(Zweiter Weltkrieg) Gründe für japans Niederlage im Pazifikkrieg
#51
Die Schlacht bei Khalkhin Gol zerfällt ja genau genommen in 3 Phasen:

In der ersten Phase griffen die Japaner massiv an. In dieser Phase waren die Japaner deutlich beweglicher als die Sowjets, obwohl diese Panzer in großem Stil einsetzten. Die Japanische Infanterie flutete einfach an den sowjetischen Panzern vorbei und blieb erst in den sowjetischen befestigten Stellungen hängen. In dieser Phase erlitten die Japaner sehr hohe Verluste. Einige japanische Einheiten erlitten gleich im ersten Ansturm über 50% Verluste.

In der zweiten Phase fror das Kampfgeschehen und die Front ein, es erfolgte ein Abnutzungskampf bei dem die Japaner ihr ganzes Können was Infanterietaktiken anging ausspielten. Die Japaner griffen ununterbrochen an, ähnlich wie die Sturmtruppen im Ersten Weltkrieg in kleinen Einheiten, bei Nacht, durch Umgehungen usw. In dieser Phase erlitten die Sowjets und die Japaner hohe Verluste. Obwohl die Japaner ihre Angriffe selbst bei inzwischen um die 70% Verlusten immer noch agressiver fortführten konnte sich die sowjetische Infanterie in ihren immer besser ausgebauten Stellungen behaupten.

In der dritten Phase erfolgte dann der sowjetische Gegenangriff mit einer erheblichen Anzahl von Panzern um die Flanken der Japaner herum. In dieser Phase gingen die Japaner dann erstmals zur Defensive über, und verteidigten jeden Meter Boden so fanatisch wie in den härtesten Schlachten später im Pazifik. In dieser Phase erlitten die Sowjets hohe Verluste.

Wenig bekannte Fakten über diese Schlacht:

1 Die Sowjets erlitten insgesamt höhere Verluste als die Japaner, obwohl sie die Schlacht am Ende gewannen. Es starben 18 000 Soldaten der Roten Armee und 17 000 japanische Soldaten.

2 Die Japaner erlitten bis zum großen sowjetischen Angriff um die 70% Verluste, und griffen trotzdem weiter und das auch noch immer agressiver an. Schukow äußerte dazu, daß er sich vorkomme, als kämpfe er gegen einen Haufen Verrückter.

3 Die Japaner setzten in dieser Schlacht im Vergleich sehr viel Artillerie ein. Sie feuerten in der ersten Phase beispielsweise zur Vorbereitung des Angriffs 15 000 Artilleriegranaten ab, daß ist einzigartig, den in keinem anderen späteren Kampf setzten die Japaner so viel Artillerie ein.

4 Die Japaner setzten Anfangs entgegen ihrer Militärdoktrin sehr viele Panzer ein, beim ersten Angriff standen zwei komplette japanische Panzerregimenter an der Spitze der japanischen Truppen.

5 die Japaner versuchten immer wieder bei Nacht Operationen durchzuführen, anzugreifen und durchzustoßen, was jedesmal für die Sowjets extrem schwierig abzuwehren war.

Zitat:Die Japaner waren in dem Sinn nur bei Chalchin-Gol beweglicher, wegen der 180° -Wendung die die Sowjets durch ihre fixe Umstrukturierung der Armee nach dem Winterkrieg vollzogen

Das sehe ich nicht so. Die Japaner waren deshalb beweglicher, weil ihre Infanterie sehr viel schneller marschierte, sehr viel schneller angriff, taktisch deutlich besser war als die sowjetische Infanterie und weil die Japaner derart agressiv und rücksichtslos vorgingen, daß die Sowjets anfangs dadurch regelrecht gelähmt wurden.

Wo immer die Japaner zudem auf Nahdistanz heran kamen, schlachteten sie die sowjetische Infanterie regelrecht ab.

