16.09.2006, 13:27
Zitat:Shahab3 posteteAlso bisher war die Weltwirtschaft ein Ellbogensystem. Allerdings waren die Märkte einigermaßen stabil verteilt. Eben das was Quintus mit "sich an die Spielregeln halten" meinte.
Ich würde das sicher nicht als den "Totalen Wirtschaftskrieg" betrachten. Dazu profitieren beide Seiten doch viel zu sehr voneinander. Die gesamte Weltwirtschaft ist ein Ellenbogen-System. Da schaut jeder wo er bleibt.
In China allerdings versucht der Staat die Wirtschaft zu führen, nicht so wie im Kommunismus sondern eher wie in Japan die großen Konglomerate sich unter der Federführung des mächtigen Handelsministerium abgesprochen haben, wie sie gemeinsam vorgehen zu gegenseitigem Nutzen.
Japan hat mit diesem System große Erfolge erzielt und die wirtschaftliche Vormacht der USA ernsthaft in Frage gestellt. Daher kam es auch in den 80ern in den USA zu Ausschreitungen von Arbeitern gegen japanische Einrichtungen und öffentlichen "Fernseherverbrennungen". In den 90ern erlangten allerdings die US-Firmen wieder die Oberhand - heute sind Intel, IBM, HP und Dell die größten Elektronikfirmen und nicht Sony, Panasonic oder NEC.
Ähnliches macht nun China. Die (ehemalige) Staatsindustrie geht mit der Regierung koordiniert vor und die Regierung zieht alle Register um ihre Firmen vor den ausländischen Konkurrenten zu positionieren. Kein westlicher Staat steckt mit seinen Firmen so eng unter der Decke wie die ostasiatischen.
Das meinte ich mit "Wirtschaftskrieg". Das koordinierte Vorgehen von allen großen wirtschaftlichen Einzel-Akteuren um weltweit mehr Marktanteile zu erobern. Wenn jetzt noch alle Maximen und Ziele an diesem Streben ausgerichtet sind, dann kann man vom "Totalen Wirtschaftskrieg" reden.
Zitat:Der Joint-Venture Zwang ist recht beliebt in protektionistisch agierenden Ländern (Kuba, Iran, China z.B.) der 2. und 3. Welt. Ich würde das weniger als aggressiven Akt, sondern vielmehr als eine sinnvolle Strategie des nachhaltigen Aufschwungs betrachten. Firmengewinne die anderenorts versteuert werden und zwangsweise in der Position des reinen Produzenten (für den wohlgemerkt am besten noch ausschließlich eigenen Markt) verbleiben zu müssen, liegt einfach ganz grundsätzlich nicht im eigenen Interesse. Das ist also nicht aggressiv, sondern einfach schlau.Klar ist es für die Chinesen gut. Aber für uns, den Westen, gibt es hier zwei Probleme:
1) Unsere tollen Konzerne und Firmen geben ihre Technologien bereitwillig weiter, manchmal sogar ohne gleichwertige Bezahlung sondern nur in der Hoffnung, dass sie beim nächsten öffentlichen Auftrag bevorzugt werden.
2) Die Chinesen sind wahnsinnig viel billiger als die westlichen Arbteiter. Wenn sie noch das nötige aktuell Know-How geschenkt(!) bekommen, dann können wir hier in Westeuropa dichtmachen: Aktuell lebt zumindest die westeuropäische Industrie von dem Technologie-Vorsprung, den sie vor den Chinesen hat. Sollten die Chinesen auf Augenhöhe kommen, dann werden die europäischen Firmen verlieren, weil ihre Struktur viel zu bürokratisch ist.
Das Musterbeispiel für einen Konzern, der sich mittlerweile schon ein ganzes Sargnägel reingehauen hat ist die Siemens AG. DasManagement hat weniger Ahnung von Strategie als ein 12jähriger Computerspiel-Zocker.
