16.08.2006, 13:12
Shahab3 schrieb:
Und deshalb möchte ich sicher nicht, dass man extra den Libanon auch so zusammenschlägt wie manche Stadt im Zweiten Weltkrieg oder Orte in Vietnam, so habe ich deinen Post gedeutet, sondern ich wünsche mir einfach nur eine etwas differenziertere Darstellung der Ereignisse, weil ich befürchte, dass eben weniger informierte Menschen diese Beschreibungen falsch deuten, egal in welche Richtung (könnte zwischen Übertreibung und Verharmlosung schwanken).
Thomas Wach schrieb:
Schneemann.
Zitat:Also es fällt Dir natürlich immer etwas schlimmeres ein. Aber es macht keinen Sinn für den Terminus Zerstörung die krassesten Fälle als Refenz her zu nehmen... Ich finde es eher schockierend, dass sich hier mancheiner im Laufe der Zeit aufgrund von Gewöhnung eine moralische Hornhaut zulegt.Es ist sicherlich schockierend, wenn man annimmt, dass man sich eine Hornhaut zugelegt hat. Und so etwas sollte man auch vermeiden. Ich wollte auch sicher nicht sagen, dass man gefälligst ähnliche Zerstörungen wie in den von mir genannten Extrembeispielen anrichten soll oder dass ich mich an solche Bilder gewöhnen könnte. Nein, meine Kritik zielte auf die Formulierungen mancher Medien und User. Gerade weil es die verheerenden Verwüstungen in der Vergangenheit gegeben hat, sollte man doch versuchen zu differenzieren, wenn man heutige Kriege beschreibt, weil man ansonsten Gefahr läuft, den Menschen bei uns vor dem Fernsehen ein falsches Bild zu zeichnen. Auch verharmlost man ja Ereignisse der Vergangenheit. Bsp.: Wenn eben ein Journalist, der vielleicht eher weniger von den Aspekten einer mehr oder minder modernen Kampfführung versteht, im Fernsehen von einem "Bombenhagel" spricht und man - wie schon von mir geschrieben - im Hintergrund eine einsame Explosion oder Rauchsäule auf einem Hügel sieht, so verfälscht dies das Bild, welches weniger informierte Menschen von einem "Bombenhagel" haben. Und wenn diese dann bspw. in der Schule - Geschichte zählt leider nicht gerade zum Lieblingsfach deutscher Schüler - vom Bombenhagel im Zweiten Weltkrieg hören, so denken sie vielleicht eben auch an diese TV-Aufnahme von dieser einsamen Explosion und sagen sich, dass es ja schon nicht nett, aber wohl doch nicht so schlimm gewesen sein muss. Und das wäre fatal. Das hier aber zwischen "Bombenhagel" und "Bombenhagel" in extremster Form unterschieden werden sollte, bleibt auf der Strecke.
Und deshalb möchte ich sicher nicht, dass man extra den Libanon auch so zusammenschlägt wie manche Stadt im Zweiten Weltkrieg oder Orte in Vietnam, so habe ich deinen Post gedeutet, sondern ich wünsche mir einfach nur eine etwas differenziertere Darstellung der Ereignisse, weil ich befürchte, dass eben weniger informierte Menschen diese Beschreibungen falsch deuten, egal in welche Richtung (könnte zwischen Übertreibung und Verharmlosung schwanken).
Thomas Wach schrieb:
Zitat:Und vorallem, man sollte viel vorsichtiger vorgehen! Diemeisten Probleme gibt es nicht, weil man nicht eingegriffen hat, sondern weil man eingegriffen hat und dann fast immer falsch, weil man ja glaubte, immer das richtige zu tun.Das man vorsichtiger vorgehen sollte und dass vor allem auch dem State Departement einige Fehleinschätzungen im Nahen und Mittleren Osten unterlaufen sind oder man gar absichtlich seine eigenen "Frankenstein-Monster" zumindest mit hochgezüchtet hat (z. B. Saddam, Shah, Taliban, etc.) steht außer Frage. Aber: Grundsätzlich kann man, denke ich, nicht in die Richtung argumentieren, dass man sich nicht einmischen sollte. Z. B. sollte man sich in Darfur einmischen. Manche Einmischungen, wie etwa jetzt die UN-Resolution für den Nahen Osten, machen Sinn. Auch die Proteste der Weltöffentlichkeit oder der Supermächte während der bisherigen Krisen im Nahen Osten waren teils sinnvoll und haben für Entflechtungen gesorgt. Außerdem denke ich, sollte man sich manchmal einmischen, weil oftmals ein neutraler Mittler in der zerstrittenen arabischen Welt weiterhelfen kann.
