Krieg im 21. Jahrhundert
Allgemein (ich mische mal aus dem Beitrag meines Vorredners seine Ausführungen und die aus der Vernetzung):

Zitat:Entscheidend waren die Tunnel als Rückzugsraum, weniger die Trümmerlandschaften.

Sehe ich ebenso. Städte sind für Verteidiger in Wahrheit gar nicht so vorteilhaft, wie man gemeinhin meint, denn sie bieten auch dem Angreifer erhebliche Vorteile. Dies ändert sich erst, wenn die Stadt sehr weitgehend für den Kampf vom Verteidiger vorbereitet wurde. Das geht aber gar nicht so ad hoc bzw. so schnell. Die Hamas aber hatte viele Jahre lang Zeit, eine entsprechende urbane Verteidigung einzurichten.

Zitat:Selbst mit massiver Truppenstärke lassen sich Metropolen kaum vollständig kontrollieren.

Das stimmt so definitiv nicht. Ein Grund warum die IDF hier in Gaza Probleme hatte war zum einen ein Mangel an Truppen, wie auch Nightwatch es schon benannt hat, zum anderen aber auch eine verfehlte Strategie, die schlussendlich gar keine Kontrolle anstrebte. Es wurde ja erst gar nicht versucht wirklich die Kontrolle zu erlangen.

Im übrigen ist das der Grund (Kontrolle) warum der Kampf in Städten viele Truppen bindet. Denn an der eigentlichen "Front", also den Feind bekämpfend, stehen gar nicht so viele Truppen, weil dort gar nicht so viele Truppen zugleich agieren können. Man benötigt also nicht viele Truppen für eine Stadt weil der Feind darin steht (per se), sondern 1. wegen der größeren / schnelleren Erschöpfung der Kämpfer, weshalb diese öfter rotiert werden müssen 2. weil Verluste Personal binden, weshalb hier öfter rotiert werden muss und 3. und vor allem anderen: weil man die Zivilbevölkerung und den Raum kontrollieren muss.

Zitat:Die Zerstörung der Tunnel war mit hohen Risiken verbunden. Einerseits mussten mögliche
Geiseln geschont werden, andererseits führten Sprengungen häufig zu Einstürzen oder unkon-
trollierten Explosionen mit Gefährdung eigener Kräfte und ziviler Infrastruktur.

Das Risiko bestand primär für die Geiseln und diese schränkten die Israelis extrem ein. Tatsächlich hat die IDF wie auch die israelische Politik sich durch die extreme politische Überhöhung der Geiseln massiv einschränken lassen, in einem Ausmaß, dass miltärisch hochgradig nachteilig war. Die Zerstörung ziviler Infrastruktur ist im weiteren auch kein Risiko. Die Gefährdung eigener Kräfte ist marginal. Es ist mir nicht verständlich, wie hier von einem hohen Risiko gesprochen werden kann. Armeen sind dazu da zu töten, zu morden und zu zerstören. Dass ist im Sinne von Clausewitz das eigentliche Ziel der Kriegsführung (den Gegner in einen Zustand der Wehrlosigkeit versetzen indem man ihn vernichtet (im weiteren Sinne des Wortes), welche anstelle des eigentlichen Zieles des Krieges treten. Das Ziel der Kriegsführung und die Ziele des Krieges sind daher nicht per se deckungsgleich. Dass ist eigentlich in Wahrheit die wirklich bedeutsame Erkenntnis von Clausewitz.

Und das leitet gleich gut über zu einer der tatsächlich sehr relevanten Erkenntnisse aus Gaza (gleicher Sachzusammenhang): der Widerspruch zwischen der politisch-strategischen Ebene und der militärisch-strategischen Ebene. Je größer dieser ist, desto schwieriger wird der Krieg und desto schwieriger wird es zu siegen oder zeitnah zu siegen. Also muss dieser Widerspruch so gering wie möglich gehalten werden. Diesbezüglich wäre es notwendig, dass die politisch-strategische Ebene die Zielsetzungen der militärisch-strategischen Ebene weitergehender ermöglicht, bzw. sich diesen unterordnet. Das ist in Gaza meiner Ansicht nach so nicht geschehen und stellte durchgehend ein erhebliches militärisches Problem dar.

Zitat:Die Lehren die die Nato daraus ziehen kann sicht limitiert, Gaza ist ein sehr spezieller Fall.

Sehe ich nicht so. Man kann aus allem Lehren ziehen die man auch andernorten verwenden kann. Man stelle sich beispielsweise vor, russische Truppen besetzen im Handstreich eine grenznahe Stadt in EU Gebiet, und müssen dem folgend mühsam aus dieser heraus gekämpft werden.

