Krise im Roten Meer / Operation Prosperity Guardian
Der SPIEGEL kommentiert im tägliches News-Briefing um 18 Uhr
Zitat:2. Gefährliche Gewässer
(Bildunterschrift) Explodierendes Handelsschiff »Magic Seas«: Mit Sprengsätzen zum Sinken gebracht
AFP

Private Rettungsmannschaften haben im Roten Meer vier weitere Besatzungsmitglieder des Schiffes »Eternity C« aus den Fluten geholt. Das gab die EU-Militäroperation »Aspides« am Donnerstag auf X bekannt. Damit stieg die Zahl der geretteten Seeleute auf zehn, 15 werden noch vermisst. Das Schiff ist von der jemenitischen Huthi-Miliz versenkt worden – als zweiter Frachter binnen weniger Tage ( mehr dazu hier). Ein Teil der Crew wurde offenbar verschleppt. Aufsehen erregt hat der Fall auch wegen eines Propagandavideos im Netz. Es soll den dramatischen Untergang der rund 187 Meter langen »Eternity C« nach mehreren Explosionen zeigen.

Vor der Küste Jemens verlaufen wichtige Handelsrouten. Die Zone gilt gleichzeitig als Hochrisikogebiet für Schiffe. Nach dem Hamas-Massaker in Israel und dem folgenden Gazakrieg griffen die Huthis vermehrt an, angeblich um die Terrororganisation Hamas im Gazastreifen zu unterstützen. Zuletzt war es aber eigentlich ruhiger. Warum ballen sich die Angriffe nun wieder? Meine Kollegin Susanne Koelbl hat die Attacken analysiert und schreibt mir: »Die arabische Welt ist sich aktuell in wenig einig, außer darin, dass der Umgang Israels mit den Palästinensern unerträglich ist. Daraus ziehen die Huthis Energie, sie haben großen Zulauf von Überzeugungstätern. Das macht sie gefährlich.« Die internationale Gemeinschaft habe bislang kein Mittel gegen die »machtbewussten und hart gesottenen Kämpfer« gefunden, so Susanne.
ich denke, die Susanne Koelbl hat nicht Unrecht. Sie bringt auf den Punkt, warum die maßlosen Angriffe Israels in Gaza nur noch mehr Gewalt erzeugen.

Wenn man nun die Huthi einfach als eine Bürgerkriegs-Partei von Chaoten und Revoluzzern abtut, macht man es sich wohl zu einfach. Die DW schreibt dazu
Zitat: Stammesverband aus dem nördlichen Jemen

Die Huthi gehören zu einem Stammesverband aus einem bergigen, an Saudi-Arabien grenzenden Gebiet im Norden des Jemen. Konfessionell zählt dieser sich zu den Zaiditen, einer Rechtsschule innerhalb des schiitischen Islams. Anders als viele andere Schiiten glauben die Zaiditen nicht an die Rückkehr eines verborgenen Imams, des so genannten Mahdi. Die Zugehörigkeit der Huthi zum schiitischen Islam ist aber eine wichtige Grundlage für ihre guten Verbindungen zum Iran ...

Im Jemen stellen die Zaiditen ein gutes Drittel der Bevölkerung. Die Entstehungsgeschichte der Huthi-Bewegung als politische und dann auch militärische Gruppierung reicht bis in die 1990er Jahre zurück. Ihre Vorgängerorganisation wurde 1994 von Hussein Badreddin al-Huthi gegründet, einem ehemaligen jemenitischen Abgeordneten, der sich gegen die Politik des damaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh wandte.

Die Huthi und der Bürgerkrieg
Immer lauter warfen die Huthi seit dem sogenannten Arabischen Frühling 2011 der jemenitischen Zentralregierung in Sanaa vor, die Zaiditen zu marginalisieren und deren Rechte zu unterdrücken. Zugleich unterstellten sie der Regierung eine Nähe zu Israel und den USA. Unter Berufung auf diese Vorwürfe erhoben sich die Huthi 2014 gegen die Regierung des damaligen Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi. Dieser konnte sich nur dank einer von Saudi-Arabien angeführten internationalen Militärallianz im Amt halten. Diese Allianz kämpft seit 2015 gegen die Huthi - jedoch bisher ohne Erfolg.