Zitat:Man sollte sich davon verabschieden, die Hegemonie über den Nahen OSten haben zu wollen. Langfristig ist die so nicht zu halten. Dann sollte man sich schnell dranmachen, von arabischen Öl und Gaslieferungen vollkommen abhängig zu werden. Man sollte sich langsam von den arabischen Eliten distanzieren, man sollte langsam anfangen, auch mal mit gemäßigten Islamisten zu sprechen. Generell sollte man erkennen, dass die momentan so starke Islamistenbewegung letztlich primär eine gesesamtgesellschaftliche Opposition gegen miese Regime sind und die Breite dieser Bewegungen ausnützen, ums sie zu spalten und auch zu moderieren. Und vorallem sollte man nicht wie ein Elefant im Porzelanladen sich dort gebährden. Das sind allesamt fragile Staaten und der Westen pflügt dort ohne langes Überleben rum. Das kann nicht gut gehen.Ich stimme dir weitgehend zu, aber ich widerspreche dir darin, dass der Westen immer noch eine Hegemonie versucht zu halten. Diese beschränkt sich allenfalls noch auf das Israel-Palästina-Problem. Darüber hinaus allerdings kann man diese Bestrebungen im Nahen Osten nicht allgemein erkennen.
Zitat:Mehr Zurückhaltung, mehr Überlegen wäre das erste, was man machen muss.Naja, mit einem hochgerüsteten Feind im Sinne einer modernen Armee des Westens hat man es vielleicht nicht zu tun, aber die Mittel der modernen Gesellschaft (Internet, Handy, Banking, Flugzeuge, etc.) nutzen diese Gruppen schon. Die Propaganda im Internet spricht auch für sich.
Denn letztlich haben wir es hier nicht mit einem hochmodernen, überrüsteten Feind zu tun. Allein schon deshalb taugt der Vergleich mit Kommunismus und Faschismus nicht. Diese Bewegungen jetzt sollte man vieleher mit der Boxer-Bewegung oder der Taipang Bewegung in China vergleichen, nur konnten damals halt keine Boxer per Flugzeug nach Berlin oder London. (...)
Zitat:Die modernen Zeiten und ihre Multioptionalität läßt solche asymmetrische Bedrohungen gefährlicher erscheinen als sie sind.Nein, dass denke ich nicht. Gerade die "modernen Zeiten" lassen derart assymentrische Bedrohungen um so unmittelbarer und gefährlicher werden. Gerade die Optionen der modernen Zivilsation bieten zu allem entschlossenen "assymetrischen Kriegern" ein Zerstörungspotenzial und Kommunikationsspektrum von bisher ungekannten Ausmaßen. Waren früher Tausende von Guerillas nötig, um dem "Feind" - und auch nur im eigenen Land - einigermaßen empfindliche Schäden zuzufügen, so können heute kleine Gruppen von zehn, 20 oder 30 Personen im Land des "Feindes" selbst u. U. verheerende Zerstörungen anrichten. Ob dies nun Flugzeugattentate, Selbstmordattentate in Zügen oder gar "schmutzige Bomben" oder andere Kampfmittel des "kleinen Mannes" sind, bleibt dahingestellt. Fakt ist, dass die moderne Gesellschaft mit ihren Möglichkeiten nicht eine Bedrohung künstlich aufwertet oder bedrohlicher erscheinen lässt, sondern sie tatsächlich zu einer wachsenden unmittelbaren Gefahr aufwertet.
Zitat:Was würde schon passieren, wenn eine Muslimbrüderregierung in Ägypten zustande käme? Was denn? Was sollte denn Ägypten schon machen? Sie hätten damit genung zu tun, die riesigen Hoffnungen ihrer Wähler erstmal zu befriedigen nach Gerechtigkeit und besserem Leben.Naja, der politische Arm der Muslimbrüder könnte durchaus einen positiven Einfluß auf das Land haben, u. a. auch weil sie Krankenhäuser oder Schulen betreiben. Auch will ich ihnen den guten Willen nicht absprechen. Aber wenn ich höre, dass z. B. al-Qaida-Vize Sawahiri dieser Gruppe angehört oder dass die Gruppe, bzw. der radikale Arm der Gruppe, zahlreiche Morde in Ägypten zu verantworten hat, so werde ich vorsichtig. Und wenn ich höre, dass auch der "Islamische Dschihad" seine Wurzeln in dieser Organisation hat, so werde ich doppelt skeptisch. Zumindest müsste man damit rechnen, dass Ägypten ein Rückzugsbereich für fundamentalistische Gruppen werden könnte. Insofern würde ich diesen "Versuch" auch nicht eingehen wollen.
Schneemann.