26.11.2005, 23:33
Zu der Debatte um die Zukunft Afghanistans:
Festzustellen ist, dass die ethnischen und tribalen Verhältnisse in Aghanistan sehr stark multipel ausgeprägt sind und hier auch starke Konflikttraditionen bestehen.
Diese Tribalkonflikte um Einfluß und Herrschft waren für die Innenpolitik Afghanistans immer stark konstitutiv. Dabei sollte man jedoch nicht vergessen, dass Afghanistan immer einen Puffer gebildet hat zwischen Persien einerseits, dem zentralasiat. Raum und auch dem Indischen Subkontinent, der historisch auch meistens in diverse Entitäten zersplittert war. Selbst wenn starke Herrscher da waren, hatten lokale Herrscher (Maharadschas) oder gar regionale Herrscher ( kriegerische Rajputenstaaten) doch großen Einfluß. Und gerade Afghanistan zählte (soweit ich das in Erinnerung hab) auch zeitweise zum Bannkreis Indiens. Daher hat Pakistans Einfluß als moslemische Vertretung des alten Indiens auch große Tradition.
Das soweit zur Tradition und Geschichte und den sehr schweren Umständen da. Insoweit würde ich Shahab auch Recht geben, dass die Umstände nicht sehr günstig sind.
Aber: Afghanistan ist mehr ode rminder dazu verurteilt, sich weiter zu entwicklen im eigenen Interesse. Wohlstand und Bedürfnisbefriedigung an elemantaren Gütern wird in diesem bisher aktuellen Bürgerkriehsszenario kaum möglich sein. Die bescheidenen Verhältnisse, die während des Königreiches aufgebaut wurden, sind nach mehr als 20 Jahren Krieg aufgezehrt.
Aber moderne Entwicklungen, Bildung und Technik strahlen auch auf die noch in geringen Zahlen im Land befindliche Elite und da insbesondere durch die Auslandsafghanen auf dieses geschundene Land aus.
Wenn man also irgendwie dieses land entwicklen will, dann braucht man dafür Sicherheit und Konfliktbewältigungsmechanismen.
Das ist rein reines mehr oder minder praktiziertes Konzept, das muss weder funktionieren, noch muss es scheitern. Die Rahmenbedingungen sind natürlich schwer. Andererseits sind faktoren wie Multiethnizität, krieg. Traditionen des Konflikts als Normalumgang nicht allein auf Afghanistan beschränkt. Auch andernorts gab es ähnliche Konstellationen, die aber durch Einfluß innerer und äußerer Faktoren abgemildert wurden und so die Entstehung von Instituitionen möglich wurde.
Institutionen, das ist in gewisser Weise das Zauberwort. Kein Allheilmittel, abe rzumindest die Voraussetzung für die Möglichkeit, dass ein Staat bzw. ein einigermaßen friedliches Zusammenleben zwischen diversen tribalen/ethnischen Gruppen vorhanden sind.
Die Tribalen Strukturen kann man nie sofort knacken, regionale Identitäten bleiben immer - selbst in modernen Nationalstaten westlicher Prägung - in unterschiedlicher Weise bedeutsam. Aber man kann über diese Inseln hinweg Brücken bauen, allein schon aus der Notwendigkeit, so kostenrational seine Interessen zu bedienen. Dauernder Krieg und Kampf nützt letztlich kaum jemandem und nach über 20 Jahren Krieg dürfte solch Erkenntnis doch auch etwas vermittelbar sein.
