27.12.2005, 03:24
Zitat:Damit scheint sich meine These zu bestätigen:Grundsetzlich magst du da sicher Recht haben, nur gibt es da sicher auch beachtenswerte Grautöne:
Sanktionen und Embargos (wenn sie denn tatsächlich von allen eingehalten werden) treffen in der Regel die falschen - nämlich die Bevölkerung - und können nur dann erfolgreich sein, wenn die im Lande selbst bestehende Opposition dadurch gestärkt wird
> ... und die Möglichkeit besteht, die eigene Regierung in die Verantwortung zu nehmen ...<
Das setzt eine zumindest bereits in starken Ansätzen bestehende freie Gesellschaft voraus - also freie Meinungsäusserung, Presse- und Informationsfreiheit, eine unabhängige Opposition mit entsprechenden Kommunikationsmöglichkeiten ..... von daher könnten Sanktionen z.B. gegen Israels Apartheidspolitik erfolgreich sein, aber autoritär geführte Regimes werden durch Sanktionen nicht erschüttert.
Autoritäre Regime sind nicht gleich autoritäre Regime und bei Israel braucht man realistischerweise erst gar nicht an Sanktionen erst zu denken. Die haben seit 1948 bzw. eigentlich spätestens seit der Shoa solch eine Bunkermentalität, so dass internationale Kritik stets bei ihnen abperlt. Sowas interessiert da keinen wirklich und solange die USA und ein Großteil der westlichen Staaten da an keinem Boykott teilnehmen wird man da wenig dran machen können. Immerhin haben die Israelis ( auch wenn das auch hier so mancher es nicht wahr haben will) ihre eigene Wahrnehmung des Konflikts und da helfen Sanktionen alleine gar nicht.
Auch würde ich beispielsweise nicht sagen, dass Sanktionen bei autoritären Staaten keine Wirkung zeigen: Nehmen wir uns mal Syrien. Die Sanktionen der Amerikaner und die sehr ungeschickte Politik im Libanon führten dazu, dass Syrien nun gänzlich isoliert wird/ist. Und das Regime wackelt zusehends, nicht zuletzt da der jahrelangen Isolation.
Oder ein weiteres Beispiel wäre Libyen: Gaddafi wechselte 2003 für einen Persilschein die Seite, nachdem sein Land international isoliert war.
Sanktionen wirken da nie allein, aber sie sind Teil eines Gesamtwirkverbundes und das sind aus realistischer und pragmatischer Sicht nunmal die Instrumentarien von Außenpolitik.
Oder sehen wir uns Milosevics Serbien an:
Die Sanktionen haben die im Lande vertretenen Oppositionsgruppen kaum gestärkt, aber langfristig wurde der Machtapparat eben unterhöhlt und dies wurde durch die Bombardierung 1999 letztlich "vollendet". Zwar erhielt er dadurch nochmal viel öffentlichen Zuspruch, da die serb. Nation in der Stunde ausländischer Aggression zusammenhielt. Aber nach etwas einem Jahr war dann Pumpe: Die Massen stürzten das schwache Regime Milosevic.
Von daher, die Wirksamkeit von Sanktionen hängt ab:
- inwieweit die Machtbasis des herrschenden Regimes dadurch geschwächt wird
- inwieweit inländische Oppositionsgruppen existieren, durch die Sanktionen diskreditiert werden oder profitieren können
- von der Art des Regimes, seiner Brutalität, denn zwischen autoritären Staaten wie Syrien oder ehemals totalitären Staaten wie dem Irak gibt es schon Unterschiede
- welche Zeitperspektive man einnimmt: langfristig destabilisierend oder kurzfristig zementierend
usw.