21.12.2005, 02:38
Zitat:Mhm na ich weiß nicht. Zum einen ist es unwahrscheinlich, dass der Bürger mit einer "kosmopolitischen" Identität überfordert wäre. Das hängt eben nur vom Bürger ab.Aber es geht doch darum, wie der normale Durchschnittsbürger in der Regel mit der ganzen Sache umgehen. Einzelfälle oder Abweichungen gibt es sowieso immer.
Zitat:Überall wird aber deutlich, dass sich die Menschen auf ihre unmittelbare Umwelt einlassen, und der Rest relativ egal ist.Genau, man bezieht sich auf seine nähere Umwelt. Nur wie sieht die denn aus?
Dass sich ein Bürger unter 400 Millionen unwichtiger oder marginalisierter fühlt als unter 80 Millionen, wage ich indes zu bezweifeln. Man muss sich nur mal Deutschland im Vergleich zu den USA o.ä. anschauen. Sind dort die Minderwertigkeitskomplexe größer? Das hängt nicht mit der Bevölkerungszahl zusammen, sondern eher mit der staatlichen Struktur und der Identifikation des Bürgers mit dem Staat, Stichwort Patriotismus.
Gibt es noch die klare Verläßlichkeit im Leben, gibt es den ewig gehalteten Arbeitsplatz, die lebenslang gehende Ehe noch, den Schutz der Großfamilie`?
All solche Sachen erodieren und lassen den Einzelnen zunehmend als Individuum allein dastehen. Das ist das eine, die Individualisierung. Andererseits wird die Bezugnahme auf Umwelt immer diffuser, da imme rmehr Sachen zu bewältigen sind und zu bedenken sind im Leben.
Da wird immer Komplexität reduziert, immer mehr wird zur diffusen Umwelt. Überlede dir mal, mit welch Problemen sich noch unsere Eltern "nur" rumärgern mussten. Wir dagegen haben immer mehr die Qual der Wahl. Das ist die direkte gesellschaftliche soziale Überforderung (Wobei; Überforderung sollte man jetzt nicht zu wörtlich nehmen: Man muss damit umgehen, also tut man es auch, nur wie iszt die Frage)
Und kommen wir nun zu den politischen Strukturen und Überforderungen: Noch vor gut 40 Jahren war doch beispielsweise die politische Landschaft der BRD unheimlich überschaubar: Klare, einfache Entscheidungen in einer klaren einfachen industriellen Gesellschaft.
Und heute: Heute spricht man noch viel abschätziger von den "da oben". Früher sagte man sowas auch, nur damals war es noch der Unterschied von Beherrschtem und Beherrscher, der sowas vorgab. Solch autoritäre Sichtweise gibt es ja nun nicht mehr so, gerade im Westen. Da ber die Entscheidungen in einer Gesellschaft mit multiplen Interessengruppen und Lobbygrupen immer undurchsichtiger, immer schwieriger auch allein inhaltlich nachvollziehen, so steht der Bürger da und versteht meistens nicht, worum es wirklich geht.
Der Bürger steht vor einer politischen Landschaft, die er in ihrer Komplexität nicht mehr verstehen kann. Frühert reichte da noch ein einfaches Verständnis (anderer gesellschaftlicher Rahmen). Nun sieht es aber anders. Das wäre eben für mich auch ein Haupztgrund für Politikverdrossenheit.
Und nun übertrage das mal auf die europäische Ebene. da sieht es dann ganz düster aus, denn wie kann man schon die Verflechtung von 3, in Deutschland sind es ja sogar 4 Politikebenen erkennen. Da kapituliert fast jeder Bürger und hat eben keine Sympathie dafür.
Es ist eben nur teilweise ein Problem von demokratischer Legitimation und Transparenz. Die Sache ist eben so kompliziert, dass man kaum dirkete demokratische Legitimation aufbauen kann. Auch institutionell sehe ich da Legitimation und "gewisse" Funktionalität als Zeilkonflikt an.
Der Vergleich mit den USA finde ich dabei nicht so sehr gelungen. Die USA haben ein ziemlich anderes Politikverständnis und deren Gliedstaaten haben ne viel geringe Heterogenität als die Mitglieder der EU.
Auch schau dir mal das Politikverständnis der Amis genau an: Die haben eben die Einstellungsprobleme, die wir jetzt in Europa haben, schon länger udn daher schon "Lösungen": Für viele ist der Staat doch nur ein fast nicht notwendiges Übel, das in deren leben eingreift. Man schau sich nur Teile des rechten Spektrums an: Die sind eindeutig antietatistisch. da gibt es völlig andere Traditionen.
Zitat:Letzteres gedeiht nur, wenn der Bürger in Deutschland das Gefühl bekommt, sein Schicksal ist an das des Franzosen, Italieners etc. gebunden. Solange das nicht vermittelt werden kann, ist die Liebesmüh um den Staat Europa umsonst. Wenn es aber erst einmal gegeben ist, dann wird das öffentliche Interesse zunehmen, auch die europäischen Strukturen zu stärken. Wie es um die momentane Meinung bestellt ist, hat man ja an der Verfassungsgeschichte gemerkt.Ja und warum ist es denn so schwierig das zu erreichen??
Eben weil der Einzelne im Dickicht des modernen Staates ziemlich allein dasteht und auch nie das Gefühl hat, bei allem Einfluß von Interessengruppen da irgendwie mitberücksichtigt zu werden und weil man sich angesichts der Komplexität lieber in sich selbst zurückzieht ( siehe meien Ausführen weiter oben).
Es gibt sicher bessere, komplexere Erklärungsansätze dafür, aber wenigstens ist das mal ein Versuch dafür

Und wie gesagt, hier geht es um den durchschnittlichen EU-Bürger...