Also, da Afghanistan nie wirkliche Kolonie war und die wenigen staatl. Strukturen des Königreiches, des kommu. Regimes wie auch der Taliban allesamt hinweggefetzt wurden, muss man nun langsam und ganz behutsam , mit Zuckerbrot und Peitsche, zuerst konfliktregulierende und konfliktbewältigende Mechanismen schaffen zwischen den einzelnen Warlords. Diese sind meistens auch, aber nicht immer die entsprechenden tribalen Führer. Zuerst müssen diese, wie geschehen, als zivile Repräsentanten in die Verantwortung genommen werden. Man wird ja sehen, wie viele Probleme die dann lösen können. Und man muss die Warlords mit entsprechenden Lockmitteln, aber auch mit harter Hand (Geld/Lebensmittel und B-52) erstmal an nen Tisch bekommen bzw. zwischenregional da die Zusammenarbeit ganz langsam stärken. Auch muss man auch die Mitarbeit in nationalen Institutionen erzwingen. Die Loya Djirga ist natürlich ein Witz heute, aber solch Institutionen starten immer in solch Situationen mit geringer Verwurzelung und Akzeptanz. Schafft man es aber, die Leute da zum Arbeiten zu bekommen, erste kleine Fortschritte zu erzielen und zwischen den Warlords/Provinzgouvernören Frieden zu bewahren, so ist erstmal ein Anfang gemacht. Ein Anfang, den man braucht, um ganz allmählich einen staatlich-institutionellen Überbau über die lokalen und regionalen tribalen Strukturen zu erschaffen. Diese translokale Verbindung mag zunächst nur ein Witz sein und kaum Akzeptanz finden. Aber über die bloße (erfolgreiche) Praxis wird deren Akzeptanz steigen und trotz divergierender tribaler Strukturen kann nun doch ein Zusammenleben funktionieren. Das ist der Anfang und der allmähliche Fortschritt, der angestrebt werden sollte.
Wie das dann funktioniert, ist eine Frage der Praxis und weder du noch ich können das abschließend beurteilen. Auch PSL noch die Experten der Petersburger Runde können das. Sotziale Realität läßt sich in ihrer Dynamik schwer vorhersehen.
Das sind aber alles Dinge, die im Rahmen intelligenten Nation- und Statebuilding betrieben werden müssen, denn diese Sicherstellung von Sicherheit und Förderung/Aufbau eines zum Land und den dort herrschenden Verhältnissen passenden Institutionengefüges sind elementar für weitere Entwicklungen. Dann muss geschaut werden, wie diese noch jungfräulichen Institutionen am besten für die Praxis ( für das erfolgreiche Bewähren im alltäglichen Umgang damit) modifiziert werden können ode rgestärkt werden können.
So kann man versuchen, ganz allmählich Afghanistan zu einem funktionablen Gemeinwesen zu machen.
Von Demokratie, einer sich auch so sehenden und so fühlenden afghanischen Nation ist da sicher keine Rede...
Festzustellen ist, dass die ethnischen und tribalen Verhältnisse in Aghanistan sehr stark multipel ausgeprägt sind und hier auch starke Konflikttraditionen bestehen.
Diese Tribalkonflikte um Einfluß und Herrschft waren für die Innenpolitik Afghanistans immer stark konstitutiv. Dabei sollte man jedoch nicht vergessen, dass Afghanistan immer einen Puffer gebildet hat zwischen Persien einerseits, dem zentralasiat. Raum und auch dem Indischen Subkontinent, der historisch auch meistens in diverse Entitäten zersplittert war. Selbst wenn starke Herrscher da waren, hatten lokale Herrscher (Maharadschas) oder gar regionale Herrscher ( kriegerische Rajputenstaaten) doch großen Einfluß. Und gerade Afghanistan zählte (soweit ich das in Erinnerung hab) auch zeitweise zum Bannkreis Indiens. Daher hat Pakistans Einfluß als moslemische Vertretung des alten Indiens auch große Tradition.
Das soweit zur Tradition und Geschichte und den sehr schweren Umständen da. Insoweit würde ich Shahab auch Recht geben, dass die Umstände nicht sehr günstig sind.
Aber: Afghanistan ist mehr ode rminder dazu verurteilt, sich weiter zu entwicklen im eigenen Interesse. Wohlstand und Bedürfnisbefriedigung an elemantaren Gütern wird in diesem bisher aktuellen Bürgerkriehsszenario kaum möglich sein. Die bescheidenen Verhältnisse, die während des Königreiches aufgebaut wurden, sind nach mehr als 20 Jahren Krieg aufgezehrt.
Aber moderne Entwicklungen, Bildung und Technik strahlen auch auf die noch in geringen Zahlen im Land befindliche Elite und da insbesondere durch die Auslandsafghanen auf dieses geschundene Land aus.
Wenn man also irgendwie dieses land entwicklen will, dann braucht man dafür Sicherheit und Konfliktbewältigungsmechanismen.
