(Zweiter Weltkrieg) Hiroshima - Auftakt zur Apokalypse
#11
Zitat:MMn ist die Zahl zu hoch eingeschätzt (s. unten), zudem hätte es sich größtenteils nicht um Zivillisten gehandelt, wie beim Einsatz von Atomwaffen. Und ja, ich finde das moralisch wichtig!
Nun, wenn dir der moralische Aspekt und die zivilen Opfer wichtig sind, dann will ich dich hier auf einen leider in der öffentlichen Diskussion wenig bekannten Punkt hinweisen, über den ich auch erst vor relativ kurzer Zeit gestolpert bin:

Die japanische Wirtschaft war 1945 ziemlich am Ende. Dies begründete sich dadurch, dass das Inselreich massiv auf Rohstoff- wie auch Nahrungsmittelzufuhren angewiesen war, was bekanntlich der wesentliche Grund seitens der Japaner war, überhaupt gegen die USA in den Krieg zu ziehen.

Die USA hatten anders als die Japaner früh im Krieg angefangen, die deutsche Einsatztaktik von U-Booten anzuwenden und versenkten gezielt japanische Handelsschiffe, anders als die Japaner, die primär auf die Versenkung von Marineschiffen abzielten (und damit trotz spektakulärer Geschichten wie der Indianapolis ziemlich erfolglos waren).
Die Japaner reagierten auf den massiven Verlust an Transportkapazität u.a. für Nahrungsmittel mit der intensiven Nutzung von Fischerbooten, welche in der Folge ebenfalls zum Ziel von U-Boot-Attacken wurden, so dass die japanische Versorgungskapazität bis Mitte '45 dramatisch abnahm. Dank des Fehlens nennenswerter ASW-Kräfte bei den Japanern war das ziemlich leicht. Genauergesagt hat die japanische Handelsmarine bis 1945 neunzig Prozent ihrer Kapazitäten verloren, was in einer Reduktion der eingeführten Güter von 22 Mio. Tonnen 1940 auf nur 2,5 Mio. Tonnen 1945 seine Folge hatte.

Lange Rede, kurzer Sinn: Prognostiziert man die absehbaren Kapazitäten später im Jahr 1945 und im darauffolgenden Jahr, berücksichtigt man ferner, dass die Reisernte 1945 unter allen Erwartungen lag, dann wäre es in Japan sehr wahrscheinlich 1946 zu einer massiven Hungersnot gekommen, mit der Folge eines Todes von Millionen von Menschen. Wir sprechen hier im wesentlichen von Zivilisten, denn die Soldaten konnten auf eine besser funktionierende Versorgung zählen und wären weniger betroffen gewesen.

Addiert man dazu das Chaos einer amerikanischen Invasion auf den Hauptinseln, dann kann man sich annähernd ausmalen, wieviele Tote hier unter den Zivilisten zu beklagen gewesen wären. Zumal die ersten US-Flugzeuge sicher keine Reissäcke abgeworfen hätten.
Es mag eine gewisse Ironie darin liegen, dass die A-Bomben den Friedensschluss beschleunigt haben und somit dieses Szenario unmöglich machten, sicher haben die USA die Bombe auch nicht eingesetzt, um die Gefahr verhungernder Japaner zu vermeiden. Aber das ist es, was wohl letztlich erreicht worden ist.


Quelle für die Zahlen sowie den Hunger-Sachverhalt:
Gary E. Weir / Walter J. Boyne: Rising Tide, New York 2004.
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