09.07.2006, 23:52
Zitat:Thomas Wach posteteArgument? Sorry, aber keiner von uns beiden hat ein echtes Argument zu dem Punkt gebracht.
Schön, dann aber ist das auch kein Argument, dass Israel einen stärkeren Staat verhindern will. Und zwischen Selbstständigkeit im Rahmen größerer Autonomie udn echter Souveränität liegt auch ein großer Spannungsbogen, den du unbeachtet läßt. Die Israelis wollen sich sicherlich nicht mehr um diese Gebeite kümmern, wollen ihre kostspielige Besatzung redizieren, aber zurück zum Ausgangspunkt dieser Teildiskussion: Damit ist letztlich nicht gesagt, inwiefern diese Gebiete gestaltet sind, ob und in welcher Form sich dort ein staatl. Gebilde entwickln kann. Und genau dort setzte mein Punkt an, dass Israel auch mindestens mittelfristig wohl von einem gewissen Chaos dort auch profitiert und keine starke einheitliche paläst. politische Front haben will. Das war mein Punkt und dagegen hast du hier kein Argument gebracht.
Du hast gesagt, die Israelis hätten Interesse an einem chaotischen Zustand in der Westbank, um ihre "Ziele" durchzusetzen.
Ich habe entgegnet, dass dies nicht ihr Interesse, da eine starke Regierung den Terror gegen Israel unterbinden könnte und chaotische Zustände Terrorismus begünstigen.
Aber keine der beiden Aussagen lässt sich irgendwie belegen. Das sind bloß unsere Vermutungen.
Was ich sagen wollte ist, das die Tatsache, das Israel keine Fertigstaat den Palästinensern hinstellt, kein Grund für die Annahme ist, dass Israel keinen starken Palästinenser-Staat will.
Du meinst übrigens, dass es ein Fehler ist, dass die Israelis ohne Absprache abziehen. Die Verhandlungen sind aber immer gescheitert und haben kein Ergebnis gebracht. Ich persönlich war nach Camp David und der anschließenden Intifada echt enttäuscht und das v.a. von der palästinensischen Seite.
Der Erfolg der Hamas geht im übrigen nicht auf den Rückzug der Israelis aus Ghaza zurück, sondern dass die Korruptheit und Inkompetenz der Fatah-Funktionäre nicht mehr durch Arafats Charisma aufgewogen wurde. Es wurde schon vorher davor gewarnt, dass die Hamas "bürgernäher" als die Fatah ist.
Zitat:Sehr nett. Nur ging es bei meinen weiteren Ausführungen eben um die Westbank und die knapp 8.000 Siedler im Gazastreifen sind eine andere Dimension als die gut 250.000 Siedler in der Westbank!schade...
Und die Pläne von Olmertz wurden vor ein paar Monaten veröffentlicht. Ich habs bei IHT.Online gelesen, dummerweise kann man auf deren Archive nicht zugreifen...
Zitat:Und genau diese Vorstellung ist idealistischer Unsinn. Die paläst. Gesellschaft ist in sich schon fragmentiert, mit starken säkularen, aber inzwischen auch starken religiösen Lagern. Da wird es keine starke, einheitliche Bewegung mehr geben. Weder wird eine Gruppe stark genug sein, in Sachen Hard Power zu dominieren, also in Sachen Waffengewalt zu dominieren, noch wird dieses schöne alte Konzept Max Webers, dass der charismatischen Herrschaft ziehen: Denn die Gruppen sind zu unterschiedlich, die eher sakuläre Ausrichtung der Fatah stößt sich an der religiösen der Hamas. Das einfach so zu überbrücken, funktioniert nicht. Da überschätzt du das Einigungspotential der Palästinenser. Nein, ich denke, so wie es geschrieben habe: Es gibt nmur einen Einigungsgrund für die Paläst., ein common issue, das ist der Kampf gegen Israel. Legitimation wird jeder Staat nur dann haben, jede Autorität, wenn sie öffentlichkeits wirksam gegen die Besatzung vorgeht. Abseits aller Theorien über das Schüren der 2. Intifada durch Arafat, letztlich war sie ein Ergebnis, dass seien Autorität nicht mehr anerkannt wurde voll und dass seiner Autonomiebehörde, weil zu wenig gegen den neuen Siedlungsbau der Israelis und gegen schlechte Lebensbedingungen getan wurde. Legitimation in den Augen der bevölkerung, das ist zentral. Und die wird eine Regierung nur dann haben, wenn sie die Besatzung beendet. Und auch nur so lassen sich Hamas und Fatah an einen Tisch bringen. Als Front für die Befreiung Palästinas. Und auch dann werden die Milizen im besten Fall gebündelt. Das ist die einzige echte wahrscheinliche Variante für eine paläst. Regierung. Alles andere ist westliches oder israelisches Wunschdenken.Es reicht ja, wenn diese "charismatische" Führung es schafft, dem Volk klar zu machen, dass ein eigener Staat die oberste Priorität hat. Dann wäre die oberste Legitimation das Erreichen dieses Ziels und nicht die Vernichtung Israels. Es wäre ein konstruktiver Widerstand wie unter Ghandi. Nicht unbedingt gewaltlos, aber so weit, dass sinnlose Gewalt, wie Terroranschläge, nicht mehr durchgeführt werden, um dem obersten Ziel nicht zu schaden.
