24.07.2006, 01:41
@ Wolf
Ich glaube, du verstehst einfach nicht mit deiner israelischen Militärlogik, wo das Problem an der Sache ist.
Zuallerst war die Argumentation, die in einigen deiner Posts herüberkaum, einfach nur völlig übertrieben. Sterben tuen dort unten immer wieder Menschen, das ist traurige Realität. Aber dieses überspannte Gerade aus Israel, man kämpfe ums Überleben wegen einer radikalen Partisanenarmee, halte ich einfach nur für vorgeschobene Legitimation.
Angesichts der Geschichte des israelischzen Volkes sicher nachvollziehbar: Die Shoa hat sich ins kollektive Gedächtnis der Juden gebrandt, dies hat aber auch eine Art Paranoia erzeugt. Paranoia trifft es vielelicht nicht so ganz, ist vielelicht auch nicht ganz so political correct. Es ist sozusagen ein kollektives Trauma, das auch heute noch israelische Politik und israelisches Sicherheitsdenken bestimmt.
Nun aber davon zu reden, ein hochgerüsteter, ein überrüsteter Staat wie Israel wäre wegen der Hizbullah im Überleben gefährdet, ist lachhaft und billige Polemik. Das war der Kern deiner Argumentation zunächst.
Nun kam die sicher eher auch für mich nachvollziehbare Erklärung zur Bedrohung durch die Hizbullah.
Aber auch die ist für mich reduktionistisch und typischem israelischen Denken nachmodelliert.
Dein Verweis auf Olmertz zeigt nur zu sehr, dass hier primär innenpolitische Machtgesichtspunkte eine Rolle gespielt haben. Und die Raketenkanonade der Hizbullah beispielsweise hat auch erst richtig angefangen, nachdem Israel mit seinen Bombardierungen angefangen hatte.
Aber zu den Problemen:
Deine Erwartungen bezüglich des Libanon sind lachhaft und völlig realitätsfern. Die Zedernrevolution war eine schmächtige Blüte des Jahres 2005! Erst seit letztem Jahr war Libanon von einer direkten syrischen Präsenz befreit, erst seit letztem Jahr war die Bewegungsfreiheit der christl.-sunnitischen Pro-Demokratiekräfte daher gegeben. Erwartest du tatsächlich, dass innerhalb eines Jahres in Jahrzehnte gewachsene Machtstrukturen einfach so zerfallen? Wobei Syrien ja nun wirklich auch nicht mit der Hizbulah gleichzusetzen ist. Wenn, dann dürfte wohl auch eher Teheran als Damaskus die besseren Drähte zu Nasrallah haben. Die Hizbullah hatte und habt einen größeren Rückhalt bei den rund 40% Schiiten im Libanon. Das ist eine mächtige Fraktion und da ist es kaum machbar in einem noch fragilen Konstrukt wie dem Libanon sofort eine Entwaffnung hinzubekommen. Zumal sich der Westen dann auch gar nicht mehr um den Libanon gekümmert hat. Ein paar warme Worte, das wars dann. Wunder kann man da bitte nicht erwarten, die gängigen lebensweltlichen Einstellungen brichst du nicht einfach so in ein paar Monaten ohne Gewalt. Man hatte schon versucht, auf die Hizbullah Einfluß zu nehmen, aber dies war in diesem frühren Stadion eben noch gescheitert, da Nasrallah sich in Gesprächen quer gestellt hatte und er Unerstützung von den konfessionsübergreifenden Freunden Syriens erhalten hatte, von Präsident Lahoud. Was erwartest du in einem fragilen Ex-Bürgerkriesgland, Wunder sofort frei an die Haustür. Wer argumentiert da etwas infantil?
Mit etwas Geduld, mit wesentlicher westlicher Hilfe, vorallem mit einer sehr viel intelligenteren Strategie gegenüber Damaskus hätte man da sicher viel mehr erreichen können als mit dieser gedankenlosen Luftkriegsmentalität seitens Israel. Immerhin geht schon das Gerücht, dass Washington Damaskus von Teherans Seite lösen will.
Zum letztlichen Nutzen dieser Bombenkampagne hab ich schon mehrfach etwas geschrieben und will ich es wieder wiederholen.
