand verletzt worden. Das georgische Fernsehen zeigt die dazu gehörenden Bilder.

Zu den betroffenen Einheiten gehört die (einigen Angaben zufolge ja schon drei Tage zuvor vor Ochamchira versenkte) TBILISI. Diesmal gibt es keinen Zweifel. Ein Amateurvideo (Youtube) zeigt das brennende MATKA. Ebenfalls zerstört wurden einer aktuellen Liste zufolge bei dem Angriff DIOSCURIA (Typ COMBATTANTE), BATUMI (STENKA) und KUTAYSI (Typ türk AB-21). Auch die AYETI, das 1998 von Deutschland überlassene frühere Minensuchboot MINDEN, sinkt mit dem Heck auf den Hafengrund und dürfte wohl kaum reparabel sein. Damit haben die Russen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch die nach Poti geflüchteten Angreifer vom 9. August „bestraft“ – und zugleich praktisch alle einsatzklaren Einheiten der georgischen Marine vernichtet. Dem Angriff zum Opfer fielen darüber hinaus mindestens drei kleinere Küstenwachboote, darunter zwei ZHUK.

Meldungen über die Operation in Poti werden in Moskau zunächst vehement dementiert. Noch während weltweit im Fernsehen die Aktion zu betrachten ist, erklären Außenminister und Stellvertretender Generalstabschef unisono, russische Truppen seien “nicht einmal in der Nähe von Poti”. Der Stv. Generalstabschef schwächt seine Aussage wenig später etwas ab. Man würde dort nur „Intelligence Operations“ durchführen.



US-Unterstützung

Eine kleine Episode zeigt, dass der georgische Präsident Saakashvili bezüglich internationaler Unterstützung ganz offensichtlich völligen Fehleinschätzungen unterliegt. Am 13. August melden US-Medien, Präsident Bush habe Verteidigungsminister Gates angewiesen, eine „rigorose“ humanitäre Hilfsaktion über See und aus der Luft vorzubereiten. Saakashvili erklärt sofort freudestrahlend vor dem Parlament: “US-Streitkräfte werden die Kontrolle über die georgischen Häfen und Flughäfen übernehmen”. Peinlich berührt muss das Pentagon den „Bundesgenossen“ zurück pfeifen. Der Vorgang lässt erahnen, dass eine eklatante Fehleinschätzung des georgischen Staatschefs hinsichtlich der Bereitschaft von USA, NATO und EU zur (militärischen) Solidarisierung wesentliche Ursache für die plötzliche Eskalation des jahrelang schwelenden Konfliktes sein könnte.

Bislang gibt es übrigens keinerlei konkrete Berichte über eine begonnene oder geplante Verlegung von Einheiten der US-Navy (zu humanitärer Hilfeleistung) in die Region.

....
das ist nicht der ganze Text; wer den ganzen Text, die Bilder und die entsprechenden Links ansehen will, muss sich auf der Seite des Marineforums <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.marineforum.info/AKTUELLES/aktuelles.htm">http://www.marineforum.info/AKTUELLES/aktuelles.htm</a><!-- m --> direkt einloggen. Die nächste Aktualisierung ist - voraussichtlich - am 23. August 2008.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
Georgische Marine - von Erich - 17.08.2008, 18:52
[Kein Betreff] - von revan - 10.10.2008, 19:33
[Kein Betreff] - von hunter1 - 11.10.2008, 15:07
[Kein Betreff] - von revan - 11.10.2008, 15:53
[Kein Betreff] - von Foxhound31BM - 24.10.2008, 17:43
[Kein Betreff] - von Tiger - 27.07.2009, 17:51
[Kein Betreff] - von Tiger - 23.08.2009, 16:19
[Kein Betreff] - von revan - 23.08.2009, 16:37
[Kein Betreff] - von Putin - 25.08.2009, 16:46
[Kein Betreff] - von Shahab3 - 25.08.2009, 17:46
[Kein Betreff] - von Putin - 25.08.2009, 18:10
[Kein Betreff] - von Skywalker - 25.08.2009, 21:27
[Kein Betreff] - von Tiger - 26.08.2009, 17:34
[Kein Betreff] - von imation - 27.08.2009, 10:41
Re: Georgische Streitkräfte - von Erich - 19.11.2011, 12:32
Re: Georgische Streitkräfte - von Tiger - 20.11.2011, 22:25
Re: Georgische Streitkräfte - von Erich - 20.11.2011, 23:11

Gehe zu: