Israel-Palästina
Zitat:Thomas Wach postete
Die sich allmählich durchsetzende Erkenntnis, dass man nicht ewig alle paläst. Gebiete halten wird können (auch leider aufgrund brutalerer und eben nicht unterdrückbarer Gewalt seitens der Palästinenser) bedeutet noch lange nicht eine stringente und irgendwie bilaterale Lösung aufarbeiten zu wollen, die tatsächlich die Garantie bieten würde, für langfristigen Frieden sorgen zu können.
Israel will sich im disengagement üben, nicht einen funktionswürdigen und funktionsfähigen paläst. Staat mitaufbauen. Da liegen Welten dazwischen, die du ganz salopp überspringst.
Moment mal, ich habe nicht gesagt, dass die Israelis den Palästinenser einen Fertig-Staat inkl. staatl. Gewaltmonopol, Gesundheitssystem usw. vor die Nase stellen, sondern, dass sie einfach die Palästinenser in die Selbstständigkeit entlassen werden. Dies wird eine rigide Trennung zwischen israelischen und palästinensischen Gebiet nach sich ziehen (siehe Grenzzaun), da die Israelis selber nicht wissen, wie man ein die Milizen unter Kontrolle bringt.
Von einer bilateralen Lösung habe ich nicht gesprochen; das hast du reininterpretiert.

Zitat:Ich denke, du machst dir falsche Illusionen über den Erkenntnisstand und Gemütsstand innerhalbs Israels und wohl auch über die Lage in den paläst. Gebieten.
Also ich habe in Erinnerung, dass eine Mehrheit der Israelis und sogar eine Mehrheit der Likud-Mitglieder (über Likud bin ich mir aber nicht sicher) für den Abzug aller Siedlungen aus dem Ghaza-Streifen waren. Die Israelis haben also in der Mehrzahl eben genau das kapiert, dass sie sich komplett zurück ziehen werden müssen.
Der Abzug ist auch das Definitionsthema von Kadima, sonst hätte der "Buchhalter" Olmert auch nicht die Wahlen gewonnen und wäre zwischen AP und Likud aufgerieben worden. Die Popularitätswerte von Ariel Sharon in Israel seit dem Ghaza-Rückzug dürften ja wohl für sich sprechen.

Wenn du Belege dafür hast, dass die Israelis anders denken, dann wäre es nett sie zu posten.

Zitat:Ein funktionsfähiger, starker paläst. Staat würde eben nicht nur naiverweise bedeuten, dass Milizen entwaffnet würden. Er würde vorallem eine Bündelung des bisher vielstimmigen und dissonanten Interessen- und Meinungschores in Palästina bedeuten, ein Zusammenschweißen der Pluralität der Fraktionen. Das würde aber bedeuten, dass dieser Staat selbstbewußt dem israelischen Herrschaftsanspruch entgegentreten würde, die Annektion paläst. Gebiete in dem Umfang wie geplant ablehnen würde und bei israelischen Vertragsbrüchen - wie so oft in der Geschichte der letzten 15 Jahre vorkommend - entsprechend selbstbewußt auftreten würde, auch international. Es würde auch bedeuten, dass all die Milizen in den Sicherheitskräften zusammengefaßt werden, dass aber auch möglicher Widerstand gegen Israel stärker würde (in Eskalationsfällen wie heute) und so möglicherweise eher reguläre Kämpfe ausbrechen würden. Denn ein starker paläst. Staat würde eben nie und nimmer einfach nur sein Gewaltmonopel herstellen können, indem er die ganzen Milizen entwaffnet. Er müßte - um anerkannt zu bleiben - auch deutlich für die Befreiung eintreten und dafür effektiv arbeiten, egal ob nun mit Waffengewalt oder Diplomatie. Sonst würde er schnell jegliche Legitimation verlieren. Diese andere Seite bei einem funktionierenden Staat übersiehst du geflissentlich und verzerrst damit deien Analyse.
Wenn wir über eine "starke" Zentralregierung sprechen, dann sollten wir erst mal betrachten, wieso sie stark ist und wie sie es wird. Eine "Starke" Zentralregierung zeichnet sich dadurch aus, dass ihre Partei die dominierende Bewegung ist und folglich entweder durch Androhung und Durchführung von Waffengewalt oder durch "Softpower" ihren Willen durchsetzten kann. Das wird für die Israelis dann erheblich einfacher, da sie dann nur einen Ansprechpartner haben. Wenn sie bisher eine Waffenruhe mit der einen Miliz hatten, dann wurde diese durch Terroranschläger der anderen Miliz unterminiert.
Du überschätzt auch glaube ich den Zusammenhalt zwischen den verschiedenen Gruppen siehe Fatah - Hamas. Wenn es eine starke Zentralregierung geben wird, dann entweder durch militärische Überlegenheit oder durch eine charismatische Führung, die alle zusammenschweißt. In beiden Fällen jedoch MUSS diese Regierung ein Gewaltmonopol herstellen, da sie sonst nahezu Handlungsunfähig ist und bald nur noch Makulatur ist.
Wenn sich die Regierung vernünftig verhält, dann werden die Israelis sie auch unterstützen indem beispielsweise Gefangene ohne Gegenleistung entlassen (wie früher auch geschehen!).