Das ist rein reines mehr oder minder praktiziertes Konzept, das muss weder funktionieren, noch muss es scheitern. Die Rahmenbedingungen sind natürlich schwer. Andererseits sind faktoren wie Multiethnizität, krieg. Traditionen des Konflikts als Normalumgang nicht allein auf Afghanistan beschränkt. Auch andernorts gab es ähnliche Konstellationen, die aber durch Einfluß innerer und äußerer Faktoren abgemildert wurden und so die Entstehung von Instituitionen möglich wurde.
Institutionen, das ist in gewisser Weise das Zauberwort. Kein Allheilmittel, abe rzumindest die Voraussetzung für die Möglichkeit, dass ein Staat bzw. ein einigermaßen friedliches Zusammenleben zwischen diversen tribalen/ethnischen Gruppen vorhanden sind.
Die Tribalen Strukturen kann man nie sofort knacken, regionale Identitäten bleiben immer - selbst in modernen Nationalstaten westlicher Prägung - in unterschiedlicher Weise bedeutsam. Aber man kann über diese Inseln hinweg Brücken bauen, allein schon aus der Notwendigkeit, so kostenrational seine Interessen zu bedienen. Dauernder Krieg und Kampf nützt letztlich kaum jemandem und nach über 20 Jahren Krieg dürfte solch Erkenntnis doch auch etwas vermittelbar sein.
Also, da Afghanistan nie wirkliche Kolonie war und die wenigen staatl. Strukturen des Königreiches, des kommu. Regimes wie auch der Taliban allesamt hinweggefetzt wurden, muss man nun langsam und ganz behutsam , mit Zuckerbrot und Peitsche, zuerst konfliktregulierende und konfliktbewältigende Mechanismen schaffen zwischen den einzelnen Warlords. Diese sind meistens auch, aber nicht immer die entsprechenden tribalen Führer. Zuerst müssen diese, wie geschehen, als zivile Repräsentanten in die Verantwortung genommen werden. Man wird ja sehen, wie viele Probleme die dann lösen können. Und man muss die Warlords mit entsprechenden Lockmitteln, aber auch mit harter Hand (Geld/Lebensmittel und B-52) erstmal an nen Tisch bekommen bzw. zwischenregional da die Zusammenarbeit ganz langsam stärken. Auch muss man auch die Mitarbeit in nationalen Institutionen erzwingen. Die Loya Djirga ist natürlich ein Witz heute, aber solch Institutionen starten immer in solch Situationen mit geringer Verwurzelung und Akzeptanz. Schafft man es aber, die Leute da zum Arbeiten zu bekommen, erste kleine Fortschritte zu erzielen und zwischen den Warlords/Provinzgouvernören Frieden zu bewahren, so ist erstmal ein Anfang gemacht. Ein Anfang, den man braucht, um ganz allmählich einen staatlich-institutionellen Überbau über die lokalen und regionalen tribalen Strukturen zu erschaffen. Diese translokale Verbindung mag zunächst nur ein Witz sein und kaum Akzeptanz finden. Aber über die bloße (erfolgreiche) Praxis wird deren Akzeptanz steigen und trotz divergierender tribaler Strukturen kann nun doch ein Zusammenleben funktionieren. Das ist der Anfang und der allmähliche Fortschritt, der angestrebt werden sollte.
Wie das dann funktioniert, ist eine Frage der Praxis und weder du noch ich können das abschließend beurteilen. Auch PSL noch die Experten der Petersburger Runde können das. Sotziale Realität läßt sich in ihrer Dynamik schwer vorhersehen.
Das sind aber alles Dinge, die im Rahmen intelligenten Nation- und Statebuilding betrieben werden müssen, denn diese Sicherstellung von Sicherheit und Förderung/Aufbau eines zum Land und den dort herrschenden Verhältnissen passenden Institutionengefüges sind elementar für weitere Entwicklungen. Dann muss geschaut werden, wie diese noch jungfräulichen Institutionen am besten für die Praxis ( für das erfolgreiche Bewähren im alltäglichen Umgang damit) modifiziert werden können ode rgestärkt werden können.
So kann man versuchen, ganz allmählich Afghanistan zu einem funktionablen Gemeinwesen zu machen.
Von Demokratie, einer sich auch so sehenden und so fühlenden afghanischen Nation ist da sicher keine Rede...