Aber klar ist doch eins:
- Israel erscheint in den Augen vieler auch nicht-schiitischer Libanesen als Agressor und bindet die Libanesen, zumindest eine große Mehrheit, zusammen
- Hizbullah schafft sich so innenpolitisch eine noch stärkere Position als vorher
- die prowestlichen und antisyrischen Kreise bzw. die vorher bestehende anti-Hizbullahfront wird gespalten, nun reden sogar Aoun und der Haririsohn zumindest momentan nicht gegen die Hizbullah, sondern gegen Israel.
- die libanesische Wirtschaft wird entscheidend geschwächt.
- es droht eine humanitäre Katastrophe.
- die Hizbullah wird bestenfalls kurz- bis mittelfristig in ihrem Raketenarsenal limitiert.
Die Handlungsmotivation der Israelis kannst du nun noch hundertmal wiederholen, nur ändert das nichts daran, dass die bisher eingeschlagene Militärstrategie nichts in diese Richtung erreichen wird bzw. da durch Luftschläge die Bedrohung Israels bestenfalls temporär marginalisiert wird. Nicht mehr, nicht weniger. Die Probleme liegen tiefer und gehen tiefer, da wir ja immernoch sowohl ein innerlich sich sehr uneiniges, sehr zweifelndes Damaskus haben und ein radikales Teheran, das hier auch mitmischen.
So legitim die von dir immer dargestellte israelische Handlungsmotivierung ist und so sehr sie auch deren Sichtweise der Verhältnisse exakt wiederspiegeln mag, sie wird mit den bisher gewählten Mitteln kurzfristig bestenfalls kosmetische Erfolge erzielen. Das Grundproblem wird so kurz von Asche überdeckt, doch eher noch stärker: Ein innerlich zerrissener Libanon, ein fehlendes Gleichgewicht im Nahen Osten, fehlende israelisch-syrische und israelisch-paläst. Übereinkommen.
Du bewegst doch letztlich ganz und gar auf der lebensweltlichen Seite bzw. der lebensweltlichen Sichtweise der Israels. Die systemischen Zusammenhänge werden damit aber nicht erfaßt und die Handlungen gehen ins produktive Nichts.
Man mag vielleicht in der Tagespolitik nach schnellen Erfolgsrezepten gieren, und sicher wird auch im Militär, wohl ähnlich wie bei BWL ein konsistentes Ziel-Mittel-Verhältnis gepredigt, aber mit der plumpen Gewalt aus der Luft wird man das Problem der Hizbullah nicht lösen können. Schon gar nicht auf einmal. Das erfordert sequentielles Handeln, was das Zurückbomben des Libanon um 20 Jahre nicht miteinschließt.
Und um rhetorisch zurückzuschießen:
Du willst einen Handlungsplan, der nicht im Politikunterricht eines humanistischen Gymnasiums für gut befunden worden wäre?
Dann sollte man aber nicht einen Plan verteidigen, der genauso gut auf einem Kadettenlehrgang im Sommercamp für ein kleines simples Planspiel hätte entwickelt werden können. Denn genau auf diesem Niveau bewegt er sich. Dann haben wir einen 15 jährigen Kadetten versus eine 15-jährigen Gymnasiasten. Ich denke, dass beides nicht wirkt.
Sofortige Lösungen gibt es für das Problem nicht.
Der Aufbau der Hizbullahpotentiale hat Zeit gekostet, will man sie nachhaltig vernichten, so wird das auch Zeit erfordern. Nachhaltigkeit hat scheinbar in Militärplänen wohl noch eien sehr eingeschränkte Bedeutung.
Zu der Friedenstruppe:
Ich denke inzwischen nach dieser Eskalation, dass ohne das Umdrehen von Damaskus und israelischen Konzessionen in Richtung Libanon und Syrien das ganze ein großes Desaster werden wird bzw. könnte. Momentan kann man wohl kaum sagen, inwieweit das gnaze klappen könnte, nur bin ich da jetzt noch bzw. wieder skeptisch.
@ Küntzel-Artikel:
Ich hab ihn nicht gelesen, nur kurz überflogen, aber für mich klang das nach purem ideoligischen Gelabber...
