22.10.2006, 00:58
Zitat:Salahaddin x posteteEs ist natürlich schwierig darauf präzise zu antworten, da du bzw. wir alle den Begriff "Souveränität" unterschiedlich deuten könnten. Aber wir alle werden zu dem Ergebnis gelangen, daß eine 100 %`tige Souveränität utopisch ist. Man lebt nämlich als Staat nicht allein auf dieser Welt, sondern hat unmittelbare Nachbarn. Die wirtschaftlichen Verflechtungen führen ebenfalls zu Interessensgemeinschaften. All dies bewirkt, daß ein Staat einem System von Rücksichtsnahmen und Abhängigkeiten unterworfen ist, welches Einfluß auf den Grad der Souveränität hat.
Es darf und wird nicht mehr diese einseitige abhängigkeit mehr geben und dürfen, wenn die türkei sagt sie sei ein selbständiger Staat dann muss Sie dass auch beweisen und nicht sagen was wäre wenn..... so ist man und wird man kein grosser Staat! Aber wenn die türkei akzeptiert dass es ein Vasall vom WEsten ist und auch so bleiben will dann sollte auch keiner von einem Souveränen Staat reden!
Souveränität kann daher niemals bedeuten, daß ein Staat machen kann was es möchte. Es kann nur bedeuten, daß einem Staat ein Mindestmaß an Handlungsrahmen zugestanden wird, wo es sich selbst steuert. Die Staatsführungskunst dagegen besteht darin, durch kluge und besonnene Politik seinen Handlungsrahmen und damit den Grad seiner Souveränität zu erweitern. Vollständige Souveränität wird es aber nie geben.
Man lese nur mal Machiavelli:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.niccolomachiavelli.de/schriften/der-furst-1-wie-viele-gattungen-von-furstentumern-es-gibt-und-auf-welche-arten-sie-erworben-werden">http://www.niccolomachiavelli.de/schrif ... ben-werden</a><!-- m -->
Die Türkische Republik als Vasall des Westens zu bezeichnen ist so daher nicht richtig. Die Entscheidung des türkischen Parlaments, keine weitere Front gegen den Irak zu eröffnen, kann jeder anders beurteilen, aber sie war eine souveräne Entscheidung des Türkischen Parlaments - das macht der moderne Souveränitätsbegriff aus. Die Türkei hat seit ihrem Bestehen durch kluge Staatsführungskunst ihren souveränen Handlungsrahmen erweitert. So gesehen eine Erfolgsgeschichte unter machtpolitischen Gesichtspunkten. Gewisse Parallen kann man auch zu Deutschland ziehen: Schröders NEIN zu Irak-Krieg. Deutschland hat im Gegensatz zu der Türkei nur das Glück gehabt, daß der deutsche Staat in einer politisch relativ friedlichen Raumregion existiert :baeh:
Während die Türkei geographisch in einer sicherheitspolitisch instabilen Region eingebettet ist, was selbstverständlich zu anderen Abhängigkeitsintensitäten führt. Insbesondere dann, wenn durch Atatürk auf staatsphilosophischer Ebene eine Zäsur erfolgte, nämlich Verdrängung islamischer Geistlicher aus dem Staat, sodaß noch heute die dadurch hervorgerufenen Turbulenzen spürbar sind.
Natürlich war auch die türkische Politikgeschichte nicht frei von Fehlern. Jeder Staat hat Phasen in seiner Entwicklungsgeschichte (gehabt), wo Kritik berechtigt ist (war). Ich persönliche halte das Kopftuchverbot zB für einen Fehler. Und auch manch andere Dinge. Das ist auch normal in einer Demokratie, daß man nicht jede politische Entscheidung teilen muß. Es gibt auch Dinge, die bei mir Bewunderung auslöst.
"e pluribus unum" muß das Ziel kluger Staatsführungskunst sein und nicht Abgrenzung zu anderen Kulturen oder Religionen unter dem Deckmantel der "Souveränität" und mit dem vermeintlichen Erfolg, man sei kein "Vasall". Es muß der Menscheit doch gelingen, ohne Angst vor Verfolgung eine Moschee, Kirche oder Synagoge zu besuchen. Und in Staaten, in den das möglich ist, hat eine hohe zivilisatorische Kulturleistung durch kluge Staatsführungskunst vollbracht. Darauf kann Deutschland durchaus Stolz sein. Die Türkei ist ebenfalls auf bestem Wege dazu. Dagegen sind die sogenannten klassischen islamischen Staaten noch nicht soweit, als das sie in ihrem Land Kirchen oder Synagogen akzeptieren würden.
Dem "Westen" schwebt natürlich das Damoklesschwert des
- Kolonialismus
über dem Kopf. Viele grundsätzliche Strukturprobleme im Nahen Osten haben ihre Ursachen im Kolonialismus westlicher Staaten. Zudem ist die Staatsform "Demokratie" auch abhängig von der ökonomischen Potenz dieser Demokratie. Je reicher ein Staat, desto besser seine Demokratie:
panem et circenses
Im Ergebnis glaube ich, daß in diesem angeblichen "Kampf" nicht die "Kultur" die Dominante ist, sondern die "ökonomische Potenz".
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