Iran
(21.06.2022, 15:13)Schneemann schrieb: Die früheren (historischen) Handelsbeziehungen sind das eine, aber es wäre sicherlich dann zwecks Eingrenzung andererseits die Frage, welche Epoche der persischen Geschichte man bemüht? Denn ein einfaches Übertragen einer Handelspolitik von vergangenen Zeiten auf die Gegenwart generell alleine wird nicht ausreichen (aber hier auch den Rahmen sprengen) für ein "neues" Handelskonzept. Und Persien hat sich in der Historie schon nach Osten wie auch nach Westen orientiert, was den Handel angeht (je nachdem, welche Episode man bemühen möchte).

Neue Handelskonzepte gibt es durchaus, bspw. China Belt and Road und ein auf 25 Jahre ausgelegtes umfangreiches Abkommen zwischen beiden Staaten, für die Bereiche Infrastruktur, Energie, Handel und Sicherheit. Bereits 2016 lag das Handelsvolumen zwischen China und dem Iran bei über 20 Mrd. Dollar. Das entspricht in etwa dem Umfang, welches hier in der Diskussion als Potential mit der EU angenommen wurde. Das eine sind reale Zahlen, das andere ist Fantasie oder gar ein Trojanisches Pferd, wie ich es nannte. Für die meisten amerikanischen und europäischen Unternehmen ist der iranische Markt sowieso nachhaltig verschlossen und umgekehrt genauso. Teppiche, Safran, Nüsse, Spezial-Schrauben Made in Germany, Drogen, Alkohol usw. wird man sicherlich auch zukünftig handeln sofern keine Alternativen existieren. Aber sicherlich keine relevanten Volumina. Bedarfe, Auflagen, Risiken, Preise, usw. stehen in keinem konkurrenzfähigen Verhältnis.

Zitat:Das ist mir nun ein wenig zu sehr wieder das alleinige Fingerzeigen auf das westliche Ausland in einer sehr kurzen Zeitspanne. Genau genommen waren historisch die Herausforderungen Persiens in Richtung Westen (Byzanz, arabische Eroberung, später Osmanen) und nach Osten (Mongolen, Afghanistan, Turkvölker) gerichtet.

Ostrom, Türken, Balkan, Araber, Nordafrikaner, zähle ich nicht zum Westen, auch wenn die Kompassnadel das vom Standort Teheran so anzeigt. Mit Westen meinte ich konkret das alte Westeuropa + Nordamerika. Sorry für das Missverständnis.

Zitat:Natürlich mit entsprechenden Wechselwirkungen auf- und zueinander. Selbst die durchaus kulturell bedeutenden Safawiden, die bis ins 18. Jahrhundert hinein herrschten, stützten sich auf Turkmenen und orientierten sich stark nach Osten, griffen aber zugleich auch nach Westen aus (Kriege mit den Osmanen).
Unter den Kadscharen schlug man sich dann mit Russland herum. Und erst in der Endphase von dieser Dynastie wurde das Land - obgleich im politischen und wirtschaftlichen Niedergang - zunehmend für den Westen, besonders zunächst Großbritannien, interessant - einerseits wegen Ölfunden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, andererseits weil man das Land als Gegengewicht zu den Osmanen im Ersten Weltkrieg sehen wollte. Die restliche Geschichte bis hin zu den Pahlavis ist bekannt. Aber man sieht, dass es eben nicht so einfach ist...


Innerhalb der letzten 2500 Jahre ist viel passiert, war Persisch in manchen chinesischen Dynastien eine der 3-4 offiziellen Amtssprachen, teilweise gar Hofsprache, wie z.B. in der Yuan Dynastie. Mit Indien gibt es ähnlich historische Verbindungen. Der Hintergrund ist umfangreicher Austausch im Bereich Warenverkehr, Literatur und Wissenschaft. Nach Westen (Westeuropa, Amerika) existiert keinerlei derartige Historie. Zudem zielte ich primär auf diplomatische Beziehungen und Handel ab. Du dagegen sprichst von kriegerischen Auseinandersetzungen. Da sieht man mal, welch Unterschiedliches semantisches Verständnis hier bei dem Wort "Orientierung" vorliegt. Sehr interessant.

Zitat:Sollte die iranische Führung annehmen, dass sie im Osten bessere Konditionen heraushandeln könne als wie im Westen, so sollte sie sich hüten vor dem chinesischen Geschäftsgeist und dem indischen Nationalismus.
Weil ansonsten wird man sehr schnell erneut enttäuscht werden. Das, was der Westen mit seiner Politik versemmelte, ging meistens auf a) Öl oder b) den Kalten Krieg zurück, war also finanziell bzw. rohstoffspezifisch oder teils politisch geprägt. Im Osten hingegen gibt es solche Interessen zwar auch, aber hier mischt sich noch überbordender Nationalismus mit ein, sowohl in China wie auch in Indien, die die religiösen Extreme in Iran zudem sehr skeptisch beobachten. Und ob der Iran hier sich durchsetzen kann und "bessere" Verträge bekommt, wage ich zu bezweifeln.

Geschäftsgeist und Nationalismus sind ja nicht pauschal hinderliche Eigenschaften. Da dürfte man sich wunderbar verstehen.

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Zitat:The signing of a 25-year cooperation agreement between the oil-rich and regionally influential, but US sanctioned, Islamic Republic of Iran and the globally powerful, but US pressured, People’s Republic of China inserts a new strategic pincer in the Middle East for the United States and its allies.
...
Although the contents of the deal haven’t been fully disclosed, it will certainly involve massive Chinese investment in Iran’s infrastructural, industrial, economic and petrochemical sectors. It will also strengthen military, intelligence and counterterrorism cooperation, and links Iran substantially to China’s Belt and Road Initiative as an instrument of global influence.

China–Iran trade amounted to some $31 billion in 2016 following the conclusion of the landmark multilateral Iran nuclear agreement known as the Joint Comprehensive Plan of Action, or JCPOA. However, it declined after Trump withdrew from the deal in May 2018 despite opposition from the other signatories (Britain, France, Germany, Russia and China) and imposed harsh sanctions on Iran. The trade volume is now nonetheless set to reach new heights. Underpinning this exponential elevation of relations is the two sides’ mutual interest in countering the US and its allies.

Deeper and wider cooperation between China and Iran, especially when considered in the context of their close ties with Russia and the trio’s adversarial relations with the US, carries a strong potential for changing the regional strategic landscape
https://rutair.com/news/china-s-belt-and...s-in-iran/

Zitat:Landmark Trade Route: India, Russia & Iran Conduct Business Via INSTC Corridor
The trial of transporting Russian goods from Astrakhan to a southern Iranian port to its destination at Mumbai’s Jawaharlal Nehru Port Authority (JNPA) under the International North-South Transport (INSTC) Corridor marks the baby steps toward India joining an emerging Russia-Iran-India axis.
https://eurasiantimes.com/landmark-trade...-corridor/
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