Kulturen im Konflikt
Wenn wir über China und Indien reden und die letzten fünfhundert Jahre betrachten, dann müssen wir feststellen, dass vor fünfhundert Jahren diesen beiden Mächte den Europäern wirtschaftlich gleichwertig waren.

Die Jahrhunderte danach haben sich die europäischen Kolonialmächte auf Kosten der beiden asiatischen Völker bereichert - mit brutalsten Methoden, wenn ich beispielsweise an die Opium-Kriege von Briten und China denke.

Jetzt - nach dem Ende des Kolonialismus - holen sich die beiden Kulturen (edit: und übrigends auch die islamischen Staaten) den Platz im globalen Spiel zurück, der ihnen von der Bevölkerungszahl her, von der Fläche und der Wirtschaftskapazität her zusteht. Sie werden wieder "gleichwertig". Natürlich ist das mit mehr Wachstum als bei den etablierten Mächten verbunden. Aber solange uns das insgesamt nicht zurück wirft, sondern ein (unserem Bevölkerungs"wachstum" angemessene) weitere wirtschaftliche Entwicklung ermöglicht sehe ich darin kein Desaster, sondern nur einen Ausgleich, der den asiatischen Staaten (und dann auch noch anderen, z.B. den Südamerikanern) den ihnen zustehenden Platz in der globalen Welt einräumt.

Und mir ist es lieber, das geschieht mit wirtschaftlicher Konkurrenz (die bekanntlich das Geschäft belebt) als mit brutaler Gewalt, wie das vorher von den europäischen Kolonialmächten praktiziert wurde.

In dem Zusammenhang stellt sich dann auch die Frage, wie die sozialen, ethischen Kulturen miteinander umgehen.
Für die kath. Kirche hat sich bereits Papst Joh. Paul II im Jahre 2000 im Namen der Kirche entschuldigt - und wenn man die Intention und Schlußfolgerung von Benedikt XVI. in seiner Regensburger Vorlesung anschaut, dann erklärt er ein deutliches Nein zu Gewalt und (religiös begründetem) Krieg, dann fordert er alle Religionen zu einem Dialog der Vernunft auf. Benedikt richtet sich gerade in der heutigen spannungsgeladenen Atmosphäre zwischen "Islamischem Terrorismus" und "evangelikalen Kreuzrittertum" an die Christen und verweist ausdrücklich darauf, dass auch eine der ältesten Suren des Koran die religiöse Gewalt ablehnt.
So - und jetzt lasst mich an dieser Stelle auch klar machen, dass sich auch maßgebliche Vertreter des Islam an diesem Aufruf zum friedlichen Dialog beteiligen. Derzeit findet eine gemeinsame Konferenz der größten Glaubensgemeinschaften in Kasachstan statt, und der ägyptische Religionsminister, der zur Delegation um den Scheich der (sunnitischen) Al-Azhar-Moschee in Kairo gehört, hat sich beinahe gleichzeitig in gleicher Richtung geäussert:
Zitat:Alle großen Religionen müssen daran arbeiten, den Extremismus zu beseitigen, der das Ansehen der Religion beschmutzt.
In dem Zusammenhang sei nur noch als Randbemerkung der Geschichte erwähnt, dass die Orthodoxe Kirche bereits 963 in Konstantinopel (damals im Wiederstandskampf gegen den islamischen Dschihad) abgelehnt hat, die gefallenen Christen als "Martyrer" zu bezeichnen - wie das gerade den arabischen Eroberern entsprechend der Sure 4, 74-76 großen Todesmut gegeben hatte.
Erst mit Papst Urban II ist 1095 der Gedanke des "Kreuzzuges" in das westliche - römische - Christentum eingekehrt, und dort auch nur mit dem Ziel, den bedrängten Christen zu Hilfe zu kommen und die Heiligen Stätten in Palästina zu befreien.
Das Ergebnis war, dass die Kreuzritter aus dem Westen Byzanz noch vor den islamischen Heerführern erobert und geplündert haben - und damit das "Bollwerk" gegen eine islamische Eroberung im Osten so entscheidend geschwächt haben, dass die Osmanen die Reste nur noch "zu pflücken" brauchten.
Der islamsiche Dschihad nach Sure 8,39 und 9, 41 i. V. 9,29 war (ist?) dagegen auf Eroberung ausgerichtet. Erst mit der Lehre der Sunna ist die charidschitische Interpretation eines offensiven Dschihad in eine defensive Lehre mutiert. Das muss man wissen, um den von Benedikt zitierten historischen Disput eines "mit dem Rücken zur Wand" stehenden oströmischen Kaisers aus dem frühen 14. Jhdt. richtig einzuordnen (Benedikt übt - indem er den oströmischen Kaiser zitiert - auch Kritik an der damaligen Haltung der römischen Päpste, die eben religiös motivierte Gewalt befürwortet hatten).
Bei den anderen großen, heutigen islamischen Bestrebungen sei anzumerken, dass die Charidischiten, die bereits 657 den Omajaden unterlagen, bis zumindest ins 18. Jhdt. die Vorgänger der heutigen wahabitischen Lehre geprägt haben. Die Schiiten warten dagegen seit mehr als 1300 Jahren auf den echten Imam, der als einzige legitmiert sei, die Muslime in einem offensiven Dschihad anzuführen.
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Kulturen im Konflikt - von Erich - 05.05.2004, 21:27
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