Zitat:Besonders im urbanen Gefecht stiegen die „Blue-on-Blue“-Vorfälle drastisch: ein beträchtlicher Anteil aller israelischen Verluste ging auf Eigenbeschuss zurück

Wie Nightwatch es ja schon ausgeführt hat stimmt das nicht. Der Eigenbeschuss der Israelis war querschnittlich eher gering bzw. komplett im Rahmen des üblichen.

Zitat:Die Lehren für westliche Streitkräfte sind deutlich: Drohnen spielen im Ukrainekrieg bei statischen Fronten eine Schlüsselrolle, stoßen jedoch im hochdynamischen urbanen Umfeld wie Gaza an Grenzen.

Das ist Schwachsinn. Ganz im Gegenteil hat der vielfältige Einsatz von Drohnen durch die IDF aufgezeigt, wie absolut elementar Drohnen gerade im urbanen Umfeld sind. Darüber hinaus ist der Kampf in Städten vom Charakter her auch eher statisch. Es ist schon abstrus ihn als hochdynamisch zu bezeichnen.

Zitat:Bebauung, Untergrund und gegnerische Gegenaufklärung machen das Schlachtfeld alles andere als „transparent“.

Und genau deshalb sind Drohnen aller Art noch wesentlicher als sonst.

In diesem Kontext ist es übrigens bemerkenswert, wie gut die Israelis die Drohnen der Hamas abwehren bzw. unter Kontrolle bringen konnten so dass diese kaum eine Rolle spielten.

Zitat:Für die Bundeswehr folgt daraus: UAVs sind wertvolle Ergänzungen, aber kein Allheilmittel. Einsatz und Nutzen hängen vom Gelände und vom Gegner ab – dogmatische Technikgläubigkeit ist fehl am Platz.

Allgemeinblabla was nichts aber auch rein gar nichts mit Gaza zu tun hat.

Zitat:die IDF unternahm einiges um eigene Kräfte zu entkonfliktieren. Kernstück war die rigorose Zuweisung enger Operationsräume für einzelne Einheiten, was wiederrum eigene taktische Herausforderungen mit sich brachte.

Das rigide zuweisen von Räumen und die Kontrolle dieser Zuweisung senken zwar das Risiko, stellen aber zugleich militärisch manchmal eine erhebliche Behinderung dar. Insgesamt ist ein zu enges zuweisen von Räumen für bestimmte Einheiten meiner Meinung nach eher kritisch zu sehen und wäre das höhere Risiko es wert eingegangen zu werden. Das gilt aber ganz allgemein.

Zitat:Unerfahrene Soldaten suchten Deckung in unmittelbarer Nähe von Merkava-Panzern, was
zu gefährlichen Ballungen und leichten Zielen für die Hamas führte. Ungeübter Umgang mit
Waffen und Sprengmitteln führte zu fatalen Unfällen – bis hin zur Tötung dreier eigener Geiseln, die im Gefechtsstress irrtümlich erschossen wurden.

Unfug. Und völlig fernab jedweden tatsächlichen Kriegshandwerks. Die Bundeswehr wäre nicht mal ansatzweise in der Lage gewesen das gleiche zu leisten. Und dass nur so wenige Geiseln umgekommen sind, grenzt an ein Wunder und war vermutlich teilweise auch einfach nur viel Glück.

Zitat:Zwischen dem Massaker vom 7. Oktober und Beginn der Bodenoffensive lagen nur wenige Wochen – zu
wenig für eine „Train-up Phase“, um den notwendigen Ausbildungsstand für eine Großoperation im urbanen Raum zu erreichen. Selbst eine Armee mit langjähriger Erfahrung im Häuserkampf stieß so auf massive Ausbildungsdefizite

Auch recht fragwürdig. Man kann in mehreren Wochen erstaunlich viel für den urbanen Raum lernen und trainieren, wenn man es kann. Man kann dann die Truppen auch im Echteinsatz erstmal stückweise mit immer anspruchsvolleren Aufgaben betrauen.

Dass die Bundeswehr es nicht hinkriegt, Infanterie schnell, effektiv und effizient auszubilden ist da nochmal eine komplett andere Geschichte und das Problem der Bundeswehr und nicht der eigentlich notwendigen Ausbildung an sich.

Darüber hinaus ist der Kampf im urbanen Raum für Infanterie in Wahrheit gar nicht so viel anspruchsvoller. Denn Infanterie kann sich im urbanen Raum offensiv nicht allein durchsetzen. Sie dient daher stattdessen dazu Fühlung mit dem Gegner zu erlangen und dann Feuerkraft anderer Systeme abzugreifen.

Zitat:Lehre Nummer Eins für die Nato: Der kompromisslose Einsatz von massiven Feuer löst viele Probleme. Es braucht vor allen Dingen mehr Munition und den Willen sie auch einzusetzen.

Nichts hinzuzufügen.
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