Ich glaube, du verstehst einfach nicht mit deiner israelischen Militärlogik, wo das Problem an der Sache ist.
Zuallerst war die Argumentation, die in einigen deiner Posts herüberkaum, einfach nur völlig übertrieben. Sterben tuen dort unten immer wieder Menschen, das ist traurige Realität. Aber dieses überspannte Gerade aus Israel, man kämpfe ums Überleben wegen einer radikalen Partisanenarmee, halte ich einfach nur für vorgeschobene Legitimation.
Angesichts der Geschichte des israelischzen Volkes sicher nachvollziehbar: Die Shoa hat sich ins kollektive Gedächtnis der Juden gebrandt, dies hat aber auch eine Art Paranoia erzeugt. Paranoia trifft es vielelicht nicht so ganz, ist vielelicht auch nicht ganz so political correct. Es ist sozusagen ein kollektives Trauma, das auch heute noch israelische Politik und israelisches Sicherheitsdenken bestimmt.
Nun aber davon zu reden, ein hochgerüsteter, ein überrüsteter Staat wie Israel wäre wegen der Hizbullah im Überleben gefährdet, ist lachhaft und billige Polemik. Das war der Kern deiner Argumentation zunächst.
Nun kam die sicher eher auch für mich nachvollziehbare Erklärung zur Bedrohung durch die Hizbullah.
Aber auch die ist für mich reduktionistisch und typischem israelischen Denken nachmodelliert.
Dein Verweis auf Olmertz zeigt nur zu sehr, dass hier primär innenpolitische Machtgesichtspunkte eine Rolle gespielt haben. Und die Raketenkanonade der Hizbullah beispielsweise hat auch erst richtig angefangen, nachdem Israel mit seinen Bombardierungen angefangen hatte.
Aber zu den Problemen:
Deine Erwartungen bezüglich des Libanon sind lachhaft und völlig realitätsfern. Die Zedernrevolution war eine schmächtige Blüte des Jahres 2005! Erst seit letztem Jahr war Libanon von einer direkten syrischen Präsenz befreit, erst seit letztem Jahr war die Bewegungsfreiheit der christl.-sunnitischen Pro-Demokratiekräfte daher gegeben. Erwartest du tatsächlich, dass innerhalb eines Jahres in Jahrzehnte gewachsene Machtstrukturen einfach so zerfallen? Wobei Syrien ja nun wirklich auch nicht mit der Hizbulah gleichzusetzen ist. Wenn, dann dürfte wohl auch eher Teheran als Damaskus die besseren Drähte zu Nasrallah haben. Die Hizbullah hatte und habt einen größeren Rückhalt bei den rund 40% Schiiten im Libanon. Das ist eine mächtige Fraktion und da ist es kaum machbar in einem noch fragilen Konstrukt wie dem Libanon sofort eine Entwaffnung hinzubekommen. Zumal sich der Westen dann auch gar nicht mehr um den Libanon gekümmert hat. Ein paar warme Worte, das wars dann. Wunder kann man da bitte nicht erwarten, die gängigen lebensweltlichen Einstellungen brichst du nicht einfach so in ein paar Monaten ohne Gewalt. Man hatte schon versucht, auf die Hizbullah Einfluß zu nehmen, aber dies war in diesem frühren Stadion eben noch gescheitert, da Nasrallah sich in Gesprächen quer gestellt hatte und er Unerstützung von den konfessionsübergreifenden Freunden Syriens erhalten hatte, von Präsident Lahoud. Was erwartest du in einem fragilen Ex-Bürgerkriesgland, Wunder sofort frei an die Haustür. Wer argumentiert da etwas infantil?
Mit etwas Geduld, mit wesentlicher westlicher Hilfe, vorallem mit einer sehr viel intelligenteren Strategie gegenüber Damaskus hätte man da sicher viel mehr erreichen können als mit dieser gedankenlosen Luftkriegsmentalität seitens Israel. Immerhin geht schon das Gerücht, dass Washington Damaskus von Teherans Seite lösen will.
Zum letztlichen Nutzen dieser Bombenkampagne hab ich schon mehrfach etwas geschrieben und will ich es wieder wiederholen.
