Weltweite Verteuerung der Nahrungsmittel
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(23.05.2022, 10:10)Facilier schrieb: So einfach ist das nicht. Gehandelt wird am Future-, also Termin-Markt ja in kleinen Stücken - bei Öl sind es zum Beispiel 1000 Barrel für 1 Kontrakt. Bei Weizen sind es 5000 bushels, also ~ 100 Tonnen. Mal als Vergleichsgröße: Alleine Russland exportiere pro Jahr ~ 19 Millionen Tonnen Getreide.

Die Frage ist also vielmehr: Warum sind die Staaten bereit, diese Preise zu zahlen? Denn falls die Staaten es nicht wären, würden die Preise sofort fallen, die Spekulanten am Ende der Kette würden massive Verluste schreiben und pleite gehen. Genauso wie du Pleite bist, wenn du eine teuer erworbene vermeintlich wertvolle Uhr hast, die du am Ende aber nur für 3,50€ verkaufen kannst.

Wären die Preise ohne Spekulation günstiger, das ist die Frage? Falls man diese mit JA beantwortet, dann würde dies bedeuten, dass Getreide-Exportierende Länder ohne Börse eine solche Notlage nicht ausnützen würden und die Ware unter dem Preis verkaufen würden, den sie aufgrund der Zwangslage erzielen könnten. Oder gäbe es dann viel mehr eine Getreide-OPEC?

Falls die Staaten, die Getreide-Exporteure sind, aber nun doch so human sind, stellt sich die Frage, warum sie ihre Ware dann nicht einfach an der Börse vorbei mit direkten (und entsprechend günstigeren) Verträgen verkaufen? (Sobald sie dies tun würden, würden übrigens auch die Börsenkurse für Getreide einstürzen, weil niemand mehr von dort kaufen wollen würde)

In der Theorie kann man sich mit dem "Papier" den Rohstoff zu einer vorher bestimmten Zeit liefern lassen. In der Praxis werden die meisten Lieferverträge aber ganz anders geschlossen. Wenn die Preise durch Spekulation stark anziehen dann wirkt sich dies natürlich auf Verträge aus die neu geschlossen werden bzw. auf Verträge deren Preise an die Börsen gekoppelt sind. Aber nicht in der Größenordnung wie man es bei den aktuellen Spekulationen vermuten könnte. Kurzum sind diese Börsen zum großen Teil einfach nur ein Eldorado für Spekulanten.
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