Kulturen im Konflikt
Ich möchte jetzt nicht als Zyniker dastehen, aber selbstlose Politik seitens Europas, insbesondere solche im Kontrast zu den USA ist ein Märchen, das vielleicht auf Grünen-Parteitagen gut ankommt, wenn man die Parteidisziplin wieder mal stärken muss.
Klar haben wir eine Bevölkerung, die querschnittlich viel Mitleid aufbringt, wenn es um all die Übel in der weiten Welt geht, aber spätestens wenn es ums harte Geld geht, dann relativieren sich die Beileidsbekundungen. Entwicklungsgelder fließen nur deswegen so, wie sie es tun, weil sie anteilig gesehen ein Witz sind. Also kann man das öffentliche Gewissen beruhigen, indem man hier einen Brunnen baut und dort eine Schule ausstattet, ohne dass sich der brave Bürger zuhause beschwert, dass schon wieder die Steuern deswegen steigen. Solche Hilfe ist deswegen forderungslos, weil man dafür schlicht nichts fordern kann (aus dem gleichen Grund werden im übrigen Schulden von Entwicklungsländern in schöner Regelmäßigkeit erlassen und das ganze dann als Akt der Nächstenliebe demonstriert).
Ganz anders siehte es dagegen dort aus, wo es wirtschaftlich oder politisch kostenintensiv wird, siehe zb. Irak. Wie schnell ist da die Diskussion in Europa verebbt, wie gut oder schlecht dieser Krieg der USA in moralischer Hinsicht war, und wie schnell kam die Frage auf die Beteiligung europäischer Firmen an Investment- und Aufbaumöglichkeiten.

Wir sind nicht die USA, richtig. Aber nicht, weil wir moralisch so viel besser wären, sondern weil es uns an den Instrumenten fehlt und weil Teile unserer Poltitik sich immer noch mit der Rolle des ideologischen Traumtänzers zufriedengeben, der von der Seitenlinie kommentiert, und zwar so risiko- wie nutzlos. Aber das ändert sich, und wer das bezweifelt, der muss nur mal schauen, welche wirtschaftlichen Ambitionen deutsche Firmen etwa im Sudan haben, von den vielzitierten Beispielen China und Russland (wo es vielen Menschen genauso "beschissen" geht) mal ganz abgesehen.

Damit will ich nicht generell den Westen anprangern, man sollte sich nur von gewissen Blicken durch die rosa Brille lösen. Die USA haben im Grunde viel mehr kapiert, wie das "Spiel" funktioniert, sie haben halt auch eine gewisse Praxis, während Deutschland außenpolitisch fünfzig Jahre Auszeit hatte (wie im wesentlichen ganz Europa). Leider schlägt man in Washington in letzter Zeit etwas über die Stränge, weswegen sich die Angriffsfläche gegenüber amerikanischer Außenpolitik aus eigenem Verschulden vergrößert hat.
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Kulturen im Konflikt - von Erich - 05.05.2004, 21:27
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