Aber klar ist doch eins:
- Israel erscheint in den Augen vieler auch nicht-schiitischer Libanesen als Agressor und bindet die Libanesen, zumindest eine große Mehrheit, zusammen
- Hizbullah schafft sich so innenpolitisch eine noch stärkere Position als vorher
- die prowestlichen und antisyrischen Kreise bzw. die vorher bestehende anti-Hizbullahfront wird gespalten, nun reden sogar Aoun und der Haririsohn zumindest momentan nicht gegen die Hizbullah, sondern gegen Israel.
- die libanesische Wirtschaft wird entscheidend geschwächt.
- es droht eine humanitäre Katastrophe.
- die Hizbullah wird bestenfalls kurz- bis mittelfristig in ihrem Raketenarsenal limitiert.
Die Handlungsmotivation der Israelis kannst du nun noch hundertmal wiederholen, nur ändert das nichts daran, dass die bisher eingeschlagene Militärstrategie nichts in diese Richtung erreichen wird bzw. da durch Luftschläge die Bedrohung Israels bestenfalls temporär marginalisiert wird. Nicht mehr, nicht weniger. Die Probleme liegen tiefer und gehen tiefer, da wir ja immernoch sowohl ein innerlich sich sehr uneiniges, sehr zweifelndes Damaskus haben und ein radikales Teheran, das hier auch mitmischen.
So legitim die von dir immer dargestellte israelische Handlungsmotivierung ist und so sehr sie auch deren Sichtweise der Verhältnisse exakt wiederspiegeln mag, sie wird mit den bisher gewählten Mitteln kurzfristig bestenfalls kosmetische Erfolge erzielen. Das Grundproblem wird so kurz von Asche überdeckt, doch eher noch stärker: Ein innerlich zerrissener Libanon, ein fehlendes Gleichgewicht im Nahen Osten, fehlende israelisch-syrische und israelisch-paläst. Übereinkommen.
Du bewegst doch letztlich ganz und gar auf der lebensweltlichen Seite bzw. der lebensweltlichen Sichtweise der Israels. Die systemischen Zusammenhänge werden damit aber nicht erfaßt und die Handlungen gehen ins produktive Nichts.
Man mag vielleicht in der Tagespolitik nach schnellen Erfolgsrezepten gieren, und sicher wird auch im Militär, wohl ähnlich wie bei BWL ein konsistentes Ziel-Mittel-Verhältnis gepredigt, aber mit der plumpen Gewalt aus der Luft wird man das Problem der Hizbullah nicht lösen können. Schon gar nicht auf einmal. Das erfordert sequentielles Handeln, was das Zurückbomben des Libanon um 20 Jahre nicht miteinschließt.
Und um rhetorisch zurückzuschießen:
Du willst einen Handlungsplan, der nicht im Politikunterricht eines humanistischen Gymnasiums für gut befunden worden wäre?
Dann sollte man aber nicht einen Plan verteidigen, der genauso gut auf einem Kadettenlehrgang im Sommercamp für ein kleines simples Planspiel hätte entwickelt werden können. Denn genau auf diesem Niveau bewegt er sich. Dann haben wir einen 15 jährigen Kadetten versus eine 15-jährigen Gymnasiasten. Ich denke, dass beides nicht wirkt.
Sofortige Lösungen gibt es für das Problem nicht.
Der Aufbau der Hizbullahpotentiale hat Zeit gekostet, will man sie nachhaltig vernichten, so wird das auch Zeit erfordern. Nachhaltigkeit hat scheinbar in Militärplänen wohl noch eien sehr eingeschränkte Bedeutung.
Zu der Friedenstruppe:
Ich denke inzwischen nach dieser Eskalation, dass ohne das Umdrehen von Damaskus und israelischen Konzessionen in Richtung Libanon und Syrien das ganze ein großes Desaster werden wird bzw. könnte. Momentan kann man wohl kaum sagen, inwieweit das gnaze klappen könnte, nur bin ich da jetzt noch bzw. wieder skeptisch.
@ Küntzel-Artikel:
Ich hab ihn nicht gelesen, nur kurz überflogen, aber für mich klang das nach purem ideoligischen Gelabber...