Gestern, 13:53
(22.06.2025, 11:28)BenStöger schrieb: Die Beteiligung der USA an direkten Angriffen auf iranische Atomanlagen stellt für mich eine klare Eskalation im ohnehin angespannten Machtgefüge des Nahen Ostens dar. Faktisch ist eine offene Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran damit eingeleitet.
Völkerrechtlich gesehen dürfte man es mit einem Präventivschlag zu tun haben, der ohne Mandat des UN-Sicherheitsrats erfolgt ist. Damit steht er im Widerspruch zum Gewaltverbot der UN-Charta. Diese rechtliche Dimension ist jedoch – zumindest aus machtpolitischer Sicht – zweitrangig.
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(22.06.2025, 11:33)alphall31 schrieb: Der Iran wollte also die USA angreifen ?
(22.06.2025, 22:09)Kongo Erich schrieb: völkerrechtlich muss man zwischen einem Präventivschlag und einen Prepräventivschlag unterscheiden.
Der Präfentivschlag dient der Abwehr eines (beweisbar) unmittelbar bevorstehenden Angriffs und ist völkerrechtlich zulässig.
Allerdings wird wohl niemand ernsthaft behaupten, der Iran wäre nur Stunden vor einem Angriff auf Israel entfernt gewesen.
Das behauptet auch Israel selbst nicht. Es handelt sich also allenfalls um einen Prepräventivschlag, der aber völkerrechtlich gerade nicht erlaubt ist. ...
(22.06.2025, 22:35)Quintus Fabius schrieb: ...Inzwischen gibt es berufenere Analysten als mich:
Erich:
Er ist kein LEGALES Kriegsziel, aber durchaus legitim.
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Das ist jetzt keine rechtliche Einordnung, sondern nur eine rein realpolitische. Der Angriff war rechtswidrig, aber absolut notwendig und geboten und dies selbst dann, wenn man davon ausgeht, dass der Iran überhaupt keine Atomwaffen anstrebt und keinerlei geheimes Atomprogramm mit diesem Ziel hat.
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Dieser Krieg musste kommen und er muss geführt werden, völlig gleich ob das rechtmäßig ist oder nicht. Er resultiert aus Mechanismen, aus Prozessen die einfach ablaufen und ihn herbei gezwungen haben. Die einzig relevante Frage ist daher im weiteren nur, wie man weiter damit umgeht.
Zitat:Zweifel an der Rechtmäßigkeit der AngriffeIsrael - und die USA - haben demnach also ohne rechtfertigenden Grund den Iran angegriffen. Sie haben - mit anderen Worten - einen "Angriffskrieg verbrochen".
Stand: 06.07.2025 16:15 Uhr
War der israelische Angriff auf den Iran Selbstverteidigung im Sinne des Völkerrechts? Wissenschaftler des Bundestags haben daran "erhebliche Zweifel" - und die in einem 54-seitigen Gutachten begründet.
Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags haben "erhebliche Zweifel" an der Rechtmäßigkeit der Angriffe von Israel und der USA auf den Iran. In einem 54-seitigen Gutachten heißt es, die "ganz überwiegende Zahl der Völkerrechtler" sehe die Kriterien für eine "Selbstverteidigungslage" Israels nach Artikel 51 der UN-Charta nicht als erfüllt an.
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Zweifel auch an Begründung des US-Angriffs
Auch am "Rechtfertigungsnarrativ" der USA hegt das Gutachten Zweifel. Das amerikanische Eingreifen sei nur vom Völkerrecht gedeckt, wenn es auch der israelische Angriff sei - die US-Militäroperation lasse sich nicht auf dem Recht der kollektiven Selbstverteidigung stützen, heißt es im Gutachten. Die Wissenschaftler warnen im Gutachten auch grundsätzlich davor, das Selbstverteidigungsrecht für sicherheitspolitische Interessen zu missbrauchen - und damit völkerrechtliche Normen "auszuhöhlen".
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Wenn man Bibis seit Jahrzehnten vorgetragenes Narrativ akzeptiert, ohne einen einzigen schlagfesten Beweis zu haben, dann begibt man sich offensichtlich auf sehr rutschiges Glatteis.
Exkurs 1: Ich möchte zur Verdeutlichung ein Beispiel weiter gehen:
Wenn ich mich recht erinnere, dann hat der Fraktionschef Spahn vor einiger Zeit gesagt, man müsse "unter deutscher Führung" die atomare Abschreckung in Europa stärken.
Dabei dürfte es vor allem um taktische Atomwaffen gehen - denn man kann zurecht hinterfragen, ob Frankreich seine strategischen Atombomben einsetzt (und damit faktisch Suizid begeht), wenn etwa ein russischer Angriff auf baltische Länder unter Nutzung kleiner taktischer A-Waffen erfolgen würde.
Würden solche Überlegungen, möglicherweise sogar die erklärte Umsetzung oder gar das Vorhandensein des kompletten atomaren Zivilprogramms (Wiederaufbereitung usw.) wie in Deutschland jetzt einen Präventivschlag Russlands erlauben, so wie Israel und die USA dieses "Recht" für sich gegenüber dem Iran beanspruchen?
Exkurs 2: Wie schaut denn das rechtlich - gar strafrechtlich - aus?
Bisher ist, soweit ich das sehe, die Unterstützung oder Vorbereitung eines Angriffskrieges, auf nationaler Ebene wie in Deutschland strafbar (Art. 26 GG i.V. mit §§ 80 f StGB - vgl. auch das deutsche Völkerstrafgesetzbuch, § 13 VStGB).
Insbesondere § 80 a StGB könnte dazu führen, dass sich diejenigen, die etwa Russlands Angriff auf die Ukraine unterstützen, strafbar machen (der von Vertretern des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 28.03.2022 genannte Verweis auf § 140 StGB scheint mir unzutreffend zu sein; dazu auch der juristische Kommentar). (Nebenbemerkung: Wie ist das jetzt mit der Unterstützung des israelischen oder US-Angriffs auf den Iran?)
Bislang kann der Internationale Strafgerichtshof Angriffskriege nicht ahnden. Immer mehr Staaten - auch Deutschland - wollen diese Gesetzeslücke schließen. "Die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs für das Verbrechen der Aggression muss dringend erweitert werden". Ein interessanter Vorstoß - der aber wohl derzeit nicht besonders erfolgversprechend scheint.
Nach all dem bleibt die Frage übrig:
Wollen wir eine stärkere "Herrschaft des Rechts" oder eine stärkere "Herrschaft des Stärkeren"?
Letzteres artet leicht in Willkür aus und führt - um mich so drastisch auszudrücken, wie Quintus das früher gerne gemacht hat - zur "Versklavung der Schwächeren" sowie zu mehr und heftigeren Abwehrkämpfen um die Position des Stärkeren.
Und bei den Diadochenkämpfen der "Halbstarkren" untereinander zu ständigen Kriegen um die Rangfolge. Viele Politiker haben halt die Schulhofattitüde noch nach Jahrzehnten nicht abgelegt.
Dieses Ergebnis könnte ich nicht gut heißen.
Deshalb scheint es mir nötig:
1, vermehrt und verstärkt darauf hin zu wirken, dass nur die Einhaltung der Regeln und Regularien zu einem friedvollen Miteinander führt und
2. dort, wo sich Lücken in den Regeln finden, einen schnellen "Lückenschluss" anzustreben.