Zitat:Befürworter der ungezügelten Globalisierung fabulieren uns ja vor, dass Märkte vielmehr miteinander arbeiten, statt dies gegeneinander zu tun. Das mag in gewisser Weise auch durchaus nicht falsch sein. Aber das Aufstreben der bevölkerungsreichen Chinesen und Inder, wird langfristig gesehen, einen immensen Impact haben. Die Zeit in denen die westlichen Industrieländer alleine den Markt bestimmt haben, ist zwangsläufig wieder abgelaufen. Die Uhr tickt. Obs gefällt, oder nicht. Aber man darf das halt auch wirklich nicht nur negativ sehen. Auch für uns entwickelt sich dadurch ein stetig größer werdender Absatzmarkt. In Bezug auf den Kampf um Rohstoffe, ahne ich aber Böses.Die Befürworter der ungezügelten Globalisierung sehen keine nationalen Grenzen mehr. Sie glauben wirklich daran, dass der Nationalstaat gegenüber den Konzernen immer mehr an Bedeutung verliert. Das mag hier im Westen sein. Die ostasiatischen Volkswirtschaften haben aber einen viel stärkeren Koordinationsgrad. Meistens werden diese Volkswirtschaften vom Staat angeführt.
Zur Zeiten der "Deutschland AG" sprach man im Zusammenhang mit der deutschen Wirtschaft und seinem Organisierungsgrad von der "DaimlerBenz-DeutscheBank-Gruppe", die einen großen Teil der deutschen Firmen umfasste.
Mit der Enflechtung der detuschen Wirtschaft und ihren gegenseitigen Beteiligungen (die "Amerikanisierung" der deutschen Konzerne), wuchs natürlich die Transparenz und der Börsenwert der Unternehemen, allerdings auch "Angreifbarkeit" durch ausländische Investoren. und die deutsche Wirtschaft hat massiv an imperialer (im Sinne von "nach außen gemeinsames Vorgehen, gegenseitiger Schutz) Schlagkraft verloren.
Zu diesem Thema empfehle ich das Buch "Kopf an Kopf" des amkerikansichen Wirtschfatsforscher Lester Thurow:
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Es beschreibt die unterschiedliche Unternehmenskulturen und Wirtschaftsformen in Ostasien/Japan, USA und Europa/Deutschland. Er unterscheidet hierbei die "Profitorientierten"/Aktienkurs-orientierten Unternehmen (die meisten US-Konzerne), welche ihren Erfolg im Unternehmensergebnis messen, und den "imperien-bildenden", wie den ostasiatischen und bis vor einiger Zeit auch europäische Konzerne, die ihren Erfolg in Marktanteilen (ihr "Reich") messen.
Zitat:Tja, es lebe der Turbo-Kapitalismus. In meinen Augen hat diese für modern gehaltene Etablierung der Aktienkurs-orientierten Unternehmensphilosophie zu der Situation geführt, die wir heute erfahren. Gerade in Deutschland hat die Verlagerung auf spezialisierte Hochtechnologie und die Auslagerung von Arbeitsplätzen in der Produktion/Fertigung dazu geführt dass wir zwar Exportweltmeister sind, aber der Binnenmarkt schwächelt, unsere Unternehmen Rekordgewinne erzielen und die Arbeitslosigkeit bedrückendes Ausmaß erreicht.Jep, 100% Zustimmung. Siehe oben.
Zitat:Wer im Grunde von China hier profitiert sind die Schwergewichte der hiesigen Wirtschaft. Die Global Player. Die leben genau von dem was passiert. Und für den otto-normal Bürger liegt der Feind genau da.Nachdem der Erfolg der "Schwergewichte" wegen ihrer kurzsichtigen bzw. nicht vorhandenen Strategie auch nicht von Dauer sein wird, liegt der "Feind" in China.
Zitat:Somit ist es auch nicht der aggressive Akt protektionistisch agierender Länder, sondern ein Fehler, dass man es nicht genauso macht. Die Wirtschaftslobby wird aber auf NTV und Co weiter propagieren, dass alles schon so seine Richtigkeit hat.Wenn jeder Staat so wie China agieren würde, dann könnten unflexible und stagnierende Volkswirtschaften, die sich mit ihren Exportüberschussen am Leben erhalten, wie die meisten europäischen (zB Deutschland), ihren Laden dicht machen.
Erst wenn die EU-Staaten endlich ihre Hausaufgaben machen und eine eigenständige Binnenkonjunktur, die ähnlich wie in den USA einen Aufschwung selbst tragen kann, etablieren, dann kann man an protektionistische Massnahmen denken. Vorher sollte man sich nur auf die Agressoren speziell China beschränken.
Letztendlich ist eine Welt ohne Handelsbarrieren auch besser für den allgemeinen Wohlstand. Aber nicht unter diesen Bedingungen.