Zitat:Was ich jedoch bei der These von Orientierung der Japaner an der Sowietarmee nicht so verstehe ist

Haben die Japaner etwa diese Reform auch noch kopiert?

Das die Japaner sich an der Roten Armee orientierten heißt eben nicht, daß sie sie kopierten! Die Japaner ahmten die Rote Armee nicht nach, sondern sie versuchten ihre Armee auf die Bekämpfung der Roten Armee hin zu spezialisieren.

Und dazu entwickelten sie komplett eigene und bei keiner anderen Armee dieser Zeit so existierende Taktiken und Strategien.

Insbesondere spezialisierten sie ihre Armee im Endeffekt auf einen Krieg in einer großen und schlecht erschlossenen Landfläche, mit großen Versorgungsschwierigkeiten. Eine extreme Spezialisierung auf Infanterietaktik und eine Überhöhung des Kampfgeistes der Truppen sollte die Japanische Infanterie auch in der Modernen Materialschlacht siegen lassen.

Japan sah darin zusätzlich den Vorteil, daß Krieg so für Japan wirtschaftlich viel günstiger waren und daher Japan mit stärkeren Mächten im Materialkrieg mithalten könnte obwohl dafür die Industrie fehlte.

Die eigentlich gegen die Sowjets entwickelten Taktiken und Strategien kamen dann den Japanern in China und im Pazifischen Raum durchaus zu gute. Westliche Armeen hätten unter den Umständen denen die Japaner gegenüber standen gar nicht kämpfen können.

Zitat:logistische Organisation des Japanischen Heeres

Die japanische Logistik des Heeres ging grundsätzlich von Versorgungsschwierigkeiten und größtmöglichen Problemen beim Nachschub aus.

In der Folge dessen sollten Heereseinheiten grundsätzlich in der Lage sein, möglichst lange ohne Nachschub zu kämpfen.

Gleichzeitig wurde die Logistik oft vernachlässigt. Nachschub wurde oft unzureichend gesichert (das gilt für Heer wie Marine), und damit feindlichen Angriffen ausgesetzt.

Es gab keine spezifische Ausbildung für Logistische Fragen beim Japanischen Heer, die Logistik wurde oft von Offizieren organisiert die keinerlei Ausbildung in diesem Bereich erhalten hatten sondern sich auf Infanterietaktiken spezialisiert hatten.

Zitat:Qualität des Zusammenwirkens von Heer und Heeresluftwaffe

Hier war das Zusammenwirken sehr gut, völlig im Gegensatz zwischen dem Zusammenwirken von Heer und Marineluftwaffe.

Zitat:Zusammenwirken von Artillerie und Infanterie

Das Zusammenwirken von Artillerie und Infanterie war meistens ausgesprochen schlecht.

Die Japaner hatten sehr viel weniger Artillerie als andere Armeen dieser Zeit und die japanische Artillerie war im Vergleich ausgesprochen leicht. Es gab nur wenige Kämpfe wo die Japaner konzentriert Artillerie einsetzten, beispielsweise eben in Khalkhin Gol und auf Okinawa.

Auf Okinawa war das Zusammenwirken von Artillerie und japanischer Infanterie teilweise sehr gut, und primär deshalb war der Kampf auf Okinawa für die USA so hart und verlustreich.

Meistens aber wurde die Artillerie vernachlässigt. Japanisches Artilleriefeuer war oft sporadisch, ungenau und hatte deutlich weniger Wirkung als das anderer Armeen. Darüber hinaus wurde das Artilleriefeuer meistens nur schlecht mit dem Vorgehen der Infanterie koordiniert. Beispielsweise wurde bei Khalkin Gol ein Artillerietrommelfeuer als Angriffsvorbereitung eingesetzt, aber eben nicht mit dem Infanterieangriff richtig koordiniert weshalb die Sowjets die japanische Infanterie abschlagen konnten.