Zitat:Nur die Israelis wissen schon, warum sie bei der zweiten Intifada die Sicherheitskräfte Arafats zerschlugen. Arafats Staat war koruppt, funktionierte nicht und tat wenig für die Freiheit Palästinas in den Augen der Bevölkerung. Deshalb kam es dann letztlich auch zu der Frutration, die die zweite Intifada antrieb. Aber die Israelis schlugen auch gegen die Sicherheitsbehörden zu, wohl wissend, dass hier Potenzail lag für dne Widerstand gegen Israel. Und auch jetzt liegt Israel nichts an einem funktionierenden Staat in Palästina. Mögen sie fordern, dass die Milizen endlich entwaffnet werden, man ist in Tel Aviv sicherlich nicht so dumm nicht zu wissen, dass eine einheitliche paläst. Strategie und Linie es Israel sehr schwer machen würde, ihre Politik und ihre Ziele so durchzuziehen, wie sie es wollen. Voralem fürchten sie nicht zu Unrecht, dass solch ein Staat vehement antiisraelisch wäre und bedenkt man die Nichteinhaltung unzähliger Rückzugsversprechen während des Oslo Friedensprozesses, kann man diese Haltung auch verstehen.
Du sprichst Israel meiner Einschätzung nach zu sehr imperialistische Attribute zu ("Interesse", "Ziele"). Israel agiert nicht als amerikanischer, asiatischer oder europäischer Staat, der versucht sich wichtige Rohstoffe, Transportwege oder ähnliches zu sichern. Israel agiert als Staat, der versucht den aktuellen (früher existenzbedrohenden) Konflikt möglichst unbeschadet und sicher zu lösen. Dabei werden sie primär an sich denken und nur wenig Rücksicht auf palästinensiche Befindlichkeiten nehmen, wieso auch? Sie haben nicht die objektive Sicht aus dem sicheren Mitteleuropa. Es gibt kein Wohlwollen zwischen den beiden Völkern und Israel wird bloß das tun, was unbedingt nötig ist.
Innerhalb der Israelis gibt es da natürlich mehrere Lösungsansätze: Harte Linie wie unter Nethanjahu, Kooperation wie unter Ehud Barak oder einseitiger Rückzug wie unter Ariel Sharon. Die ersten beiden Lösungsansätze sind gescheitert (siehe Intifada oder Camp David) und werden von nicht mehr allzu vielen Leuten unterstützt (siehe Wahlen).
Jetzt werden die Israelis sich zurück ziehen und schauen was die Palästinenser mit dieser neuen "Freiheit" anstellen. Dass sie dabei noch Land mitnehmen, ist zwar objektiv gesehen nicht fair. Allerdings haben die Palästinenser Krieg gegen Israel geführt und haben mit dem einseitigem Rückzug Israels faktisch verloren. Nach jedem Krieg wurde dem Verlierer etwas genommen und dies wird jetzt nicht anders sein. Dass die Israelis gelegentlich Anti-Terroreinsätze bei den Palästinensergebieten durchführen werden ist nicht ausgeschlossen, wenn die Palästinenser mit dem Terror aufhören und sich endlich einigen.
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Israel-Palästina - von Helios - 23.05.2004, 14:06
RE: Israel-Palästina - von Quintus Fabius - 11.05.2021, 23:01
RE: Israel-Palästina - von Quintus Fabius - 12.05.2021, 10:55
RE: Israel-Palästina - von Quintus Fabius - 13.05.2021, 19:45
RE: Israel-Palästina - von Quintus Fabius - 15.05.2021, 15:36
RE: Israel-Palästina - von Schneemann - 07.08.2022, 08:44

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