Die von Saudi-Arabien gestützte Regierung kontrolliert zwar einen größeren Teil des Landes, die Huthi jedoch beherrschen weite Gebiete im Nordwesten einschließlich der Hauptstadt Sanaa. Dabei werden sie vom Iran unterstützt. Darum gilt der jemenitische Bürgerkrieg auch als Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und Iran. Die Huthi verfügen über Panzer, Fahrzeuge, Lenkflugkörper und Raketen, die sie laut eigenen Angaben vor allem aus Beständen der regulären Armee erobert haben.
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Eine deutlich tiefere Analyse ist hier zu finden.
Nach dieser Karte [Bild: https://www.friedensbildung-bw.de/filead...b_1200.jpg] kontrollieren die Huthi faktisch den gesamten ehemaligen Nordjemen mit der Hauptstadt Sanaa. Der Südjemen mit der ehemaligen Hauptstadt Aden wird dagegen von der international anerkannten Regierung - und diversen Jihadisten - kontrolliert.
Das ist nicht unwichtig, denn beide Landesteile sind erst 1990 vereinigt worden. Und bereits 1994 (!) sollte diese Vereinigung wieder sistiert werden.
Der Staat wurde aber mit Gewalt zusammen gehalten - und die nordjemenitischen Stämme der Huthi wurden von der siegenden Zentralregierung marginalisiert. Die versprochenen Reformen ("Arabischer Frühling" - war auch im Jemen) blieben aus. Der Präsident Saleh wurde putschartig abgesetzt. Und so erfolgte ab ca. 2014 ein Befreiungsaufstand der Huthi zur Unterstützung des abgesetzten Präsidenten Saleh, worauf der "Putschpräsident Hadi" nach Saudi Arabien flüchtete.
Seither (2015) will eine Koalition von 9 sunnitisch-arabischen Staaten unter Führung Saudi-Arabiens den geflohenen Hadi wieder an die Macht bringen. Im "Windschatten" dieser von Außen geschürten Auseinandersetzung hat sich dann auch die jihadistische Gruppe "Al Quaida" (AQAP) in dem Gebiet etabliert, das (eigentlich?) von Hadi und seinen Verbündeten kontrolliert wurde. 2018 hat sich dann auch noch eine von den VAE unterstützte weitere Gruppierung, der sogenannte "Übergangsrat" als weitere Kraft etabliert - um den VAE die Machtübernahme auf der (jemenitischen) Insel Sokotra zu ermöglichen.

Es handelt sich also primär um eine ethnisch und auch religiös gewachsene Gruppierung, die faktisch einen Teil der Staatsgewalt des Jemen übernommen hat und als Unterstützer des abgesetzten Präsidenten Saleh zunächst wohl auch eine gewisse Legitimität beanspruchen konnte.

Wenn nun unterschiedliche Staaten aus ihrer jeweiligen religiösen Einstellung heraus unterschiedliche Fraktionen unterstützen oder anerkennen, dann muss ich mir diese Präferenz nicht zu Eigen machen.

(10.07.2025, 19:37)Kongo Erich schrieb: Nach dieser Karte kontrollieren die Huthi faktisch den gesamten ehemaligen Nordjemen mit der Hauptstadt Sanaa. Der Südjemen mit der ehemaligen Hauptstadt Aden wird dagegen von der international anerkannten Regierung - und diversen Jihadisten - kontrolliert.
Das ist nicht unwichtig, denn beide Landesteile sind erst 1990 vereinigt worden....
[email=https://monde-diplomatique.de/pub/img/1224530.jpg]Le Monde diplomatique[/email] hat auch eine recht gute Darstellung, die vor allem die Grenze zwischen den beiden jemenitischen Staaten deutlich zeigt
[Bild: https://monde-diplomatique.de/pub/img/1224530.jpg]
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Nachrichten in diesem Thema
RE: Krise im Roten Meer / Operation Prosperity Guardian - von Kongo Erich - 10.07.2025, 19:37
RE: Russland & Verbündete gegen Europa & USA - von Jakob - 29.04.2025, 00:18

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