24.04.2005, 13:31
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Zitat:TÜRKEI
Eine Welt von Feinden
Von Bernhard Zand
Die Armenier begehen den 90. Jahrestag des Völkermordes von 1915, doch Ankara denkt nicht daran, das Jahrhundertverbrechen anzuerkennen. Das Wort führt eine alternde Garde chauvinistischer Bürokraten, die in den Tätern von einst ihre Ahnen verteidigt.
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Kronzeuge Atatürk
Warum tut sich die moderne Türkei so schwer mit diesem Teil ihrer Vergangenheit? Die Verbrechen des Jahres 1915 sind von der damaligen Regierung des Osmanischen Reiches begangen worden - einer Regierung, von deren führenden Mitgliedern sich Mustafa Kemal, der Gründer und Säulenheilige der türkischen Republik, deutlich distanziert hat.
Nicht nur brach Kemal, später Atatürk genannt, mit allen äußeren Traditionen der Osmanenzeit, indem er das Sultanat, das Kalifat und die Scharia abschaffte, die lateinische Schrift, ein europäisches Rechtssystem und den christlichen Sonntag als wöchentlichen Feiertag einführte - er hatte auch zu den drei jungtürkischen Führern des Osmanischen Reiches Talaat, Cemal und Enver Pascha, ein höchst gespanntes Verhältnis. Keinen der drei, die als die Hauptveratwortlichen der Deportationen gelten, wollte er nach Kriegsende in den Reihen der türkischen Nationalbewegung sehen; vor allem Envers pantürkische Expansionspläne hielt er für gefährliches, selbstmörderisches Abenteurertum.
Zweifellos reüssierten auch Mittäter der osmanischen Kriegsverbrechen in der 1923 gegründeten Republik - doch Atatürk selbst hat sich zu diesen Verbrechen in einer Offenheit geäußert, die ihn in der heutigen Türkei womöglich hinter Gitter brächte. 1920 verurteilte er vor dem Parlament den Völkermord an den Armeniern als "eine Schandtat der Vergangenheit"; in einem Gespräch mit einem amerikanischen Diplomaten nannte er die Zahl von 800000 ermordeten Armeniern und sprach sich für eine harte Bestrafung der Täter aus.
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Auch der türkisch-armenische Publizist und Soziologe Etyen Mahcupyan ist für eine Abrüstung im Krieg der Worte. Was immer die historische Wahrheit sei: "Der Begriff Völkermord nützt nur den Extremisten. Ich hätte nichts dagegen, wenn wir auf dieses Wort verzichteten."