Trotz vieler japanischer Analysen der Schlacht von Khalkhin Gol wurde der Mangel bei der Artillerie nicht erkannt. Es gab sogar Stimmen die ernsthaft aus dem Versagen der Artillerie in dieser Schlacht folgerten, daß die Artillerie noch weiter abgebaut werden könne, weil sie im modernen Krieg nicht so nützlich sei.

Zitat:theoretische Gegenmaßnahmen gegen Panzer

Es gab Panzergewehre und 37mm PAK. Desweiteren sollten feindliche Panzer primär im Nahkampf durch japanische Infanterie vernichtet werden. Die Japaner bildeten das auch gezielt aus und entwickelten dafür Sprengladungen usw

Im übrigen hatten nur Infanterieinheiten Panzerabwehr, weshalb die japanische Artillerie hohe Verluste durch durchstoßende sowjetische Panzer erlitt.

Vor Khalkhin Gol gab es PAK bei den Japanern erst auf Regimentsebene. Nach Khalkin Gol wurde zunächst mal eine Zuteilung von gerade mal 4 37mm PAK für jedes Infanteriebatallion angestrebt (immer noch lachhaft wenig).

Offiziere die bei Khalkhin Gol gekämpft hatten, forderten weiter gehende Reformen, und insbesondere aufgrund ihrer Forderungen entwickelte man dann überhaupt eine neue PAK im Kaliber 47mm.

Bis zum Kriegsende waren aber immer noch nicht alle japanischen Infanterieeinheiten damit ausgerüstet.

Dafür wurde die Zahl der 37mm PAK auf 6 Einheiten je Infanteriebataillion und auf 12 bis 18 Einheiten je Panzerabwehrbataillion erhöht.

Viele japanische Einheiten erhielten aber nicht mal diese Anzahl von PAK und zwar bis Kriegsende. Oft verblieben die PAK bis zum Kriegsende auf der Regimentsebene und die wenigen 47mm PAK auf Divisionsebene.

Dies wirkt noch absurder, wenn man weiß, daß die Japaner als Reaktion auf Khalkin Gol und die Forderungen der dort eingesetzten Offiziere viele neue Panzerabwehrwaffen, insbesondere sehr gute Hohlladungsgeschosse für ihre leichten Haubitzen und Feldkanonen entwickelten. Diese neuen Waffen wurden im weiteren auch produziert, aber nicht an die Front ausgeliefert sondern in Japan gehortet.

So blieb die japanische Panzerabwehr bis Kriegsende bei der Infanterie hängen die im Nahkampf mehr oder weniger vergeblich versuchte feindliche Panzer zu zerstören. Bis dahin das sich Infanteristen mit gebündelten Handgranaten an den Ketten des Panzers selbst sprengten nur um die Ketten damit auch zu zerstören.

Japanische Infanteristen versuchten auch auf feindliche Panzer zu klettern und mit Bajonetten durch Sichtluken hindurch zu stechen, die Einstiegsluke aufzuhebeln oder Granaten durch Sichtluken zu schieben oder vor diesen explodieren zu lassen. Zum Teil wurden auch Bajonette und Gewehre zwischen die Ketten gesteckt um diese dadurch zu beschädigen.

Solcher sehr wenig Erfolge bringender Irrsinn wurde aber bis Kriegsende auch so ausgebildet.

Japanische Offiziere die ein solches Vorgehen kritisierten wurden scharf abgeurteilt, weil ihre Kritik die Kaiserlich Japanische Armee beleidige.

Als Reaktion auf Niederlagen wie Khalkhin Gol wurde sogar ernsthaft vom japanischen Generalstab erwogen, keine Verteidigung und keinen Rückzug mehr auszubilden, weil allein die Ausbildung darin die Kampfmoral schwäche und sich daraus die Niederlage erklären lasse.

In den Ausführungen zur Reformation der japanischen Armee: Nihon Rikugun Kaizoron wurde dann sogar offiziell festgestellt, daß eine Konzentration auf das Material (Waffen und Technik) den Geist der Japanischen Armee korrumpieren könnte und deshalb kritisch zu betrachten sei.
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