Höchstens und darauf rechnt und hofft Tel Aviv, man schafft es, die beiden Lager in einen Bruderkrieg zu treiben um so die Paläst. zu spalten und dann leichtes Spiel mit ihnen zu haben. Diese Varainte könnte auch in einer starken Regierung enden, aber in einer straken Regieurng einer endgültig kaputten und zerstörten Gesellschaft. Diese Variante wäre sehr angenhem für Israel und vieles spricht für dieses Ziel der Israelis.
Aber deine Vorstellungen sind da etwas zu sehr westliches Wunschdenken.
Mit Abbas haben die Israelis ja vernünftig gesprochen, er hat auch das Ziel (genau wie Arafat) einen palästinensischen Staat zu gründen. Allerdings ist Abbas zu farblos und die Fatah zu korrupt. Wenn die säkularen Kräfte nicht so unfägig wären, dann hätte die Hamas nicht so einen Zulauf.
Zitat:Wenn es wirklich nur ums Überleben ginge, dann müßte man nicht Wehrsiedlungen im Feindesland erichten und dann wäre man nicht konventionell mehrfach überlegen..Man muss nicht bis zur Shoa gehen. Die Sportfreunde Stiller hätten ihr WM-Lied auch umdichten können: "48, 67, 76, 200* und wir stimmen alle ein".
ich denke, dass diese Schiene mehr Selbstrechtfertigung der Israelis ist, eien Art Paranoia Syndrom kollektiver Art, beständig existenzbedroht zu sein: Ganz ehrlich, Israel ist mit seiner wohl vermuteten atomaren Zweitschlagsfähigkeit zwar nicht nur von Freunden umgeben, aber relativ unangreifbar. Hier wirkt viel mehr kollektiv historische Erinnerung nach. Um nicht falsch verstanden zu werden: DIe Shoa war so grausam, dass man keine Worte finden kann. Dass daher auch die Holocaustüberlebenden und ihre Nachkommen geprägt sind, etwas übervorsichtig sind etc, ist absolut nachvollziehbar. Nur macht es das ganze eben nicht einfacher. Und man kann dahinter sich auch sehr gut verstecken. Man verteidigt sich ja nur selbst, wenn man das Land des Gegners nun kolonialisiert.
Es geht dabei nicht wirklich um klassischen Imperialismus, das ist richtig, es ist viel eher eine Obsession nach absoluter Sicherheit, für die man alles geben würde und auch andere dementsprechend behandelt.
Aber offensiv ist diese Obsession sicherlich schon.
Israel wurde ja in schöner Regelmäßigkeit überfallen und nur die militärische Überlegenheit sichert die Existenz Israels (ok, die Amis würden im Zweifelsfall wahrscheinlich schon mithelfen). Die Paranoia ist für die meisten Israelis also noch sehr real.
Die Themen "Sicherheit" und "Siedlungen" sind aber meiner Meinung nach keine einheitliche Strategien, sondern teilweise gegenläufig und auf verschiedenen Konzepten gegründet. Der Abzug aus Ghaza spricht dafür. Die Siedlungen sind noch ein Relikt von früher und die sind ja bekannterweise schwer abzuschaffen.
Zitat:Und nochmal: Es war ein Krieg der Israelis gegen die arabischen Staaten. Die Palästinenser waren die Bauern, in da geopfert wurden und erst nach und nach wurden die Palästinenser zu einer eigenständigen Konfliktpartei. Man kann also auch historisch nur sehr ungenauerweise davon sprechen, dass die Palästinenser Krieg gegen Israel geführt haben, man könnte das gleiche auch umgekehrt sagen. Bei deiner Argumentation, die sicher auch Israelis ähnlich bringen würden, fühlen sich die Palästinenser erst recht betrogen und die Radikalen werden wissen, dies wieder auszuschlachten.Die Palästinenser waren auf der Seite der arabischen Staaten und haben sich bei Verhandlungen teilweise unnachgiebig gezeigt. Deswegen ist für den Sieger (Israel) logisch, da historisch fast immer geschehen.
Dass die Westbank-Siedlungen weg müssen, darin stimmen wir beide überein. Ich setze im Gegensatz zu dir die (für mich berechtigte) Hoffnung, dass mit "Kadima" der Totalrückzug endlich vollzogen wird.
Du hast erwähnt, dass Israel neue Siedlungen baut, mir ist bisher nichts dergleichen zu Ohren gekommen. Quelle?
Zitat:Letztlich wird auf diesem Weg die Gewalt kaum gestoppt werden. Die israelische Vorstellung eines disengaments, ein paar Siedlungsblöcke zu annektieren und ansonsten sich auf hohe Mauern zu verlassen, wird scheitern. Das sage ich jetzt schon voraus.Was heißt hier scheitern? Schlimmer als während der zweiten Intifada wirds auch nicht mehr, wenn alles abgeriegelt ist. Es wird auf jeden Fall (für Israel) besser also vorher sein. Ich glaube du stellst sehr hohe Erwartungen an die Nahost-Politik. Es bedarf aber meiner Meinung nach schon Staatsmänner vom Format von Rabin oder Sharon auf beiden Seiten um den Konflikt gerecht zu lösen.
Außerdem: da befände sich dieser Lösungsansatz in guter Gesellschaft. Bisher ist so ziemlich alles gescheitert.